Autor Thema: Dienstgang - Arbeitszeit, JA oder NEIN?  (Read 6255 times)

HrForst

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Dienstgang - Arbeitszeit, JA oder NEIN?
« am: 25.12.2023 17:17 »
Hallo zusammen,

in meiner Abteilung wird seit kurzem darüber diskutiert ob mit dem Thema „Dienstgang“ richtig umgegangen wird.
Ich versuche das Thema einfach zu erklären.

Beschäftigt bin ich bei einer Landesbehörde in NRW.
Meine Aufgabe dort ist eigentlich ganz einfach erklärt:
Überwachung von technischen Anlagen (z.B. Staudämme) und Gebäuden (z.B. Kölner Dom).
Einen typischen Tag möchte ich an einem Beispiel erklären:
Im Dezember sind wir an mehreren Tagen an eine Talsperre gefahren um den dortigen Staudamm zu kontrollieren.
50Km vom Dienstgebäude entfährt, ca. eine Stunde fahrt.
Die Arbeit wird immer zu zweit ausgeführt, immer mit Dienstfahrzeug, im Dienstfahrzeug befindet sich Werkzeug und PSA.

Der Arbeitstag sieht dann so aus:
07:00 „Einstempeln“(Dienstbeginn) am Zeiterfassungs-Terminal im Dienstgebäude.
07:15 Dienstgang-Beginn (Stempeln über Zeiterfassungs-Terminal),fahrt mit Dienstfahrzeug zum Einsatzort.
08:15 Ankommen am Einsatzort.
-------Arbeiten am Einsatzort-------
15:00 Rückfahrt vom Einsatzort zum Dienstgebäude.
16:00 Ankommen am Dienstgebäude, Dienstgang-Ende (Stempeln über Zeiterfassungs-Terminal)
16:15 „Ausstempeln“ (Dienstende) Zeiterfassungs-Terminal im Dienstgebäude.

Jetzt zu meiner eigentlichen Frage, ist die eine Stunde Hinfahrt zum Einsatzort sowie die eine Stunde Rückfahrt vom Einsatzort zum Dienstgebäude, Arbeitszeit? Ja oder Nein?
Bisher JA! Dies wird aber infrage gestellt, mit der Begründung das während der Fahrzeit keine Tätigkeit ausgeübt wird.   
Besonders geht es hier um den Beifahrer da dieser während der Fahrt nur „blöd herumsitzt“ und dies dann keine Arbeitszeit ist.


Tagelöhner

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Antw:Dienstgang - Arbeitszeit, JA oder NEIN?
« Antwort #1 am: 25.12.2023 17:29 »
Wer stellt das in Frage? Eine Führungsperson oder ein paar neidische Kollegen, die ihren Job hassen?

Diese Diskussionen gibt es immer wieder, z.B. auch bei Dienstreisen und für mich ist die Sache eindeutig. Ihr tretet euren Dienst an eurer regulären Dienststelle an und der Arbeitgeber verlangt dann von euch an einem anderen Dienstort eure Arbeit zu verrichten, also fahrt ihr zu zweit im Interesse des Arbeitgebers dorthin und tut genau das. Es ist also sogar das Fortbewegungsmittel vorgegeben.

Wenn also plötzlich jemand von Rang und Name damit Probleme hat, könnt ihr ja getrost mit einem Anwalt oder der Kündigung drohen. Ich würde jedenfalls nicht in meiner "Freizeit" 2h mit dem Auto für den Arbeitgeber durch die Gegend fahren um dessen Probleme zu lösen.

egotrip

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Antw:Dienstgang - Arbeitszeit, JA oder NEIN?
« Antwort #2 am: 25.12.2023 18:13 »
Und nun stelle man sich das mal beim Müllwerker vor,...

Während der Fahrer "nur blöd in der Gegend rum fährt", müssen die Jungs, die hinten die Tonnen bewegen zwischen jeder Tonne aus- und wieder einstempeln, weil sie ja sonst nur so mitfahren ???

Also manchen Menschen kommen auf Ideen, echt unfassbar,...


2strong

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Antw:Dienstgang - Arbeitszeit, JA oder NEIN?
« Antwort #3 am: 25.12.2023 18:49 »
@HrFrost
Die Fahrtzeit im geschilderten Beispiel ist ganz eindeutig Arbeitszeit.

Tiffy

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Antw:Dienstgang - Arbeitszeit, JA oder NEIN?
« Antwort #4 am: 26.12.2023 00:06 »
Wie kann man überhaupt auf die bescheuerte Idee kommen, dass ein Zeitraum namens DIENSTgang nicht als DIENST zu werten sein oder eine nichtDIENSTliche Verrichtung beschreiben könnte?

E15TVL

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Antw:Dienstgang - Arbeitszeit, JA oder NEIN?
« Antwort #5 am: 26.12.2023 08:42 »
@Tiffy
Die Frage war ja wohl weniger, ob ein Dienstgang gleich Arbeitszeit ist, sondern ob der geschilderte Sachverhalt ein Dienstgang (und somit Arbeitszeit) ist.

Wir hatten mal ähnliche Fälle, bei denen Mitarbeiter in der Dienststelle, die am nächsten am Wohnort lag, früh „eingestempelt“ haben und dann - als Dienstgang getarnt - in die Dienststelle gefahren sind, wo sie ihr Büro und ihre Arbeit zu verrichten hatten. Und am Nachmittag dann vice versa. Vielleicht kommt die Diskussion ja aus so einer Ecke?

Tiffy

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Antw:Dienstgang - Arbeitszeit, JA oder NEIN?
« Antwort #6 am: 26.12.2023 16:47 »
Wir hatten mal ähnliche Fälle, bei denen Mitarbeiter in der Dienststelle, die am nächsten am Wohnort lag, früh „eingestempelt“ haben und dann - als Dienstgang getarnt - in die Dienststelle gefahren sind, wo sie ihr Büro und ihre Arbeit zu verrichten hatten. Und am Nachmittag dann vice versa.
Das war und wäre natürlich wirklich ein Knaller!

Johann

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Antw:Dienstgang - Arbeitszeit, JA oder NEIN?
« Antwort #7 am: 27.12.2023 14:59 »
Sofern die Dienststelle, von der der Dienstgang losgeht, der gewöhnliche Dienstort ist, ist von Arbeitszeit während des Dienstganges auszugehen. 2015 hat der EUGH mal geurteilt (C-266/14), dass es schon Arbeitszeit ist, wenn mit dem Dienstfahrzeug direkt von zuhause zum Kunden gefahren wird und auch wenns von dort wieder nach Hause geht. Insofern steht es eigentlich außer Frage, dass die Fahrt von der Dienststelle aus zum Einsatzort Arbeitszeit ist.

Beim Beispiel von E15TVL sollten diejenigen Arbeitnehmer, die sich irgendwo in einem Ableger der Dienststelle einstempeln, weil dieser näher liegt als der eigentliche Arbeitsort, definitiv nicht erwischen lassen. Bei Arbeitszeitbetrug gibts auch gerne mal eine fristlose Kündigung. Wenn mein vertraglich festgelegter Arbeitsort Hannover ist, ich in Oldenburg lebe und es auch einen Ableger in Oldenburg gibt, kann ich nicht einfach morgens in Oldenburg einstempeln und dann in mein Büro nach Hannover fahren. Das wäre ungefähr gleichzusetzen damit, dass ich mich im Homeoffice einstemple und dann ins Büro fahre. Dass das keine Arbeitszeit sein kann, sollte jedem klar sein.

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Antw:Dienstgang - Arbeitszeit, JA oder NEIN?
« Antwort #8 am: 02.01.2024 07:50 »
Das wäre ungefähr gleichzusetzen damit, dass ich mich im Homeoffice einstemple und dann ins Büro fahre. Dass das keine Arbeitszeit sein kann, sollte jedem klar sein.

So pauschal würde ich das jetzt nicht abhaken. Hatte bei meiner letzten Dienststelle regelmäßig den Fall, dass trotz festem homeoffice-Tag bei einem Termin meine Anwesenheit erforderlich/gewünscht war. Das hab ich mir dann schreiben lassen (schon wegen der Absicherung des Weges) und bin ins Amt gefahren, nach dem Termin dann wieder heim. Wenn mir dafür die Fahrzeit gestrichen worden wäre, hätte sich das definitiv erledigt gehabt.

MoinMoin

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Antw:Dienstgang - Arbeitszeit, JA oder NEIN?
« Antwort #9 am: 02.01.2024 08:50 »
Das wäre ungefähr gleichzusetzen damit, dass ich mich im Homeoffice einstemple und dann ins Büro fahre. Dass das keine Arbeitszeit sein kann, sollte jedem klar sein.

So pauschal würde ich das jetzt nicht abhaken. Hatte bei meiner letzten Dienststelle regelmäßig den Fall, dass trotz festem homeoffice-Tag bei einem Termin meine Anwesenheit erforderlich/gewünscht war. Das hab ich mir dann schreiben lassen (schon wegen der Absicherung des Weges) und bin ins Amt gefahren, nach dem Termin dann wieder heim. Wenn mir dafür die Fahrzeit gestrichen worden wäre, hätte sich das definitiv erledigt gehabt.
Was hätte sich erledigt gehabt? Dein fester homeoffice-Tag oder du hättest dich geweigert den Anweisungen deines AGs zu folgen und eine Präsenzveranstalltung geschwänzt?
Die Fahrten zwischen deiner Arbeitsstätte und deiner Wohnung sind idR keine Dienstzeit, bzw. du hast da wahrscheinlich keinen Anspruch drauf, dass der Ag dieses als Dienstzeit anerkennt, dürfen darf der AG das natürlich.

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Antw:Dienstgang - Arbeitszeit, JA oder NEIN?
« Antwort #10 am: 02.01.2024 09:03 »
Natürlich hätte sich meine Fahrt ins Büro erledigt. Homeoffice war an fixen Tagen schriftlich vereinbart. "Dienstort" ist somit meine Heimadresse. Eine Präsenzpflicht bei Bedarf o.ä. war nicht vorgesehen. Insofern konnte der AG aus meiner Sicht da einseitig gar keine Präsenz anordnen, welche ich dann schwänzen würde.
Ich hätte ganz einfach, dann immer Präsenztermine an solchen Tagen abgelehnt und auf die Bürotage oder aber auf Videokonferenz verwiesen.

MoinMoin

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Antw:Dienstgang - Arbeitszeit, JA oder NEIN?
« Antwort #11 am: 02.01.2024 09:49 »
Interessante Variante, die ihr da in euere DV ausgehandelt habt.
Dann sieht das natürlich anders aus. Die DVs die ich kenne haben da immer eine entsprechende Klausel, dass bei (dringender) dienstlicher Notwendigkeit der AG Präsenz anordnen kann. Auch für Telearbeiter, die 5 Tage weg sind.


Wenn es also in der Tat als Dienstfahrt anzusehen ist, dann bekommst du sicherlich auch die Fahrtkosten erstattet  8)  und ob es arbeits/steuerrechtlich als Arbeitszeit/Dienstfahrt (wg. Geldwerter Vorteil) anerkannt wird, sei mal auch dahingestellt, nur keine schlafende Hunde wecken  ;D

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Antw:Dienstgang - Arbeitszeit, JA oder NEIN?
« Antwort #12 am: 02.01.2024 12:45 »
So, jetzt definiere mal dringend?
Kurzfristig? Und, nur an diesem (Wochen-)Tag möglich? Und, pers. Anwesenheit zwingend?
1. Konnte vorkommen, war aber eher selten.
2. Da wird's schon eng, da Begründung dafür idR war, dass da die Beteiligten alle können. Funktioniert als Begründung nicht, wenn ich einer der Beteiligten war.
3. Da hört es dann auf. Mein Job war nur beratend/unterstützend. Somit war meine Teilnahme an sich schon mal seltenst überhaupt zwingend erforderlich. Und, dann gibt es ja so neumodischen Kram, wie eben Videokonferenzen etc. Klar, dabei funktionieren insbesondere Verhandlungen weniger gut, als wenn man sich in die Augen schaut, aber eine Pflicht für "dringend" lässt sich daraus nicht herleiten.

Insofern wäre diese Dringlichkeitsklausel bei mir eh nur ein Papiertiger gewesen, da die Anwendung immer auch einer Überprüfung standhalten muss. Kann man auch einfach selbst schon mal abschätzen: Findet der Termin auch statt, wenn der MA erkrankt ist? Ja, dann war die Anwesenheit wohl nicht unbedingt erforderlich.

Und ja, die Frage nach den Fahrtkosten kam tatsächlich auf. Habe aber drauf verzichtet, da der Aufwand in keinem Verhältnis stand. Die Reisekostenabrechnung war eh ein Kapitel für sich.

MoinMoin

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Antw:Dienstgang - Arbeitszeit, JA oder NEIN?
« Antwort #13 am: 02.01.2024 13:13 »
Wenn externer Besuch vor Ort ist, wenn der Herr Minister kommt und du was präsentieren sollst.
Sicherlich ist es heutzutage Dank ViKo sehr viel seltener, eine dienstliche Notwendigkeit der Präsenz zu zu fordern.

Aber es gibt natürlich immer noch externe Einflüsse, die ein Vorort erscheinen notwendig machen und damit dringend sind.

Und auch wenn ein Termin nicht abgesagt werden würde, weil du krank bist, dürfte es nicht bedeuteten, dass man daraus deine dringende erforderliche dienstliche Anwesenheit damit verneinen kann.

Und wie gesagt, es gibt DV ohne dringend (darum in Klammern) und da ist man schneller mal der Willkür eines miesen Vorgesetzen ausgeliefert.
Ist schon Premium, wenn ihr da sogar die Fahrtzeit bekommt.

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Antw:Dienstgang - Arbeitszeit, JA oder NEIN?
« Antwort #14 am: 02.01.2024 13:36 »
Was haben wir bei der Bundeswehr gelernt? Die 3 Grundbewegungsarten des Rekruten im Feld!

Insofern ist es immer gut, wenn man so unwichtig ist, dass hoher Besuch nicht für einen selbst gilt. Da ich auch nie ausgesprochen diplomatisch auftrete, wäre sowas wohl sowieso lustig geworden.

Wie auch immer, die Anwesenheit ist sicher Jobabhängig. Bei mir war es wenn wünschenswert, aber zwingend sicher nicht. Und, miese Vorgesetzte gab es auch, nur kann auch da niemand einen zwingen, zu bleiben. Wissen und Lebendlauf sollte immer aktuell gehalten werden. Hat sich bei mir immer bewährt.