Autor Thema: Ministerium steckt Beschäftigte ebenfalls in Laufbahnen - erlaubt !?  (Read 4449 times)

Adlerauge

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Eine Freundin ist in einem Ministerium tätig.
Dort werden die Tarifbeschäftigten ebenfalls wie Beamte beurteilt und auch in einer Art Laufbahn geführt -> damit Tarifbeschäftigte nicht schneller aufsteigen oder an Beamten vorbeiziehen ist die Aussage..

Ist das überhaupt erlaubt?

2strong

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Wenn es so wäre, wie Du beschreibst, wäre es unzulässig. Aber so ist es nicht. Vielmehr bekommen die Tarifkräfte nach einer vorgesehen Standzeit (analog Beamtenverhältnis) formal höherwertige Aufgaben übertragen. Insofern ist das Vorgehen formal grundsätzlich nicht zu beanstanden.

clarion

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Ich glaube,  dass ist ziemlich üblich es so zu machen,  wenn TB und Beamte dieselben Aufgaben erledigen. In der Regel wird man Leuten mit Berufserfahrung schwierigere Aufgaben übertragen.

VFA West

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Wenn sich die Aufgaben nicht verändern, sondern von Beginn an dieselben sind, dann ist das soweit ich weiß nicht zulässig, aber offenbar gängige Praxis:

Ich habe im letzten Jahr mit der Personalabteilung eines (Bundes-) Ministeriums telefoniert. Dort schilderte man mir, dass von Beginn an Aufgaben übertragen werden, die der EG 9a entsprechen. Da aber "keine Planstellen" frei seien, müsste bei Neueinstellungen die Eingruppierung zuerst in die EG 07 erfolgen. Danach müsse man warten, bis neue "Planstellen" frei werden. Wenn man es dann schafft, sich bei den Beurteilungen gegen die anderen im Referat durchzusetzen, könne man endlich "befördert" werden. Allerdings erst in die EG 08 und irgendwann später dann in die EG 9a.

Meiner Meinung nach ist diese Praxis nicht tarifkonform, weswegen ich mich auf die damalige Ausschreibung " ... EG 07 mit Entwicklungsmöglichkeiten bis zur EG 9a ..." natürlich nicht beworben habe.

MoinMoin

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Meiner Meinung nach ist diese Praxis nicht tarifkonform,
So wie du es schilderst ist es Betrug und nicht tarifkonform
Aber selber Schuld wenn die Menschen es mit sich machen lassen.

Tagelöhner

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Hört sich für mich klassisch nach: Beamte in höheren Positionen tun Beamtendinge und wenden ihre Beamtendenke bzw. verinnerlichte Beamtenprinzipien 1 zu 1 und rechtswidrig (obwohl sie eine besondere Rechtstreue an den Tag legen müssten) auf die Arbeitsverhältnisse von Tarifbeschäftigten an.

Absolut nicht unüblich in den Personalreferaten...da wird regelmäßig das Haushaltsrecht über das Tarifrecht gestellt und wenn Tarifbeschäftigte sich schlau machen, den Status Quo hinterfragen und entsprechend aktiv werden, führt das nicht selten auch noch zu Repressalien und sie gelten schnell als Querulant und Nestbeschmutzer.

2strong

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Das kann man so sehen oder auch anders. In Obersten Behörden sind Dienstposten je nach Laufbahngruppe grundsätzlich mit A 9m, A 13g bzw. A 15 bewertet. Wie viele Personen (gleichzeitig) dieses "Endamt" der Laufbahngruppe erreichen können, entscheidet die Anzahl der entsprechenden Planstellen. In der Regel ist diese Anzahl deutlich niedriger als die Anzahl derjenigen, die in der Laufbahngruppe beschäftigt sind. Um dieses Problem zumindest etwas zu entschärfen, gibt es die etablierten "Stabdzeiten" zwischen zwei Beförderungen. Bisher alles "Beamtengedöns".

Anders als bei Beamten richtet sich die Vergütung von Tarifbeschäftigten nicht nach dem bewerteten Dienstposten, sondern nach der auszuüben Tätigkeit. Dabei ist aber - anders als bei der Dienstpostenbewertung - längst nicht garantiert, dass jede Aufgabe auch das Potential für Entgeltgruppe 9a, 12 oder 15 bietet. Dennoch soll möglichst allen Leuten die Gelegenheit gegeben werden, das "Endamt" zu erreichen. Das führt in Einzelfällen und insbesondere zu Beginn des Berufslebens zu Nachteilen, hinten raus aber oftmals zu Vorteilen. Denn insbesondere Entgeltgruppen 12 und 15 sind bei korrekter, strenger Bewertung oftmals wohl nicht regelmäßig zu erreichen.

MoinMoin

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Anders als bei Beamten richtet sich die Vergütung von Tarifbeschäftigten nicht nach dem bewerteten Dienstposten, sondern nach der auszuüben Tätigkeit. Dabei ist aber - anders als bei der Dienstpostenbewertung - längst nicht garantiert, dass jede Aufgabe auch das Potential für Entgeltgruppe 9a, 12 oder 15 bietet. Dennoch soll möglichst allen Leuten die Gelegenheit gegeben werden, das "Endamt" zu erreichen. Das führt in Einzelfällen und insbesondere zu Beginn des Berufslebens zu Nachteilen, hinten raus aber oftmals zu Vorteilen. Denn insbesondere Entgeltgruppen 12 und 15 sind bei korrekter, strenger Bewertung oftmals wohl nicht regelmäßig zu erreichen.
Als bei uns bekommen Menschen, die mit Berufserfahrung eingestellt werden und 12er Aufgaben übertragen bekommen sofort die 12.
Da kann ich nur lesen, dass bei euch eine inkorrekte und falsche Bewertung stattfindet!

2strong

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Und in Obersten Behörden bekommen das Personen oft erst nach einer gewissen Zeit, dafür bekommen es auf Sicht alle irgendwann. Das wird von vielen als vorteilhaft empfunden.

Casa

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Zitat
-> damit Tarifbeschäftigte nicht schneller aufsteigen oder an Beamten

Den Hintergrund bezweifle ich und es dürfte sich um eine bloße Meinung zu dem genannten System handeln.


Eine Freundin ist in einem Ministerium tätig.
Dort werden die Tarifbeschäftigten ebenfalls wie Beamte beurteilt und auch in einer Art Laufbahn geführt -> damit Tarifbeschäftigte nicht schneller aufsteigen oder an Beamten vorbeiziehen ist die Aussage..

Ist das überhaupt erlaubt?

Unproblematisch. 1) Es handelt sich um eine rein organisatorische Maßnahme.
2) Die Maßnahme dient dazu, Beamte und Beschäftigte vergleichbar zu beurteilen. Die vergleichbare Beurteilung dient dazu Auswahlentscheidungen auf Grund der vergleichbaren Beurteilung zu ermöglichen.

Das hier Standzeiten zwingend einzuhalten sind ist nicht ersichtlich.

Unabhängig von der organisatorischen Einteilung und der vergleichbaren Beurteilung ist das Tarifrecht anzuwenden, was die Bezahlung betrifft. Ich gehe nicht davon aus, dass Ministerium Beschäftigte völlig tarifvertragswidrig gem. der organisatorischen Laufbahnzuordnung bezahlt, also bspw. einem Mitarbeiter auf einer E12-Stelle bei Einstellung eine E9b zahlt.


Zitat
Der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderte Leistungsvergleich der Bewerber um ein Beförderungsamt muss anhand aussagekräftiger, d. h. aktueller, hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorgenommen werden (stRspr, vgl. nur BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 09.08.16 - 2 BvR 1287/16 -; BVerwG, Beschluss vom 21.12.16 - 2 VR 1/16).
Deren Eignung als Instrument zur „Klärung einer Wettbewerbssituation“ erfordert die Gewährleistung ihrer Vergleichbarkeit auch in zeitlicher Hinsicht und setzt aus Gründen der Chancengleichheit voraus, dass keinem der Bewerber ein nennenswerter Aktualitätsvorsprung erwächst. Für die Vergleichbarkeit dienstlicher Beurteilungen ist daher von größerer Bedeutung, dass der von ihnen abgedeckte Zeitraum zum gleichen Zeitpunkt oder zumindest nicht zu erheblich auseinander fallenden Zeitpunkten endet, als dass der jeweils erfasste Beurteilungszeitraum zum gleichen Datum beginnt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 12.04.13 - 1WDS-VR 1/13 - und vom 24.05.11 - 1 WB 59.10 -; Urteil vom 18.07.01 - 2 C 41/00 - NVwZ-RR 2002, 201; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07.11.16 - 6 B 1091/16 - juris).


Zitat
1. Bei Arbeitszeugnissen, denen trotz des für sie geltenden Wohlwollensgrundsatzes die Tauglichkeit als Erkenntnismittel für den Qualifikationsvergleich nicht von vornherein abgesprochen werden kann, muss die auswählende Stelle prüfen, inwieweit auf der Grundlage dieser Leistungseinschätzungen ein Qualifikationsvergleich angestellt werden kann.
HessVGH, Beschluss vom 29.6.2022 – 1 B 873/22 –

Zitat
3. Ist eine Auswahlbehörde mit unmittelbar nicht vergleichbaren Leistungsbeurteilungen konfrontiert – etwa beim Vergleich von dienstlichen Beurteilungen und qualifizierten Arbeitszeugnissen aus der privaten Wirtschaft oder bei Beurteilungen aus unterschiedlichen Bundesländern – darf dies nicht dazu führen, dass wegen der eingeschränkten Vergleichbarkeit zugleich auch die Leistungen der Bewerber als unvergleichbar betrachtet werden. Die Auswahlbehörde ist gehalten, die Aussagen von Beurteilungen mit unterschiedlichen Beurteilungsinhalten miteinander „kompatibel“ zu machen.
NdsOVG, Beschluss vom 11.6.2024 – 5 ME 34/24 –


Die Vergleichbarmachung der bereits Beschäftigten und Beamten geschieht hier ganz offensichtlich.
Gib mir ein Minus, wenn dir meine Beiträge gefallen. :-)

Adlerauge

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Danke Euch !
Ich werde mich mal auf dem Laufenden halten lassen..

Lou

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Bei welchem Bundesland ist deine Freundin denn beschäftigt?

Adlerauge

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E15TVL

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[...] Vielmehr bekommen die Tarifkräfte nach einer vorgesehen Standzeit (analog Beamtenverhältnis) formal höherwertige Aufgaben übertragen. Insofern ist das Vorgehen formal grundsätzlich nicht zu beanstanden.
Genau das. Viele landen erst einmal pauschal in E 13 und kriegen dann, nach entsprechender "Bewährung", formal höherwertigere Tätigkeiten übertragen.

Bei meinem AG ist es beispielsweise auch so, dass an Beamten ab Besoldungsgruppe A16 aufwärts (typischerweise Referatsleiter mit B3) ziemlich hohe Anforderungen gestellt werden (nennt sich dann "Beförderungsgrundsätze" mit entsprechender Verwendungsbreite und -tiefe sowie hohen Punktzahlen in den Regelbeurteilungen). Hier erscheint es nur fair, dass Tarifbeschäftigte, die dann eben nach A16 AT, B3 AT, usw. bezahlt werden, gleich behandelt werden.

ike

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Völlige Inkompetenz an allen Ecken und Enden der Führungskräfte in diesem Land.
Was wir aktuell im politischen Berlin miterleben, setzt sich ganz offensichtlich in den untergeordneten Bereichen fort - hanebüchen!