Abhängig von der Schulart ist auch die Zusammenarbeit mit anderen Stellen und Eltern nicht zu unterschätzen. An unserer "Brennpunktschule" haben wir leider regelmäßig Fälle von selbstverletztendem Verhalten, Gewalt in der Familie, im schlimmsten Fall Suizidversuche oder Versuche, von daheim auszubrechen. Diese Fälle fordern ein hohes Maß an "Überwachung" in der Schulzeit zB während der Pausen und ziehen oftmals längere und sich wiederholende Gespräche mit zB Schulpsychologen oder Sozialarbeitern und Erziehungsberechtigten oder Pflegeeltern nach sich, die im Stundendeputat je nach Fall nicht im erforderlichen Ausmaß berücksichtigt werden. Durch längere Schulzeiten und Betreuung wird immer mehr Erziehungskompetenz auf die Lehrerschaft ausgelagert, wodurch die reine Wissensvermittlung oft in den Hintergrund rückt. Der Beruf des Lehrers fordert eben auch eine gewisse Berufung und das mMn mehr denn je. Aktuelles Beispiel: Schülerin befürchtet ungeplante Schwangerschaft und wendet sich in der Pause an den Lehrer, da kein Geld für Schwangerschaftstest vorhanden ist und sonst keine Vertrauensperson greifbar/ vorhanden.
Wenn man die reine Stundenzahl sieht und wie Bereitschaften, Nachtzuschlag etc. im öD berücksichtigt, schlagen v.a Klassenfahrten ins Gewicht. Eine ganze Woche mit pubertierenden Jugendlichen aller Geschlechter lässt quasi keine Pause zu.
Seit Corona haben die meisten Schulen Apps bzw Software für den einfacheren Kontakt zu Schülern und Erziehungsberechtigten.Vorteil ist, dass die Kontaktaufnahme vereinfacht ist. Dadurch wird die Möglichkeit aber auch oft genutzt, oftmals auch für Nachfragen, die sich potentiell selbst oder auch im Unterricht erledigen ließen. (Von der Elternschaft her herrscht auch oft eine gewisse Erwartungshaltung auf möglichst sofortige ausführliche Beantwortung und immerwährende Erreichbarkeit, was oft auch zu wiederholten Nachfragen und Diskussionen führt.) Manchmal wenden sich Schüler auch mit persönlichen Problemen auch in den Abendstunden via App an den Lehrer. Was dann tun, wenn man weiß, dass zB häusliche Gewalt besteht? Das ist immer mehr eine Gratwanderung.
An der Stelle möchte ich nochmal zum Nachdenken anregen: Unsere Gesellschaft wandelt sich immer schneller, so dass man die eigene Schulzeit nicht mehr mit der heutigen Zeit vergleichen kann. Und nur weil man selbst mal Schüler war, heißt das nicht, dass man vollumfänglichen Einblick in das Lehrerleben hat.