Autor Thema: Faktorisierung der inhouse Bereitschaftszeit  (Read 4851 times)

Martin

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Nach dem Tarifvertrag Anhang B zu § 9 TVöD VKA, wird die Bereitschaftszeit zur Hälfte faktorisiert.
Dies ist möglich, da in dieser Zeit im Durchschnitt weniger als 51% im Jahr Arbeitsleitung zu erbringen sind.
Weiter steht hier geschrieben die Zeit wird faktorisiert, in der sich der Arbeitnehmer „zur Verfügung“ hält um bei Bedarf die Arbeit wieder aufzunehmen.

Wenn ich in der Bereitschaftszeit zur Arbeit geholt werde, ist dies dann 100% Arbeitszeit und der Rest der Bereitschaftszeit wird dann wieder faktorisiert        ODER        bleibt dies dann bei der Bereitschaftszeit, da im Rest vom Jahr man auch zur Hälfte bezahlt wird ohne Arbeitsleistung zu erbringen?

Die Bereitschaftszeit sehe ich als Arbeitnehmer so, dass ich eine „Entschädigung“ erhalte, weil ich meinen Aufenthaltsort nicht selbst bestimmen kann und in dieser Zeit auch keiner anderen Tätigkeit nachgehen kann sowie mein Arbeitgeber bei erhöhtem Arbeitsaufkommen schnellstmöglich noch eine Arbeitskraft in der Rückhand hat.

Leider habe ich keinen Zugriff auf Kommentierungen, weshalb ich meine Frage hier stelle.

XTinaG

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Antw:Faktorisierung der inhouse Bereitschaftszeit
« Antwort #1 am: 18.12.2021 12:40 »
Bereitschaftszeiten werden innerhalb des Beginns und des Endes der Arbeitszeit nicht gesondert ausgewiesen. Auch der Wechsel zwischen Arbeitszeit und Bereitschaftszeit wird es nicht.

Martin

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Antw:Faktorisierung der inhouse Bereitschaftszeit
« Antwort #2 am: 19.12.2021 18:24 »
Das habe ich auch gelesen.

Wenn ich jedoch in der Bereitschaftszeit zum Dienst herangezogen werde, ist doch diese Zeit wieder Arbeitszeit und somit nicht zu faktorisieren, denn ich bin nicht mehr auf Abruf, sondern komplett zur Arbeitsleistung herangezogen worden.

Ausgewiesen bedeutet für mich nur, dass wenn ich von 10:00 Uhr - 13:00 Uhr Bereitschaft habe, dass dies nicht expliziet gebucht wird, in meiner Anwesenheitszeit von 06:00 Uhr - 18:00 Uhr. Diese 3 Std jedoch vom Zeiterfassungssystem automatisch faktorisiert wird, egal wann die Bereitschaftszeit in dieser Zeit gewährt wird.

Heisst, wenn ich zur Arbeit herangezogen werde, kann ich bei meinem Arbeitgeber doch diese Zeit zur Gutschrift einfordern. Sonst würde ich wenn ich jedes Mal zur Arbeit herangezogen werde, eine verbilligte Arbeitskraft sein.

XTinaG

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Antw:Faktorisierung der inhouse Bereitschaftszeit
« Antwort #3 am: 19.12.2021 18:37 »
Die Arbeitsaufnahme ist in der Faktorisierung eingerechnet. Es fällt ja in weniger als der Hälfte der Arbeitszeit Arbeit an. Du wirst nicht fürs rumsitzen bezahlt, sondern fürs rumsitzen und erforderlichenfalls arbeiten.

Martin

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Antw:Faktorisierung der inhouse Bereitschaftszeit
« Antwort #4 am: 20.12.2021 09:21 »
Wenn ich nicht arbeiten muss, aber mich auch nicht frei bewegen kann/anderen Tätigkeiten nachgehen kann, sondern 3 Std wo gebunden bin, ist diese Faktorisierung meiner Meinung nach, eine Art Aufwandsentschädigung.

Sollte ich dann wieder zur Arbeit gerufen werden, müsste ich somit wieder Anspruch auf volle Arbeitsstunden/-zeit haben.

Nur wenn ich nicht arbeite dies faktorisiert wird, da verminderte/keine Arbeitsleistung vorliegt, aber es „quasi“ ein Kompromiss ist, da ich jederzeit sofort wieder für den AG an einem von Ihm bestimmten Ort bereitstehe.
Sollte ich währenddessen Einkaufen (5 min vom Arbeitsort) gehen können, mich an meinem 10 Minuten entfernten Heimatort aufhalten, im Haushalt was erledigen können, dann ist dies für mich nachvollziehbar.

Gibt es hierzu keine Rechtssprechung oder Kommentierung der Auslegung und wie spielt hier das EUGH Urteil ggf mit rein?

XTinaG

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Antw:Faktorisierung der inhouse Bereitschaftszeit
« Antwort #5 am: 20.12.2021 11:12 »
Die Kommentierung habe ich doch wiedergegeben. Da sich alle Kommentare dahingehend einig sind, nimm eifach einen beliebigen zur Hand. Das EuGH-Urteil beschäftigt sich damit, ob es sich um Arbeitszeit handelt. Nicht mit der Vergütung ebendieser.

Martin

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Antw:Faktorisierung der inhouse Bereitschaftszeit
« Antwort #6 am: 20.12.2021 11:31 »
Mir geht es hier nicht um die Vergütung sondern um die Arbeitszeit.

XTinaG

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Antw:Faktorisierung der inhouse Bereitschaftszeit
« Antwort #7 am: 20.12.2021 11:36 »
Dir geht es um die Faktorisierung. Das ist eine Vergütungsvorschrift.

Martin

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Antw:Faktorisierung der inhouse Bereitschaftszeit
« Antwort #8 am: 21.12.2021 08:48 »
Ich merk schon ich komm hier nicht weiter. Danke dennoch für die bisherigen Antworten.

Isi

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Antw:Faktorisierung der inhouse Bereitschaftszeit
« Antwort #9 am: 21.12.2021 08:59 »
Versuch einer Antwort - ich habe die Unklarheit die dahinter steht nicht zur Gänze verstanden -

Der AG übt sein Direktionsrecht aus und ordnet Bereitschaft an. Diese Bereitschaft - du hast dich an einem vom AG bestimmten ORT aufzuhalten, kannst aber tun und lassen was du willst, und bist bereit die Arbeit aufzunehmen wenn du gerufen wirst.
Diese Zeit ist im Dienstplan ausgewiesen und wird faktorisiert weil du nur in bestimmten Umständen Arbeit zu leisten hast. Tritt der Umstand ein ist die Zeit Arbeitszeit, es muss aber angenommen werden können dass keine Arbeit anfällt (50% Regelung).
Sie wird dann addiert und zwar zu den faktorisierten (im Dienstplan ausgewiesenen) Stunden.

Beispiel:
22:00 - 05:00 Uhr Bereitschaft = 7 Stunden, faktorisiert 3,5 (dann noch inkl. Nachtzuschlag).
23:00 Alarm
23:00 - 01:00 Uhr Arbeit = 2 Stunden (dann noch inkl. Nachtzuschlag)

Bedeutet am Morgen um 5:00 Uhr stehen 5,5 Stunden auf deinem Konto; 3,5 aus der faktorisierten Bereitschaftszeit, 2 aus der "real" geleisteten Arbeit.

War das jetzt eine Feststellung oder eine Frage :)

XTinaG

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Antw:Faktorisierung der inhouse Bereitschaftszeit
« Antwort #10 am: 21.12.2021 09:29 »
Nein, die in der Bereitschaftszeit anfallende tatsächliche Inanspruchnahme ist mit dem Bereitschaftsdienstentgelt, also dem faktorisierten Entgelt, abgegolten. Da Bereitschaftsdienst Arbeitszeit ist, fallen Zeitzuschläge unabhängig von einer tatsächlichen Inanspruchnahme an.

Rufebereitschaft ist Freizeit, bis der Arbeitnehmer tatsächlich in Anspruch genommen wird. Erst dann handelt es sich um Arbeitszeit. Die Beeinträchtigung der Freizeit durch Rufbereitschaft wird durch die Pauschale abgegolten. Die Arbeitszeit wird nach den Regelungen für tatsächliche Inanspruchnahme (Rundung, Überstundenzuschlag) vergütet.

Beim Bereitschaftsdienst hingegen handelt es sich vollständig um Arbeitszeit, egal, ob man nun sich lediglich bereithält oder tatsächlich arbeitet. Da weniger Arbeit anfällt als in Normalarbeitszeit, wird das Entgelt für diese Arbeitszeit faktorisiert.

Martin

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Antw:Faktorisierung der inhouse Bereitschaftszeit
« Antwort #11 am: 21.12.2021 09:46 »
So eindeutig ist das wohl doch nicht.

Wenn ich in der Arbeit in Bereitschaft bin, egal ob ich arbeite oder nicht, aber innerhalb kürzester Zeit wieder zum Einsatz/Dienst herangezogen werden kann, ist dies für mich Arbeitszeit. So sieht es doch das EUGh Urteil auch.

Mir geht es um die Stunden. Selbst wenn ich für die 3 Std Bereitschaft nur den Mindestlohn erhalten würde, wäre mir das egal, wenn ich die Stunden, welche ich in der Arbeit bin geschrieben bekomme. Da ist mir das sogar egal ob ich in der Bereitschaft zur Arbeit herangezogen werde oder nicht, Hauptsache die Stunden werden komplett geschriebeben

Organisator

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Antw:Faktorisierung der inhouse Bereitschaftszeit
« Antwort #12 am: 21.12.2021 09:52 »
Mir geht es um die Stunden. Selbst wenn ich für die 3 Std Bereitschaft nur den Mindestlohn erhalten würde, wäre mir das egal, wenn ich die Stunden, welche ich in der Arbeit bin geschrieben bekomme. Da ist mir das sogar egal ob ich in der Bereitschaft zur Arbeit herangezogen werde oder nicht, Hauptsache die Stunden werden komplett geschriebeben

Wie Tina schrieb ist genau das nicht der Fall. Was ist denn da noch unklar?

Martin

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Antw:Faktorisierung der inhouse Bereitschaftszeit
« Antwort #13 am: 21.12.2021 10:15 »
In wiefern ändert das EuGh Urteil jetzt das mit der Arbeitszeit und wieso wird dies bei den Tarifverträgen nicht berücksichtigt?

Wenn laut EuGh genau diese Bereitschaftszeiten als Arbeitszeit gewertet wird, dann müsste doch der TV auch angepasst werden oder gibt es hier eine Hintertüre?

Organisator

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Antw:Faktorisierung der inhouse Bereitschaftszeit
« Antwort #14 am: 21.12.2021 10:28 »
In wiefern ändert das EuGh Urteil jetzt das mit der Arbeitszeit und wieso wird dies bei den Tarifverträgen nicht berücksichtigt?

Laut Tina ist doch genau das der Fall. Die Bereitschaftszeit wird bereits als Arbeitszeit gewertet und lediglich geringer vergütet.