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[Allg] Tarifrunde TV-L 2023

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SAS:
Das Streikverbot für Beamte halte ich nur so lange für zulässig, solange der die Landesregierung regelmäßig ihren Verpflichtungen nachkommt. Wenn die Landesregierungen jedoch über einen langen Zeitraum dieser Verpflichtung nicht nachkommen und Gerichtsverfahren verschleppt und verzögert werden. Ist irgendwann der Punkt gekommen, wo man sich fragen muss, was das Recht auf amtsangemessene Alimentation Wert ist, wenn es Möglichkeiten gibt, dieses Recht über einen langen Zeitraum zu verletzen.

Überdies sollte man auch mal darüber nachdenken, ob bei dieser Frage nicht andere Verfahren als individual Klagen zeitgemäßer wären, um die Rechte von Beamten durchzusetzen. Hier wären Verbandsklagen der bessere Weg.

ACDSee:

--- Zitat von: SAS am 23.10.2023 10:51 ---Das Streikverbot für Beamte halte ich nur so lange für zulässig, solange der die Landesregierung regelmäßig ihren Verpflichtungen nachkommt. Wenn die Landesregierungen jedoch über einen langen Zeitraum dieser Verpflichtung nicht nachkommen und Gerichtsverfahren verschleppt und verzögert werden. Ist irgendwann der Punkt gekommen, wo man sich fragen muss, was das Recht auf amtsangemessene Alimentation Wert ist, wenn es Möglichkeiten gibt, dieses Recht über einen langen Zeitraum zu verletzen.
--- End quote ---

Die Verfassung(en) zu wahren heiß auch, dass eine begangene Rechtsverletzung eine andere nicht rechtfertigt. Das ist für die Funktionsweise des Rechtsstaates essentiell. So schmerzhaft es auch ist, über die Rechtmäßigkeit von Gesetzen befinden nicht die Betroffenen, sondern die Gerichte.


--- Zitat von: SAS am 23.10.2023 10:51 ---Überdies sollte man auch mal darüber nachdenken, ob bei dieser Frage nicht andere Verfahren als individual Klagen zeitgemäßer wären, um die Rechte von Beamten durchzusetzen. Hier wären Verbandsklagen der bessere Weg.
--- End quote ---

Sicherlich, aber hier fehlt die Klagebefugnis. Diese musste durch den Gesetzgeber eingeräumt werden. Entsprechende Aktivitäten hierzu sehe ich nicht. Die Frage wäre dann auch, wer hier für wen klagebefugt sein sollte. Ein Beamter ist ja in der Lage sich selbst zu vertreten. Er ist kein geschäftsunfähiges Wesen wie ein Tier oder "die Natur", für die gewisse rechtsfähige Interessenverbände bestehen. Einen Verband, der alle Beamten vertritt, kenne ich nicht. Ja, es gibt Gewerkschaften, aber ob die für alle Klagen sollten, ist m.E. eher schwierig. Was passiert wenn diese Gewerkschaften einen Vergleich schließen, sieht man an den Ergebnissen der Tarifverhandlungen. Ich z.B. fühle mich durch diese "Gewerkschaften" eher nicht in meinen Interessen vertreten und bin daher auch kein Mitglied.

Daher fällt m.E. die Forderung wenn es um eine konkrete Umsetzbarkeit geht schnell in sich zusammen. Beamten haben halt keine Lobby.

Johann:

--- Zitat von: SAS am 23.10.2023 10:51 ---Das Streikverbot für Beamte halte ich nur so lange für zulässig, solange der die Landesregierung regelmäßig ihren Verpflichtungen nachkommt. Wenn die Landesregierungen jedoch über einen langen Zeitraum dieser Verpflichtung nicht nachkommen und Gerichtsverfahren verschleppt und verzögert werden. Ist irgendwann der Punkt gekommen, wo man sich fragen muss, was das Recht auf amtsangemessene Alimentation Wert ist, wenn es Möglichkeiten gibt, dieses Recht über einen langen Zeitraum zu verletzen.

Überdies sollte man auch mal darüber nachdenken, ob bei dieser Frage nicht andere Verfahren als individual Klagen zeitgemäßer wären, um die Rechte von Beamten durchzusetzen. Hier wären Verbandsklagen der bessere Weg.

--- End quote ---

Das würde ziemlich gefährlich werden, wenn man dies als Begründung für seinerseits rechtswidrige Maßnahmen nähme.

Beispielsweise scheißen die verschiedenen Bundesregierungen seit etwa 15 Jahren konsequent darauf, dass Vorratsdatenspeicherung illegal war und weiterhin ist. Und trotzdem nehmen sie das gerade als rechtswidrig entschiedene Gesetz, tauschen gefühlt 1-2 Wörter aus und sammeln wieder für 3-4 Jahre ohne Ende Daten bis es erneut von irgendeinem Gericht kassiert wird. Und das völlig ohne Konsequenzen. Wieder und wieder.

SAS:

--- Zitat von: ACDSee am 23.10.2023 11:01 ---
--- Zitat von: SAS am 23.10.2023 10:51 ---Das Streikverbot für Beamte halte ich nur so lange für zulässig, solange der die Landesregierung regelmäßig ihren Verpflichtungen nachkommt. Wenn die Landesregierungen jedoch über einen langen Zeitraum dieser Verpflichtung nicht nachkommen und Gerichtsverfahren verschleppt und verzögert werden. Ist irgendwann der Punkt gekommen, wo man sich fragen muss, was das Recht auf amtsangemessene Alimentation Wert ist, wenn es Möglichkeiten gibt, dieses Recht über einen langen Zeitraum zu verletzen.
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Die Verfassung(en) zu wahren heiß auch, dass eine begangene Rechtsverletzung eine andere nicht rechtfertigt. Das ist für die Funktionsweise des Rechtsstaates essentiell. So schmerzhaft es auch ist, über die Rechtmäßigkeit von Gesetzen befinden nicht die Betroffenen, sondern die Gerichte.


--- Zitat von: SAS am 23.10.2023 10:51 ---Überdies sollte man auch mal darüber nachdenken, ob bei dieser Frage nicht andere Verfahren als individual Klagen zeitgemäßer wären, um die Rechte von Beamten durchzusetzen. Hier wären Verbandsklagen der bessere Weg.
--- End quote ---

Sicherlich, aber hier fehlt die Klagebefugnis. Diese musste durch den Gesetzgeber eingeräumt werden. Entsprechende Aktivitäten hierzu sehe ich nicht. Die Frage wäre dann auch, wer hier für wen klagebefugt sein sollte. Ein Beamter ist ja in der Lage sich selbst zu vertreten. Er ist kein geschäftsunfähiges Wesen wie ein Tier oder "die Natur", für die gewisse rechtsfähige Interessenverbände bestehen. Einen Verband, der alle Beamten vertritt, kenne ich nicht. Ja, es gibt Gewerkschaften, aber ob die für alle Klagen sollten, ist m.E. eher schwierig. Was passiert wenn diese Gewerkschaften einen Vergleich schließen, sieht man an den Ergebnissen der Tarifverhandlungen. Ich z.B. fühle mich durch diese "Gewerkschaften" eher nicht in meinen Interessen vertreten und bin daher auch kein Mitglied.

Daher fällt m.E. die Forderung wenn es um eine konkrete Umsetzbarkeit geht schnell in sich zusammen. Beamten haben halt keine Lobby.

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zu 1:
Es gilt ja nach wie vor das Gebot der Verhältnismäßigkeit. Ein begründeter und vereinsmäßiger Streik würde nicht die Funktionsweise unseres Rechtsstaates in Frage stellen oder gefährden. Auch andere Berufsgruppen bekommen das hin. Wenn man an dem Streikverbot festhält, sollte man definitiv effizientere Verfahren schaffen. Da die Beamten aber kein effizientes Druckmittel haben, um dies einzufordern, wird das vermutlich nie passieren.
Ich finde es richtig schwierig. Ich sehe ja durchaus ein, wieso das Streikverbot mal erlassen wurde, mittlerweile habe ich aber das Gefühl, dass die Arbeitgeberseite bewusst die fehlenden Druckmittel gegen die Beschäftigten ausnutzt, um Haushaltssanierung zu betreiben und politische Wahlgeschenke zu verteilen.

zu 2:
Verbandsklagen ersetzen ja nicht das individual Klagerecht. Sondern dienen dazu, Verfahren zu beschleunigen. Es ist auch nicht möglich, einen Verband für alle Klagen zu lassen. Aber wenn es eine kritische Masse an Mitgliedern in einem Verband gibt, wieso sollte dieser nicht Klagen dürfen. Das Würde die Hürden für Klagen verringern und eine höhere Wahrscheinlichkeit für Rechtsfrieden geben.
Ginge das nicht heute auch schon? Ich weiß, dass es in anderen Bereichen auf jeden Fall Verbandsklagerechte gibt. Bin aber auch kein Jurist.

ACDSee:

--- Zitat von: SAS am 23.10.2023 12:06 ---zu 1:
Es gilt ja nach wie vor das Gebot der Verhältnismäßigkeit. Ein begründeter und vereinsmäßiger Streik würde nicht die Funktionsweise unseres Rechtsstaates in Frage stellen oder gefährden.
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Leider nein. Das Gebot der Verhältnismäßigkeit adressiert ausschließlich staatliche Maßnahmen. Einzelpersonen machen sich halt mehr- oder minderschwer schuldig. Streiken ist eine bewusste Entscheidung und somit ein vorsätzliches rechtswidriges Verhalten. Mit Verhältnismäßigkeit würde ich hier nicht argumentieren. Mir stellt sich eher die Frage: Wie soll ein Staat funktionieren, wenn seine Beamten sich vorsätzlich rechtswidrig verhalten?


--- Zitat von: SAS am 23.10.2023 12:06 --- Auch andere Berufsgruppen bekommen das hin. Wenn man an dem Streikverbot festhält, sollte man definitiv effizientere Verfahren schaffen.
--- End quote ---

Für die Beamtenschaft sind effizientere Verfahren wünschenswert, nur sehe ich hierzu keinerlei Interessenslage geschweige denn Aktivitäten in der Politik. Das Problem der Beamtenschaft ist halt, dass sie nicht wie andere Berufsgruppen ihre Arbeitsleistung gegen Geld in einem gleichrangigen vertraglichen Verhältnis verkaufen, sondern in einem gesetzlich geregelten Dienst- und Treueverhältnis stehen. Beamten geht es somit ähnlich wie Rentnern oder Bürgergeldempfängern. Ihre Alimentation ist gesetzlich und nicht vertraglich geregelt. Hierüber entscheidet die gewählte Volksvertretung, hier wird nichts ausgehandelt. Gegen ein Gesetz kannst du auch nicht effektiv streiken. Demonstrieren kannst du.


--- Zitat von: SAS am 23.10.2023 12:06 ---Da die Beamten aber kein effizientes Druckmittel haben, um dies einzufordern, wird das vermutlich nie passieren.
Ich finde es richtig schwierig. Ich sehe ja durchaus ein, wieso das Streikverbot mal erlassen wurde, mittlerweile habe ich aber das Gefühl, dass die Arbeitgeberseite bewusst die fehlenden Druckmittel gegen die Beschäftigten ausnutzt, um Haushaltssanierung zu betreiben und politische Wahlgeschenke zu verteilen.
--- End quote ---

Beamte haben und bekommen keine Druckmittel, da diese "dienen" sollen. Das Beamtenverhältnis ist ein Dienst- und Treueverhältnis. Beamte sollen die Funktionsfähigkeit des Staates sichern. Streik kontakarriert diesen Ansatz. Eine Alimentation findet ja statt, nur die Höhe ist strittig. Über diese Streitfrage entscheiden die Gerichte. Über die Effektivität des Rechtschutzes kann man trefflich streiten. Ich sehe hingegen keinen Diskussionsansatz zum Streikrecht.


--- Zitat von: SAS am 23.10.2023 12:06 ---zu 2:
Verbandsklagen ersetzen ja nicht das individual Klagerecht. Sondern dienen dazu, Verfahren zu beschleunigen. Es ist auch nicht möglich, einen Verband für alle Klagen zu lassen. Aber wenn es eine kritische Masse an Mitgliedern in einem Verband gibt, wieso sollte dieser nicht Klagen dürfen. Das Würde die Hürden für Klagen verringern und eine höhere Wahrscheinlichkeit für Rechtsfrieden geben.
Ginge das nicht heute auch schon? Ich weiß, dass es in anderen Bereichen auf jeden Fall Verbandsklagerechte gibt. Bin aber auch kein Jurist.

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Ich bin auch kein Jurist, aber Verbandsklagen sind doch Popularklagen, Verbände klagen also für die Allgemeinheit. Das gibts im Umweltrecht, im Wettbewerbsrecht, bei Geschäftsbedigungen, ... und ggf. auch wo anders, aber halt immer dann, wenn es um die Allgemeinheit geht und aufgrund eines, aber nicht gegen ein Gesetz. Hier passt das nicht. Denn es geht hier weder um die Allgemeinheit, sondern um eine klar begrenzte Personengruppe je Bundesland, noch gibt es eine gesetzliche Grundlage. Evtl. wären hier Muster- oder Sammelklagen eine Idee. Die gibt es meines Wissens aber nur im Zivilrecht und nicht gegenüber Gesetzen und Verfassungsorganen. Ggü. Gesetzen gibt es Verfassungsbeschwerden und da sind wir aktuell.

Es ist halt nicht ohne Weiteres möglich, seine Volksvertretung zu einer bestimmten Handlung zu verpflichten. Auch Volksbegehren für Besoldungsregelungen sind in den Landesverfassungen ausgeschlossen (in ST: Art. 81 Abs. 1 Landesverfassung).

Beste Option: Parteigründung.

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