Beschäftigte nach TVöD / TV-L / TV-H > TVöD Kommunen

Rufbereitschaft Jugendamt - Was ist zumutbar?

(1/8) > >>

SMP1894:
Ich bin im Jugendamt tätig. Zu den Aufgaben gehört die Rufbereitschaft (Inobhutnahme bzw. Kinderschutz außerhalb der regulären Dienstzeiten). Dies ist sowohl im Arbeitsvertrag als auch in einer internen Dienstvereinbarung als fester Bestandteil der Tätigkeit im Jugendamt festgeschrieben. Die Situation gestaltet sich seit geraumer Zeit so, dass uns wenig bis keine Inobhutnahmeplätze zur Verfügung stehen. Dies hat bereits dazu geführt, dass Kollegen:Innen Kinder zu sich nachhause genommen, mit Kinder im Jugendamt oder in Pensionen übernachtet haben. Wir haben signalisiert, dass wir das auf Dauer nicht leisten können und nicht dazu bereit und in der Lage sind, Kinder in Krisensituationen privat aufzunehmen oder die Betreuung und Versorgung im Einzelfall dauerhaft sicherzustellen und diese zusätzlich zu der regulären Arbeit im Jugendamt zu leisten.

Nun meine Frage: Was darf der Arbeitgeber im Rahmen der Rufbereitschaft zumuten (unter den Gesichtspunkten Arbeitsrecht, Arbeitsschutz und Tarifrecht) und wann kann ich als Arbeitnehmer:In die Durchführung der Rufbereitschaft ablehnen? Es geht mir dabei nicht um die grundsätzliche Bereitschaft, der vertraglich festgeschriebenen Rufbereitschaft nachzukommen, sondern darum, wann es nicht mehr zumutbar ist.

Ich freue mich über Rückmeldung und vielleicht auch ähnliche Erfahrungen.

Mir ist klar, dass ich hier keine Rechtsberatung erhalte, aber der Austausch bzw. eine Rückmeldung wäre bereits hilfreich.

Nerostar:
Genau vor dieser Problematik stehen wir auch. Keine Inobhutnahmeplätze, Verantwortung der Unterbringung bleibt jedoch bestehen. Dies führt dazu, dass Kollegen auch schon des Öfteren die jungen Menschen mit zu sich nach Hause genommen haben.

Seitens unserer Leitung bekommt man auf die Frage nach einer möglichen Alternative nur ein Schulterzucken.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass man rein Arbeitsrechtlich dazu verpflichtet ist, die Betreuung bei sich zu Hause abzusichern.
Allerdings könnte unsere Garantenstellung dazu führen, dass eben eine solche Pflicht und Notwendigkeit entsteht.
Die Garantenstellung begründet Garantenpflichten zur Abwendung der Rechtsgutverletzung (bspw. Tod, Körperverletzung des jungen Menschen).
Meines Erachtens hat man schlicht und ergreifend gar keine Wahl, insofern keine ION Einrichtungen zur adäquaten Unterbringung zur Verfügung stehen.

Es gibt nur eine Alternative. Nämlich die, dass man das Kind trotz der drohenden oder bestehenden akuten Gefahr im Familiensystem lässt. Dies aber wiederum führt dann zwangsweise zu der oben beschriebenen strafrechtlichen Verantwortlichkeit.

Eine weitere Möglichkeit, welche sich aber eventuell schwierig gestalten könnte, wäre der gemeinschaftliche Teamentschluss, die Rufbereitschaft unter diesen widrigen Bedingungen nicht mehr abzusichern, bzw. durchzuführen. Dies schriftlich mitteilen an Vorgesetzten (SGL + AL), Personalamt, Personalrat. WICHTIG HIERBEI: Jeder MA muss einzeln ein Schreiben aufsetzen. Sammelschreiben werden erfahrungsgemäß nicht akzeptiert.
Ein Versuch ist es allemal Wert und führt sicherlich dazu, dass SGL + AL sich Gedanken machen müssen. Im Optimalfall entsteht dann nämlich ein Handlungsdruck seitens des PA und des PR gegenüber der Leitung des zuständigen Fachamtes. 

Levana:
Ich würde vor allem Klären wie das mit der Versicherung ist wenn Kinder mit nach Hause genommen werden. Bei einer Betreuung im JA sieht es natürlich anders aus. Da dann mal auf das Arbeitszeitgesetz verweisen (maximale Arbeitszeit im Durchschnitt/ pro Woche, Mindestruhezeiten...) plus alle Zuschläge einfordern.

RsQ:
Kinder/Jugendliche mit nach Hause zu nehmen, ist m. E. ein Unding. Das Thema Versicherung wurde schon angesprochen, aber da kommen ja weitere Faktoren dazu: Privatsphäre, Sicherheit, ... Was, wenn die Betreuten einen künftig regelmäßig privat aufsuchen?

Wenn es schon die Notlage gibt, dass es keine Notbetreuungsplätze gibt, dann sollte mindestens die Übernachtung in Pensionen o. ä. verbindlich geklärt sein.

SusiE:
Ich bin ebenfalls im ASD und auch bei uns ist es oft kritisch in der Nacht. Eine eigene ION-Stelle haben wir nicht, bis jetzt hatte ich immer Glück, dass mir ein Heim oder Bereitschaftspflege  in der relativen Nähe die Kinder abgenommen hat.
Ich würde euch dringend raten mit der AL, dem FBL, Personalrat und eurem Landrat und Landesjugendamt ins Gespräch zu gehen. Das sind Zustände die nicht gehen. Die wichtigsten Punkte wurden schon genannt, Versicherung, Arbeitszeit aber auch Überlastung.

Navigation

[0] Message Index

[#] Next page

Go to full version