Vielen Dank für deine Einordnungen, Rentenonkel.
Mir drängt sich der Verdacht auf, dass es Sinn ergeben könnte, dass jeder, der über eine Erwerbseinkommen verfügt und unterhaltspflichtige Kinder hat, einen Antrag auf Kinderzuschlag stellen sollte.
In NRW hat BVR a.D. Huber ausgeführt, dass Ergänzungszuschläge, wie in der NRW Besoldung geplant nur zulässig sind, wenn es sich bei der Anzahl der betroffenen nur um Einzelfälle handelt, also eine Form der salvatorischen Klausel. Wenn sich durch massenhafte Antragsstellung herausstellt, dass es sich nicht mehr um Einzelfälle handelt, müsste das BMF nicht tätig werden und die Kinderfreibeträge deutlich anheben?
Da der Antrag auf Kinderzuschlag lediglich bedarfsorientiert gezahlt wird, gehen derzeit diejenigen leer aus, die das Existenzminimum der Kinder durch besonders hohe Einkünfte oder durch Vermögen sicherstellen können. Für wen es sich lohnt, kann man allerdings in den einschlägigen Rechnern für sich nachrechnen. Da bisher jedoch lediglich rund 1/3 der anspruchsberechtigten Familien einen Antrag gestellt haben, scheint es sich jedenfalls für sehr viel mehr Familien zu lohnen und aus diesem Grund lohnt sich jedenfalls das Nachrechnen.
Daher ist, wie Ozymandias ja auch wiederholt sagt, der Kinderzuschlag nicht mit dem Kinderfreibetrag zu verwechseln.
Ich nehme an, Deine Frage zu BVR a.D. Huber zielt auf die Ausführungen des ehemaligen BVR vor dem Landtag NRW ab. Bei der sogenannten salvatorischen Klausel geht es eher darum, dass das Land NRW mit dem neuen Besoldungsgesetz unterstellen möchte, dass bis auf wenige Einzelfälle auch Ehegatten der Beamten mindestens einer geringfügigen Beschäftigung nachgehen würden und somit ein fiktives Partnereinkommen unterstellt werden kann, sofern es bei der Prüfung der amtsangemessenen Besoldung um das Abstandsgebot zur Grundsicherung geht. Damit möchte die Landesregierung etwas, aber dennoch nicht vollständig, von dem Prinzip der amtsangemessenen Besoldung für den Ehegatten des Beamten abrücken.
Um dennoch immer eine verfassungsgemäße Besoldung sicherzustellen, soll eine salvatorische Klausel eingeführt werden, durch die ein zusätzlicher Ergänzungszuschlag gezahlt werden soll, wenn der Ehepartner ausnahmsweise nicht berufstätig sein sollte und das Gesamteinkommen zu gering sei. Dabei geht das Land NRW davon aus, dass es sich bei dem anspruchsberechtigten Personenkreis nur um wenige Einzelfälle handeln soll.
Sofern sich aber herausstellen sollte, dass nicht nur wenige Einzelfälle sondern tausende von Fällen in einer Einzelfallbetrachtung anspruchsberechtigt sein sollten, läge hier keine Regelung für atypische Sonderfälle mehr vor, die als solche einer salvatorischen Klausel unterfallen könnten, sondern vielmehr wären hier viele tatsächlich zu typisierte Regelfälle zu betrachten. So verstanden würde sich dann die salvatorische Klausel die Regelung des § 71b mitsamt seines Ergänzungszuschlags zum Familienzuschlag als der Rechentrick entpuppen, der verfassungsrechtlich nicht mit Art. 33 Abs. 5 in Einklang zu bringen wäre.
Es wäre sicherlich auch im Vergleich zu anderen Steuerpflichtigen absolut wünschenswert, dass der Steuergesetzgeber (also in diesem Fall der Bund und nicht das Land NRW) von seiner bisherigen Praxis bei der Steuerpolitik abrückt und sicherstellt, dass gerade bei Familien mit Kindern auch ohne zusätzliche Anträge das Existenzminimum unversteuert bliebe. Das erscheint derzeit jedoch lediglich ein frommer Wunsch zu bleiben.
Während der Steuergesetzgeber bei den Steuerpflichtigen auf diese ergänzenden Leistungen wie Wohngeld oder Kinderzuschlag verweisen darf, ist genau das bei Beamten eben wegen des Alimentationsprinzip nicht möglich. Beamte sind so zu alimentieren, dass ihnen netto eben mindestens 15 % mehr bleiben muss als das soziale Existenzminimum. Daher bleibt den Besoldungsgesetzgebern (der Länder) nichts anderes übrig, als das Brutto anzuheben, um eben dieses Ziel zu erreichen. Es gibt jedoch derzeit noch ein Füllhorn an mathematischen Tricks, um dieses Ziel möglichst centgenau und mit möglichst wenig Ausgaben zu erreichen oder die Zahlungen zumindest deutlich zu verschleppen und verzögern. Das ist derzeit verfassungsrechtlich zumindest bedenklich und alle Betroffenen hoffen, dass mit der nächsten Entscheidung das BVerfG den gesetzgeberischen Spielraum weiter einschränkt. Das scheint auch notwendig, weil die Tragweite der bisherigen Entscheidungen des BVerfG von dem Gesetzgeber offenkundig noch nicht vollständig verstanden wurden.
Das BVerfG möchte Beamtenkinder gar nicht besser stellen als Kinder anderer Steuerpflichtiger. Daher vergleicht das BVerfG auch immer die Nettobeträge. Es steht dem Gesetzgeber daher frei, anstelle der Zuschläge auch Reformen im Steuer- und Sozialrecht durchzusetzen, um hier das Existenzminimum für
jeden gleichermaßen und ohne zusätzliche Anträge sicherzustellen.
Um echte Reformen im Steuer- und Sozialrecht durchzusetzen fehlt es nach meinem Verständnis derzeit entweder am Mut, an der Bereitschaft zur politischen Auseinandersetzung, am Geld oder dem Willen. Daher wird derzeit lediglich an der Beamtenbesoldung herumgeschraubt und herumgetrickst, bis es irgendwie zu passen scheint. Am Ende schadet diese Politik allen: Den Beamten, die nicht mehr amtsangemessen sondern nach Fertilität bezahlt werden, den übrigen steuerpflichtigen Familien, die weiterhin aufstocken müssen, dem Betriebsklima innerhalb des ÖD (Beamte und Angestellte, kinderlose und Familien mit Kindern) und der Demokratie als Ganzes.