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Urteil BAG zu Überstunden von Teilzeitbeschäftigen / TVÖD
KlammeKassen:
--- Zitat von: McOldie am 06.12.2024 13:17 ---Ich verstehe dass Urteil so, dass bei angeordneter Mehrarbeit, d.h. im Umfang bis zur Vollbeschäftigung, bei Teilzeitbeschäftigten, neben dem nach § 8 Abs. 2 TVöD zu zahlenden Entgelt künftig auch der Zeitzuschlag nach Abs. 1 zu zahlen ist.
Ich gehe davon aus, dass die Tarifpartner aus diesem Urteil Konsequenzen ziehen und den § 8 ändern müssen.
Ob es sinnvoll ist, jetzt schon einen Antrag auf Auszahlung des Zeitzuschlages zu stellen, vermag ich nicht zu beurteilen. Ich gehe aber davon, dass sich dazu die Gewerkschaften zeitnah äußern werden
--- End quote ---
Das geht dann bestimmt wieder zulasten der Prozente... sowie das ja generell auch für die Zuschläge gedacht ist
UNameIT:
--- Zitat von: McOldie am 06.12.2024 13:17 ---Ich verstehe dass Urteil so, dass bei angeordneter Mehrarbeit, d.h. im Umfang bis zur Vollbeschäftigung, bei Teilzeitbeschäftigten, neben dem nach § 8 Abs. 2 TVöD zu zahlenden Entgelt künftig auch der Zeitzuschlag nach Abs. 1 zu zahlen ist.
Ich gehe davon aus, dass die Tarifpartner aus diesem Urteil Konsequenzen ziehen und den § 8 ändern müssen.
Ob es sinnvoll ist, jetzt schon einen Antrag auf Auszahlung des Zeitzuschlages zu stellen, vermag ich nicht zu beurteilen. Ich gehe aber davon, dass sich dazu die Gewerkschaften zeitnah äußern werden
--- End quote ---
Wenn du Überstunden hast, die die Tatsache erfüllen das, "der Arbeitgeber die geleisteten Überstunden ausdrücklich oder konkludent angeordnet, geduldet oder nachträglich gebilligt hat.", bspw. indem er dir mehr Schichten gegeben hat, dann würde ich Sie auf jeden Fall schonmal rückfordern. Kommt halt auch drauf an, ob ihr ein Gleitzeitkonto habt und die Überstunden "abgefeiert werden".
Denk dran, im TVÖD kann man max. 6 Monate zurück einfordern. Es ist also besser du forderst ein und bekommst ne Absage, als du wartest bis die Gewerkschaft sich meldet und verlierst vielleicht einen Monat. Grade in der Pflege laufen ja Unmengen an Überstunden auf. Ich meine es hatte auch eine Pflegekraft geklagt gehabt. Und eine Absage, kann man auch wieder anfechten.
Nach dem Urteil muss man übrigens nicht warten, bis Verdi und die VKA den Tarifvertrag ändern. Der Passus ist gesetzlich ungültig. Daher darf das auch nicht zulasten der Prozente gehen.
TVOEDAnwender:
Das BAG hatte schon entschieden, dass die im TVöD geregelte "Ungleichbehandlung" zwischen (zuschlagsloser) Mehrarbeit und Überstunden keine Diskriminierung für Teilzeitbeschäftigte darstellt:
https://www.bundesarbeitsgericht.de/entscheidung/6-azr-254-19/
--- Zitat ---Rn. 4
1. Überstunden iSd. § 7 Abs. 7 TVöD-K setzen voraus, dass die dienstplanmäßig festgesetzten Arbeitsstunden überschritten und damit ungeplant Arbeitsstunden geleistet werden. Geplante Arbeitsstunden können in keinem Fall zuschlagspflichtig werden. Das hat der Senat in seinem Urteil vom 15. Oktober 2021 ausgeführt und nimmt hierauf Bezug (BAG 15. Oktober 2021 – 6 AZR 253/19 – Rn. 17 ff.).
Rn. 5
2. Mit den streitgegenständlichen ungeplanten Arbeitsstunden hat die Klägerin die regelmäßige Arbeitszeit eines Vollbeschäftigten (§ 6 Abs. 1 Satz 1 TVöD-K) nicht überschritten, was aber nach § 7 Abs. 7 TVöD-K iVm. § 7 Abs. 6 TVöD-K Voraussetzung für eine Zuschlagspflicht ist. Nach dieser unmissverständlichen, nicht auslegungsfähigen Regelung unterfallen Arbeitsstunden, die Teilzeitbeschäftigte über die vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit (sog. Teilzeitquote) hinaus leisten, ohne zugleich die Voraussetzungen des § 7 Abs. 7 TVöD-K zu erfüllen, als Mehrarbeit der Regelung des § 8 Abs. 2 TVöD-K, sind aber nicht zuschlagspflichtig iSd. § 8 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Buchst. a TVöD-K. Auch insoweit nimmt der Senat Bezug auf seine Ausführungen im Urteil vom 15. Oktober 2021 (BAG 15. Oktober 2021 – 6 AZR 253/19 – Rn. 33, 21 ff.).
Rn. 6
3. Diese Tarifregelung verletzt weder den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG noch den speziellen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG und führt auch nicht zu einer Diskriminierung iSv. § 4 Abs. 1 Satz 1 oder Satz 2 TzBfG oder zu einer Diskriminierung wegen des Geschlechts iSv. §§ 1, 3 Abs. 2, § 7 AGG (ausführlich BAG 15. Oktober 2021 – 6 AZR 253/19 – Rn. 33 ff.).
...
--- End quote ---
Siehe auch KAV-NL 007-22 (Auszug):
--- Zitat ---Das BAG stellt ferner klar, dass ein Gleichheitsverstoß iSv. Art. 3 Abs. 1 GG hinsichtlich
der Behandlung von Teilzeit- und Vollbeschäftigten bei der Erbringung ungeplanter,
über die jeweilige vertragliche Arbeitszeit hinausgehender Arbeitsleistungen
ausscheide. Die Tarifvertragsparteien haben den nach ihrer Einschätzung bezüglich
des Entstehens und des Ausgleichs von Mehrarbeit und Überstunden bestehenden
unterschiedlichen Interessenlagen dieser beiden Gruppen durch diese Interessen
berücksichtigende unterschiedliche Regelungen Rechnung getragen (Rn. 37).
Zudem würden Teilzeitbeschäftigte nach dem BAG durch die Ausgestaltung der
Vergütung von Überstunden und Mehrarbeit im TVöD-K auch nicht wegen ihrer
Teilzeitarbeit iSv. § 4 TzBfG diskriminiert. Der Pro-rata-temporis-Grundsatz des § 4
Abs. 1 Satz 2 TzBfG ist nach Ansicht des BAG aufgrund der dargestellten völlig
unterschiedlichen Ausgestaltung der Mehrarbeits- und der Überstundenvergütung im
Entgeltsystem des TVöD-K von vornherein nicht geeignet, eine Ungleichbehandlung
von Teilzeit- und Vollbeschäftigten bei der Erbringung ungeplanter, über die
vertraglich geschuldete Arbeitszeit hinausgehender Leistungen abzubilden (Rn. 47).
Bei einem solchen differenzierten und differenzierenden Entgeltsystem könne die
Frage, ob Teilzeitbeschäftigte gegenüber Vollbeschäftigten ungleich behandelt
werden, nicht durch den bloßen Blick auf den den Teilzeitbeschäftigten nicht
gezahlten Überstundenzuschlag beantwortet werden. Das Gericht vollzieht daher
auch eine Aufgabe und Änderung der BAG-Rechtsprechung in Bezug auf die bisherige
Berücksichtigung des Pro-rata-temporis-Grundsatzes bei der Frage einer
Ungleichbehandlung von Teilzeit- und Vollbeschäftigten bei der Erbringung
ungeplanter Arbeitsstunden.
Der Senat hat am gleichen Tag in zwei ähnlich gelagerten Verfahren, die allerdings
keinen Fall von Wechselschicht- bzw. Schichtarbeit betrafen, die Revisionen der
Klägerinnen ebenfalls zurückgewiesen (6 AZR 254/19, 6 AZR 332/19). Die (wirksame)
Regelung des § 7 Abs. 6 TVöD-K führte dazu, dass auch in diesen Fällen lediglich
Mehrarbeits- und keine Überstunden entstanden.
--- End quote ---
Die Regelung im beklagten Manteltarifvertrag KfH sieht eine solche Differenzierung zwischen Mehrarbeit für TZ-Kräfte und Überstunden (ab der Überschreitung der Vollarbeitszeit)gerade nicht vor:
Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 19. Dezember 2019 – 5 Sa 436/19:
--- Zitat ---4
Aufgrund der arbeitsvertraglich vereinbarten Bezugnahmeklausel, nach der die jeweiligen im beklagten Verein gültigen Regelungen Anwendung finden, richtet sich das Arbeitsverhältnis nach dem zwischen dem Beklagten und der Gewerkschaft ver.di abgeschlossenen Manteltarifvertrag des KfH vom 8. März 2017 (im Folgenden: MTV). Er enthält - soweit im Berufungsverfahren von Interesse - folgende Regelungen:
Randnummer5
„Die Tarifpartner wollen in diesem Tarifvertrag diskriminierungsfreie Regelungen schaffen...
Randnummer6
§1 Geltungsbereich
Randnummer7
Dieser Tarifvertrag gilt für alle Arbeitnehmer des KfH.
Randnummer8
§10 Arbeitszeit
Randnummer9
1. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers beträgt ausschließlich der Pausen im Durchschnitt 38,5 Stunden.
Randnummer10
Die regelmäßige tägliche Arbeitszeit beträgt für einen vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer 7 Stunden 42 Minuten. Sie kann bis zu 10 Stunden verlängert werden.
Randnummer11
Die kalendermonatliche Arbeitszeit im Sinne dieses Tarifvertrages errechnet sich aus der Anzahl der Kalendertage eines Kalendermonats, abzüglich Samstage und Sonntage sowie abzüglich gesetzlicher Feiertage sowie abzüglich des 24. Dezember, wenn diese auf einen Werktag von Montag - Freitag fallen. Die Anzahl dieser Kalendertage wird multipliziert mit einem Fünftel der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit eines Arbeitnehmers gemäß Ziffer 1 Abs. 1. Die jeweiligen landesgesetzlichen Regelungen zu Feiertagen finden Anwendung.
Randnummer12
…
Randnummer13
6.Überstunden sind auf dringende Fälle zu beschränken und möglichst gleichmäßig auf alle Arbeitnehmer zu verteilen.
Randnummer14
…
Randnummer15
7. Überstunden sind auf Anordnung geleistete Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit nach Ziffer 1, S. 1 und 3 hinausgehend dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich geleistet werden. Zuschlagspflichtig gemäß § 13 Ziffer 1 sind Überstunden, die über die kalendermonatliche Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus geleistet werden und im jeweiligen Kalendermonat der Arbeitsleistung nicht durch Freizeitgewährung ausgeglichen werden können...
Randnummer16
§ 13 Überstundenvergütung, Zuschläge und Ausgleich für Dienste zu ungünstigen Zeiten1. Die Abgeltung von Überstunden gemäß § 10, Ziffer 7 MTV beträgt je Überstunde 1/167 des monatlichen Tarifgehalts. Überstundenzuschläge für Überstunden gemäß §10, Ziffer 7 S. 2 betragen 30 %.
Randnummer17
…
9. ...
Randnummer18
Teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer erhalten die Zulage anteilig im Verhältnis ihrer durchschnittlichen, wöchentlichen, vertraglichen Arbeitszeit zu der eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers.
Randnummer19
...“.
--- End quote ---
Daher kann das BAG - Urteil wahrscheinlich (der Volltext liegt noch nicht vor, aber aufgrund des LAG Hessen-Urteil gehe ich davon aus) nicht auf den Bereich des TVöD "übergestülpt" werden bzw. macht die bisherige Regelung meiner Einschätzung nach nicht unwirksam. Es ist also den TVP im nächsten Jahr vorbehalten, die "Ungleichbehandlung" von Mehrarbeit und Überstunden neu zu regeln/abzuschaffen.
BAT:
Das wäre die Frage in Bezug auf die Tarifparteien.
Nun wäre es halt im Einzelfall die Frage, wie es aussieht, wenn ein TZ-Beschäftigter, "Mehrstunden" macht, die im JEWEILIGEN Kalendermonat nicht ausgeglichen werden können, denn dies ist bei der Bereitschaft regelhaft der Fall.
Zudem kann ich mir nicht vorstellen, dass diese Rechtsprechung vorbehaltlos gelten kann, denn es ist vielen TZ-Beschäftigten immanent, dass mehrer Beschäftigungsverhältnisse vorhanden sind.
UNameIT:
--- Zitat von: TVOEDAnwender am 09.12.2024 16:28 ---Das BAG hatte schon entschieden, dass die im TVöD geregelte "Ungleichbehandlung" zwischen (zuschlagsloser) Mehrarbeit und Überstunden keine Diskriminierung für Teilzeitbeschäftigte darstellt:
https://www.bundesarbeitsgericht.de/entscheidung/6-azr-254-19/
Siehe auch KAV-NL 007-22 (Auszug):
Daher kann das BAG - Urteil wahrscheinlich (der Volltext liegt noch nicht vor, aber aufgrund des LAG Hessen-Urteil gehe ich davon aus) nicht auf den Bereich des TVöD "übergestülpt" werden bzw. macht die bisherige Regelung meiner Einschätzung nach nicht unwirksam. Es ist also den TVP im nächsten Jahr vorbehalten, die "Ungleichbehandlung" von Mehrarbeit und Überstunden neu zu regeln/abzuschaffen.
--- End quote ---
Naja, ein altes Urteil schlägt doch niemals ein "neues" Grundsatzurteil. Sonst gäbe es doch nie eine Entwicklung der Rechtsprechung.
--- Zitat ---Eine tarifvertragliche Regelung, die unabhängig von der individuellen Arbeitszeit für Überstundenzuschläge das Überschreiten der regelmäßigen Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten voraussetzt, behandelt teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer wegen der Teilzeit schlechter als vergleichbare Vollzeitbeschäftigte. Sie verstößt gegen das Verbot der Diskriminierung Teilzeitbeschäftigter (§ 4 Abs. 1 TzBfG), wenn die in ihr liegende Ungleichbehandlung nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist. Fehlen solche sachlichen Gründe, liegt regelmäßig zugleich eine gegen Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (§ 7 Abs. 1 AGG) verstoßende mittelbare Benachteiligung wegen des (weiblichen) Geschlechts vor, wenn innerhalb der betroffenen Gruppe der Teilzeitbeschäftigten erheblich mehr Frauen als Männer vertreten sind.
Auf der Grundlage der Vorgaben des EuGH hatte das Bundesarbeitsgericht davon auszugehen, dass § 10 Ziff. 7 Satz 2 MTV insoweit wegen Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten unwirksam ist, als er bei Teilzeitbeschäftigung keine der Teilzeitquote entsprechende anteilige Absenkung der Grenze für die Gewährung eines Überstundenzuschlags vorsieht. Einen sachlichen Grund für diese Ungleichbehandlung konnte das Bundesarbeitsgericht nicht erkennen. Die sich aus dem Verstoß gegen § 4 Abs. 1 TzBfG ergebende Unwirksamkeit der tarifvertraglichen Überstundenzuschlagsregelung führt zu einem Anspruch der Pflegekraft auf die eingeklagte weitere Zeitgutschrift
--- End quote ---
Basierend tut dieses Urteil übrigens auf dem Gerichtshof der europäischen Union.
EuGH, Urteil vom 29. Juli 2024, Aktenzeichen C-184/22 und 185/22
Welches Auswirkungen auf alle Tarifverträge hat.
https://www.bundesarbeitsgericht.de/entscheidung/8-azr-370-20-a/
--- Zitat ---Auf der Grundlage der Vorgaben des EuGH hatte der Senat davon auszugehen, dass § 10 Ziff. 7 Satz 2 MTV insoweit wegen Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten unwirksam ist, als er bei Teilzeitbeschäftigung keine der Teilzeitquote entsprechende anteilige Absenkung der Grenze für die Gewährung eines Überstundenzuschlags vorsieht.
--- End quote ---
Ich wusste nicht, das der TVÖD solche Regelungen enthält. Somit sind nach dem Grundsatzurteil, die entsprechenden Regelungen im TVÖD unwirksam.
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