Autor Thema: Direktionsrecht des AG und Arbeitszeiten und zumutbare Tätigkeiten  (Read 3663 times)

Enno25

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Hallo,

ich arbeite Teilzeit in der Verwaltung als Blockarbeitszeit (3 Tage die Woche)
Ich bin mir ziemlich sicher, dieses ist sogar Bestandteil des Arbeitsvertrages ( Kopie ist angefordert )

Nun wurde ich zu einem Gespräch geladen:
hinsichtlich einer effektiven Aufgabenerfüllung im SG xxxx sehe ich es erforderlich an, die Aufgabenzuweisung für die Planstelle xxxx im Rahmen des Direktionsrechts zu ändern.

Was kann einen da erwarten ? Meine Stellenbeschreibung ist ganz klar definiert.
Die Gehaltsgruppe ja auch.
Kann an den vereinbarten Arbeitszeiten gerüttelt werden ? Und kann ich Tätigkeiten aus gesundheitlichen Gründen ablehnen ?  Nur als Beispiel: Vorher Akten bearbeitet im Innendienst - jetzt Politesse ( dazu wäre ich gesundheitlich zb. nicht in der Lage. Das war aber nur ein abstraktes Beispiel.

Muss man einem solchem Direktionsrecht sofort Folge leisten oder hat man Rechtsmittel ?
Unser Personarat... na ja....

Danke!



Tagelöhner

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Gewerbeordnung
§ 106 Weisungsrecht des Arbeitgebers

"Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen."

Der Arbeitgeber kann Dir daher neue Aufgaben zuweisen, wenn diese den Tätigkeitsmerkmalen entsprechen, nach denen du aktuell eingruppiert bist und sie daher nicht eingruppierungsrelevant sind.

Am festgelegten Teilzeitmodell (ist das schriftlich fixiert?) kann er nur in engen Grenzen Änderungen vornehmen, sofern hier schriftlich keine Übereinkunft erfolgt ist. In jedem Fall muss eine gegenseitige Interessenabwägung bei der Ausübung billigen Ermessens stattfinden, welche selbstverständlich einer arbeitsgerichtlichen Überprüfung zugänglich ist.

Eine Empfehlung dabei ist immer, die neuen Tätigkeiten zunächst unter Vorbehalt auszuüben, um sich arbeitsrechtlich nicht angreifbar zu machen und dann aber direkt einen Anwalt ins Boot zu holen. Nach neuester Rechtsprechung ist es dem Arbeitnehmer sogar erlaubt, eine unbillige Weisung direkt zu ignorieren. Aus Sicherheitsgründen würde ich dennoch davon abraten, bis die Billigkeit der Weisung arbeitsgerichtlich oder wenigstens anwaltlich geprüft ist. Es kommt immer auf den jeweiligen Einzelfall an, der daher von einem Fachmann bewertet werden muss.
« Last Edit: 12.09.2023 16:46 von Tagelöhner »


Organisator

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https://www.spiegel.de/karriere/bundesarbeitsgericht-arbeitnehmer-koennen-dauerhaft-ins-ausland-versetzt-werden-a-253fdf74-ab9a-489f-83d5-f416e2534b98

naja, da der deutsche öD grundsätzlich in Deutschland tätig ist, und viele der Arbeitgeber auch auf Bundesländer oder gar Kommunen festgelegt sind, wird das mit dem Versetzen ins Ausland wohl nicht so häufig sein. Ansonsten glaube ich mal gelesen zu haben, dass in einem Arbeitsvertrag auch der Arbeitsort genannt ist.

Enno25

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Für mich insbesonders die Zumutbarkeit aus gesundheitlichen Gründen relevant.

Opa

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https://www.spiegel.de/karriere/bundesarbeitsgericht-arbeitnehmer-koennen-dauerhaft-ins-ausland-versetzt-werden-a-253fdf74-ab9a-489f-83d5-f416e2534b98
naja, da der deutsche öD grundsätzlich in Deutschland tätig ist, und viele der Arbeitgeber auch auf Bundesländer oder gar Kommunen festgelegt sind, wird das mit dem Versetzen ins Ausland wohl nicht so häufig sein. Ansonsten glaube ich mal gelesen zu haben, dass in einem Arbeitsvertrag auch der Arbeitsort genannt ist.
Man wundert sich, wie viele Behörden über Auslandsvertretungen verfügen.

Den Link hatte ich geposted um zu verdeutlichen, dass das Direktionsrecht viel weiter reichen kann, als der verwöhnte Behördenmitarbeiter gemeinhin denkt.

aronzo

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Für mich insbesonders die Zumutbarkeit aus gesundheitlichen Gründen relevant.
Es ist zu empfehlen, sich das Anliegen des Arbeitgebers erst einmal anzuhören, nichts zu unterschreiben und sich DANN Gedanken zu machen! Gegebenenfalls ein Mitglied des Personalrats zum Gespräch mitnehmen.

Enno25

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Also, ich kann euch sagen was raus gekommen ist.
Ist soll zur Politesse "aufsteigen"
Ich habe in dem gespräch lediglich mitgeteilt, dass es mir gesundheitlich ga rnicht zumutbar ist.
Ein Schwerbehinderungsgrad wurde bereits beantragt - diese Tätigkeit kann ich gesundheitlich gar nicht ausüben.
Hat aber keinen interessiert.

FearOfTheDuck

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Ändert sich deine Entgeltgruppe? Dann wäre das Ganze zustimmungspflichtig...

Enno25

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Nein, trotzdem ist es ja nicht von der Hand zu weisen, wenn der Arbeitnehmer dazu gesundheitlich nicht in der Lage ist. Es gilt ja auch die Fürsorgepflicht des Arbeitnehmers.

FGL

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Ich habe in dem gespräch lediglich mitgeteilt, dass es mir gesundheitlich ga rnicht zumutbar ist.
Ein Schwerbehinderungsgrad wurde bereits beantragt - diese Tätigkeit kann ich gesundheitlich gar nicht ausüben.
Hat aber keinen interessiert.
Wenn Du "lediglich mitgeteilt" hast, dass es Dir "gesundheitlich gar nicht zumutbar ist", dann kann ich gut verstehen, dass es niemanden interessiert hat. Ohne weitere Substantiierung würde ich das als Schutzbehauptung verwerfen.

OrganisationsGuy

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Sehe das wie der Vorredner. Wenn man argumentiert, man könnte aufgrund der schlechten Fußläufigkeit dieser Aufgabe nicht nachkommen, sollte man sich zukünftig nicht mehr beim Spazieren gehen erwischen lassen. Wenns um den mentalen Stress geht, der mit Bürgerkontakt in Konfrontationssituationen geht, dann sollte der jetzige Arbeitsplatz besser bereits ohne Kontakt mit Bürgern verlaufen.

Auf der ehemaligen Dienststelle hatten wir für die Kontrolle des ruhenden Verkehrs ebenfalls ein ähnliches Szenario wie hier beschrieben, indem der Mitarbeiter sich selber dafür körperlich nicht in der Lage sah. Nachdem dann mal einige Unschlüssigkeit aufgrund oben genannter Beispiele aufgezeigt wurden, war das Thema schnell vom Tisch.

Sollte aber deine gesundheitliche Beeinträchtigung für die vorgesehene Tätigkeit vom Amtsarzt ermittelt werden können, sollte das kein Problem darstellen und die Neustrukturierung deiner Aufgaben verflüchtigt sich.

Enno25

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Ja, ich verstehe was ihr sagen wollt.
Selbstverständlich müssen Nachweise erbracht werden.
Es ist bereits ein Antrag auf Anerkennung einer Schwerbehinderung gestellt worden.
Es wird mit einem Grad der Behinderung von 50% gerechnet.

Schmitti

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Ich bin mir ziemlich sicher, dieses ist sogar Bestandteil des Arbeitsvertrages ( Kopie ist angefordert )
In meiner Zeit in einer Personalabteilung hat es mich schon immer wieder gewundert, wieviele Arbeitnehmer es offenbar nicht für nötig erachten, eine Ausfertigung ihres Arbeitsvertrages dauerhaft bei sich aufzubewahren.


Flying

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Ja, ich verstehe was ihr sagen wollt.
Selbstverständlich müssen Nachweise erbracht werden.
Es ist bereits ein Antrag auf Anerkennung einer Schwerbehinderung gestellt worden.
Es wird mit einem Grad der Behinderung von 50% gerechnet.

Stell dich beim Amtsarzt, PR und der SBV vor - dann wird man schon eine Lösung finden.