Autor Thema: Weiterbeschäftigung als Renter  (Read 2611 times)

AndreasHL

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Weiterbeschäftigung als Renter
« am: 29.07.2024 08:34 »
Hallo,

zu diesem Thema hatte ich schon geschrieben. Jetzt eine ganz konkrete Frage:

- findet bei einer Weiterbeschäftigung als Angestellter nach Erreichen der Regelaltersgrenze § 33 Abs. 5 TV-L Anwendung?

Arbeitgeber wäre Land Schleswig-Holstein.

Hierzu die Meinung des ÖPR:

§ 33 TV-L bezieht sich ausschließlich auf die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ohne Kündigung (also durch Erreichen der Altersgrenze oder Auflösungsvertrag). Soll in so einem Fall eine neues Arbeitsverhältnis begründet werden, so muss nach § 33 Abs. 5 TV-L ein neuer Arbeitsvertrag geschlossen werden. Eine Rechtsgrundlage für eine erneute/weitere Beschäftigung ist das nicht.

Wenn es nach dem ÖPR geht gibt es, abgesehen von einer Vereinbarung nach § 41 Satz 3 SGB VI, keine Möglichkeit der Weiterbeschäftigung nach Erreichen der Regelaltersgrenze. Diese Meinung halte ich für falsch.

Wer hat Erfahrung mit diesem Thema und kann weiter helfen?

Viele Grüße

Andreas

McOldie

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Antw:Weiterbeschäftigung als Renter
« Antwort #1 am: 29.07.2024 09:39 »
Eine Weiterbeschäftigung über den Zeitpunkt der Gewährung einer Regelaltersrente ist möglich. Es ist lediglich ein neuer Arbeitsvertrag zu schließen. Soll der Vertrag befristet werden, muss ein zusätzlicher Sachgrund i. S. v. § 14 Abs. 1 TzBfG vorliegen. Von einer unbefristeten Weiterbeschäftigung ist jedoch abzuraten, weil Beschäftigte auch nach Überschreiten der Regelaltersgrenze weiterhin Kündigungsschutz genießen.
§ 33 Abs. 5 räumt allerdings keinen Rechtsanspruch auf eine Weiterbeschäftigung ein.

MoinMoin

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Antw:Weiterbeschäftigung als Renter
« Antwort #2 am: 29.07.2024 09:55 »
Hierzu die Meinung des ÖPR:

§ 33 TV-L bezieht sich ausschließlich auf die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ohne Kündigung (also durch Erreichen der Altersgrenze oder Auflösungsvertrag). Soll in so einem Fall eine neues Arbeitsverhältnis begründet werden, so muss nach § 33 Abs. 5 TV-L ein neuer Arbeitsvertrag geschlossen werden. Eine Rechtsgrundlage für eine erneute/weitere Beschäftigung ist das nicht.

Wenn es nach dem ÖPR geht gibt es, abgesehen von einer Vereinbarung nach § 41 Satz 3 SGB VI, keine Möglichkeit der Weiterbeschäftigung nach Erreichen der Regelaltersgrenze. Diese Meinung halte ich für falsch.
Also ich lese aus dem kursiven Text vom öPR raus, dass diese die Meinung haben, dass für eine Weiterbeschäftigung ein neuer AV her muss und dass man keinen Rechtsanspruch darauf hat, das ein solcher geschlossen wird.
Und dem kann ich, wie McOldie, nur zustimmen.


AndreasHL

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Antw:Weiterbeschäftigung als Renter
« Antwort #3 am: 29.07.2024 10:13 »
Hallo,

der ÖPR schrieb ja unter Bezugnahme auf § 33 Abs. 5 TV-L, dass dieser Paragraph keine Rechtsgrundlage für einen neuen Vertrag ist.

Ja, was wäre dann Rechtsgrundlage? Dass man keinen Rechtsanspruch daraus ableiten kann ist mir schon klar. Hat denn niemand so einen neuen Vertrag mal in der Hand gehabt?

Viele Grüße

Andreas

MoinMoin

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Antw:Weiterbeschäftigung als Renter
« Antwort #4 am: 29.07.2024 10:49 »
Hallo,

der ÖPR schrieb ja unter Bezugnahme auf § 33 Abs. 5 TV-L, dass dieser Paragraph keine Rechtsgrundlage für einen neuen Vertrag ist.

Ja, was wäre dann Rechtsgrundlage? Dass man keinen Rechtsanspruch daraus ableiten kann ist mir schon klar. Hat denn niemand so einen neuen Vertrag mal in der Hand gehabt?

Viele Grüße

Andreas
Dieser Paragraph ist doch auch keine Rechtsgrundlage für den bestehenden Vertrag.
Was ist denn die Rechtsgrundlage für den Vertrag den vorher hatte, dass dürfte mE die Rechtsgrundlage für den Vertrag sein, den man als Rentner eingeht, oder?

clarion

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Antw:Weiterbeschäftigung als Renter
« Antwort #5 am: 29.07.2024 22:43 »
Wir haben eine beiderseitigen Vertragsfreiheit, wenn die ehemalige Dienststelle nicht will, dann will sie nicht und man kann sie auch nicht zwingen.

Wabi Sabi

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Antw:Weiterbeschäftigung als Renter
« Antwort #6 am: 29.07.2024 23:35 »
Vielleicht ist im Rahmen der vorliegenden Diskussion die aktuelle Entscheidung des BAG vom 25.04.2024 - 8 AZR 140/23 ganz interessant:

https://www.bundesarbeitsgericht.de/entscheidung/8-azr-140-23/

Rn. 19 ff.:

19
(4) Die einschlägigen Regelungen des TV-L, an den das beklagte Land gebunden ist, entsprechen dieser Zielsetzung.

20
(a) Der TV-L sieht keine generelle Höchstaltersgrenze für die Begründung von Arbeitsverhältnissen vor. § 33 Abs. 1 Buchst. a TV-L ordnet nur die Beendigung des Arbeitsverhältnisses „mit Ablauf des Monats [an], in dem die/der Beschäftigte das gesetzlich festgelegte Alter zum Erreichen der Regelaltersrente vollendet hat“. Dies ist der im Allgemeininteresse liegende Grundsatz. Allerdings kommt nach § 33 Abs. 5 Satz 1 TV-L die Weiterbeschäftigung des nach § 33 Abs. 1 Buchst. a TV-L ausgeschiedenen Beschäftigten in Betracht. Im Gegensatz zu § 41 Satz 3 SGB VI handelt es sich nicht um das Hinausschieben des Beendigungszeitpunkts des Arbeitsverhältnisses, sondern um die Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses, welches vorbehaltlich anderer Vereinbarungen nach § 33 Abs. 5 Satz 2 TV-L jederzeit mit einer Frist von vier Wochen zum Monatsende gekündigt werden kann. Die Möglichkeit der Wiedereinstellung besteht unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage (vgl. BAG 8. Dezember 2010 – 7 AZR 438/09 – Rn. 54, BAGE 136, 270).

21
(b) Die kurze Kündigungsfrist des § 33 Abs. 5 Satz 2 TV-L verdeutlicht, dass die Tarifvertragsparteien keine dauerhafte Weiterbeschäftigung bereits ausgeschiedener Beschäftigter vor Augen hatten, sondern nur eine vorübergehende Weiterbeschäftigung bei besonderem Bedarf. § 33 Abs. 5 TV-L eröffnet demnach die Wiedereinstellung bereits ausgeschiedener Beschäftigter bei einem solchen Bedarf und fehlenden – hinreichend qualifizierten – jüngeren Bewerbern (idS bereits BAG 31. März 2022 – 8 AZR 238/21 – Rn. 27). Ansonsten ist die Verweigerung einer Wiedereinstellung wegen des Überschreitens der Regelaltersgrenze nach der tarifvertraglichen Konzeption grundsätzlich zulässig, denn anderenfalls würde der Zweck dieser Altersgrenze unterlaufen (vgl. LAG Baden-Württemberg 3. März 2020 – 11 Sa 58/19 – Rn. 78 ff.; Breier/Dassau/Kiefer ua. TV-L § 33 Stand Dezember 2023 Rn. 1210 ff.; Martens in Sponer/Steinherr TV-L § 33 Stand Juli 2017 Rn. 185). Dies gilt jedenfalls bei einer Bewerbung um eine Wiedereinstellung bei demselben öffentlichen Arbeitgeber, bei dem ein vorheriges Arbeitsverhältnis aufgrund der Altersgrenze nach § 33 Abs. 1 Buchst. a TV-L geendet hat.

22
(5) Die Zielsetzung der ausgewogenen Verteilung der Beschäftigungschancen zwischen den Generationen ist auch iSv. § 10 Satz 1 AGG objektiv und angemessen (vgl. hierzu: BAG 22. Januar 2009 – 8 AZR 906/07 – Rn. 55, BAGE 129, 181; BeckOGK/Benecke Stand 1. März 2024 AGG § 10 Rn. 38 f.; Däubler/Beck/Brors 5. Aufl. § 10 Rn. 26).

23
bb) Die Ablehnung des Klägers wegen Überschreitens der Regelaltersgrenze ist nach § 10 Satz 2 AGG unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt. Das Mittel zur Erreichung des nach § 10 Satz 1 AGG legitimen Ziels der Generationengerechtigkeit ist angemessen und erforderlich (offen gelassen von BAG 31. März 2022 – 8 AZR 238/21 – Rn. 30 ff.).
Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung ungemein!

Tiffy

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Antw:Weiterbeschäftigung als Renter
« Antwort #7 am: 30.07.2024 10:41 »
Wir haben eine beiderseitigen Vertragsfreiheit, wenn die ehemalige Dienststelle nicht will, dann will sie nicht und man kann sie auch nicht zwingen.

Mit dieser Einsicht tut Andreas sich ziemlich schwer, siehe auch:

https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,123830.0.html
https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,123695.0.html