Autor Thema: [BY] Besoldungsrunde 2021-2023 Bayern  (Read 507044 times)

SwenTanortsch

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Antw:[BY] Besoldungsrunde 2021-2023 Bayern
« Antwort #390 am: 09.10.2022 17:16 »
Ja, Diplom Verwaltungswirt, das ganze Unterfangen ist zum Scheitern vor den Gerichten verurteilt, was in der Landesregierung auch jeder weiß, der auch nur halbwegs bei klarem Verstand ist.

Und darüber hinaus sind auch weitere Posten in der Bemessung des Grundsicherungsniveaus evident ungenügend, weil nicht realitätsgerecht.

So kann zur Bemessung der Wohnkosten nicht die Anlage 1 des WoGG verwendet werden, worauf das Bundesverfassungsgericht in seiner aktuellen Entscheidung explizit hinweist: "Dass die Auffassung der Bundesregierung, diese Methodik sei auch für die Bestimmung der Mindestalimentation heranzuziehen, nicht zutreffen kann, folgt schon daraus, dass sie in ihrer Stellungnahme die Beamten ausdrücklich auf den Wohngeldbezug verweist. Der Besoldungsgesetzgeber kann sich seiner aus dem Alimentationsprinzip ergebenden Verpflichtung aber nicht mit Blick auf Sozialleistungsansprüche entledigen; die angemessene Alimentation muss durch das Beamtengehalt selbst gewahrt werden" (vgl. dort die Rn. 56).

Der Gesetzentwurf geht entsprechend von kalten Unterkunftskosten in Höhe von 14.454,- € aus. Legt man das vom Bundesverfassungsgericht als realitätsgerecht betrachtete 95 %-Perzentil zugrunde, ist von kalten Unterkunftskosten in Höhe von 16.548,- € auszugehen, also von 2.094,- € höheren Kosten. Da die vom Gesetzentwurf vollzogene Methodik keine realitätsgerechten Kostenbemessung vornimmt, kann sie nicht herangezogen werden.

Ebenso ist die Methodik zur Bemessung der Heizkosten nicht sachgerecht und entsprechend evident unzureichend. Realitätsgerecht ist der Heizspiegel für Deutschland mit den entsprechenden Höchstwerten heranzuziehen (vgl. ebd., Rn. 62 f.). Die zugrunde zu legenden Heizkosten betragen entsprechend nicht 1.443,48 €, sondern 2.331,90 €, sind also um 888,42 € höher.

Ob darüber hinaus die Bemessung der Kosten der Bedarfe für Bildung und Teilhabe und für die Sozialtarife realitätsgerecht erfolgen, müsste gleichfalls noch einmal gesondert geprüft werden. Denn hier wird mit Durchschnittswerten gearbeitet, was so im Lichte der aktuellen Entscheidung offensichtlich zweifelhaft ist (ebd., Rn. 64 ff.).

Auch ist in Bayern die Betreuung in den ersten zwei Lebensjahren des Kindes für Grundsicherungsempfänger kostenfrei, nicht so aber für alle anderen Eltern. Das Bundesverfassungsgericht hebt entsprechend in den Rn. 69 f. explizit hervor, dass diese Kosten gewichtet bei den Sozialtarifen Berücksichtigung finden müssen. Da Bayern darüber hinaus die Kosten für dreijährige und ältere Kinder nur mit einem Elternbeitragszuschuss von 100,- € im Monat bezuschusst, sind auch hier erhebliche Mehrkosten zu berücksichtigen, die anteilsmäßig vom Gesetzgeber zu gewichten und entsprechend zwingend zu beachten sind. Das Bundesverfassungsgericht macht dies in der Rn. 69 mehr als deutlich: "Von erheblicher praktischer Bedeutung sind auch die Kosten für die Kinderbetreuung." Nimmt man bspw. die Kita-Gebühren des Bayerischen Roten Kreuzes für die Stadt Bayreuth zur Grundlage, um die Problematik hier zu verdeutlichen, dann ist bei einer acht bis neunstündigen täglichen Betreuung von monatlichen Kosten in Höhe von 240,- € pro Kind, also 480,- € für zwei Kinder in den ersten beiden Lebensjahren auszugehen; darüber hinaus fallen monatlich 144,- € pro Kind, also 288,- € für zwei Kinder in den weiteren vier Lebensjahren an (https://www.brk-kitas.de/wp-content/uploads/2021/03/brk-kitas-beitragszuschuss-kostenerhoehung-2021.pdf). Damit ist von Kosten in Höhe von 2.112,- € auszugehen, die in den ersten sechs der zu betrachtenden 18 Lebensjahren anfallen, die in die Sozialtarife mit dem Faktor 1/18 eingehen, sodass allein dieser Posten der Sozialtarife rund 117,33 € monatlich bzw. 1.408 € jährlich ausmacht. Der Gesetzentwurf legt aber insgesamt nur 129,78 € an monatlichen Kosten für die Sozialtarife zugrunde, ohne dabei irgendwie die Betrachtung von Betreuungskosten vorzunehmen.

Summa summarum: Es ist realitätsgerecht von jährlich 2.094,- € höhern kalten Unterkunftskosten sowie von jährlich 888,42 € höheren Heizkosten sowie über 1.400,- € höheren Sozialtarifen auszugehen. Die Bemessung des Grundsicherungsbedarfs fällt also um mindestens rund 4.400,- € zu gering aus; die Mindestalimentation ist um mindestens mehr als 5.000,- € zu gering bemessen worden. Selbst unter Heranziehung eines fiktiven Beitrags von 12.736,- € zum Familieneinkommen durch den Ehepartner, der so, wie die Begründung im Gesetzentwurf erfolgt, verfassungsrechtlich offensichtlich keinen Bestand haben kann, liegt die gewährte Nettoalimentation geradeso oberhalb der Mindestalimentation. Streicht man diesen sachwidrigen fiktiven Fantasiebetrag, dann verfehlt die geplante Nettoalimentation die vom absoluten Alimentationsschutz umfasste Mindestalimentation um deutlich mehr als 11.000,- €.

Ich könnte mir vorstellen, dass nun verständlicher wird, wieso ich hier wiederkehrend davon gesprochen habe, dass das Land Bayern trotz nominal gewährter hoher Bruttobesoldung mindestens in den letzten 15 Jahren in der Realität einer der größten Niedrigbesolder ist (vgl. im folgenden den bekannten DÖV-Beitrag). Nicht unmsonst lag 2020 der Fehlbetrag zwischen der Mindest- und gewährten Nettoalimentation bei 928,20 € (26,4 %), wobei darin noch nicht die Kosten für die Kinderbetreuung enthalten waren, da hierzu weiterhin vom Land keine realitätsgerechten Beträge ausgewiesen worden sind, obgleich das Land seit spätestens 2020 dazu verpflichtet ist: "Auch insoweit ist in erster Linie der Besoldungsgesetzgeber gefordert, die Entwicklung der Lebensverhältnisse zu beobachten, um Art und Ausmaß der geldwerten Vorteile zu ermitteln und die Höhe der Besoldung diesen kontinuierlich im gebotenen Umfang anzupassen" (Rn. 71).

Darüber hinaus beachten die von mir vorgenommenen Anmerkungen hier noch nicht die neuen Regelsätze, die durch die Einführung des Bürgergelds noch einmal höher ausfallen werden - und zugleich gehe ich davon aus, dass die von mir hier skizzierte Prüfung bislang von keiner Gewerkschaft und keinem Verband in Bayern vorgenommen worden ist. Ich würde mich folglich als Bayerischer Beamter entsprechend an meine Gewerkschaft wenden, damit im Gesetzgebungsverfahren zukünftig über realitätsgerechte und keine willkürlich bemessene Beträge gesprochen wird.

SwenTanortsch

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Antw:[BY] Besoldungsrunde 2021-2023 Bayern
« Antwort #391 am: 09.10.2022 17:39 »
Und PS. Ohne dass ich es im Moment schaffe, mir im einzelnen anzuschauen: In der Bemessung der gewährten Nettoalimentation geht der Gesetzentwurf von orts- und familienbezogene Bezügebestandteilen in Höhe von 8.528,64 € aus und legt dafür als Wohnort die Stadt München zugrunde. Auch das dürfte aber kaum sachgerecht sein, da die die niedrigste gewährte Alimentation heranzuziehen ist und diese wird sicherlich nicht in München gewährt, sondern in einer Gemeinde, die der Mietenstufe I unterliegt. Ich würde mir auch diese Bemessung noch einmal anschauen und dann eine entsprechende Bemessung der tatsächlich gewährten Bruttobesoldung vornehmen. Wenn ich es richtig sehe, dann beträgt der tatsächlich heranzuziehende Betrag 394,48 € + 2 x30,10 €, also 5.456,16 €, sodass auch dieser Betrag um knapp 3.000,- zu hoch bemessen wird. Die Alimentation muss an jedem Ort in Bayern amtsangemessen sein und nicht nur in München.

Überwacher

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Antw:[BY] Besoldungsrunde 2021-2023 Bayern
« Antwort #392 am: 10.10.2022 12:29 »
Das ist schon echt verrückt.  :(

Ich werde dann mal meine Klage vorbereiten. Hierzu stellen sich mir ein paar Fragen.

Der Bayrische Richterverein schreib in einer anderen Stellungnahme das folgende:

"Die bayerische Verwaltungsgerichtsrechtsprechung tendiert aber offenbar dazu, die richtige Klageart für das Begehren auf angemessene Besoldung die allgemeine Feststellungsklage (§ 43 Abs. 1 VwGO) als – einzig – statthafte Klageart anzusehen (so BayVGH, Urt. v. 23.10.20218 – 3 BV 16.382 –, juris, Rn. 15), was gegen die Statthaftigkeit eines regelmäßig zur Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) führenden Widerspruchs spricht."

Quelle: https://www.bayrv.de/positionen/stellungnahmen/stellungnahme/1519

Kann mir jemand sagen, was damit gemeint ist?

Gibt es irgendwo ein einfaches Muster für eine Klagebegründung? Das aus Berlin ist schon ziemlich lange.

Falls ich es nicht selbst hinbekomme, gibt es einen Rechtsanwalt in Oberbayern, der sich auf solche Themen spezialisiert hat und zu empfehlen ist?

Vielen Dank.

Ozymandias

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Antw:[BY] Besoldungsrunde 2021-2023 Bayern
« Antwort #393 am: 10.10.2022 12:51 »
@Überwacher
erster Beitrag, hier waren ein paar Klagemuster, aber teilweise ohne Begründung.
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,114363.3750.html

Wie gesagt, Rechtsantragsstelle könnte auch helfen, aber nicht wenn Zehntausende Beamte gleichzeitig anrücken.  ;D

Vermutlich wird es sowieso Pilotverfahren geben, da ist die Begründung nicht ganz so wichtig. Für den einzelnen zählt nur die Rechtskraft zu hemmen, alles andere wird höchstwahrscheinlich in anderen Verfahren geklärt werden.

Christian

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Antw:[BY] Besoldungsrunde 2021-2023 Bayern
« Antwort #394 am: 10.10.2022 12:57 »
Das ist schon echt verrückt.  :(

Ich werde dann mal meine Klage vorbereiten. Hierzu stellen sich mir ein paar Fragen.

Der Bayrische Richterverein schreib in einer anderen Stellungnahme das folgende:

"Die bayerische Verwaltungsgerichtsrechtsprechung tendiert aber offenbar dazu, die richtige Klageart für das Begehren auf angemessene Besoldung die allgemeine Feststellungsklage (§ 43 Abs. 1 VwGO) als – einzig – statthafte Klageart anzusehen (so BayVGH, Urt. v. 23.10.20218 – 3 BV 16.382 –, juris, Rn. 15), was gegen die Statthaftigkeit eines regelmäßig zur Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) führenden Widerspruchs spricht."

Quelle: https://www.bayrv.de/positionen/stellungnahmen/stellungnahme/1519

Kann mir jemand sagen, was damit gemeint ist?

Gibt es irgendwo ein einfaches Muster für eine Klagebegründung? Das aus Berlin ist schon ziemlich lange.

Falls ich es nicht selbst hinbekomme, gibt es einen Rechtsanwalt in Oberbayern, der sich auf solche Themen spezialisiert hat und zu empfehlen ist?

Vielen Dank.

Deswegen musst du nicht zu einem Anwalt. Das Gericht muss eine unzutreffende Klageart/-antrag auslegen (vgl. 86 III, 88 VwGO)

Meinereiner83

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Antw:[BY] Besoldungsrunde 2021-2023 Bayern
« Antwort #395 am: 10.10.2022 13:10 »
Die Frage nach einem geeigneten Anwalt stellt sich mir tatsächlich auch - wenn jemand einen guten Kontakt hat, würde ich mich auch darüber freuen. Ich befürchte, ohne kommt man tatsächlich nicht bzw. schwer weiter.

Der Gesetzesentwurf ist an Lächerlichkeit kaum zu überbieten. Da Bayern immer damit prahlt, Spitzenreiter bei der Besoldung zu sein, hatte ich mir tatsächlich (auch wenn mir klar war, dass keine realistischen Rechnung zugrunde gelegt werden - da sonst eine DEUTLICHE Erhöhung erforderlich ist) mehr erhofft.
Wenn man die Begründung liest, vergeht einem das letzte bisschen Hoffnung auf Verstand und Vernunft der Gesetzgebung und allem was dazu gehört!

Ich selbst arbeite im Bereich Bildung und Teilhabe - und alleine die Tatsache, dass man Zahlen für diese Leistungen aus dem Jahr 2020 hernimmt, zeigt doch, wie bescheuert das ist. 2020 war geprägt von Home-Schooling - Klassenfahrten fanden kaum statt, Musikunterricht/Sportverein - fand kaum statt, Mittagessen in Schule und KiTa - fand kaum statt. Also hier sollte selbst einem nicht in diesem Bereich tätigen klar sein, dass die Zahlen doch nicht die Grundlage für BuT-Leistungen bilden können.

Ich selbst habe mal eine Berechnung angefertigt (4-Kind-Familie - vergleich Beamter - Bürgergeld) - die Bürgergeldfamilie hatte mit Kinderbetreuungskosten, Bildung und Teilhabe, Miete, Heizkosten, Regelbedarfen ca. 53000 € im Jahr - und das ohne Extras wie Lernförderung, Sprachreisen für die Kinder usw. oder Vergünstigungen mit einzurechnen(wenn ich bei uns die Vergünstigungen anschau: Tickets für Bus/Bahn 50% - kostenlose Freibad- und Museumsbesuche, kostenloses Fahrrad in der Grundschule, viele Vereine für die Hälfte usw.) - das könnte man ja ins endlose treiben...
Dahin kommt ein Beamter im mittleren Dienst mit Kindergeld nicht ansatzweise ran. Dass man hier nun davon ausgeht, dass der Ehepartner "Mitarbeiten und Einkommen erzielen kann", während die Bürgergeldfamilie - die (in meinem Berechnungsbeispiel) 2 Erwachsene arbeitsfähige Menschen beinhaltet - und die "zwingt" man nicht zum Dazuverdienen... ohne Worte...
Wenn der Bürgergeldempfänger dann aber (oder beide Erwachsenen) noch je einen Minijob haben, erhöht sich durch die Freibeträge ja das "Jahreseinkommen von über 53000 €" noch zusätzlich...

Ich frage mich tatsächlich, aus welchem Grund wir nächstes Jahr (vor allem auch die Kinderreichen) nicht auch Bürgergeld beantragen sollen. Ich hätte gerne mehr Zeit mit meinen 4 Kindern... müsste mich weniger ärgern... und hätte endlich Zeit, die tollen Vergünstigungen zu nutzen, die Sozialhilfeempfänger hier haben...



Überwacher

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Antw:[BY] Besoldungsrunde 2021-2023 Bayern
« Antwort #396 am: 10.10.2022 13:39 »
@Ozymandias,

vielen Dank für die Links. Ich hatte eh in Planung die Vorlage aus Thüringen zu verwenden.

Der richtige Beklagte müsste der folgende sein oder?

Freistaat Bayern, vertreten durch das Bayerisches Staatsministerium der Finanzen und für Heimat Odeonsplatz 4 80539 München, Muss hier noch die Stadt hin, bei Komunalbeamten?

Die Klagebegründung werde ich Nachreichen, da Thüringen evtl. auch noch eine Begründung als Muster bereitstellt.

lotsch

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Antw:[BY] Besoldungsrunde 2021-2023 Bayern
« Antwort #397 am: 10.10.2022 15:56 »
Die Frage nach einem geeigneten Anwalt stellt sich mir tatsächlich auch - wenn jemand einen guten Kontakt hat, würde ich mich auch darüber freuen. Ich befürchte, ohne kommt man tatsächlich nicht bzw. schwer weiter.

Der Gesetzesentwurf ist an Lächerlichkeit kaum zu überbieten. Da Bayern immer damit prahlt, Spitzenreiter bei der Besoldung zu sein, hatte ich mir tatsächlich (auch wenn mir klar war, dass keine realistischen Rechnung zugrunde gelegt werden - da sonst eine DEUTLICHE Erhöhung erforderlich ist) mehr erhofft.
Wenn man die Begründung liest, vergeht einem das letzte bisschen Hoffnung auf Verstand und Vernunft der Gesetzgebung und allem was dazu gehört!

Ich selbst arbeite im Bereich Bildung und Teilhabe - und alleine die Tatsache, dass man Zahlen für diese Leistungen aus dem Jahr 2020 hernimmt, zeigt doch, wie bescheuert das ist. 2020 war geprägt von Home-Schooling - Klassenfahrten fanden kaum statt, Musikunterricht/Sportverein - fand kaum statt, Mittagessen in Schule und KiTa - fand kaum statt. Also hier sollte selbst einem nicht in diesem Bereich tätigen klar sein, dass die Zahlen doch nicht die Grundlage für BuT-Leistungen bilden können.

Ich selbst habe mal eine Berechnung angefertigt (4-Kind-Familie - vergleich Beamter - Bürgergeld) - die Bürgergeldfamilie hatte mit Kinderbetreuungskosten, Bildung und Teilhabe, Miete, Heizkosten, Regelbedarfen ca. 53000 € im Jahr - und das ohne Extras wie Lernförderung, Sprachreisen für die Kinder usw. oder Vergünstigungen mit einzurechnen(wenn ich bei uns die Vergünstigungen anschau: Tickets für Bus/Bahn 50% - kostenlose Freibad- und Museumsbesuche, kostenloses Fahrrad in der Grundschule, viele Vereine für die Hälfte usw.) - das könnte man ja ins endlose treiben...
Dahin kommt ein Beamter im mittleren Dienst mit Kindergeld nicht ansatzweise ran. Dass man hier nun davon ausgeht, dass der Ehepartner "Mitarbeiten und Einkommen erzielen kann", während die Bürgergeldfamilie - die (in meinem Berechnungsbeispiel) 2 Erwachsene arbeitsfähige Menschen beinhaltet - und die "zwingt" man nicht zum Dazuverdienen... ohne Worte...
Wenn der Bürgergeldempfänger dann aber (oder beide Erwachsenen) noch je einen Minijob haben, erhöht sich durch die Freibeträge ja das "Jahreseinkommen von über 53000 €" noch zusätzlich...

Ich frage mich tatsächlich, aus welchem Grund wir nächstes Jahr (vor allem auch die Kinderreichen) nicht auch Bürgergeld beantragen sollen. Ich hätte gerne mehr Zeit mit meinen 4 Kindern... müsste mich weniger ärgern... und hätte endlich Zeit, die tollen Vergünstigungen zu nutzen, die Sozialhilfeempfänger hier haben...




Wenn ich mal einen guten Anwalt für Beamtenrecht in Bayern brauchen würde, z.B. für ein Disziplinarverfahren, würde ich mich an die Kanzlei Dr. Gerd Tersteegen in München wenden. Gute Anwälte sind aber oft nicht zu den üblichen Gebührensätzen zu bekommen.
Ich hoffe immer noch ,dass die Gewerkschaften in Bayern entsprechende Muster für Widersprüche und Klagen bereitstellen.

Ozymandias

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Antw:[BY] Besoldungsrunde 2021-2023 Bayern
« Antwort #398 am: 10.10.2022 19:35 »
@Ozymandias,

vielen Dank für die Links. Ich hatte eh in Planung die Vorlage aus Thüringen zu verwenden.

Der richtige Beklagte müsste der folgende sein oder?

Freistaat Bayern, vertreten durch das Bayerisches Staatsministerium der Finanzen und für Heimat Odeonsplatz 4 80539 München, Muss hier noch die Stadt hin, bei Komunalbeamten?

Die Klagebegründung werde ich Nachreichen, da Thüringen evtl. auch noch eine Begründung als Muster bereitstellt.

Die Thüringer Vorlage ist ganz gut, die benutze ich auch auf mein Bundesland abgewandelt. Also zumindest die Klageanträge. Ich habe jedoch noch Prozesszinsen ab Rechtsanhängigkeit hinzugefügt.

Wie gesagt also ich möchte wenigstens geringe Kosten und ich persönlich sehe nicht wie man hier von anwaltlicher Vertretung groß profitiert. Es ist eben kein individueller vertraglicher Anspruch, sondern betrifft Tausende per Gesetz. Da wird schon jemand die richtigen Worte finden, außerdem gibt es keinen Beibringungsgrundsatz wie vor Zivilgerichten oder eine besondere Feststellungslast wie vor Finanzgerichten. Natürlich sollte man ein paar Sätze dazu sagen, womit man genau nicht einverstanden ist.

Im Verwaltungsrecht zählt der Rechtsträger, wer genau das bei Kommunalbeamten ist, kann ich leider nicht rechtssicher beantworten. Im Zweifel immer denjenigen belangen der bezahlt. Der richtige Anspruchspartner wird auch teilweise großzügig vom Gericht korrigiert.  Aber vielleicht nicht gerade in Bayern... Da gibt es tatsächliche verschiedene Ansichten zwischen den Ländern.

https://de.wikipedia.org/wiki/Rechtstr%C3%A4gerprinzip#Unerheblichkeit_der_Falschbenennung

Gilt wie gesagt nicht für alle Bundesländer. Dazu auch https://www.juracademy.de/verwaltungsprozessrecht/richtiger-klagegegner.html

Beim Klagegegner kann die Rechtsantragsstelle des zuständigen Verwaltungsgerichts kostenfrei helfen.

Prometheus

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Antw:[BY] Besoldungsrunde 2021-2023 Bayern
« Antwort #399 am: 11.10.2022 17:35 »
Hallo zusammen,

als stiller Mitleser verfolge ich schon seit geraumer Zeit die Diskussionen zur amtsangemessenen Alimentation hier im Forum. Danke an Euch alle für die vielen lesenswerten und konstruktiven Beiträge!

Nachdem ich nun den Gesetzentwurf gelesen habe, ist mir der Kragen geplatzt und ich habe mich endlich angemeldet  :) Mir stellt sich vor allem die Frage, welche Konsequenzen ein Wechsel des Leitbilds der Besoldung hin zum Mehrverdienermodell für das Prüfprogramm des BVerfG hätte. Ein solcher Wechsel dürfte wohl nicht grundsätzlich abzulehnen sein.

Müssten nicht auch beim Einkommen des Ehepartners realitätsgerechte Annahmen gemacht werden? Der Betrag von 20.000 für das Partnereinkommen entbehrt natürlich jeder Grundlage, gerade bei Beamtenfamilien in niedrigen Besoldungsstufen mit zwei Kindern. Und vermutlich müsste auch der Mindestabstand anders bemessen werden, oder? Bei zwei berufstätigen Ehepartnern wäre ja ein Mindestabstand von 15% zum Grundsicherungsniveau ein Witz. Könnte aus Eurer Sicht der Prüfmechanismus ggf. mit anderen Parametern beibehalten werden (z.B. höherer Mindestabstand und Anforderung einer realitätsgerechten Bemessung des Partner-Einkommens)? Allein das würde vermutlich bereits zu deutlich höheren Zuschlägen führen als sie jetzt in dem Gesetzentwurf ausgewiesen werden.

Was mich wirklich erstaunt ist, dass die Verbände und Gewerkschaften nicht auf die Barrikaden gehen, da die Regelungen doch letztlich für alle Verheirateten früher oder später Einschnitte bedeuten (spätestens wenn die Kinder nicht mehr berücksichtigt werden). Betroffen sind insbesondere Hunderttausende Versorgungsempfänger, die bisher den höheren Verheiratetenzuschlag erhalten haben, allen voran in niedrigen Mietstufen. Dass sogar die Forderungen von Verdi Lohnkürzungen für Verheiratete ohne Kinder in den Ortsklassen I-V vorsiehen, macht mich sprachlos. Und dann wird auf dieser Seite auch noch für eine Mitgliedschaft geworben...


clarion

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Antw:[BY] Besoldungsrunde 2021-2023 Bayern
« Antwort #400 am: 11.10.2022 21:07 »
Hallo Promotheus,

eine Abkehr von Alleinverdiener-Modell ist m.E. grundsätzlich durch die Verfassung abgedeckt. Das muss dann aber entsprechend begründet werden. Die Begründung kann sicherlich mit dem veränderten Familienbild in der Gesellschaft erfolgen. Man könnte Lebens(abschnitt)gefährten jeder Couleur aus der Versorgung ggf. mit Vertrauensschutzregelungen ausgliedern und Kinder schon ab dem ersten Kind zur Gänze gesondert alimentieren. Eine Begründung kann aber nicht sein, dass eine Abkehr vom Alleinverdienermodell billiger als das 4K-Familienmodell ist.

Die jetzigen Klimmzüge, dass der Beamte nachweisen müssen, dass die Lebens(abschnitt)gefährten unter dem Betrag X verdienen, um einen Zuschlag y zu erhalten, ist eben keine Abkehr von vom Alleinversorgerprinzip. Wenn man das Alleinversorgerprinzip aber beibehält, dann muss man die 4K-Familie auch mit allen Konsequenzen alimentieren.

Ich halte den Sonderzuschlag für nicht/kaum arbeitende Ehegatten auch schon deswegen für Murks, weil sich dann das Arbeitengehen des Partners nicht lohnt und weil bedingt durch den Gender Pay Gap eine mittelbare Geschlechterdiskriminierung stattfindet. Und was ist das denn für ein Signal an die Beamtenschaft, wenn sie sich wie die Kunden einiger Beamter finanziell nackig machen müssen?


Big T

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Antw:[BY] Besoldungsrunde 2021-2023 Bayern
« Antwort #401 am: 11.10.2022 21:21 »
Also ich glaube welche Art Signale die Dienstherren an ihre Beamtenschaft senden, ist ihnen schon lange Zeit völlig schnuppe :-D

emdy

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Antw:[BY] Besoldungsrunde 2021-2023 Bayern
« Antwort #402 am: 11.10.2022 22:58 »
Die Diskussion um die Aufgabe des Alleinverdienermodells geht meines Erachtens an der bereits vorliegenden Rechtsprechung vorbei.

Das Bundesverfassungsgericht und sprachlich deutlicher der VGH Hessen haben geurteilt, dass Zuschläge ihrer Natur nach Detailregelungen sind und bleiben müssen. Besoldet wird primär nach Amt. Bald habe ich es in jedem der vielen Threads zum gleichen Thema geschrieben, sorry an alle, die alle mitlesen.

Wenn man der Auffassung ist, dass das Alleinverdienermodell abzulösen ist führt das doch unweigerlich zu der These, dass der ledige Beamte einen Teil seiner Bezüge zu Unrecht erhält (er selbst befindet sich oberhalb von 115% der sozialen Grundsicherung eines Alleinstehenden). Grüße an WasDennNun an dieser Stelle!

Wenn man dieser Logik folgte, würde der Abstand zwischen Ledigenalimentation und kinderreichem Beamten noch größer als heute. Zuschläge würden zu Hauptkomponenten der Besoldung, was durch die Rechtsprechung eben m.E. ausgeschlossen wird.

Und andersherum betrachtet, wenn das Partnereinkommen oder sonstige amtsfremde Faktoren berücksichtigt werden sollen, hat das ebensowenig mit einer amtsangemessenen Alimentation zu tun. Es widerstrebt dem Gleichheitsgrundsatz.

Das vermeintliche Alleinverdienerprinzip ist übrigens absoluter Standard in der Privatwirtschaft. Oder wird irgendwo nach dem Partner gefragt? Es zählt einfach nur die Höhe des Gehalts, der Rest ist Privatsache. Wie auch bei der amtsangemessenen Alimentation, die sich primär nach dem Amt richtet, nicht nach der Anzahl von Kindern, Ehepartnern oder Immobilien im Familienbesitz...
« Last Edit: 11.10.2022 23:04 von emdy »

Meinereiner83

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Antw:[BY] Besoldungsrunde 2021-2023 Bayern
« Antwort #403 am: 12.10.2022 06:54 »
Beim Gedanken des Mehrverdienerprinzips:

Wenn das Gehalt des Ehepartners in die Berechnung mit einfließt, um 15 % über GruSi zu sein - dann folgt daraus ja meines Erachtens, dass wenn der Ehepartner eben nichts dazu verdient, dass der Beamte dann ja soziale Hilfen (z. B. Wohngeld oder Kinderzuschlag) beantragen "MUSS", um die 15 % drüber zu sein...

Noch was zur Bürgergeldfamilie - wenn man beim Familienbeispiel bleibt: wenn beide Erwachsenen je einen Minijob machen, sollte die Familie ja durch die Freibeträge tatsächlich nahezu selbst 15% über Grundsicherungsniveau sein...
Das kann doch sooo nicht von der Politik gewünscht sein...

Überwacher

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Antw:[BY] Besoldungsrunde 2021-2023 Bayern
« Antwort #404 am: 12.10.2022 08:42 »
Wo wir gerade so schön am überlegen sind  ;D

Der Ehemann einer Kollegin von mir, arbeitet in München bei einem Autohersteller Jahresgehalt über 100.000€.

Sollte man in diesem Fall nicht das Gehalt der Beamtin auf 0,00€ reduzieren? Das Jahresgehalt des Ehemannes müsste ja leicht ausreichen um 115% über der Grundsicherung zu sein oder?

Spaß ende  >:( :D ;D