Beamte und Soldaten > Beamte der Länder
[BW] Referendariat für Lehramt Gymnasium: PKV oder GKV?
Heimatland:
Liebe Community,
ich schreibe hier ins Forum, weil für mich demnächst die Entscheidung für die PKV oder die GKV ansteht. Ich war bisher immer gesetzlich versichert und kann mir daher die Konsequenzen einer solchen Entscheidung, die ja vermutlich für das restliche Leben gilt, schwer vorstellen. Ich habe mich schon reichlich informiert, dabei aber den Eindruck bekommen, dass die Wahl eben auch stark von der persönlichen Situation abhängt und keineswegs eindeutig ist. Daher wüsste ich gerne, ob ihr die Parameter, nach denen ich meine Überlegungen richte, nachvollziehbar findet und ob ich etwas wichtiges vergessen habe.
Meine persönliche Situation: Ich bin 33 Jahre alt, verheiratet, wir haben ein Kind. Ich beginne im Januar das Referendariat für das Lehramt Gymnasium in Baden-Württemberg. Meine Frau ist zur Zeit im letzten Jahr ihres Medizinstudiums und wir vssl. ab Nov. 2022 zu arbeiten beginnen.
1. Beiträge: Ein für mich sehr wichtiger Punkt sind die Beiträge. Ich habe bei der Debeka ein Angebot für ca. 120 € während des Referendariats und dann ca. 370 € im Beruf bekommen. Die Einschätzung der Beraterin war, dass die Beträge im Schnitt um 2,5 % pro Jahr steigen. Ist das plausibel? Das wären wenn ich 50 bin dann schon 575 € pro Monat, wenn ich 67 bin 950 € pro Monat.
2. Beiträge in der GKV: Ich habe dann versucht, eine Vergleichsrechnung in der GKV anzustellen, wobei ich angenommen habe, dass das Hamburger Modell in BW kommt, dass ich also zunächst die Hälfte von 18,05 % zahle (GKV + Pflege) und dass aber auch dieser Beitragssatz absehbar steigt. Ich bin von einer Steigerung von im Schnitt 0,1 % pro Jahr ausgegangen. Haltet ihr das für angemessen?
3. Einkommensbasis: Ich habe versucht, auszurechnen, wie viel GKV-Betrag ich dann zahlen müsste. Da das vom Einkommen abhängt, habe ich zugrunde gelegt, dass ich einige Jahre familienbedingt 80% arbeiten würde und dass ich mit 50 in A 14 aufsteige und dass wir noch ein zweites Kind bekommen. Außerdem, dass das Einkommen im Schnitt aufgrund der Tarifverhandlung jedes Jahr um 1 % steigt; ist das realistisch? Dann käme ich auf Vergleichswerte von ca. 390 € mit 36 Jahren (A 13, 2 Kinder, 80 %), 740 € mit 50 Jahren (A14, 2 Kinder, 100 %) und 525 € (A 14, 2 Kinder, 50 %). Ist das plausibel gerechnet? Wie lange bekommt man überhaupt diesen Familienzuschlag? Vermutlich nur so lange man noch Kindergeld bezieht, oder?
4. Ruhestand: Hier wird die Sache für mich vollends unüberschaubar. Ich kann natürlich ausrechnen, wie hoch die PKV wäre, wenn der Beitrag entsprechend immer weiter steigen würde. Mit 80 Jahren wäre ich bei ca. 1.400 € / Monat. Allerdings fehlt mir jeder Anhaltspunkt, wie viel Einkommen mir dann voraussichtlich zur Verfügung stünde, weil ich keine Ahnung habe, wie sich die Pensionen errechnen. Ich würde aus meiner bisherigen Arbeitszeit auch eine kleine gesetzliche Rente beziehen, aber das fällt wohl nicht ins Gewicht. Die Debeka-Beraterin meinte, dass die Debeka Altersrückstellungen so bildet, dass die Beiträge im Alter nicht mehr weiter steigen. Aber auch ein ab Pensionseintritt konstanter Beitrag scheint mir sehr risikoreich zu sein, falls die Pension nicht entsprechend hoch ist. Für mich ist das der fragwürdigste Punkt an der Aussicht, sich jetzt für immer an die PKV zu binden.
5. Lebenslagen: Was passiert, wenn ich berufs- oder dienstunfähig werde und aus dem Dienst ausscheide. Muss ich den hohen PKV-Beitrag weiter zahlen oder komme ich da wieder raus? Ich habe zwar eine Versicherung gegen Berufsunfähigkeit, aber falls die Hälfte der möglicherweise zu bekommenden Rente für die PKV draufgeht, stehe ich schlecht da.
6. Leistungskataloge: Ich habe auf Seiten der Stiftung Warentest gelesen, dass man (offenbar vor allem bei kleineren Gesellschaften?) wahnsinnig aufpassen muss, welche Leistungen man versichert, und dass es v.a. darauf ankommt, dass die Kataloge nicht abschließend mit Blick auf die Zukunft sind und keine Einschränkungen oder Selbstbehalte bei Leistungen in zu vielen Bereichen enthalten. Die Debeka bietet nun, wenn ich recht sehe, gar nicht so viele Tarife an, sondern eher solche Standardpakete. Muss ich hier oder bei anderen "Großen" in der Branche (Allianz, HUK, DBV) alles haarklein vergleichen oder ist das nur ein Problem bei kleinen Gesellschaften, die mit unseriös günstigen Preisen werben?
7. Hamburger Modell II: Die Debeka-Beraterin meinte "Das kommt nicht." Ich entgegnete: "Steht aber im Koalitionsvertrag, warum also nicht?". Sie: "Weil das das Land viel mehr Geld kostet." Auf meine Frage, woher sie ihre Informationen bezieht, konnte sie nicht wirklich qualifiziert antworten. Ich gehe davon aus, dass sie also Quatsch geredet hat und man zwar nicht sicher sein kann, dass es kommt, aber wohl doch davon ausgehen. Natürlich muss der Staat dann pauschal mehr Beihilfe zahlen, könnte es aber auf lange Sicht einsparen. Hat jemand andere Informationen?
Ich bin dankbar für Feedback dazu, ob meine Überlegungen vollständig und realistisch sind, und wo ich mich ggf. zu dem ganzen Thema noch besser informieren könnte.
clarion:
Hallo,
Nur ein paar Denkanstöße:
Die Steigerung der Beiträge für die PKV und auch die Einkommensentwicklung der vergangenen Jahre lässt sich herausfinden. Erstere bei der Debeka und letztere hier auf den Webseiten. Soweit ich weiß sind die Beiträge der Debeka die letzten 20 Jahre weniger stark gestiegen als die Beiträge, die man mit einer Besoldung von A13 an die GKV abführen müsste. Solange die Beitragsbemessungsgrenze nicht erreicht ist, partizipiert die GKV von jedem Stufenaufstieg.
Wenn das Hamburger Modell im Koalitionsvertrag von BW steht und die Legislaturperiode noch länger andauern wird, darf man noch Hoffnung haben. Wenn das Hamburger Modell kommt, wird PKV und GKV und einer Besoldung von A13 oder A14 in etwa gleich teuer. Bedenke, dass Du mit A13 nach einigen Stufen über die Beitragsbemessungsgrenze kommst. Wenn das Hamburger Modell nicht kommt, ist die GKV sehr viel teurer auch im Pensionsfall. Damit die PKV im Alter nicht überfordernde Beträge annimmt, gibt es zwei Mechanismen, zum einen die verpflichtende Altersrückstellung der PKV und zum Anderen der erhöhte Beihilfesatz nach Pensionierung. Wenn Du erst einmal die Entscheidung für eine PKV getroffen hast, bist Du mit der Kasse untrennbarer verbunden als mit Deiner Frau. Theoretisch kannst Du die Altersrückstellung zu einer anderen PKV mitnehmen, müsstest aber die Gesundheitsprüfung neu überstehen, was mit einer zunehmenden Anzahl von Arztbesuchen immer schwerer fällt. Ein Zurück in die GKV gibt es nicht, es sei denn es wird eine Bürgerversicherung eingeführt.
Die Pension errechnet sich so, dass man nach 40 Dienstjahren 71,25% des letzten ruhegehaltsfähigen Brutto-Besoldung erreicht. Nach fünf Jahren einschließlich Referendariat besteht ein Anspruch auf die Mindestpension. Im Vergleich zur Frührente fällt diese im Übrigen üppig aus. Es besteht zusätzlich die Möglichkeit eine Dienstunfähigkeitsversicherung abzuschließen, die Debeka berät hierzu äußerst gerne.
Zu der Frage welche PKV empfehle ich die Lektüre diverser Threads hier im Forum.
Als Beamter geht man bei der Wahl der PKV deutlich geringere Risiken ein als Angestellte, die über der Beitragsbemessungsgrenze verdienen. Vater Staat sorgt da schon recht gut für uns.
Ich selbst war auch bei meiner Verbeamtung äußerst skeptisch gegenüberder PKV, auch wegen einer bestehenden Behinderung und schon etwas vorgerücktem Lebensalter. Ich habe mich aber nach eingehender Information pro PKV entschieden..
Maja01:
Hallo,
da ich selbst kürzlich zwischen GKV und PKV entschieden habe, hier ein paar meiner Überlegungen:
- Ob die pauschale Beihilfe tatsächlich schon bald von Seiten des Landes kommen wird, muss man leider wirklich anzweifeln. Es gibt diese Drucksache
https://www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/dokumente/WP16/Drucksachen/9000/16_9980_D.pdf
in der die Mehrkosten für das Land deutlich aufgezeigt werden. Alle Vorhaben des Koalitionsvertrags stehen unter Finanzierungsvorbehalt, mit der durch Corona entstandenen Verschuldung, glaube ich inzwischen nicht an eine schnelle Veränderung. Auch in Sachsen hat sich nach Ankündigung noch nichts Konkretes getan.
- Ich könnte mir tatsächlich vorstellen, dass der Koalitionsvertrag auf Bundesebene evtl. zu Veränderungen führen wird. Zwar wird das duale System PKV GKV ja auf jeden Fall bestehen bleiben, aber evtl. wird die GKV mit einem beihilfefähigen Tarif ausgestattet. Dieser Vorschlag war im Wahlprogramm der Grünen enthalten.
- Vergesse bitte nicht, dass BW das einzige Bundesland ist, das den Beihilfesatz im Ruhestand nicht automatisch anhebt. In allen anderen Bundesländern (und in BW für vor 2013 verbeamtete Personen), erhielten Beamte als Ausgleich zur sinkenden Besoldung im Ruhestand einen Beihilfesatz von 70 Prozent. Damit liessen sich steigende PKV-Beiträge im Alter gut kompensieren, in BW zahlst du also mindestens den gleichen hohen PKV-Beitrag weiter. Für mich der entscheidende Punkt für die GKV …
- Hinzu kommt die sehr aufwendige Verwaltung: Es müssen nicht nur laufend Anträge an PKV und Beihilfe eingereicht werden, sondern vor allem alle Rechnungen auf erbrachte Leistungen geprüft werden. Ich bin Beamtenkind und habe mitbekommen, wie oft auf den Rechnungen Untersuchungen abgerechnet wurden, die nie erbracht wurden.
- Problematisch ist die PKV auch im Falle einer Scheidung, da geschiedene Ehepartner komplett aus der Beihilfe rausfallen und dann 100 Prozent PKV selbst stemmen müssen (sofern sie zu alt sind, um wieder in die GKV zu kommen).
-Solltest du planen, irgendwann Teilzeit zu arbeiten, sinkt die Höhe des GKV-Beitrags automatisch, in der PKV bleibt der Betrag natürlich unverändert hoch.
Zu deinen Fragen kann ich leider nicht mehr beitragen, da für mich nach diesen Grundsatzüberlegungen klar war, dass ich auf jeden Fall in der GKV bleibe. Ich glaube, dass es zum Teil kostenpflichtige Beratungen von den Verbraucherzentralen gibt.
Max:
Die Beitragsentwicklung in der GKV ist auch nicht ganz ohne, z.B. Tabelle am Ende der Seite: https://www.pkv-vorteile.de/entwicklung-der-hoechstbeitraege-gesetzlichen-krankenversicherung/
Der wissenschaftliche Dienst des Bundestags kam auch in etwa zum Schluss, dass etwas stärkere Anhebungen der Beitragsbemessungsgrenze möglich sind. In Anbetracht der demographischen Entwicklung und dem medizinischen Fortschritt wird auch der Beitragssatz eher steigen als sinken, wohingehend die PKV wenigstens ein paar Rückstellungen macht. Jetzt rechnest du noch eventuelle Beitragsrückerstattungen in jungen gesunden Jahren und weniger Zuzahlung im Alter ein. Welche Behandlungen du mal noch in der GKV bekommst ist ebenfalls ungesichert und der GBA als "Wächter" kann auch ganz schnell mal andere Maßstäbe an Preis- Leistung bei neuen Medikamenten anlegen. BW sieht eine pauschale Beihilfe zur GKV erstmal als Kosten. Ob dass kommt steht noch in den Sternen.
Worauf ich hinaus will ist zum einen, dass du vielleicht etwas zu einseitig rechnest und zum anderen, dass man sich je nach Überzeugung beide Systeme schönrechnen kann.
Ozymandias:
Ich halte die GKV als Beamter für kein gutes Geschäft. An anderer Stelle hatte ich es schon mal geschrieben, die GKV dreht an 3 Schrauben gleichzeitig. Beitragssatz, Beitragsbemessungsgrenze und Leistungseinschränkungen/Rationierung.
Wenn man das unbedingt möchte, sollte man aber gleichzeitig überlegen durch freiwillige Beitragszahlungen an die GRV in die KVdR zu kommen. Dann zahlt man sich wengistens als Rentner/Pensionär nicht dumm und dusselig falls man auch noch Mieteinkünfte/Kapitaleinkünfte hat.
Navigation
[0] Message Index
[#] Next page
Go to full version