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Völlige Entkoppelung von Besoldung und Gehalt nach BVerfG Urteil

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NelsonMuntz:

--- Zitat von: BVerfGBeliever am 04.11.2024 12:14 ---
P.S. Und nur noch mal kurz zur "Einordung", in meiner Beispielrechnung käme es zu folgendem Ergebnis:

1.) Ein 4K-Bürgergeldempfänger würde 0 Stunden arbeiten und bekäme 3.900 € Grundsicherung.
2.) Ein 4K-Beamter müsste 40 Stunden arbeiten und bekäme knapp 4.500 € Nettoalimentation.
3.) Ein Single-Beamter müsste 41 Stunden arbeiten und bekäme rund 3.000 € Nettoalimentation.

Wem gegenüber soll der Single-Beamte "überalimentiert" sein? Gegenüber dem Bürgergeldempfänger? Gegenüber dem 4K-Beamten?

--- End quote ---

Na, zum einen logischerweise gegenüber dem Single-Bürgergeldler, aber eben auch gegenüber vielen Menschen in der pW, denn diese unterste Alimentation liegt bereits oberhalb des Netto-Medianeinkommens in der StKl.1

Aber ja: Auch zwischen den Beamten besteht eine Ungleichheit, weil ein Single mit 3000 Netto einen deutlich(!) höheren Lebensstandard erreicht, als eine 4k-Familie mit 4500 netto (Ausführungen zum Nettoäquivalenzeinkommen hatte ich an anderer Stelle schon mal platziert).

BVerfGBeliever:

--- Zitat von: NelsonMuntz am 04.11.2024 13:42 ---Auch zwischen den Beamten besteht eine Ungleichheit, weil ein Single mit 3000 Netto einen deutlich(!) höheren Lebensstandard erreicht, als eine 4k-Familie mit 4500 netto

--- End quote ---

Der möglicherweise höhere Lebensstandard des Single-Beamten ergibt sich logischerweise aus der leistungsbezogenen Komponente der Besoldung (und sei es, dass die zugrundeliegende "Leistung" bei unteren Beamten hauptsächlich darin besteht, dass sie Woche für Woche 41 Stunden Dienst leisten).

Gleichzeitig sorgt die alimentative bzw. leistungslose Komponente der Besoldung dafür, dass der 4K-Beamte mit 4.500 € eine deutlich höhere Nettoalimentation als der Single-Beamte mit 3.000 € erhält (in der Beispielrechnung).

NelsonMuntz:

--- Zitat von: BVerfGBeliever am 04.11.2024 14:14 ---
Der möglicherweise höhere Lebensstandard des Single-Beamten ergibt sich logischerweise aus der leistungsbezogenen Komponente der Besoldung (und sei es, dass die zugrundeliegende "Leistung" bei unteren Beamten hauptsächlich darin besteht, dass sie Woche für Woche 41 Stunden Dienst leisten).

--- End quote ---

Wir drehen uns doch hier immer wieder im Kreis: Die Leistung eines "Ministerialboten" wäre mit 3000€ schlicht überbezahlt. Zum Vergleich: Das wäre mehr als der kinderlose Single mit einer E11/3 im Bund verdient - und da sind wir längst im Bereich des Durchnittseinkommens in diesem Land. Für eine Hilfskraft!

Anderer Lösungsvorschlag: eD und mD schlicht abschaffen. Für die BW müsste man sich da natürlich etwas ausdenken, aber ansonsten braucht man die nicht zwingend. Wenn der gD dann mit 3000 netto einsteigt, dann kann man darüber wieder reden (wobei dann natürlich der 4k-Familien-Beamte mit 4500 (also 115% Bürgergeld) ganz schön bedröppelt dasteht).

Rentenonkel:
Zugleich muss sich die Amtsangemessenheit der Alimentation, um ihre qualitätssichernde Funktion zu erfüllen, auch durch ihr Verhältnis zu den Einkommen bestimmen, die für vergleichbare oder auf der Grundlage vergleichbarer Ausbildung erbrachte Tätigkeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes erzielt werden (vgl. BVerfGE 114, 258 <293 f.>; 117, 330 <354>; 119, 247 <268>; 130, 263 <293 f.>; 139, 64 <124 Rn. 124>; 140, 240 <293 Rn. 107>). Ob die Alimentation in einem Amt, das für überdurchschnittlich qualifizierte Kräfte attraktiv sein soll, angemessen ist, zeigt auch ein Vergleich der Besoldungshöhe mit den durchschnittlichen Bruttoverdiensten sozialversicherungspflichtig Beschäftigter mit vergleichbarer Qualifikation und Verantwortung in der Privatwirtschaft, wobei die Besonderheiten des Status und des beamtenrechtlichen Besoldungs- und Versorgungssystems nicht außer Acht gelassen werden dürfen (vgl. BVerfGE 130, 263 <294>; 139, 64 <124 Rn. 124>; 140, 240 <293 Rn. 107>).

Als Vergleichsgruppe müsste demnach der Arbeitnehmer sein, der eine Stelle ausübt, die in etwa A4 entspricht.

Wenn ich jetzt mal unscharf in der Tabelle nach einer vergleichbaren Tätigkeit eines E4 Mitarbeiters schaue, so kommt der auf grob 1900 EUR netto.

Ich denke, es ist unbestritten, dass der A4 mit 2 Kindern auf jeden Fall in der Gesamtschau auf seine 115 % kommen sollte. Es ist auch so, dass die leistungsbezogenen Komponenten dabei die Oberhand haben sollten und die leistungslosen Komponenten nicht in der Art und Weise verfassungsgemäß sein können, wie es derzeit bei einigen Ländern gehandhabt wird.

Dennoch kann ich den Unmut der Tarifbeschäftigten verstehen, dass es auch am Ende nicht sein kann, dass ein Single Beamter in A4 rund 1000 EUR netto mehr hat als ein vergleichbarer Angestellter.

Es ist jedoch Aufgabe der Politik, hier die Quadratur des Kreises zu finden und ich bin auch der Meinung, dass die leistungslosen Komponenten angepasst werden können, wenn es aus politischen und/oder gesellschaftlichem Wandel für diese leistungslosen Komponenten einen Ausgleich für alle Steuerpflichtigen geben würde.

Ob die Kindergrundsicherung daher zur Deckung des Alimentationsprinzips herangezogen werden kann, dürfte sich insbesondere daran orientieren, ob der Besoldungsgesetzgeber seine Beamten ähnlich wie bei Kindergeld auf diese Leistungen verweisen darf. Das kommt allerdings auf die Ausgestaltung an und die steht, soweit ich das aus der Ferne beurteilen kann, noch nicht fest.

Allerdings werden auch jetzt schon laut über Zuschläge wie der Berlin Zuschlag oder der München Zuschlag nachgedacht (also für Behörden in der Mietenstufe VII), so dass ich wieder auf den ROMZ (RentenOnkels Mietenstufenzuschlag) zurück komme.

Am Ende des Tages wird dem Besoldungsgesetzgeber wohl nichts anderes übrig bleiben, auch leistungsbezogene Komponenten anzuheben. Denkbar ist dennoch aus meiner Sicht eine stärkere Anhebung der leistungslosen Komponenten gegenüber den leistungsbezogenen Komponenten und auch die Einführung neuer, leistungsloser Komponenten, die sich beispielsweise an der Mietenstufe orientieren.

Die Theorie, dass der Besoldungsgesetzgeber ausschließlich leistungsbezogene Komponenten zur Deckung der Unteralimentation anheben muss, teile ich ebenso wenig die die Theorie, dass ihm das ausschließlich durch die Anhebenung leistungsloser Komponenten gelingen kann.

NelsonMuntz:

--- Zitat von: Rentenonkel am 04.11.2024 15:25 ---...
Als Vergleichsgruppe müsste demnach der Arbeitnehmer sein, der eine Stelle ausübt, die in etwa A4 entspricht.

Wenn ich jetzt mal unscharf in der Tabelle nach einer vergleichbaren Tätigkeit eines E4 Mitarbeiters schaue, so kommt der auf grob 1900 EUR netto.

Ich denke, es ist unbestritten, dass der A4 mit 2 Kindern auf jeden Fall in der Gesamtschau auf seine 115 % kommen sollte. Es ist auch so, dass die leistungsbezogenen Komponenten dabei die Oberhand haben sollten und die leistungslosen Komponenten nicht in der Art und Weise verfassungsgemäß sein können, wie es derzeit bei einigen Ländern gehandhabt wird.

--- End quote ---

Du hast es an anderer Stelle öfter mal als Randnotiz erwähnt: Wo früher ein Gehalt für den Unterhalt einer Familie ausreichend war, sind es heute eher 1,5. Das bedeutet final, dass das Existenzminimum eben jener 4k-Familie stärker gestiegen ist, als die Median- und Durchschnittgehälter im Lande. Anders gesagt: Kinder kosten in der Relation heute einfach mehr als 1950.

Der Beamte ist über die Alimentationsprinzipien vor dieser "Not" geschützt - was ich an dieser Stelle auch gar nicht kritisieren möchte. Aber: Wenn man diese "Mehrkosten" für eine Familie zu stark über den Grundsold auffängt, dann entkoppeln sich die Gehälter kinderloser Singles zu stark von vergleichbaren Arbeitnehmern im öD oder der pW. Bei zu geringen Zulagen (oder ohne anderweitige Queralimentation wie dem Kindergeld) leidet überdies die Vergleichbarkeit des erreichbaren Lebensstandards innerhalb des Beamtenwesens: Um im obigen Beispiel zu bleiben: Der Single-Beamte hat 3000 €, die 4k-Familie mit 4500 € kommt auf knapp über 2000 € Nettoäquivalenzeinkommen - steht also bedeutend(!) schlechter da.

Ja, die "Quadratur des Kreises" trifft es also ganz gut.

Eine deutliche Anhebung des Kindergeldes würde diese Problemlage effektiv entschärfen (und auch positiv bei Arbeitnehmern wirken) - aber allein eine Verdoppelung auf 500€ würde mit grob 50 Mrd. p.a. zu Buche schlagen. Das ist aktuell eher illusorisch. ;)

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