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Tarifrunde TV-L 2023 - Tarifergebnis Diskussion

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NelsonMuntz:

--- Zitat von: Floki am 18.03.2024 11:17 ---Das wurde mittlerweile von unzähligen Studien mehrfach dargelegt: Kein Mensch der Welt ist den ganzen Tag durchgehend hoch konzentriert und motiviert. Es geht nicht darum, dass man in weniger Zeit "mehr" schaffen müsste, sondern man ist der kürzeren Zeit wesentlich motivierter und schafft ein höheres Arbeitspensum, als den ganzen Tag über verteilt. Des Weiteren sind die Menschen auffällig weniger krank, ausgebrannt und demotiviert. Ganz im Gegenteilt, die Arbeitsqualtität und die damit verbundene Quantität ist ausnahmslos überall gestiegen.

--- End quote ---

Ich fange mal hinten an: "Ausnahmslos und überall" ist in der Totalität sicher nicht zutreffend. Man kann hier vielleicht von "mehrheitlich" sprechen, aber grundsätzlich sollte man Studienergebnisse nicht so verkürzt darstellen. Viele Studien zur Arbeitszeitverkürzung behandeln zudem die in letzter Zeit so gehypte 4-Tage-Woche - da ist dann der Arbeitstag genau so lang wie vorher, was dann dem hier widerspricht: "Kein Mensch der Welt ist den ganzen Tag durchgehend hoch konzentriert und motiviert.". Ferner sollte man nicht davon ausgehen, dass Studienteilnehmer bei Arbeitszeitverkürzungen Fragen zur Befindlichkeit durchgehend unbefangen beantworten: Weniger Arbeit, aber gleiches Geld? Das wollen erstmal viele "mitnehmen".

Es gibt sicher Berufe/Arbeitsplätze, bei denen sich Effizienzsteigerungen durch Arbeitszeitverkürzungen erreichen lassen, in vielen anderen Fällen ist das aber unrealistisch. Der Müllwagen z.B., der nur 6h am Tag unterwegs ist, kann schwerlich die gleiche Leistung bringen, wie derjenige, der 8h unterwegs ist.

Wir leben in Zeiten, in denen junge Menschen weinend zusammenbrechen, wenn Ihnen eröffnet wird, dass eine Arbeitswoche 5 Tage haben könnte und auch nur 30 Tage Urlaub im Jahr drin sind. Ob das ein Ausdruck einer resilienten Gesellschaft in Zeiten eines tiefgreifenden Strukturwandels ist, darf dann bitte jeder für sich selbst beantworten.

Bibliothekar:

--- Zitat von: NelsonMuntz am 19.03.2024 07:33 ---
--- Zitat von: Floki am 18.03.2024 11:17 ---Das wurde mittlerweile von unzähligen Studien mehrfach dargelegt: Kein Mensch der Welt ist den ganzen Tag durchgehend hoch konzentriert und motiviert. Es geht nicht darum, dass man in weniger Zeit "mehr" schaffen müsste, sondern man ist der kürzeren Zeit wesentlich motivierter und schafft ein höheres Arbeitspensum, als den ganzen Tag über verteilt. Des Weiteren sind die Menschen auffällig weniger krank, ausgebrannt und demotiviert. Ganz im Gegenteilt, die Arbeitsqualtität und die damit verbundene Quantität ist ausnahmslos überall gestiegen.

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Ich fange mal hinten an: "Ausnahmslos und überall" ist in der Totalität sicher nicht zutreffend. Man kann hier vielleicht von "mehrheitlich" sprechen, aber grundsätzlich sollte man Studienergebnisse nicht so verkürzt darstellen. Viele Studien zur Arbeitszeitverkürzung behandeln zudem die in letzter Zeit so gehypte 4-Tage-Woche - da ist dann der Arbeitstag genau so lang wie vorher, was dann dem hier widerspricht: "Kein Mensch der Welt ist den ganzen Tag durchgehend hoch konzentriert und motiviert.". Ferner sollte man nicht davon ausgehen, dass Studienteilnehmer bei Arbeitszeitverkürzungen Fragen zur Befindlichkeit durchgehend unbefangen beantworten: Weniger Arbeit, aber gleiches Geld? Das wollen erstmal viele "mitnehmen".

Es gibt sicher Berufe/Arbeitsplätze, bei denen sich Effizienzsteigerungen durch Arbeitszeitverkürzungen erreichen lassen, in vielen anderen Fällen ist das aber unrealistisch. Der Müllwagen z.B., der nur 6h am Tag unterwegs ist, kann schwerlich die gleiche Leistung bringen, wie derjenige, der 8h unterwegs ist.

Wir leben in Zeiten, in denen junge Menschen weinend zusammenbrechen, wenn Ihnen eröffnet wird, dass eine Arbeitswoche 5 Tage haben könnte und auch nur 30 Tage Urlaub im Jahr drin sind. Ob das ein Ausdruck einer resilienten Gesellschaft in Zeiten eines tiefgreifenden Strukturwandels ist, darf dann bitte jeder für sich selbst beantworten.

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Ich hätte mir gewünscht, dass du deiner Kritik an einer pauschalen Aussage nicht eine pauschale Aussage über junge Leute (zudem noch stark wertend) folgen lässt. Zumindest in meiner Dienststelle ist es sehr durchmischt. Hier gibt es Gen Z Menschen, die bei Vollzeitstunden Mehrarbeit leisten und Boomer, die wenige Stunden arbeiten wollen. Und umgekehrt. Ich glaube, es ist nicht unbedingt eine Generationenfrage, sondern vielmehr der Umstand, dass bestimmte Arbeitsbedingungen durch den Fachkräftemangel immer besser werden (müssen). Dann suchen sich Menschen (nicht nur junge, sondern auch ältere) eben gute Bedingungen raus und arbeiten dort, wo sie in einer verkürzten 4-Tage-Woche ebenso viel verdienen wie andernorts in der 5-Tage-Woche, sofern es keine anderen Faktoren wie z.B. familiäre Bindungen die sie daran hindern.

MINTler:
Ich muss mal kurz ein negatives Stimmungsbild abgeben, sorry. Das TV-L Tarifergebnis ist für unseren technischen Fachbereich (Details möchte ich nicht preisgeben) echt absolut niederschmetternd...

Es haben in den letzten drei Monaten geschätzt ca. 15 Leute das Handtuch geworfen. Davon alleine 11 aus dem direkten Bereich MINT! Das ist für unseren Bereich sehr viel, richtig bitter und gab es so noch nicht. Die Gründe waren bei Gesprächen im Wesentlichen immer wieder gleich: Mangelnde Bezahlung im TV-L, bessere Konditionen bei anderen Arbeitgebern (auch im ÖD) und teils fehlende Wertschätzung. Auch einige sehr erfahrene, ältere Ingenieure haben Kündigung eingereicht und nehmen beim Weggang dann viel Fachwissen mit. Stadtwerke und Co. freuen sich und reiben sich die Hände. Zulagen sind von ganz oben her komplett untersagt. Wurde bereits intensiv versucht, auch vom AG selbst.

Warum hat man die Ingenieure und ITler nicht endlich mehr in den Fokus genommen im TV-L?

Wir finden hier im Bereich MINT fast keine Leute mehr. Allenfalls Kollegen die recht knapp vor der Rente stehen oder Berufseinsteiger, welche dann oft in der Probezeit wieder abhauen. Zumindest eine Angleichung der Jahressonderzahlung hätte sein müssen. Und diese Pauschale von 200 Euro hilft zwar kleinen und mittleren Gruppen. Bringt den höheren Gruppen prozentual aber weniger. Die Spreizung der Gehälter ist echt problematisch.

NelsonMuntz:

--- Zitat von: Bibliothekar am 19.03.2024 07:50 ---
Ich hätte mir gewünscht, dass du deiner Kritik an einer pauschalen Aussage nicht eine pauschale Aussage über junge Leute (zudem noch stark wertend) folgen lässt. Zumindest in meiner Dienststelle ist es sehr durchmischt. Hier gibt es Gen Z Menschen, die bei Vollzeitstunden Mehrarbeit leisten und Boomer, die wenige Stunden arbeiten wollen. Und umgekehrt. Ich glaube, es ist nicht unbedingt eine Generationenfrage, sondern vielmehr der Umstand, dass bestimmte Arbeitsbedingungen durch den Fachkräftemangel immer besser werden (müssen). Dann suchen sich Menschen (nicht nur junge, sondern auch ältere) eben gute Bedingungen raus und arbeiten dort, wo sie in einer verkürzten 4-Tage-Woche ebenso viel verdienen wie andernorts in der 5-Tage-Woche

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Ja, ich habe überspitzt (in Gedanken Bezug nehmend auf jenes virale Video einer jungen Eventmanagerin, die voller Verzweifelung darüber sprach, dass sie Einkauf und Haushalt doch tatsächlich in Ihrer Freizeit erledigen müsste. Ein Skandal!). Natürlich sind nicht alle so.

Zum Arbeitnehmermarkt: Ja, dieser ermöglicht eine Verbesserung von Arbeitsbedingungen, was ich in der Tendenz auch eher begrüße, als die Effekte eines Arbeitgebermarktes. Dennoch kann man solche Verbesserungen volkswirtschaftlich überziehen, wenn nicht nur weniger Zeit, sondern tatsächlich weniger Leistung für gleiches Geld gefordert wird. Das müssen wir jetzt gar nicht im Detail beleuchten, aber im Angesicht des demografischen Wandels wären wir gut beraten, wenn die Gesamtleistung aus erbrachter Arbeit perspektivisch nicht sinkt. Viele Berufe, in denen eine 24/7-Verfügbarkeit von Nöten ist, bräuchten bei einer 4-Tage-Woche mit je 8h plötzlich 25% mehr Personal und damit würde die erbrachte Leistung auch 25% teurer, wenn die Gehälter gleich bleiben. Darüber hinaus fehlt dieses zusätzliche Personal als potentielle Arbeitskraft in anderen Branchen, was den Wettbewerb um die Arbeitskräfte weiter verschärft. Am Ende regelt das dann der Markt, wenn Produkte oder Dienstleistungen zu teuer werden und Unternehmen daran zugrunde gehen: Dann steigen die Arbeitslosenzahlen wieder und es folgt der Arbeitgebermarkt (flankiert von breiten Kürzungen im Sozialbereich).

Und mal noch etwas weiter gedacht: Wenn man so Sachen wie den Klimawandel ernst nimmt, sollten wir insgesamt mehr "schaffen", damit wir uns die notwendigen Transformationen in Wirtschaft und im Privaten auch leisten können.


--- Zitat von: MINTler am 19.03.2024 08:39 ---Ich muss mal kurz ein negatives Stimmungsbild abgeben, sorry. Das TV-L Tarifergebnis ist für unseren technischen Fachbereich (Details möchte ich nicht preisgeben) echt absolut niederschmetternd...

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Da ich ebenfalls in dem Bereich wirke (IT), eine kurze Rückfrage: Ist es bei Euch mehr die Höhe des Entgelts, oder die Arbeitszeit? Wären die Kollegen eher geblieben, wenn man eine 4-Tage-Woche eingeführt, oder wenn es 20% mehr Gehalt gegeben hätte?

Floki:

--- Zitat von: NelsonMuntz am 19.03.2024 07:33 ---
--- Zitat von: Floki am 18.03.2024 11:17 ---Das wurde mittlerweile von unzähligen Studien mehrfach dargelegt: Kein Mensch der Welt ist den ganzen Tag durchgehend hoch konzentriert und motiviert. Es geht nicht darum, dass man in weniger Zeit "mehr" schaffen müsste, sondern man ist der kürzeren Zeit wesentlich motivierter und schafft ein höheres Arbeitspensum, als den ganzen Tag über verteilt. Des Weiteren sind die Menschen auffällig weniger krank, ausgebrannt und demotiviert. Ganz im Gegenteilt, die Arbeitsqualtität und die damit verbundene Quantität ist ausnahmslos überall gestiegen.

--- End quote ---

Ich fange mal hinten an: "Ausnahmslos und überall" ist in der Totalität sicher nicht zutreffend. Man kann hier vielleicht von "mehrheitlich" sprechen, aber grundsätzlich sollte man Studienergebnisse nicht so verkürzt darstellen. Viele Studien zur Arbeitszeitverkürzung behandeln zudem die in letzter Zeit so gehypte 4-Tage-Woche - da ist dann der Arbeitstag genau so lang wie vorher, was dann dem hier widerspricht: "Kein Mensch der Welt ist den ganzen Tag durchgehend hoch konzentriert und motiviert.". Ferner sollte man nicht davon ausgehen, dass Studienteilnehmer bei Arbeitszeitverkürzungen Fragen zur Befindlichkeit durchgehend unbefangen beantworten: Weniger Arbeit, aber gleiches Geld? Das wollen erstmal viele "mitnehmen".

Es gibt sicher Berufe/Arbeitsplätze, bei denen sich Effizienzsteigerungen durch Arbeitszeitverkürzungen erreichen lassen, in vielen anderen Fällen ist das aber unrealistisch. Der Müllwagen z.B., der nur 6h am Tag unterwegs ist, kann schwerlich die gleiche Leistung bringen, wie derjenige, der 8h unterwegs ist.

Wir leben in Zeiten, in denen junge Menschen weinend zusammenbrechen, wenn Ihnen eröffnet wird, dass eine Arbeitswoche 5 Tage haben könnte und auch nur 30 Tage Urlaub im Jahr drin sind. Ob das ein Ausdruck einer resilienten Gesellschaft in Zeiten eines tiefgreifenden Strukturwandels ist, darf dann bitte jeder für sich selbst beantworten.

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Doch, die Totalität ist zutreffend bei den Studien. Denn eine "einfache Mehrheit" ist hier nicht gegeben, sondern die Ergebenisse sind überwältigend und deutlich. Ich weiß aus anderen Beiträgen, dass Dir das schlichtweg nicht passt und nicht mit deiner Meinung übereinstimmt, ändert trotzdem nichts an den Ergebnissen. Auch sind die Ausführungen bzgl. der gleich bleibenden Arbeitszeit und der 4-Tage-Woche nicht zutreffend. Ein Widerspruch besteht auch nicht, denn die angesprochende, untersuchte 4-Tage-Woche widerspricht keineswegs dem bereits nachgewiesenem Fakt, dass kein Mensch der Welt acht Stunden am Stück gleichbleibenden hochkonzentriert arbeitet.
Deine bisherige Punkte sind ausnahmslos in diversen Studien abschließend beantwortet worden und das mit, wie gesagt, deutlichem Ergebnis. Ich habe daher den Eindruck, dass Du dich keinswegs damit umfassend auseinander gesetzt hast, sondern schlichtweg eine veraltete Meinung vertrittst. Alleine dein letzter Satz spricht da Bände.

Im Übrigen würde sich die Diskussion ohnehin erübrigen, da immer mehr Arbeitgeber eine geringere Arbeitszeit anbieten bzw. anbieten werden. Der öD muss schlichtweg nachziehen, völlig unabhänig, ob junge Leute "weinerlich" sind oder ältere Leute in alten Denkmuster gefangen bleiben. Damit stellt sich für mich nicht mehr die Frage nach "Sinnhaftigkeit", wobei diese dermaßen deutlich nachgewiesen worden ist, dass sich spätestens hier die Diskussion obsolet wäre. Dementsprechend wollte ich nur den ursprünglichen Denkfehler aufzeigen und keine weitere (Peseudo-) Debatte führen. 

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