Autor Thema: Freiwillige Höhergruppierung  (Read 7035 times)

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Antw:Freiwillige Höhergruppierung
« Antwort #15 am: 27.05.2024 11:48 »
In welchem Bundesland spielt sich die Geschichte denn ab?

Saggse

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Antw:Freiwillige Höhergruppierung
« Antwort #16 am: 04.06.2024 09:47 »
Ich hatte überlegt, ob es durch einen Gemeinderatsbeschluss möglich wäre, alle hochzugruppieren?
Arbeitnehmer werden nicht eingruppiert, sie sind (basierend auf den ihnen übertragenen Tätigkeiten) eingruppiert. Für eine höhere Eingruppierung ist daher die Übertragung entsprechend höherwertiger Tätigkeiten notwendige (und hinreichende) Voraussetzung. Die Eingruppierung ist nichts, was einer Entscheidung oder Vereinbarung unmittelbar zugänglich ist.

Zitat
Könnte man so das Haushaltsrecht, dass uns "zwingt" unsere Mitarbeiter so einzugruppieren,  "aushebeln"?
Das Haushaltsrecht erzwingt keine Eingruppierung - das macht der Tarifvertrag.

Zitat
Ich mache mir nur Sorgen um die Rechtmäßigkeit...
Diese Sorgen sind berechtigt.

Zitat
Die reine übertarifliche Arbeitsmarktzulage von 20% ist uns zu niedrig. Wir möchten trotz zu kleiner Einrichtung von einer S9 auf eine S13 hochgruppieren.
Das ist so schlicht nicht möglich. Da die Sachlage klar ist, fällt auch ein "Eingruppierungsirrtum" raus. Mit einer bewussten Entscheidung, wider besseren Wissens eine S13 anzunehmen wo nur eine S9 ist, sind wir zumindest nach meinem Rechtsverständnis im strafrechtlich relevanten Bereich (Untreue, Betrug). Kein Personalsachbearbeiter, der bei klarem Verstand ist, wird sich darauf einlassen. Da sollte man dann doch lieber prüfen, ob und unter welchen Umständen eine übertarifliche Bezahlung möglich ist.

TVOEDAnwender

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Antw:Freiwillige Höhergruppierung
« Antwort #17 am: 04.06.2024 09:53 »
Les mal hierzu diesen Aufsatz hierzu aus dem "RdA 2017, Heft 3" von Dr. Clemens Latzel und Dr. Daniel Dommermuth-Alhäuser:

https://www.zaar.uni-muenchen.de/organisation/personen/abteilung1/latzel/schriftenverzeichnis/cl2017-2.pdf

Zitat
IV. Zusammenfassung
Zu gute Arbeitsbedingungen können im öffentlichen Dienst wie in der Privatwirtschaft den Tatbestand der Untreue erfüllen:
- Im öffentlichen Dienst verlangt das Sparsamkeitsprinzip angemessene Arbeitsbedingungen, die primär durch Tarifverträge festgelegt werden. Übertarifliche Arbeitsbedingungen
(auch zu hohe Eingruppierungen und Einstufungen) sind
nur ausnahmsweise bei objektiven Schwierigkeiten bei der
Personalgewinnung zulässig und in ihrem Umfang dem
Sparsamkeitsprinzip verpflichtet (Vorschlag: bis zu 30% Tariflohnüberschreitung gelten noch als angemessen). Bestehen objektiv keine Personalgewinnungsschwierigkeiten, erfüllt die Gewährung übertariflicher Arbeitsbedingungen den objektiven Tatbestand der Untreue. Im tariffreien Bereich lässt die Rechtsprechung bislang praktikable Konkretisierungen der auch hier geforderten Angemessenheit vermissen. Es bietet sich an, ab 130% der marktüblichen Arbeitsbedingungen Unangemessenheit zu vermuten (und den Anfangsverdacht der Untreue zu bejahen). Der Entscheidungsträger kann die Vermutung durch Sachgründe
widerlegen.
- Bei privatwirtschaftliehen Kapitalgesellschaften besteht keine Verpflichtung zu tarifnahen Arbeitsbedingungen, sondern setzt erst das aus dem Gesellschaftsinteresse folgende
Verschwendungsverbot zu guten Arbeitsbedingungen
Grenzen. Hier bietet es sich an, erst dann eine Vermögensverschwendung zu vermuten (und den Anfangsverdacht der Untreue zu bejahen), wenn die gewährten Arbeitsbedingungen mehr als 300% der marktüblichen Arbeitsbedingungen betragen. Arbeitgeber müssen dann die überschießend guten Arbeitsbedingungen mit leistungsunabhängigen Vorteilen für das Unternehmenswohl rechtfertigen, was
aber außer bei Ämterpatronage oder der Erfüllung "leerer" Arbeitsverträge selten ein Problem sein wird. Bei gesetzlichen Höchstarbeitsbedingungen (wie der Betriebsratsvergütung) besteht freilich kein Spielraum.
In jedem Fall muss das Sparsamkeitsprinzip bzw. Verschwendungsverbot vorsätzlich verletzt werden. Schon fahrlässige Fehlbeurteilungen der teilweise äußerst unklaren rechtlichen Grenzen schließen die Strafbarkeit wegen Untreue aus. Das Betriebsausgabenabzugsverbot (§ 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4
Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 EStG) untersagt zwar schon dann, Aufwendungen als Betriebsausgaben steuermindernd geltend zu machen, wenn sie den objektiven Tatbestand eines Straf- oder
Ordnungswidrigkeitengesetzes erfüllen 117. Doch muss dafür die Zuwendung an sich rechtswidrig sein, was bei der ausschließlich am Innenverhältnis anknüpfenden Untreue (im
Gegensatz etwa zu Bestechungsdelikten und der Überbezahlung von Betriebsratsmitgliedern) gerade nicht der Fall ist.