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Völlige Entkoppelung von Besoldung und Gehalt nach BVerfG Urteil
NelsonMuntz:
--- Zitat von: Rentenonkel am 06.11.2024 07:51 ---...
Lösbar wäre es nur durch ein bedingungsloses Grundeinkommen verbunden mit von Anfang an höheren Abgaben für Erwerbstätigkeit. Das wäre aber eine andere Diskussion.
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Das ist korrekt - ich habe eine solche Idee (Mini-BGE) ja auch schon an anderer Stelle bereits angesprochen, wobei ich selbst erhebliche, fiskalische Risiken bei solchen Modellen sehe.
--- Zitat ---Diese Plateau-Bildung ist allerdings nur vorübergehend, da sich der Bedarf in diesem Fall ja an dem Alter der Kinder und auch dem Einkommen der Kinder orientiert. Wenn diese Zuschläge wegfallen, weil Kinder entweder selbst Geld verdienen oder nicht mehr kindergeldberechtigt sind, wird das Mehr an Arbeit ja wieder belohnt.
Oder andersrum ausgedrückt: Diese Zuschläge werden ja deswegen gezahlt, weil der Gesetzgeber aus meiner Sicht zu Recht davon ausgeht, dass Kinderbetreuung von 2 oder mehr Kindern auch Arbeit ist und auch zeitintensiv ist, und deswegen nur sehr schwer mit 2 Vollzeitstellen in Einklang zu bringen ist. Es fällt aber weg, wenn die Kinder auf eigenen Beinen stehen können.
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Eine durchaus nachvollziehbare Sichtweise. Gleichzeitig muss man hier aber auch beleuchten, ob für die so betroffenen Personen nach einer 20-jährigen TZ-Tätigkeit überhaupt noch realistische Chancen bestehen, beruflich "durchzustarten". Während man sich auf diesem Plateau befindet, besteht ja kein finanzieller Anreiz, durch Mehrarbeit oder weitere Qualifikation ein höheres Bruttogehalt zu erzielen. Gleichzeitig würde ein Bruttogehalt von 3000€ für 2 Personen recht zielsicher in die Grundsicherung im Alter führen, d.h. der Sozialleistungsbezug wird in eine Dauerhaftigkeit überführt.
Deshalb bin ich der Meinung, eine solche KiGruSi sollte entweder gar nicht, oder eben zumindest deutlich später abschmelzen, um den Menschen zu ermöglichen, dem (dauerhaften) Sozialleistungsbezug zu entkommen.
NelsonMuntz:
--- Zitat von: MoinMoin am 06.11.2024 08:53 ---Nichts, damit wird aber die Alimentation der Richter nicht amtsangemessener.
Und wir wollen doch verfassungsgerechte GEsetze und keinen Wildwuchs an GGwidrigen Dingen.
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Das ist richtig :) - Ich finde die Vergleiche nur schwierig, wenn sie stets nur in eine Richtung angestellt werden. Die Amtsangemessenheit einer Besoldung sollte ja einen Bezug zur Welt außerhalb der Beamten haben. Wenn man der Besoldung aufgrund verfassungrechtlicher Regeln jedoch nach oben keine Grenzen setzen darf (wie es ein Stück weit BVerfGBeliever argumentiert), dann wird das gesellschaftlich und politisch negative Konsequenzen mit sich bringen.
MoinMoin:
Und wie 77 schon gesagt wurde:
Das Bundesverfassungsgericht hat schon frühzeitig entschieden, daß Art. 33 Abs. 5 GG dem Gesetzgeber grundsätzlich einen weiten Ermessensspielraum belasse, "um die Beamtengesetzgebung den Erfordernissen des freiheitlichen demokratischen Staates und seiner fortschrittlichen Entwicklung anpassen zu können" (BVerfGE 8, 1 [16]). Eine solche Befugnis des Gesetzgebers kann sich dort zum Gestaltungsauftrag im Sinne eines von der Verfassung auferlegten Gesetzgebungsprogramms wandeln, wo andere Grundwertentscheidungen der Verfassung in diesen Regelungsbereich einwirken. Gesichtspunkte der Tradition, so wichtig sie mit Rücksicht auf die Verwendung des Wortes "hergebracht" im Verfassungstext im Einzelfall für die Auslegung und Inhaltsbestimmung des Art. 33 Abs. 5 GG sein mögen, können nicht als maßgeblich anerkannt werden, wenn sie auf die Anknüpfung nicht an "guten alten Brauch", sondern an "schlechten alten Brauch" hinauslaufen.
Und stringente Ausrichtung an die Grundbesoldung muss für die 4 K Familie reichen würde ich als überholten alten Brauch sehen und bin gespannt wie das BVerfG es sieht, dass heutzutage der Beamte wesentlich mehr von seinen Grundbesoldung hergeben muss für die Versorgung der Familie als es 77 noch der Fall war und er deswegen heute auch als Beamter mit 2 oder 1 Kind erhebliche bescheidener leben muss als der -- beamten- und besoldungsrechtlich gleich eingestufte -- Kollege der Single ist.
Aber das wollen einige nicht hören oder sehen, schauen wir mal was die roten Talare daraus machen.
(Der Gesetzgeber kriegt es ja leider absolut nicht geschissen)
Und das die Grundbesoldung für einen A3er um 10-15% erhöht werden muss, weil es jahrzehntelange Defizite gab, steht dem nicht entgegen.
Rentenonkel:
--- Zitat von: BVerfGBeliever am 05.11.2024 21:27 ---
--- Zitat von: MoinMoin am 05.11.2024 20:52 ---ab wann die Grundbesoldung eine GG widrige Überalimentierung für das Amt darstellt
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Hör doch bitte mal damit auf, ständig irgendwelchen hanebüchenen Blödsinn zu posten.
Es wäre selbstverständlich absolut verfassungsgemäß, wenn es für Beamte mit bis zu zwei Kindern lediglich eine (der Wertigkeit des jeweiligen Amtes angemessene) Grundbesoldung ohne jegliche Familienzuschläge gäbe.
Alternativ dürfen (jedoch keinesfalls müssen) die Gesetzgeber im Rahmen ihres Gestaltungsspielraums einen Teil der familienbezogenen Alimentation durch Zuschläge leisten. Unter anderem aufgrund des Leistungsprinzips darf dieser Anteil jedoch nicht zu groß sein.
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Aus meiner Sicht sind die Frage der amtsangemessenen Besoldung von der Frage der 115 % Problematik zu lösen.
Es gibt ja schon eine grundsätzliches Prüfschema, welches das BVerfG anwendet, um in diese Prüfung einzusteigen.
Auf der ersten Prüfungsstufe wird mit Hilfe von fünf Parametern (Vergleich der Besoldungsentwicklung mit der Entwicklung der Tarifentlohnung im öffentlichen Dienst, des Nominallohnindex sowie des Verbraucherpreisindex, systeminterner Besoldungsvergleich und Quervergleich mit der Besoldung des Bundes und anderer Länder) ein Orientierungsrahmen für eine grundsätzlich verfassungsgemäße Ausgestaltung der Alimentationsstruktur und des Alimentationsniveaus ermittelt.
Das Gericht betont in seinem Beschluss noch einmal die Indizwirkung verletzter Prüfparameter für eine verfassungswidrige Unteralimentation.
Wenn mindestens drei Parameter der ersten Prüfungsstufe verletzt seien, bestehe die Vermutung einer verfassungswidrigen Unteralimentation. Seien lediglich ein oder zwei Parameter verletzt, müssten die Ergebnisse der ersten Stufe, insbesondere das Maß der Über- bzw. Unterschreitung der Parameter, zusammen mit den auf der zweiten Stufe ausgewerteten Kriterien im Rahmen der Gesamtabwägung eingehend gewürdigt werden.
Sicherlich würde eine Erhöhung aller Besoldungen um 35 oder sogar 50 % dazu führen, dass keines der Parameter mehr unterschritten würde.
Neu ist eine konkretere Einordnung des Mindestabstandsgebots. Das BVerfG hat klargestellt, dass dieses Mindestabstandsgebot bei der Prüfung der Parameter der 1. Stufe (systeminternen Besoldungsvergleich) in den Blick zu nehmen ist. Eine Fehlerhaftigkeit des Besoldungsniveaus in den unteren Besoldungsgruppen bedeutet aufgrund des Abstandsgebotes zwangsläufig auch eine Fehlerhaftigkeit des gesamten Besoldungsgefüge.
Hinsichtlich der Ermittlung und Berechnung des Mindestabstands der Beamtenbesoldung zum sozialhilferechtlichen Grundsicherungsniveau stellt das Gericht klar, dass – beispielsweise bei Miet- und Heizkosten – die tatsächlichen Bedürfnisse und nicht nur Pauschalierungen zu Grunde gelegt werden müssen. Damit erteilt das Gericht pauschalen Bewertungen eine Absage, die lediglich auf die durchschnittliche Betrachtung im Existenzminimumbericht abstellen.
Diese sind jedoch, je nach Wohnort, durchaus stark unterschiedlich ausgeprägt.
In die Frage der Amtsangemessenheit kommt man eben erst, sobald man diese 115 % Hürde geschafft hat. Dabei hat der Gesetzgeber dennoch einen weiten Spielraum und muss nicht nur ausschließlich die Grundalimentation aller Beamten anheben. Er kann vielmehr auch an anderen Schrauben drehen, wie der Beihilfe oder (in begrenztem Umfang) der Familienzuschläge oder er kann auch der Besonderheit der unterschiedlichen Wohnkosten im Beamtenrecht durch völlig neue Ideen Rechnung tragen.
Das, was hier wiederkehrend wiederholt wird, ist die Tatsache, dass in Gegenden mit hohen Miet- und Heizkosten wie beispielsweise Berlin die Unteralimentation für den kleinesten 4 K Beamten so groß ist, dass diese Unteralimentation allein durch höhere Familienzuschläge nicht aufgefangen werden kann. Das liegt daran, dass ein Beamter für die ersten beiden Kinder zur Deckung des Lebensunterhaltes seiner Familie auch auf Teile seiner Grundbesoldung verwiesen werden darf, so er denn dazu in der Lage ist. Im Umkehrschluss ist demnach der Familienzuschlag zu hoch, wenn er den Bedarf der Kinder vollständig oder fast vollständig decken würde. Somit kommt man nicht umhin, nicht nur die Familienzuschläge anzupassen, sondern auch andere Bestandteile anheben muss.
Ich bleibe jedoch bei meiner These, dass sich nicht nur die Familienzuschläge sondern die gesamte Beamtenbesoldung sich zukünftig stärker am Wohn- oder Dienstort orientieren werden muss. Somit ist es aus meiner Sicht denkbar, dass auch ein Single Ministerialbote in München oder Paris oder Berlin zukünftig mehr Geld erhält, als ein Ministerialbote in Arnsberg (Mietenstufe I). Es wird ja schon jetzt über eine Berlin Zulage oder München Zulage nachgedacht. Die Idee, dass auch der Ministerialbote in Arnsberg 3.000 EUR netto erhalten muss, halte ich für abwegig und wenig wahrscheinlich. Andernfalls kämen wir bei einer Prüfung der Amtsangemessenheit nach dem obigen Prüfschema zum Ergebnis, dass der Ministerialbote in zumindest 4 Prüfschemen einen zu deutlichen Zuwachs hätte.
Es muss, wie gesagt, die Quadratur des Kreises gefunden werden, die alle Interessen berücksichtigt: Die Interessen des Beamten, in dessen Besoldung höhere Mietkosten, die im wesentlichen durch den durch den Dienstherren vorgegebenen Wohnort entstehen, kompensiert werden, um unabhängig vom Wohnort amtsangemessen leben zu können, als auch die Interessen der Steuerzahler, die vom Gesetzgeber erwarten dürfen, dass ihre Steuergelder sparsam und wirtschaftlich verwendet werden.
Bastel:
--- Zitat von: NelsonMuntz am 06.11.2024 07:09 ---
--- Zitat von: BVerfGBeliever am 05.11.2024 23:54 ---Wenn beispielsweise ein Richter oder Staatsanwalt im Gespräch mit seinen früheren Jura-Kommilitonen feststellt, dass diese z.B. in einer Großkanzlei signifikant mehr verdienen als er, hat er außer einer Klage (gegen seine zu niedrige Besoldung) keinerlei Möglichkeit, daran etwas zu ändern.
Falls hingegen ein Anwalt in einer Großkanzlei aus unerfindlichen Gründen plötzlich der Meinung sein sollte, dass sein Gehalt im Vergleich zu Richtern und Staatsanwälten zu niedrig sein sollte, könnte er z.B. einfach zu seinen Vorgesetzten gehen und entsprechend "nachverhandeln"..
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Naja, der Richter/Staatsanwalt kann seine Urkunde doch zurückgeben und bei einer Kanzlei anheuern. Was hindert ihn konkret?
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Was passiert, wenn das plötzlich 20-30% machen? Dann fliegt der ganze Laden auseinander.
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