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Tarifrunde 2025
Pendler1:
Zu der Problematik GKV vs. PKV möchte ich (Pensionär, seit 1975 PKV) etwas beitragen.
Beispiele:
Mein Urologe, bei dem ich seit Jahrzehnten i Behandlung bin, hat seine Kassenzulassung zurückgegeben, nur noch PKV oder Selbstzahler, ebenso mein Proktologe. Als GKV Patient kann ich natürlich zu denen noch gehen, aber zahlen!!
Letztes Jahr hatte ich Herzprobleme. In unserem Ärztehaus hat es Kardiologen, die sowohl eine Gesetzliche Praxis haben, als auch eine Privatpraxis. In der gesetzlichen war ein Ansturm und Gedränge bis ins Treppenhaus, Termine in max. 3 Monaten. In der Privatpraxis wunderbare Ruhe, kein Stress Temin in 3 Tagen.
Meine Augenärzte planen aktuell auch, eine zusätzliche Privatpraxis zu eröffnen, da der Ansturm in die jetzige "normale" Praxis nicht mehr vernünftig zu bewältigen ist.
Aber was solls, der real existierende Beamte braucht ja keine Ärzte, da er nie krank wird. Und in eine Privatpraxis zu gehen, da schämt er sich ... das bleibt wohl nur den B-Beamten in Ministerien vorbehalten (Spässchen)
SwenTanortsch:
@ Nelson
Zunächst kurz vorweg: Ich bin - jedenfalls zumeist - nicht ärgerlich oder ärgere mich über das spezifische Handeln der Besoldungsgesetzgeber, und zwar unter anderem deshalb, weil ich nicht hinreichend beantworten könnte, wie mein Verhalten wäre, sofern ich ihr Teil wäre. Sich zu ärgern, trübt zumeist den Blick, welchen ich mir aber nicht selbst trüben will.
Was mir wie den meisten von uns allen hier Sorge bereitet (das liest sich ggf. wie ein sich ärgern), ist die rechtsstaatliche Erosion, wie sie sich in unserem Thema in einem leider immer erschreckenderen Maße zeigt. Denn wenn ich das die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in zentralen Auslegungen unserer Verfassung ignorierende Handeln aller Besoldungsgesetzgeber nach 2020 bis etwa zu Beginn des Jahres 2022 mit dem seitdem die Rechtsprechung gezielt missachtenden Verhalten vergleiche, dann kann ich hier nur zu dem Schluss kommen, dass hier Extremismus der Mitte wirkt, der auf Dauer rechtsstaatsgefährdend ist, weil solches illegitime Verhalten zwangsläufig mit Ausstrahlungswirkungen verbunden ist, und zwar das nur umso mehr, wenn ein solcher Extremismus der Mitte zugleich mit einer moralischen Arroganz verpackt wird, die sich in jenem Verhalten als extreme Doppelmoral offenbart. Zwangsläufige Folge solcherart politischen Handelns stellt sich für mich zunehmend als zentraler Grund für die immer größeren Wahlerfolge der AfD dar. Denn je stärker das nicht nur in unserem Thema deformierte und rechtsstaatsdeformierende Handeln der jeweils Regierenden, die sich heute in allen 17 Rechtskreisen diesbezüglich praktisch identisch zeigen - Ulrich Battis hat da mit dem Begriff des "konzertierten Verfassungsbruchs" einen offensichtlich schlüssigen Erklärungsansatz geliefert -, offenbar wird, desto weniger tatsächliche Alternativen müssen Wähler sehen, wenn sie wollen, dass sich für sie etwas ändert. Das Ergebnis liegt dann auf der Hand, und zwar das nur umso stärker, je mehr man jeweils regierungsseitig das eigene rechtsstaatsdeformierende Handeln mit einer Doppelmoral verkleistert. Das ärgert mich dabei nicht, erschreckt mich aber - und dieses Erschrecken formuliere ich, ohne dass ich viel Hoffnung habe, dass dieses mein Erschrecken irgendetwas änderte. Formulieren will ich es trotzdem. Denn benannt werden muss das. Als Beamter kann ich genauso wenig wie als Staatsbürger irgendetwas mit zunehmend professonalisiertem Verfassungsbrechertum anfangen (und um nicht missverstanden zu werden, das meine ich explizit nicht moralisch, da ich nicht wissen kann, wie ich mich verhielte, säße ich in dem Boot, in dem die Besoldungsgesetzgeber sitzen).
Dem meisten von dem, was Du in der Kategorie der Stufenabfolge formulierst, kann ich ebenfalls unterschreiben - an einer Stelle gehst Du m.E. fehl, und zwar als Folge dessen (vermute ich; wissen kann ich es nicht), was vonseiten der jeweils Regierenden regelmäßig als Folge ihrer in unserem Thema kontinuierlichen Denkfaulheit und dem Bestreben der Politikvermeidung durch ihre Simulation in die Gesetzesbegründungen reingeschrieben wird. Denn in den Gesetzesbegründunen geht's ja regelmäßig unmittelbar oder mittelbar im weit überwiegenden Maße um das Mindestabstandsgebot, das bekanntlich nichts mit einer amtsangemessenen Alimentation zu tun hat und deshalb als Begründungsansatz weitgehend sachlich unerheblich ist.
Die Fixierung auf das im Besoldungsrecht letztlich sachlich weitgehend unerhebliche Mindestabstandsgebot - wie gesagt, die Mindestaliemtnation hat bekanntlich sachlich nichts mit der amtsangemessenen Alimentation zu tun; deshalb kann man ihre Betrachtung in der Gesetzesbegründung mit drei Sätzen vollziehen, um dann irgendwann mal anzufangen, eine Gesetzesbegründung zu schreiben - verhindert die Rückkehr zu einer amtsangemessenen Alimentation, eben weil sie den Blick auf Alternativen verstellt und damit der Denkfaulheit der Regierenden Vorschub leistet. Wer nicht politisch handeln, sondern Politik nur simulieren will - also keine Alternativen betrachtet -, braucht nicht zu denken, und wer nicht denkt, wird am Ende fast zwangsläufig nur noch simulierend handeln können. Auch deshalb schreibe ich hier - ohne mich zu ärgern - deutlich, da wir durch das spezifische Handeln der jeweils Regierenden in allen Rechtskreisen in unserem Thema mittlerweile in einer so zerfahrenden Situation angekommen sind, dass ein politisches Handeln - das Denken und der Vollzug in Alternativen - zunehmend schwieriger wird. Deshalb habe ich gestern den Weg von 2012 nach heute skizziert: Von 2024 aus betrachtet, haben die jeweils Regierenden 2019 einen geradezu paradiesischen Zustand weiten Entscheidungsspielraum vorgefunden, der sich 2024 nun als - scheinbar! eben als Folge der Fixierung auf das Mindestabstandsgebot - sehr viel enger darstellt, sodass die jeweils Regierenden behaupten, dass sie da nun nichts mehr machen könnten, außer eben - was alle wissen - regelmäßig verfassungswidrig zu handeln. Von 2028 aus betrachtet wird sich 2024 - wenn das so weitergeht - für die jeweils Regierenden als paradiesischer Zustand eines weiten Entscheidungsspielraums darstellen. Darin offenbart sich jeweils die Folge von Denkfaulheit und Simulation von Politik.
Entsprechend ist diese Deine wiederkehrende Grundannahme sachlich falsch (was ich regelmäßig wiederhole und was nicht schlimm ist, Du bist ja kein Politiker):
"Mein Kernproblem ist hier nach wie vor die in weiten Teilen aus der Grundbesoldung zu alimentierende 4k-Familie und das Prinzip einer amtsangemessenen Besoldung. Hier einfach noch mal der Einwurf, dass man für einen äquivalenten Lebensstandard als 4k-Familie etwa das 2-2,5-fache Nettoeinkommen eines Single-Haushalts benötigt."
Zweifellos muss - als Nachholeffekt von über 20 Jahren "Sonderopfer" und also zur Wiederherstellung der qualitätssichernden Funktion der Grundbesoldung - der Grundgehaltssatz aller Beamten in nicht unerheblichem Maße angehoben werden, und zwar offensichtlich in Bayern oder Baden-Württemberg oder dem Bund in erheblich höherem Maße als bspw. in Sachsen. Aber die Anhebung muss nicht in dem Maße erfolgen, wie Du - und höchstwahrscheinlich auch viele Politiker - das vermuten, da das Bundesverfassungsgericht dem Besoldungsgesetzgeber regelmäßig die Möglichkeiten aufzeigt, die ihm das Alimentationsprinzip lässt, also Alternativen, die ein weiter Entscheidungsspielraum, über den ebenso der Besoldungsgesetzgeber verfügt, eben bietet. Eine habe ich gestern mit dem genannten dritten Leitsatz aus 2012 zitiert:
"In der Entwicklungsfähigkeit des Alimentationsprinzips ist es auch angelegt, anstelle eines grundgehaltsorientierten, nach Dienstaltersstufen [heute: Erfahrungsstufen; ST.] gegliederten Besoldungssystems ein zweigliederiges Vergütungssystem bestehend aus festen Grundgehältern und variablen Leistungsbezügen zu schaffen. Wenn der Gesetzgeber aber von der einen auf eine andere Gestaltungsvariante übergeht, dann muss er – neben den vom Alimentationsprinzip gestellten Anforderungen – auch den sonstigen verfassungsrechtlichen Vorgaben Genüge tun. Leistungsbezüge müssen, um das Grundgehalt alimentativ aufstocken und dadurch kompensatorische Wirkung für ein durch niedrige Grundgehaltssätze entstandenes Alimentationsdefizit entfalten zu können, für jeden Amtsträger zugänglich und hinreichend verstetigt sein."
Allein hinsichtlich eines leistungsorientierten Zulagenwesens finden sich umfassende Alternativen, die mir nicht schmecken müssen, die aber sachgerecht ausgeformt werden könnten, und zwar im Konzert mit weiteren grundlegenden Maßnahmen, die so oder so notwendig sind, um einen effektiven öffentlichen Dienst in Zeiten des sich vollziehenden starken sozialen Wandels zukünftig zu gewährleisten.
Grundvoraussetzung wäre dabei zunächst einmal, das Problem als Problem anzuerkennen - um dann zu beginnen, Politik zu machen. Das dürfte kein leichter und - politisch betrachtet - kein kurzer Weg sein. Aber wohin Politikvermeidung als Folge ihrer Simulation führt, steht uns ja allen vor Augen - und wird im Verlauf der nächsten zwei Jahre nur noch immer größeren Teilen der Bevölkerung vor Augen stehen und damit die Politik- und zunehmend auch Demokratieverdrossenheit in Teilen der Bevölkerung befeuern; auch darin zeigt sich der rechtsstaatsgefährdende Gehalt von Politiksimulation. Denn die Besoldungsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wird sich im Verlauf der nächsten zwei Jahre deutlich beschleunigen, auch wenn das viele hier nicht glauben wollen. Beschleunigen wird sie sich, da sich alles andere, nachdem, was Karlsruhe Ende des letzten Jahres geschrieben hat, sachlich nicht mehr rechtfertigen ließe. Damit wird die Politiksimulation nur immer offensichtlicher.
Wohin dann die Reise geht, wird sich zeigen - das wird zu einem nicht unerheblichen Teil auch davon abhängen, wie sich die Begründung der angekündigten Entscheidungen lesen lässt.
NelsonMuntz:
Lieber Swen,
an dieser Stelle habe ich dann doch eine Verständnisproblem:
--- Zitat von: SwenTanortsch am 22.10.2024 13:21 ---...
Entsprechend ist diese Deine wiederkehrende Grundannahme sachlich falsch (was ich regelmäßig wiederhole und was nicht schlimm ist, Du bist ja kein Politiker):
"Mein Kernproblem ist hier nach wie vor die in weiten Teilen aus der Grundbesoldung zu alimentierende 4k-Familie und das Prinzip einer amtsangemessenen Besoldung. Hier einfach noch mal der Einwurf, dass man für einen äquivalenten Lebensstandard als 4k-Familie etwa das 2-2,5-fache Nettoeinkommen eines Single-Haushalts benötigt."
Zweifellos muss - als Nachholeffekt von über 20 Jahren "Sonderopfer" und also zur Wiederherstellung der qualitätssichernden Funktion der Grundbesoldung - der Grundgehaltssatz aller Beamten in nicht unerheblichem Maße angehoben werden, und zwar offensichtlich in Bayern oder Baden-Württemberg oder dem Bund in erheblich höherem Maße als bspw. in Sachsen. Aber die Anhebung muss nicht in dem Maße erfolgen, wie Du - und höchstwahrscheinlich auch viele Politiker - das vermuten, da das Bundesverfassungsgericht dem Besoldungsgesetzgeber regelmäßig die Möglichkeiten aufzeigt, die ihm das Alimentationsprinzip lässt, also Alternativen, die ein weiter Entscheidungsspielraum, über den ebenso der Besoldungsgesetzgeber verfügt, eben bietet. Eine habe ich gestern mit dem genannten dritten Leitsatz aus 2012 zitiert:
"In der Entwicklungsfähigkeit des Alimentationsprinzips ist es auch angelegt, anstelle eines grundgehaltsorientierten, nach Dienstaltersstufen [heute: Erfahrungsstufen; ST.] gegliederten Besoldungssystems ein zweigliederiges Vergütungssystem bestehend aus festen Grundgehältern und variablen Leistungsbezügen zu schaffen. Wenn der Gesetzgeber aber von der einen auf eine andere Gestaltungsvariante übergeht, dann muss er – neben den vom Alimentationsprinzip gestellten Anforderungen – auch den sonstigen verfassungsrechtlichen Vorgaben Genüge tun. Leistungsbezüge müssen, um das Grundgehalt alimentativ aufstocken und dadurch kompensatorische Wirkung für ein durch niedrige Grundgehaltssätze entstandenes Alimentationsdefizit entfalten zu können, für jeden Amtsträger zugänglich und hinreichend verstetigt sein."
...
--- End quote ---
Eine (zu alimentierende) Familie stellt doch keine im Amt erbrachte Leistung dar. Wenn wir die durch den Richterbund oder auch von Dir errechnete, absolute Minimalalimentation einer 4k-Familie zu Grunde legen, so müssen durch den kleinsten Beamten doch auch jene Besoldungen (von mir aus auch über Leistungskomponenten) ermöglicht werden, die ihm eine entsprechende "Bezahlung" ermöglichen. Wenn diese Leistungsbestandteile aber jedem Beamten offen stehen müssen und ferner keine Familienzulagen gezahlt werden würden, dann verbleibt es bei der Situation, dass ein Single in demselben Amt einen mehr als doppelt so hohen Lebensstandard erreicht. Das mag zunächst ein für die verfassungsrechtliche Beleuchtung unerhebliches Phänomen sein, aber unter Umständen wird das innerhalb der Beamtenschaft zu einem Thema. Kaskadiere ich ein solches Konstrukt über die Ämter nach oben, werden bei Singles schnell Bezüge erreicht, die in keinem Verhätnis mehr zu denen von TBs oder vergleichbaren Angestellten in der pW stehen. Auch das mag in der verfassungsrechtliche Beleuchtung unerheblich sein, stellt aber für den Politiker im Rahmen seiner Wählergunsterhaltung eine ernste Bedrohung dar. Hier dürfen wir nicht vergessen: "Der Wähler" ist in aller Regel kein Beamter. Und genau deshalb -so meine kühne These- versucht man so viel wie möglich über Zulagen oder die Anrechnung eines fiktiven Partnereinkommens zu regeln.
Ist natürlich nur eine Theorie ;)
Von daher hast Du schon Recht:
--- Zitat ---Wohin dann die Reise geht, wird sich zeigen - das wird zu einem nicht unerheblichen Teil auch davon abhängen, wie sich die Begründung der angekündigten Entscheidungen lesen lässt.
--- End quote ---
LehrerBW:
Weise Worte Swen.
Aber ich wüsste jetzt keine Alternative zum bestehenden System der Besoldung.
Bist glaube ich auch Lehrer, oder?
Wie könnte denn bei uns im Schulwesen ein System aus Grundbesoldung und Leistungsbezügen bestehen?
Mir fehlt da echt die Phantasie und ich seh eher nen bürokratisches Monster am Horizont.
Taigawolf:
--- Zitat von: LehrerBW am 22.10.2024 15:53 ---Weise Worte Swen.
Aber ich wüsste jetzt keine Alternative zum bestehenden System der Besoldung.
Bist glaube ich auch Lehrer, oder?
Wie könnte denn bei uns im Schulwesen ein System aus Grundbesoldung und Leistungsbezügen bestehen?
Mir fehlt da echt die Phantasie und ich seh eher nen bürokratisches Monster am Horizont.
--- End quote ---
Deshalb ist es aus gutem Grund eigentlich auch die Aufgabe der Besoldungsgesetzgeber, sich das zu überlegen. Aus diesem Grund haben bzw. hatten sie ja auch einen so weiten Spielraum. Der wurde aber leider nicht genutzt. Jetzt wird vom BVerfG eben immer vehementer in die "richtige" Richtung gedrückt, bis es der Letzte kapiert hat wohin die Reise geht. Das wird aber viel teurer kommen, als wenn man sich einfach mal gründliche Gedanken gemacht hätte, anstatt immer so einen Murks zu fabrizieren. Oder einfach rechtzeitig angefangen hätte, die Grundbesoldungen zu erhöhen. Das BVerfG hat ja immer nur "freundlich" gemeinte Anregungen gegeben, die aber zugunsten der verfassungswidrigen Konstrukte immer beiseite gewischt wurden. Es gleicht dem freundlichen Stupsen mit dem Stöckchen.
Ich habe mir nach den Urteilen immer vorgestellt, wie die Richter gespannt auf der Couch sitzen und zusehen, wie die Besoldungsgesetzgeber ihre neuen Ideen für eine amtsangemessene Besoldung vorstellen. "Kommt schon...kommt schon...bitte. Maidowski, hol noch zwei Schnaps. Ich halte das nicht mehr aus."
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