Allgemeines und Sonstiges > allgemeine Diskussion

Abmahnung, weil man krank Mails weitergeleitet hat?!

<< < (19/27) > >>

Rentenonkel:
Die Frage, die ich mir stelle, ist die, ob der Arbeitgeber bereit ist, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle zu zahlen oder ob er vielmehr nur Gehalt für die tatsächlich geleistete Arbeitszeit (die vermutlich ja nur wenige Minuten pro Tag war) zahlen will.

Man könnte ja auch der Meinung sein, dass der Arbeitgeber den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch seine Argumente zu erschüttern versucht, indem er in dem Weiterleiten der emails und dem Aktivieren eines Abwesenheitsagenten (in Verbindung mit dem Hochfahren des Rechners) eine Wiederaufnahme der Arbeit erkennt, um so Zweifel an der Erkrankung des Arbeitnehmers zu nähren. Sind und Zweck dieser Taktik könnte es ja sein, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu verweigern.

Dann müsste der Arbeitnehmer versuchen, seine Arbeitsunfähigkeit auf andere Weise darzulegen und zu beweisen, um die beanspruchte Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu erhalten.

Er könnte zum Beispiel den Arzt, der die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt hat, von der Schweigepflicht entbinden und als Zeugen benennen.

Warnstreik:

--- Zitat von: BAT am 30.11.2023 13:34 ---Nun nehmen wir mal an (was ich moralisch auch unterstütze), der AG handelt unsozial, die Abmahnung ist nicht gerechtfertigt, wird dann auch gerichtlich kassiert.

Wäre das dann nicht der gerichtliche Beweis, dass man zukünftig AN in einem gewissen Umfange auffordern könne in der AU tätig zu werden, hier vielleicht ein paar Mails, dort mal einen VA abschließen und da mal 20 Minuten auf die Streumaschine. Dann das ist ja nach so einiger Auffassung keine Arbeitsleistung.

--- End quote ---

Bei deinem Beispiel müsste man stattdessen den Vorgesetzten abmahnen der das erbittet/einfordert oder es zuläßt. In diesem Fall ist es aber vielleicht einfach eine gut erträgliche Nettigkeit -  es ist nämlich FREIWILLIG. Und weil freiwillig freiwillig ist, kann kein Gerichtsurteil ein Beweis dafür sein bei einer AU arbeiten (in welchem Maße auch immer) zu können. 

Alien1973:
@Rentenonkel

Ich sehe das anders. Nur weil der AG meint der AN war nicht mehr AU muss der AN seine AU mitnichten beweisen. Er hat die AU vom Arzt und fertig. Eher muss der AG beweisen, das der AN  nicht mehr AU war und da dürfte das Weiterleiten von ein paar E-Mails nicht ausreichen.

Demnach müsste der AN die AU vom Arzt anzweifeln und dass dürfte dann wohl eher schwierig werden.

Saxum:

--- Zitat von: Rentenonkel am 30.11.2023 15:56 ---Die Frage, die ich mir stelle, ist die, ob der Arbeitgeber bereit ist, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle zu zahlen oder ob er vielmehr nur Gehalt für die tatsächlich geleistete Arbeitszeit (die vermutlich ja nur wenige Minuten pro Tag war) zahlen will.

Man könnte ja auch der Meinung sein, dass der Arbeitgeber den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch seine Argumente zu erschüttern versucht, indem er in dem Weiterleiten der emails und dem Aktivieren eines Abwesenheitsagenten (in Verbindung mit dem Hochfahren des Rechners) eine Wiederaufnahme der Arbeit erkennt, um so Zweifel an der Erkrankung des Arbeitnehmers zu nähren. Sind und Zweck dieser Taktik könnte es ja sein, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu verweigern.

Dann müsste der Arbeitnehmer versuchen, seine Arbeitsunfähigkeit auf andere Weise darzulegen und zu beweisen, um die beanspruchte Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu erhalten.

Er könnte zum Beispiel den Arzt, der die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt hat, von der Schweigepflicht entbinden und als Zeugen benennen.

--- End quote ---

Also jetzt das EntgFG?

§ 3 Abs. 1 S1. EntgFG stellt den Anspruch auf Entgeltfortzahlung anheim, wenn durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert wird. Eine Arbeitsleistung entspricht gängiger Auffassung wohl die "vertraglich geschuldete" Arbeitsleistung, wie diese vor der Krankschreibung bestanden hat.

Das Arbeitsrecht oder die Arbeitsunfähigkeit an sich kennt keine "teilweise Arbeitsunfähigkeit", man ist rechtlich gesehen entweder vollständig Arbeitsunfähig oder gar nicht. Dies steht nicht im Widerspruch zur Situation, dass man kurz aus "AG-Liebe" mal etwas macht. Entsprechend § 5 EntFG.

Arbeitsunfähigkeit ist im Arbeits- und Sozialrecht ein unbestimmter Rechtsbegriff, wonach ein Arbeitnehmer wegen Krankheit seine zuletzt ausgeübten Arbeitsaufgaben nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen kann. (vgl. etwa BSG, 19.06.1963 - 3 RK 37/59).

Kann die vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung nicht erbracht werden, wie diese üblicherweise zuletzt ausgeübt worden ist, besteht die Arbeitsunfähigkeit unvermindert fort und der Anspruch auf Entgeltfortzahlung ebenso.

Die vom Arbeitgeber bisher vorgebrachten Argumente sind meiner Bewertung nach nicht ausreichend, um den hohen Beweiswert der Arbeitsunfähigkeit ausreichend zu erschüttern. Dieser muss muss ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der Bescheinigung darlegen und zwar durch objektive Tatsachen. Das sehe ich hier als nicht gegeben an, darüber hinaus kann der Arbeitnehmer tatsächlich durch die Benennung des Arztes als Zeugen den Beweiswert wieder herstellen, das ist aber erst dann nur erforderlich bzw. empfehlenswert, wenn dem Arbeitgeber erfolgreich gelungen ist die Arbeitsunfähigkeit zu erschüttern.

Rentenonkel:
Wenn der Arbeitgeber nicht davon überzeugt wäre, dass er das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit durch seine Argumentation erfolgreich erschüttert hätte, hätte er keine Abmahnung schreiben dürfen.

Ob diese Argumentation tatsächlich vor einem Gericht Bestand hält, glaube auch ich nicht.

Problematisch ist aus meiner Sicht lediglich, dass wenn man sich gegen die Abmahnung nicht wehrt, man Gefahr läuft, auch (zunächst) keine Entgeltfortzahlung zu erhalten.

Selbst mit einem Rechtsbehelf sehe ich die Gefahr, zunächst keine Entgeltfortzahlung zu bekommen, obwohl die Ansicht des Arbeitgebers ja in weiten Teilen nicht mit dem Rechtsempfinden dieses Forums in Einklang zu bringen ist.

Recht haben und Recht bekommen sind zweierlei und daher rate ich dazu, das nicht schleifen zu lassen, sondern sich professionellen Beistand zu holen.

Wenn Arbeitgeber immer alles richtig machen würden, gäbe es nicht diese Vielzahl an Verfahren an den Arbeitsgerichten.

Navigation

[0] Message Index

[#] Next page

[*] Previous page

Go to full version