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Völlige Entkoppelung von Besoldung und Gehalt nach BVerfG Urteil

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Rentenonkel:
Ich denke, dass das BVerfG das in seinen letzten Entscheidung durchaus getan hat.

Wenn man den vorherigen Halbsatz mit einbezieht, der wie folgt lautet

[...] so entspricht es bei natürlicher Betrachtung einer gewissen Selbstverständlichkeit, daß bei der Familie mit einem oder zwei Kindern der Kindesunterhalt ganz überwiegend aus den allgemeinen, d. h. "familienneutralen" und insoweit auch ausreichenden Gehaltsbestandteilen bestritten werden kann und die kinderbezogenen Gehaltsbestandteile ergänzend hinzutreten.

kann man erkennen, dass mit Kindesunterhalt das BVerfG nicht den Unterhaltsanspruch, den ein Kind gegenüber seinem nicht in familiärer Gemeinschaft lebenden Elternteil hat, meinen kann und der sich nach der Mindestunterhaltsverordnung bzw. der Düsseldorfer Tabelle orientiert.

Wenn man den Begriff "Kindesunterhalt" daher so versteht, dass das BVerfG damit den Betrag meint, den ein Beamter für den Unterhalt seines in häuslicher Gemeinschaft lebenden Kindes aufbringen muss und den Begriff des Kindesunterhaltes in den weiteren Begründungen des Urteils in ein und demselben Kontext bringt kann das BVerfG mit diesem Begriff nur folgende Definition meinen:

Kindesunterhalt in diesem Sinne ist demnach ein um 15 % über dem realitätsgerecht ermittelten grundsicherungsrechtlichen Gesamtbedarf eines Kindes liegender Betrag.

BAT:
Nee, Kindesunterhalt ist eine Legaldefinition aus dem BGB. Der Regelsatz ist ebenso wie z. B. der Unterhaltsvorschuss eine Sozialleistung. Und hat mit Unterhalt im Kern nichts zu tun.

Zur Abgrenzung vom BGB hätte das Gericht evtl. den allgemeinen Begriff der Alimentation nehmen sollen.

Rentenonkel:
Der Begriff Kindesunterhalt ist eigentlich umgangssprachlicher Natur. Das BGB spricht lediglich von Verwandtenunterhalt.

Die Familienzuschläge haben mit dem Unterhalt aus dem BGB im Kern nichts zu tun sondern resultieren aus dem aus der Alimentationspflicht hergeleiteten Anspruch auf "Kindesunterhalt" gegenüber dem Besoldungsgeber.

BAT:
Ja eben.

Aber Unterhalt ist halt im Regelfall in gerader Linie fällig, bei Kindern also von zwei Personen. Regelbedarf schaut sich schlicht an, was denn eine Person so an Bedarf hat und wird dann auch individualisiert (z. B. aufwendige Ernährung, etc.).

Wenn das Gericht jedoch das Wort Unterhalt nutzt, scheint es sich doch eher auf die Sicht eines (von mehreren Unterhaltspflichtigen) zu stützen als auf den Bedarf einer Person.

Damit wäre aber auch die Grenze 1.,2. Kind vs. 3 Kind, etc. aufhoben. Wenn sich das Gericht insofern aber am Regelbedarf orientiert, wäre dieser - auch im Rahmen der Besoldung - an besonderen Gegebenheiten des jeweiligen (Beamten-) Kindes zu orientieren.

Also kurz gesagt: Unterhalt = Pauschale (Besoldung)
                          Regelsatz = individuelle Berechnungen vonnöten
Denn das Existenzminium ist z.B. bei aufwendiger Ernährung ein ganz Anderes.

Rentenonkel:
Wobei das BVerfG zur möglichen Pauschalisierung des Regelsatzes in seinem Urteil weiter ausgeführt hat:

Ist der Gesetzgeber gehalten, den Umfang der Sozialleistungen realitätsgerecht (vgl. BVerfGE 66, 214 <223>; 68, 143 <153>; 82, 60 <88>; 87, 153 <172>; 99, 246 <260>; 99, 300 <1. Leitsatz>) zu bemessen, kann dies nicht ohne vereinfachende Annahmen gelingen. Die zu berücksichtigenden Positionen müssen notwendigerweise typisiert werden (vgl. BVerfGE 99, 246 <261>). Weder der in erster Linie zur Durchführung einer entsprechenden Berechnung berufene Besoldungsgesetzgeber noch das zur Nachprüfung berufene Bundesverfassungsgericht muss sich an atypischen Sonderfällen orientieren. Die Herangehensweise muss jedoch von dem Ziel bestimmt sein, sicherzustellen, dass die Nettoalimentation in möglichst allen Fällen den gebotenen Mindestabstand zu dem den Empfängern der sozialen Grundsicherung gewährleisteten Lebensstandard wahrt (vgl. BVerfGE 82, 60 <91>; 99, 246 <261>).

Damit kommt eine Orientierung an einem Durchschnittswert jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn die Varianz so groß ist, dass er in einer größeren Anzahl von Fällen erkennbar nicht ausreichen würde (vgl. BVerfGE 120, 125 <160>).

und weiter

Gemäß § 20 SGB II wird zur Befriedigung des Regelbedarfs zur Sicherung des Lebensunterhalts ein monatlicher Pauschalbetrag anerkannt, dessen Höhe regelmäßig neu festgesetzt wird. Dabei wird typisierend für unterschiedliche Lebensumstände ein unterschiedlicher Regelbedarf angenommen. Für in einer Bedarfsgemeinschaft zusammenlebende Erwachsene gilt gemäß § 20 Abs. 4 SGB II die Bedarfsstufe 2. Für Kinder richtet sich die Zuordnung zu einer Regelbedarfsstufe nach dem Lebensalter. Insofern kann auf die im Existenzminimumbericht der Bundesregierung etablierte Berechnungsmethode zurückgegriffen werden, bei der die Regelbedarfssätze mit der Anzahl der für die einzelnen Regelbedarfsstufen relevanten Lebensjahre gewichtet werden (vgl. BTDrucks 19/5400, S. 6).

Hinsichtlich der Kosten der Unterkunft bietet sich ein Rückgriff auf die von der Bundesagentur für Arbeit statistisch ermittelten Werte an.

Atypische Fälle, wie z.B. aufwendige Ernährung, fallen so leider hinten rüber, wären bei der Unterhaltspauschale allerdings ebenfalls nicht abgedeckt.

Und noch weiter heißt es dann:

Um der verfassungsrechtlichen Zielsetzung, das Grundsicherungsniveau als Ausgangspunkt für die Festlegung der Untergrenze der Beamtenbesoldung zu bestimmen, gerecht zu werden, muss der Bedarf für die Kosten der Unterkunft so erfasst werden, wie ihn das Sozialrecht definiert und die Grundsicherungsbehörden tatsächlich anerkennen. Auch muss der Ansatz so bemessen sein, dass er auch in den Kommunen mit höheren Kosten der Unterkunft das Grundsicherungsniveau nicht unterschreitet.

Aus dieser Begründung, die ich etwas verkürzt dargestellt habe, leiten ja einige Länder ab, dass sie die Familienzuschläge nach Wohnort differenziert soweit anheben können, dass es am Ende für eine 4K Familie passt. Wie wir gemeinsam aber herausgearbeitet haben, wären solche Erhöhungen nur dann zu rechtfertigen, wenn diese Zuschläge weniger als 40 vom Hundert des (pauschalisierten) Bedarfs zzgl 115 % ausmachen würden.

Daher kommt man zwingend zu dem Ergebnis, dass die Familienzuschläge derzeit in einigen Bundesländern zu hoch sind und die Besoldungsgesetzgeber sich etwas neues einfallen lassen müssen, um verfassungsgemäß zu besolden.

Meine Ideen, wie das außer einer pauschalen Erhöhung der Grundbesoldung für alle um 30 % dennoch möglich sein könnte, habe ich als Diskussionsgrundlage bereits mehrfach in den Raum gestellt.

Allerdings hat die Kindergrundsicherung es, soweit ich weiß, bisher nur in die erste Lesung des Bundestages geschafft und dürfte aufgrund der aktuellen Entwicklung wohl kaum die nächste Hürde nehmen. Daher sind meine Ausführung hierzu ohnehin obsolet, so dass die Besoldungsgesetzgeber weiterhin die volle Verantwortung für die Alimentation der Beamtenkinder haben.

Nach wie vor halte ich jedoch eine weitere Differenzierung der Zuschläge nach Wohnort des (auch Single-) Beamten und Alter der Kinder für möglich, ich lasse mich aber nach dem nächsten Urteil in 2025 gerne eines besseren belehren  ;D

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