Beschäftigte nach TVöD / TV-L / TV-H > TVöD Bund

Sonstige Beschäftigte - Definition und Vorgehensweise

(1/3) > >>

FAöD:
Hallo zusammen,

ich bin aktuell in der ewig nervigen Falle gefangen, dass mein Arbeitgeber ein riesen Trara daraus macht, mich als  sonstigen Beschäftigten anzuerkennen.  Ich meine damit den Prozess der Feststellung und es geht auch nicht darum, das Ergebnis vorwegzunehmen.

Konkret geht es darum, dass mein Arbeitgeber der Ansicht ist, es müsse ein richtig aufwendiges, mehrseitiges Gutachten geschrieben werden, das bestätigt, dass man sonstiger Beschäftigter sein kann. Das Gutachten müsse darüber hinaus von einem externen, unabhängigen Gutachter verfasst werden.

Ich habe mich mit dem Thema "sonstiger Beschäftigter" auseinander gesetzt. Ich konnte nur wenig Anhaltspunkte im Internet finden, welche die Sicht meines Arbeitgebers in Bezug auf den externen Gutachter und den angeblichen Aufwand stützen. Um genau zu sein, sind es immer nur irgendwelche Leute im Internet, die genau das gleiche Problem haben wie ich (zum Beispiel hier).

Ich konnte aber nirgends finden, wie mein und deren Arbeitgeber auf diese Aussagen kommt bzw. was die Grundlage dafür ist. Ich hab natürlich auch bei unserem Personal nachgefragt, aber mehr als ein sinngemäßes "ist halt so", bekomme ich als Antwort nicht. Vielleicht weil die einfache Personalsachbearbeiterin/Betreuerin es nicht besser weiß und es auch nur so weiter sagt, wie sie es vorgekaut bekommt. Aber das spielt auch letztendlich keine Rolle.

Bei meinen Recherchen zu dem Thema bin ich auf folgendes, vielsagendes Dokument gestoßen:

https://www.bva.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Behoerden/Beratung/Eingruppierung/190725_Definition_Vorgehen_sonstige_Beschaeftigte.html

Das Dokument ist vom Bundesverwaltungsamt. Es beleuchtet genau meine Frage, verweißt auf die aktuelle Rechtssprechung und zitiert auch die Sichtweisen des Bundesrechnungshofes und des BMI.

Es ist in diesem Dokument nichts davon zu lesen, dass die Hürden derart hoch sind, wie ich sie oben aus Sicht meines Arbeitgebers beschrieben habe.

Vielmehr steht dort zusammengefasst drin, wie man vorgehen kann, um jemanden als sonstigen Beschäftigten im Einzelfall, bezogen auf die Stellencharakteristik und den individiuellen Angestellten anzuerkennen. Und zwar sind dafür zwei Dinge notwendig:

Kapitel 3.1:
Erstens: Die Tätigkeitsbeschreibung und -bewertung muss entsprechend hochwertig sein.
-> Das wäre bei mir erfüllt. In der aktuellen Stelle durch Neubewertung der Stelle und in der vakanten Stelle mit der E13 ja sowieso, sonst wäre sie nicht so ausgeschrieben worden.
Zweitens: Es ist ein ausführlicher Aktenvermerk in der Personalakte des Angestellten zu erstellen, der die Eignung des Kandidaten als sonstigen Beschäftigen, bezogen auf die Stelle bzw. den Einzelfall, darlegt.

Zweitens ist genau der Punkt: Wie muss das aussehen?

Wie das mein Arbeitgeber sieht, hab ich oben beschriebne. Aber das verlinkte Dokument vom BVA lässt sich dazu in Kapitel 3.2 wie folgt aus:

Dort ist eine Beispieltabelle aufgeführt, in der die tarifrechtlich relevanten Gesichtspunkte gegenübergestellt werden. Es steht dort, dass der Arbeitgeber die Feststellung der Gleichwertigkeit (also ob der Bewerber die tarifrechtlichen Anforderungen erfüllt) feststellt. Von einem Gutachten durch einen externen Sachverständigen ist dort nicht die Rede. Es steht aber auch nicht dort, wer diese Tabelle erstellen soll.

Ich vermute, dass ein Personaler dies tun kann. Wenn vielleicht nicht gerade der/die einfache Personalsachbearbeiter(in), dann vielleicht aber deren Vorgesetzte, ggf. auch mit Unterschrift des Amts/Dienststellenleiters oder so.

Ich kann mir jedoch nicht vorstellen, dass dafür ein externes Gutachten notwendig sein soll. Man stelle sich mal vor, jemand externes bewirbt sich auf so eine Stelle und bis man sich auf die Eingruppierung etc. geeinigt hat, muss man erstmal Wochen oder Monate warten, bis jemand ein externes, unabhängies Gutachten beauftragt, definiert und geschrieben hat? Wir sind zwar in Deutschland, mit jeder Menge komischer Vorgänge, aber das kann ich mir nun wirklich nicht vorstellen.

Und damit es nicht nur bei meiner Vorstellung bleibt, gibts in dem Dokument auch noch diverse Zitate, die Rückschlüsse zulassen, wie sowas zu handhaben ist:

Unter Kapitel 4 ist dann folgendes zu lesen:

Zitat des Bundesrechnungshofes:

--- Zitat ---
„Werden alle Voraussetzungen als sonstiger Angestellter erfüllt, führt dies
tarifrechtlich zu einem entsprechenden Vergütungsanspruch. Die Dienststelle, die
das Vorliegen dieser Anforderungen bestätigt, muß alle dafür ausschlaggebenden
Gründe - auch und gerade hinsichtlich der personenbezogenen Anforderungen -
vollständig und nachvollziehbar festhalten und zu den Akten nehmen.“
--- End quote ---

Das verlinkte Dokument kommentiert dieses Zitat wie folgt:

--- Zitat ---Somit ist festzuhalten, dass eine aussagekräftige Begründung des „Sonstigen
Beschäftigten“, die zu den Akten genommen wird, vollkommen ausreicht
(Zuerkennung in einem ausführlich begründeten Aktenvermerk/Dokumentation),
um den entsprechenden Nachweis zu führen.
--- End quote ---


Darüber hinaus stellt das BMI in seinen Durchführungshinweise zu den neuen Eingruppierungsvorschriften vom 24. März 2014 in der Fassung der siebten Ergänzung vom 9. Juli 2019 fest (die aktuelle Fassung vom 9. September 2021 findet sich übrigens hier und ich kann gleich vorwegnehmen, dass sich zu der betrachteten Fassung von 2019 nichts im Kapitel 3.11 Sonstige Beschäftigte geändert hat):


--- Zitat ---[...]Die Feststellung ist mit einer
aussagekräftigen und nachvollziehbaren Begründung zu den Akten zu nehmen.

Hier wird nochmals durch das BMI verdeutlich, dass es einer individuellen Prüfung und
fundierter Begründung, z. B. auch mittels der „Übersicht einer möglichen individuellen
Prüfung“ unter Punkt 3.2 dieser Unterlage bedarf.
--- End quote ---


Bin ich mit meiner Sicht, dass mein Arbeitgeber die Anforderungen zu hoch legt, falsch?
Müsste er sich nicht viel mehr an das halten, was in diesem Dokument beschrieben steht?
Was könnte die Rechtsgrundlage dafür sein, dass der Arbeitgeber die Hürden so übertrieben hoch legt?

Gehe ich richtig in der Annahme, dass der Arbeitgeber selbst eine Begründung schreiben darf, wieso ein Arbeitnehmer oder Bewerber "sonstiger Beschäftigter" sein kann?

Vielen Dank für eure Antworten und Diskussionsbeiträge.



SVAbackagain:
Sonstiger Beschäftigter ist man oder ist man nicht, der Rechtsmeinung des Arbeitgebers kommt dabei keine Bedeutung zu. Wie der Arbeitgeber sich seine Rechtsmeinung bildet, ist ihm überlassen. Wenn einem die Rechtsmeinung des Arbeitgebers oder die Art und Weise, wie er sie sich bildet, nicht passt, ist der Sachverhalt einer Feststellungsklage zugänglich. Da der sonstige Beschäftigte als extremer Ausnahmefall konstruiert worden ist, wird die Feststellung jedoch zumeist lauten, man sei kein sonstiger Beschäftigter.

FAöD:

--- Zitat von: SVAbackagain am 11.12.2022 08:55 ---Sonstiger Beschäftigter ist man oder ist man nicht, der Rechtsmeinung des Arbeitgebers kommt dabei keine Bedeutung zu.

--- End quote ---

Das ist klar, trotzdem muss ja jemand den Status "sonstiger Beschäftigter" feststellen. Und die Feststellung ist tatsächlich Sache des Arbeitgebers.


--- Zitat von: SVAbackagain am 11.12.2022 08:55 ---Wie der Arbeitgeber sich seine Rechtsmeinung bildet, ist ihm überlassen.

--- End quote ---

Was ist die gesetzliche Grundlage dafür, dass er die Bewertung gestalten kann wie er will? Gibt es keinerlei Vorgaben, die Willkür eingrenzt?


--- Zitat von: SVAbackagain am 11.12.2022 08:55 ---Wenn einem die Rechtsmeinung des Arbeitgebers oder die Art und Weise, wie er sie sich bildet, nicht passt, ist der Sachverhalt einer Feststellungsklage zugänglich.

--- End quote ---

Immerhin.



--- Zitat von: SVAbackagain am 11.12.2022 08:55 ---Da der sonstige Beschäftigte als extremer Ausnahmefall konstruiert worden ist, wird die Feststellung jedoch zumeist lauten, man sei kein sonstiger Beschäftigter.

--- End quote ---

Dass dieser Weg steinig ist und nicht oft von Erfolg gekrönt, kann man sicher so stehen lassen.

In der Regel wird es einfacher sein, zu versuchen, ne Stufe niedriger eingruppiert zu werden und den Rest über Zulagen zu regeln...

SVAbackagain:
Nein, die Feststellung obliegt in keiner Weise dem Arbeitgeber. Der Arbeitgeber bildet sich lediglich eine Rechtsmeinung, die weder den Status des sonstigen noch die Eingruppierung berührt. Entweder Du bist sonstiger Beschäftigter oder Du bist es nicht. Danach richtet sich auch die Eingruppierung. Die Rechtsmeinung des Arbeitgebers spielt für keines von beidem eine Rolle. Da wir uns im Zivilrecht und nicht im Verwaltungsrecht bewegen, wäre es an Dir, den Nachweis einer rechtlichen Norm zu erbringen, dass sich der Arbeitgeber seine Rechtsmeinung auf eine bestimmte Art und Weise zu bilden hätte. Hast Du eine andere Auffassung, kannst Du ein ArbG bemühen. Diesem obliegt dann die Feststellung. Der Weg dorthin ist keineswegs steinig, der seltene Erfolg liegt vielmehr darin begründet, dass man kein sonstiger Beschäftigter ist. Das scheitert zumeist an der Verwendungsbreite. Nehmen wir an, für die auszuübende Tätigkeit bedürfte es eines MSc in Physik mit der Spezialisierung Astrophysik. Man nimmt stattdessen einen Bachelor mit gleicher Spezialisierung und jahrelanger praktischer Erfahrung in infraroter Interferometrie, der super in die diesbezügliche Experimentalreihe passt und dort sogar die entsprechenden MSc schlägt. Er ist aber kein sonstiger Beschäftigter, weil ihm die Erfahrungen in den Bereichen der Astrochemie, Hydrodynamik, Molekularastrophysik usw. fehlen, um dieselbe Verwendungsbreite zu haben wie jemand mit dem passenden MSc.

FAöD:
Ich verstehe, dass der sonstige Beschäftigte selbst den Nachweis führen muss. Und ich verstehe, dass der Arbeitgeber sich nur eine Meinung bilden muss, ob man den Arbeitnehmer als sonstigen Beschäftigten anerkennt. Ist das korrekt?


Kannst du mir bitte darüber hinaus folgenden Zusammehang erklären?

Eine Stelle wird mit E13 ausgeschrieben. Die Eigenschaften der Stelle / Tätigkeitsbeschreibung enthält zwar entsprechend hochwertige Aufgaben, so dass die E13 gerechtfertig ist. Aber diese Aufgaben müssen ja nicht zwingend auch zum Inhalt eines Hochschulstudiums passen. Wie soll man hier also mit einem Hochschulabsolventen vergleichen, für den es nicht *den* typischen und genormten Ausbildungsinhalt gibt?

Denn es gibt ja nicht *das* eine Bachelor oder Masterstudium Informatik (sicher auch bei anderen Fachrichtungen so), sondern inhaltlich sind diese Studiengänge durchaus von Hochschule zu Hochschule unterschiedlich (anders ist das bei IHK-Ausbildungen, die im Grunde bundesweit einheitlich sind). Ich hab zum Beispiel einen Diplom-ITler in der Familie, der in seiner Ausbildung sehr theoretische IT behandelt hat (zum Beispiel Kryptographie, Sortieralgorythmen, Mathematik, etc.). Praktische Themen (also anwendungsnahe), die ja oftmals gefordert werden, wurden in dem Studiengang nicht so wirklich gelehrt. Die IT (und viele weitere Fachgebiete) ist ja so ein breites Feld, dass es ja auch unmöglich ist, dass jeder Absolvent alles beherrschen oder verstehen kann. So jemand wird durch seine Fähigkeiten, die er in dem Studium gelernt hat, aber nicht in der Lage, so eine E13er Stelle auszufüllen, weil die Stelle dann doch viel zu praktisch ist.

Wie soll man also auf so eine Stelle als "sonstiger Angestellter" passen, wenn man zwar die Fähigkeiten und Erfahrungen mitbringt, die in der Stelle gefordert werden? Andererseits soll ein sonstiger Beschäftigter aber noch weitere Themengebiete nachweisen, die ein Master vielleicht kennen könnte falles das Thema in seinem Studium behandelt wurde.  Man müsste hierfür doch eigentlich irgendwo eine Grenze ziehen, die sich an der Tätigkeitsbeschreibung der Stelle orientiert und nicht um das ganze Fachgebiet. Wenn die Stelle sich beispielsweise um Softwareentwicklung dreht und der Bewerber seinen Masterstudiengang mit Schwerpunkt Softwareentwicklung gemacht hat, wäre es ja viel zu weit gefasst und utopisch, wenn er dann auch noch Netzwerkarchitektur, Prozessorarchitektur und andere Spezialgebiete beherrschen müsste, die aber mit der Stelle nichts zu tun haben.

Hinzu kommt, dass gerade in der IT oftmals Techniken und Methoden zum Einsatz kommen, die in kaum einem Bachelor oder Masterstudiengang geleert werden, weil die Themen industriegetrieben sind und nicht hochschulgetrieben.

Daher verstehe ich nicht, wieso ein sonstiger Angestellter nicht nur das Themengebiet der Stelle vergleichbar beherrschen können soll, sondern gleich alles, was ein Bachelor oder Master lernen *könnte*.

Es kann ja nicht darum gehen, dass man von einem sonstigen Beschäftigen erwarten darf, dass er mehr Verwendungsbreite in einer Fachrichtung nachweisen muss, als es eine Person mit Hochschulabschluss des selben Fachgebietes hat, der aber ganz andere Fachgebietszweige studiert hat und mit dem Thema der Stelle nichts anzufangen wüsste.

Es ist natürlich schon klar, dass so jemand eher weniger bei einem Bewerbungsverfahren berücksichtigt würde. Aber es geht doch darum, dass man davon ausgeht, dass so jemand bei Bedarf auch einfach auf eine andere Stelle versetzt werden könnte. Ich vermute, dass der Ursprung dieser Erfordernis im Beamtenverhältnis liegt. Richtig? Aber dieses Verhältnis gibts bei Arbeitgebern im TVöD ja in der Regel nicht. Als Arbeitgeber im TVöD kann man ja nicht einfach jemanden von einer auf die andere Stelle verschieben wie man lustig ist. Daher macht es auch keinen Sinn, den Softwareentwickler mit Master auf eine Stelle im Netzwerkarchitekturteam zu verschieben.


Um als sonstiger Beschäftigter zu gelten, muss man zwei Dinge erfüllen. "Gleichwertige Fähigkeiten" wie eine Person  mit entsprechender Hochschulbildung. Das andere ist "Erfahrungen".

Erfahrung ist in der Regel einfacher nachzuweisen, indem man darlegt, was man wie lange schon gemacht hat (grob). Aber wie du ja sagst, ist eher das Problem, die Fähigkeiten nachzuweisen.

In dem obigen zitierten PDF wird auf das Rundschreiben vom BMI mit Datum 2019 eingegangen und folgendermaßen zitiert:


--- Zitat ---Die Prüfung der gleichwertigen Fähigkeiten kann dabei z. B. anhand der jeweiligen
Ausbildungsinhalte (z. B. Ausbildungs- und Prüfungsordnungen, Studienpläne)
vorgenommen werden. Es genügt, wenn sich die Fähigkeiten und der Inhalt der für
die Tätigkeit geforderten Ausbildung zu einem großen Teil überschneiden. Nicht not-
wendig ist hingegen, dass die/der Tarifbeschäftigte das gesamte durch die
entsprechende Ausbildung oder das geforderte Hochschulstudium vermittelte Wissen
vollumfänglich vorweisen kann. Es geht um die ähnlich gründliche Beherrschung
eines entsprechend umfangreichen Wissensgebietes. Es kommt nicht darauf an, auf
welche Weise die gleichwertigen Fähigkeiten erworben wurden.
--- End quote ---

Hier steht schwarz auf weiß, dass man die Fachrichtung nicht vollumfängliche vorweisen muss. Und es kommt auch nicht darauf an, wie die Fähigkeiten erworben wurden. Theoretisch kann das also auch autodidaktisch passiert sein.

Wie passt das jetzt dazu (ebenfalls aus dem Rundschreiben des BMI):


--- Zitat ---Gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen führen dazu, dass die Einsatzbreite auf verschiedenen Arbeitsplät-
zen ebenso möglich ist wie bei einem Beschäftigten, der über den geforderten Ab-
schluss verfügt.
--- End quote ---

Denn wie ich oben beschrieben habe, ist es realitätsfremd anzunehmen, dass man einen Diplomand der Informatik auf jeden beliebigen IT-Arbeitsplatz setzen könnte.





Navigation

[0] Message Index

[#] Next page

Go to full version