Guten Morgen zusammen,
und was sagt man, wenn man eigentlich (fast) gar nichts zu der zu besetzenden Stelle sagen kann?
Ich arbeite in einer großen Behörde seit 1,5 Jahren, der befristete Vertrag läuft noch ein halbes Jahr.
Seitens des PRs wurde mir empfohlen, dass ich erneut meine unbefristete Schwerbehinderung im Anschreiben erwähnen soll, was ich dann auch gemacht habe. Diese hatte ich damals in der ersten Bewerbung angegeben.
Eigentlich wollte ich diese nicht mehr angeben, auch wenn ich sie angeben muss, um rechtliche Pflichten beim AG auszulösen, aber ich wollte gucken, ob ich auch ohne eingeladen werde. Aber aufgrund der dringenden Empfehlung des PRs habe ich es dann doch getan.
Nun erhielt ich gestern die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch.
Es geht um eine 9a-Stelle in der Lohnabrechnung. Aktuell habe ich auch eine 9a-Stelle im Bereich Leistungssachbearbeitung SGB und anderen Gesetzen und "schlage mich da wohl gut bis sehr gut" lt. aktuellem Vorgesetzten.
Ich schloss meine Ausbildung zur Vfa in 2001 ab, erhielt dann nach 1,5 Jahren vom AG in der Privaten nach der Ausbildung eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung und habe danach 3 Jahre aufgrund von Kindesbetreuung nicht gearbeitet bzw. nur diverse Minijobs gehabt, die ich im Lebenslauf nicht einzeln aufgeführt habe, da keine davon irgendwie hilfreich wären (Verpackerin, Regalauffüllerin, Hilfsarbeiterin in einer Werkstatt, Pizzaauslieferungsfahrerin, Briefzustellerin, Datenerfasserin).
Nach diesen 3 Jahren war es verdammt schwierig, im ÖD wieder Fuß zu fassen. War aufgrund bundesweiter Bemühungen und entsprechender Gespräche nicht möglich. Ich hatte das Gefühl, dass ich für den ÖD einfach schon zu lange weg vom Fenster war und man rümpfte sichtlich die Nase, wenn man meinen Lebenslauf las ("abenteuerlich", "wild", "bunt").
Also ging ich in die Private, wo man mich eher wollte und brauchte. Ich fing ganz unten an sozusagen. Ich war Kurierfahrerin bei 3 AGs, habe dann von mir aus nur wegen mehr Geld gewechselt. Wohl fühlte ich mich dabei aber nie wirklich.
Beim zweiten AG durfte ich dann als Disponentin arbeiten, hatte mich also hochgearbeitet. Aufgrund der Fluktuation musste ich dann aber wieder als Fahrerin arbeiten und da ich dort viel zu wenig verdiente, wechselte ich den AG und verdiente bei einem anderen AG als Fahrerin deutlich mehr.
Dann hatte ich die Chance - aufgrund meiner Reha-Vermittlerin bei der BA eben bei dieser befristet für ein halbes Jahr zu arbeiten, was ich dann auch dankend annahm. Dort war ich dann zuständig für die Antragsannahme von SGB-Leistungen, die Datenerfassung, die Berechnung von Leistungen. Leider blieb es bei diesen sechs Monaten, weil eigentlich nur jemand gesucht wurde, um gewisse Antragseingangsspitzen abzufangen.
Anschließend wechselte ich wieder in die Private und war in einem führenden Weltmarktunternehmen für ca. 5 Jahre tätig. Dort entschied ich mich aber im vierten Jahr für eine Abfindung, da es dem Unternehmen nicht mehr sooo gut ging und gewisse Abfindungsprogramme anbot und ich mich dadurch finanziell gesund stoßen konnte, da ich leider noch einige Schulden und Verbindlichkeiten mit dem Ex-Partner jahrelang mit mir rumschleppte und dies noch viele weitere Jahre hätten tun müssen.
Dann war ich wieder als Disponentin tätig, kündigte aber, weil die Arbeitszeiten (Doppelschichten, also 16 h-Tag, von der Spät- in die Frühschicht, Notdienste, Rufbereitschaften, Einsätze an WEs und Feiertagen ...) dauerhaft sich nicht mit meinem Privat-/Familienleben vereinbaren ließen und ich ging da damals echt aufm Zahnfleisch.
In den Folgejahren hatte ich drei Anstellungen bei kleinen Behörden, die jeweils zu Probezeitkündigungen geführt haben. Einmal, weil ich mich mit dem Vorgestezten überhaupt nicht verstand. Einmal, weil ich angeblich meine fachlichen Kompetenzen wiederholt überschritten hatte. Einmal, weil meine Auffassung von guter und schneller Arbeit (ich arbeitete ja nun schon einige Jahre vorher in der Privaten) anders aussah, als das lahmarschige Getue anderer Kollegen, von denen mir einer sogar gegenüber handgreiflich werden wollte, wofür es aber leider keine Zeugen gab, mir man nicht glaubte und ich ja die Neue bin, die hier stört.
Dann hatte ich eine weitere zweijährige Befristung in einer Behörde, wo mir aber das hinterfotzige, lästernde Geschwafel der Kolleginnen im Großraumbüro auf die Nerven ging, ich mich deswegen mit denen anlegte und dann gemobbt wurde, auch von Vorgesetzten. Dort wechselte ich dann intern und nach dem Wechsel war alles super, aber aufgrund der Befristung und der unwahrscheinlichen Verlängerung oder gar Entfristung, bat ich um vorzeitige Vertragsauflösung, da ich was anderes gefunden hatte.
Ich habe nun in all den Jahren mich wiederholt im Bereich Lohn- und Finanzbuchalltung und Arbeitsrecht erfolgreich weitergebildet und eine kurze Anstellung von 6 Monaten gehabt, wo ich auch in diesem Bereich gearbeitet habe. Da wäre ich noch immer, wenn ich nicht gemeint hätte, etwas zu tun, was dem Vorgesetzten so missfallen hat, dass es zu einer Probezeitkündigung kam. Damals echtn Kampf mit PR und SBV in Verbindung getreten und der Vorgesetzte ist da leider bekannt gewesen. Ich war da wohl nicht das einzige Opfer!? Na ja ... ich glaube ja an Karma! ;-)
Alles in allem habe ich in nun 22 Jahren 15 AGs, exkl. der Minijobs, gehabt. Viele Befristungen, eine betriebsbedingte ordentliche Kündigung, 4 x von mir aus gekündigt ...
Das ein oder andere Problem mit AGs in der Vergangenheit kann und muss ich leider meinem ADHS zuordnen. Zwar darf und sollte man ADHS nicht für alles als Ausrede benutzen, aber in den Punkten Gerechtigkeit, Hierarchien/"Ansagen" bin bzw. war ich sehr empfindlich. Das ist im Laufe der Jahre deutlich besser geworden, auch aufgrund der irgendwann mal richtig gestellten Diagnose und dem Austesten diverser Medis. Ist zwar mühselig, zu spekulieren, ob ich den ein oder anderen Job noch hätte oder länger gehabt hätte, wenn ich damals schon die richtige Diagnose und die richtige Dosierung des richtigen Medis gehabt hätte, aber manchmal stelle ich mir diese Frage dann doch, obwohl ich eigentlich jemand bin, der nicht großartig in die Vergangenheit blickt, sondern nach vorne.
Jetzt bin ich mit der aktuellen Anstellung so glücklich, dass ich gar nicht wechseln will und eigentlich auch nicht muss, aber das Ende der Befristung naht und mir kann man leider noch immer nicht sagen, wie es Anfang des nächsten Jahres weitergeht, Eigentlich besteht Bedarf usw. usf., aber ihr wisst schon, wies läuft. Ich kann und will aber nicht bis zum letzten Tag warten, ob mir nun gesagt wird, obs morgen weitergeht oder nicht und auf das ganze mit der BA habe ich nun auch keine Lust - verständlicherweise.
Mir wurde generell, auch von meiner Psychiaterin, davon abgeraten, mit meinem ADHS hausieren zu gehen, was an der aktuellen Arbeit aber doch mein Vorgesetzter von mir in einem vertraulichen Gespräch erfahren hat, was sich so im Zuge des gegenseitigen Vertrauens ergeben hatte.
Ich kann mich erinnern (ich habe sogar noch die Mail), als ich mich in einer Behörde bewarb, meine Schwerbehinderung nicht angab, eine Absage erhielt und ich nach den Gründen fragte. Man hätte jemanden dauerhaft gesucht und mein Lebenslauf wäre nicht beständig genug, würde keine Konstanz aufweisen, was einem davon abgehalten hat, mich überhaupt zu einem Gespräch einzuladen. Hätte ich meine Schwerbehinderung angegeben, hätten sie mich einladen müssen und dann hätte ich quasi mein Leben erzählt, wieso und weshalb das alles so war, wies nun einmal war.
Ich bin stolz auf mein Leben, auf meinen Lebenslauf, weil ich es geschafft habe. Ich bin zwar keine Millionärin geworden, aber ich habe mich generell hochgearbeitet, verbessert und nun als Vfa immerhin eine 9a-Stelle, was jetzt vielleicht auch nicht die Regel ist.
Sorry, für diesen langen Text, aber mich überkams einfach und ich hatte die ein oder andere Träne beim Schreiben.
So, wie stelle ich mich nun vor, wenn es im Gespräch darum geht und es um die Lohnabrechnungen geht, wo ich, wenn überhaupt noch, aktuell nur rudimentäre Kenntnisse mitbringe und ich zumindest das Gefühl haben muss, dass ich evtl. nur aufgrund meiner Schwerbehinderung eingeladen worden bin, weil ich das Stellenprofil 100 %ig erfüllt habe?
Dankeschön.
LG