Autor Thema: [Allg] Beamtentum für einen besseren Job verlassen? Meinungen sind gefragt.  (Read 12995 times)

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@ tinytoon
100% agree.

@ Freddy24
 Wenn man lange dabei bleibt oder auch ein, zwei Mal geschickt wechselt, wird man vielleicht auch irgendwann Senior Manager. Das dürfte dann - auch wegen des dann nochmal höheren variablen Anteils über dem Regierungsdirektor liegen. Aber wer konstant stark ist und auch im öffentlichen Dienst gelegentlich geschickt wechselt, wird dann möglicherweise auch mal Leitender Direktor, womit sich das selbstvauf diesem Niveau wieder relativiert. Handelt sich übrigens um nen Betriebswirt.

Was den Informatiker (Bachelor in technischer Informatik) betrifft: Der war über 20 Jahre lang bei demselben DAX-Konzern (Finanzbranche), zuletzt als Datenbankspezialit (Database Architect oder so). Dafür gab es insgesamt gut 100k. Beim Kommunalverband bekommt er jetzt in Entgeltgruppe 12 mit Gewinnungszulage und einem Bereitschaftswochenende im Monat auf rd. 95k - und ist im Gegensatz zu seinen alten Kollegen weder von Restrukturierung betroffen, noch muss er mehr als einen Tag ins Büro.

Auch die angesteölten Fach- und Oberärztinnen im Bekanntenkreis beklagen sich bei mir nie über ihre Vergütung im öffentlichen Krankenhaus, der (einzige) Chefarzt im Bunde ohnehin nicht.

Ich könnte Dir auch eine Reihe exzellent qualifizierter Naturwissenschaftler und einen habilitierten Volkswirt zeigen, die alle der Beamtenbesoldung beim Bund einer privatwirtschaftlichen Verwendung vorgezogen haben. Die sind ja auch nicht auf den Kopf gefallen, sondern können rechnen.

Der einzigen Informatiker, den ich näher kenne, der mehrere Hunderttausend Euro verdient, ist übrigens Geschäftsführer einer öffentlichen GmbH.

HochlebederVorgang

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Die BigFour sind aber auch der öffentliche Dienst der Privatwirtschaft. Und sie bestechen mehr durch Vernetzung denn durch höchstes Niveau. Profitiert wird von öffentlichen Beratungsaufträgen und der Tatsache, dass Angestellte häufig Steuerabteilungsleiter etc. in Unternehmen werden.

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Mag sein, dass dort überwiegend Underperformer arbeiten. Genau wie die Strukturen bei Siemens denen einer Großstaftbehörde in nichts nachstehen. Aber dann frage ich mich wirklich, wer hier eigentlich die Benchmark sein soll?

ProfTii

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Anekdotisch kann ich mich noch gut an eine Bekannte erinnern, die nach ihrem BWL-Studium (ordentlicher Abschluss - nicht überdurchschnittlich aber sehr weit weg von unterdurchschnittlich) in mehreren mittelständigen Unternehmen gearbeitet hat und bei Unternehmen 5? freudestrahlend berichtet hat, dass ihre Tätigkeit mit Personalverantwortung über 23 MA endlich vernünftig bezahlt würde. Die Bezahlung stellte sich im weiteren Gespräch als 2.300 netto raus, was mich ehrlich gesagt nicht wirklich vom Hocker gehauen hat, für sie aber wohl mit Abstand die beste Bezahlung war, die ihr bisher angeboten wurde. Ich dachte erst "na gut, dann hat sie wohl nicht das beste Verhandlungsgeschick" aber die anderen die sich an diesem Gespräch beteiligt hatten (Freunde ebenfalls im BWL-Bereich, bei Versicherungen und im Bausektor) bestätigten aus ihrer Erfahrung, dass sie "wirklich gut" verdienen würde. Hat mich überrascht aber vllt auch wieder in die Realität geholt, dass nicht jeder Top-Manager ist und das deutsche Durchschnittseinkommen von 2.430€ netto (https://de.statista.com/themen/293/durchschnittseinkommen/) ja irgendwo herkommen muss.

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Anekdotisch kann ich mich noch gut an eine Bekannte erinnern, die nach ihrem BWL-Studium (ordentlicher Abschluss - nicht überdurchschnittlich aber sehr weit weg von unterdurchschnittlich) in mehreren mittelständigen Unternehmen gearbeitet hat und bei Unternehmen 5? freudestrahlend berichtet hat, dass ihre Tätigkeit mit Personalverantwortung über 23 MA endlich vernünftig bezahlt würde. Die Bezahlung stellte sich im weiteren Gespräch als 2.300 netto raus, was mich ehrlich gesagt nicht wirklich vom Hocker gehauen hat, für sie aber wohl mit Abstand die beste Bezahlung war, die ihr bisher angeboten wurde. Ich dachte erst "na gut, dann hat sie wohl nicht das beste Verhandlungsgeschick" aber die anderen die sich an diesem Gespräch beteiligt hatten (Freunde ebenfalls im BWL-Bereich, bei Versicherungen und im Bausektor) bestätigten aus ihrer Erfahrung, dass sie "wirklich gut" verdienen würde. Hat mich überrascht aber vllt auch wieder in die Realität geholt, dass nicht jeder Top-Manager ist und das deutsche Durchschnittseinkommen von 2.430€ netto (https://de.statista.com/themen/293/durchschnittseinkommen/) ja irgendwo herkommen muss.

Die zitierten 2.430 € netto beinhalten auch geringfügig und Teilzeit - Beschäftigte. Insofern hinkt der Vergleich etwas

ProfTii

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Die zitierten 2.430 € netto beinhalten auch geringfügig und Teilzeit - Beschäftigte. Insofern hinkt der Vergleich etwas
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Wenn man die entsprechende Statistik zu Vollzeitbeschäftigten hernimmt steigt das Durchschnittseinkommen auf knapp 2.8k netto - natürlich ist das mehr als die Dame aus meiner "Geschichte" verdient, trotzdem zeigt es doch recht schön, dass eben nicht jeder in der PW, auch mit entsprechendem Abschluss, im großen DAX-Konzern als Top-Manager arbeitet und dort 500k im Jahr verdient. Ich denke der öD schneidet im Vergleich zur PW gar nicht mal so schlecht ab (auch in höheren Positionen), wenn man jemanden mit vergleichbarer Tätigkeit nimmt und nicht immer nur den Blick zur Spitze der Topverdiener schweifen lässt. Und das gilt nicht nur für die "normale" Verwaltungstätigkeit, auch in der IT oder im Bausektor verdient nicht jeder 100k+, sondern auch hier gibt es eine breite Masse, die auch mit Studium irgendwo im 50-70k-Bereich unterwegs ist und sich nicht massiv unterbezahlt fühlt. (Gefühle sind natürlich nur meine Annahme und sind nicht objektiv messbar)

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Die zitierten 2.430 € netto beinhalten auch geringfügig und Teilzeit - Beschäftigte. Insofern hinkt der Vergleich etwas

Wenn man die entsprechende Statistik zu Vollzeitbeschäftigten hernimmt steigt das Durchschnittseinkommen auf knapp 2.8k netto - natürlich ist das mehr als die Dame aus meiner "Geschichte" verdient, trotzdem zeigt es doch recht schön, dass eben nicht jeder in der PW, auch mit entsprechendem Abschluss, im großen DAX-Konzern als Top-Manager arbeitet und dort 500k im Jahr verdient. Ich denke der öD schneidet im Vergleich zur PW gar nicht mal so schlecht ab (auch in höheren Positionen), wenn man jemanden mit vergleichbarer Tätigkeit nimmt und nicht immer nur den Blick zur Spitze der Topverdiener schweifen lässt. Und das gilt nicht nur für die "normale" Verwaltungstätigkeit, auch in der IT oder im Bausektor verdient nicht jeder 100k+, sondern auch hier gibt es eine breite Masse, die auch mit Studium irgendwo im 50-70k-Bereich unterwegs ist und sich nicht massiv unterbezahlt fühlt. (Gefühle sind natürlich nur meine Annahme und sind nicht objektiv messbar)
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Inhaltlich bin ich voll bei Dir. Danke auch für die Aktualisierung des netto-Durchschnittseinkommens.

Freddy24

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2strong: Herzlichen Glückwunsch zu dem hochqualifizierten und hinsichtlich des Einkommens auskunftsfreudigen Bekanntenkreis. Bei mir sind selbst engere Freunde weniger auskunftsfreudig.
Zum Informatik-Bachelor mit E12 im Kommunalverband und angeblich über 93K Jahreseinkommen. E12 entspricht etwa 76K. Wochenendzulage kenne ich nicht. Was ist eine Gewinnungszulage? Beides soll zusammen 16K sein? Für mich nicht nachvollziehbar.

clarion

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Also mein Freundeskreis, zumindest die mit akademischer Ausbildung,  entweder im ÖD ab E12/ E13 aufwärts., die in der PW verdienen mit zwei Ausnahmen etwa bei 3.500- 5000 Netto. Die Ausnahmen sind nach unten Leitung einer Einrichtung der Caritas mit zig Plätzen, die weniger bekommt, und eine Ingenieurin bei VW (viel mehr)..,Die meisten haben inzwischen eine eigene Immobilien, die Kinder laufen nicht in Lumpen (Jogginghose). Es scheint überall zu reichen und selbst die Heimleiterin hat sich nie darüber beklagt, dass sie persönlich unterbezahlt würde. Sie denkt aber schon, dass soziale Berufe im allgemeinen zu schlecht bezahlt werden.

Ich habe auch einige Freunde und Verwandte mit Handwerkerausbildung, die auch ziemlich gut verdienen, die haben nun mit Mitte 40 und älter doch erheblich mehr Gelenkverschleiß und teils auch Verletzungen als wir Bürotäter. Und man darf nicht vergessen, dass sie schon einige Jahre ,länger arbeiten als wir Studierte und auch früher Familien gegründet und Häuser gekauft haben, insofern finde ich es auch berechtigt.

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2strong: Herzlichen Glückwunsch zu dem hochqualifizierten und hinsichtlich des Einkommens auskunftsfreudigen Bekanntenkreis. Bei mir sind selbst engere Freunde weniger auskunftsfreudig.
Zum Informatik-Bachelor mit E12 im Kommunalverband und angeblich über 93K Jahreseinkommen. E12 entspricht etwa 76K. Wochenendzulage kenne ich nicht. Was ist eine Gewinnungszulage? Beides soll zusammen 16K sein? Für mich nicht nachvollziehbar.
Tätigkeiten am Wochenende oder Rufbereitschaften sind gesondert zu bezahlen - siehe TVöD.
Weiterhin können Angestellte u.a. in der IT eine Zulage von 1.000 € im Monat bekommen. So sind die 16k im Jahr realistisch.

btw. nix, was Beamte bekommen würden.

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@Freddy
Genau wie @Organisator schrieb. Die TVöD-Fachkräftezulage wird im vorliegenden Fall nicht ganz ausgeschöpft. Zum Zeitpunkt der Vereinbarung glich sie meiner Erinnerung nach die Differenz zwischen Entgeltgruppe 12 und Entgeltgruppe 14 (jeweils Stufe 6) halbwegs aus.

PaulK

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Ich finde die Entscheidung äußerst schwierig. Bin selbst Beamter auf Lebenszeit kurz vor dem Masterabschluss und einer anstehenden Beförderung auf A13 und bin in dem Bereich, wo ich aktuell bin, absolut zufrieden. Viele dieser hier negativen Eindrücke aus dem öD wundern mich aber nicht, weil ich es zum Teil aus anderen Ressorts bei uns kenne. Innovationen sind im öD immer Grenzen gesetzt, allerdings kann man diese innerhalb des eigenen Teams durchaus ausleben, wenn dieses offen ist. Das trifft bei mir zumindest zu. Es hängt m.E. also immer davon ab, in welchem Bereich man tätig ist. Aber auch mir sind eine Vielzahl inkompetente Beamte bekannt, die auf hohen Positionen sitzen und nichts leisten.

Ich finde, dass in diesem Fall auch der Faktor "Familie" mit einbezogen werden sollte. Wenn man aktuell noch keine Familie hat, ist man sicherlich belastbarer und deutlich ambitionierter in seinen Zielen als wenn ich Frau und Kinder hätte. Wenn langfristig keine Familie in Betracht kommt, würde mir die Entscheidung zumindest leichter fallen und ich würde in die freie Wirtschaft gehen.

Darüber hinaus bin ich etwas verwundert, dass eine Beförderung in A13 in Aussicht gestellt wird. Wie soll diese ohne formale Qualifikationen erreicht werden?  Oder ist ein Master geplant, wenn die Entscheidung getroffen wird, Beamter zu bleiben? Selbst dann ist aber nicht sicher, ob eine A13 Stelle jemals erreicht wird. Viele locken mit Aussicht auf A13 und letztendlich stellt man dann fest, dass aufgrund der Haushaltslage oder wie auch immer die Planstellen doch fehlen und man dann auf A12 "versauert".

Letztendlich würde auch der Aspekt der Pension für mich eine Rolle spielen. Natürlich wäre die Rente bei dem Jahresgehalt, wenn es bis Lebensende so bleibt, durchaus attraktiv, allerdings besteht in der freien Wirtschaft immer die Gefahr, dass man solch eine Stelle verliert. "Friss oder stirb“ beschreibt nun mal oft die harte Realität der freien Wirtschaft, in der Arbeitsplätze häufig unsicherer sind und man sich permanent beweisen muss.

Lange Rede kurzer Sinn:

Wenn Familienplanung in Aussicht ist und ein Masterabschluss angestrebt wird, würde ich Beamter bleiben und die Chance auf A13 nutzen, wenn diese tatsächlich besteht. Sofern die aktuelle Tätigkeit einem auch zugesagt und ggf. sogar auch Möglichkeiten bestehen, über A13 hinaus zu gehen. Das ist beispielsweise bei mir der Fall.

Wenn die Familienplanung in weiter Ferne ist, würde ich in die freie Wirtschaft gehen.

Wenn man gut ist, findet man sowieso einen Job. Egal ob im öD oder in der freien Wirtschaft.

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E12 entspricht etwa 76K.
Habe gerade nochmal nachgeschaut. In Entgeltgruppe 12 Stufe 6 liegt man bereits ohne irgendwelche Zulagen bei knapp 83k.

PaulK

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E12 entspricht etwa 76K.
Habe gerade nochmal nachgeschaut. In Entgeltgruppe 12 Stufe 6 liegt man bereits ohne irgendwelche Zulagen bei knapp 83k.

Tatsache. Als Beamter bleiben dir auf A13 (Stufe 6) sogar ca. 400 Euro netto mehr im Monat.

Ich kann mich übrigens dem anschließen, dass die Unterschiede zu leitenden Positionen (Junior Management Bereich) der freien Wirtschaft gar nicht so signifikant sind, wie es dargestellt wird. Wenn ich mir z.T. vor Augen führe, was meine Freunde, die allesamt in der freien Wirtschaft arbeiten, verdienen, dann bin ich mit meinem A12 Verdienst (Stufe 6) nicht neidisch. M.E. gibt es signifikante Unterschiede wirklich in Top-Management-Positionen oder bei Unternehmen, die sowieso überdurchschnittlich zahlen. Natürlich ist ein Firmenwagen etwas feines, aber den bekommen auch nicht alle.

Thomber

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Vor rd. 25 Jahren........   Einer im gD mit A9/A10 und der andere ein Banker mit 9.000 DM brutto.  Und Banker bekamen (oder bekommen?) auch 13. UND teilw. 14. Monatsgehalt.   Wer spricht über die Zeiten, wo Leute "in der Wirtschaft" fett Kasse gemacht haben?    Keiner - denn wir reden immer nur über dieses Thema, wenn die Wirtschaft nicht so floriert.   Kann es nicht mehr hören/lesen.    Anderen die Schuld geben, für die eigene Berufswahl.    Gute Einstellung...