Autor Thema: TV-L BY Verwaltungsdienst, Mindestarbeitszeit?  (Read 2380 times)

jolanta

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Hallo in die Runde,

folgende Frage: wie verhält es sich im TV-L Bayern, wenn Verwaltungsmitarbeiter (VZ und TZ) zusätzlich zur regulären Wochenarbeitszeit (Mo-Fr) in unregelmäßigen Abständen zu Abend- und Wochenenddiensten angewiesen werden? Gibt es ein Recht auf die Mindestarbeitszeit von 3 Stunden laut § 12 TZBfG oder muss ich ggf. auch nur für 15 min. extra kommen? Ist ein solcher kurzfristiger Einsatz zulässig oder unbillig? (falls möglich, mit Verweis auf die Textform). Danke!

Rowhin

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Antw:TV-L BY Verwaltungsdienst, Mindestarbeitszeit?
« Antwort #1 am: 05.02.2025 12:36 »
Damit wir deine Lage verstehen können:

Ist denn der Bezug auf Arbeit auf Abruf gemäß § 12 TZBfG vertraglich festgelegt? Dann hättest du wohl Anspruch auf die Festlegung der Mindestdauer der täglichen Arbeitszeit im Hinblick auf § 12 Abs. 1 TZBfG, die ebenfalls im Vertrag stehen sollte (und mindestens drei Stunden beträgt, wenn sie das eben nicht tut).

Oder hast du einen "normalen" Vertrag ohne Bezug auf das TZBfG, dein AG setzt dich aber am Wochenende ein und deine Frage ist, ob es irgendwo einen Anspruch auf Mindestdauer gibt, und § 12 TZBfG ist das, was du gefunden hast?

Ergänzung: und weil du "kurzfristig schreibst" - sollte der § 12 TZBfG hier anwendbar sein, dann gilt auch Abs. 4:

"Der Arbeitnehmer ist nur zur Arbeitsleistung verpflichtet, wenn der Arbeitgeber ihm die Lage seiner Arbeitszeit jeweils mindestens vier Tage im Voraus mitteilt und die Arbeitsleistung im Zeitrahmen nach Satz 1 zu erfolgen hat."

jolanta

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Antw:TV-L BY Verwaltungsdienst, Mindestarbeitszeit?
« Antwort #2 am: 06.02.2025 13:38 »
Hallo Rowhin,

ja, ich habe einen normalen Vertrag und der AG will mich trotz in der Betriebsvereinbarung festgelegten Rahmenzeiten mit Ende Fr 18 Uhr zusätzlich flexibel abends und am WE einsetzen (vor allem von Belang Fr nach 18 Uhr und Sa/So). Der AG beruft sich auf § 6,5 TV-L, aber ich weiß nicht, ob ein im AV standardmäßig aufgeführter Passus zu Überstunden, Mehrarbeit und Einsätzen am WE wegen dringender betrieblicher Notwendigkeit die Betriebsvereinbarung sprengt.

Die Einsätze (Kartenkontrolle vor Veranstaltung) sind von kurzer Dauer (zwischen 15 und 45 min.), so dass eben fraglich ist, ob der AG das durchsetzen darf, besonders wenn der Zeitaufwand für die Anfahrt z.T. höher ist als die Einsatzdauer. Die zusätzlichen Fahrten werden vom AG nicht anerkannt.

Frage zum Fachbegriff: kann man hier wirklich von "Bereitschaftsdienst" sprechen, der ja so definiert ist: Bereitschaftsdienst wird im Allgemeinen angenommen, wenn sich der Beschäftigte außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber festgelegten Stelle innerhalb oder außerhalb des Betriebs aufhalten muss, um seine Arbeitstätigkeit aufnehmen zu können, falls dies erforderlich sein sollte. Die Tarifvertragsparteien des TVöD sind der Definition des Bundesarbeitsgerichtes gefolgt. So liegt nach § 7 Abs. 3 TVöD/TV-L Bereitschaftsdienst vor, wenn sich die Beschäftigten auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen. (Haufe; hier auch: eine gesetzliche Definition des Bereitschaftsdienstes existiert nicht, vielmehr wurde der Begriff des Bereitschaftsdienstes durch die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte geprägt.)

Insofern ist die Ticketkontrolle am Einlass ja keine "Bereitschaft", weil die Arbeit in jedem Fall tatsächlich da ist. Folglich habe ich gedacht, dass die Aufgabe eher "Arbeit auf Abruf" wäre, und diese ist eben weder vertraglich vereinbart, noch geregelt. - Oder handelt es sich einfach um angeordnete Überstunden außerhalb der Rahmenzeit?

Unabhängig von der Einordnung: irgendwo habe ich gefunden, dass - wenn nichts anderes geregelt ist - als Mindestarbeitszeit das §12 TZBfG gilt, und an einer anderen Stelle, dass zumindest die angebrochene Stunde aufgerundet werden und die Fahrtzeit anerkannt werden muss. Dass wir pro Einsatz je nach Wohnentfernung 1-4 Std. Zeitaufwand für einen Dienst von anerkannt 15 -45 min. haben, kann m.E. einfach nicht richtig sein.

Rowhin

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Antw:TV-L BY Verwaltungsdienst, Mindestarbeitszeit?
« Antwort #3 am: 07.02.2025 09:32 »
Das klingt schon alles arg dubios. Hier mit Bereitschaftsdienst zu argumentieren, wenn es sich wiederholt um dieselben, exakt planbaren Tätigkeiten handelt. Ja, es gibt zwar keine rechtlich bindende genaue Definition, aber wie du schon sagst, entspricht das auch nicht der gängigen Auffassung der mir bekannten Rechtssprechung.

Habt ihr einen Personalrat, an den du dich wenden könntest?

Wird denn die Mehrarbeit am Wochenende ausgeglichen? Gibt es Ausgleichstage oder Vergütung für die Wochenendarbeit?

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Antw:TV-L BY Verwaltungsdienst, Mindestarbeitszeit?
« Antwort #4 am: 07.02.2025 11:23 »
Dein AG argumentiert, wie Du selbst schreibst, mit dringender betrieblicher Notwendigkeit.
Da wäre aus meiner Sicht auch schon ein Ansatzpunkt.

Dringlichkeit ist idR nur gegeben und anwendbar, wenn die Gründe dafür nicht aus der Sphäre des AG kommen und auch von diesem nicht vorhersehbar und beeinflussbar sind.

Veranstaltungen werden wiederum vom AG terminiert/geplant etc. und sind so ziemlich nie kurzfristig.
Insofern ist der Anwendungsfall nicht gegeben und taugt nicht zur Anordnung.
Erst recht nicht, wenn im Arbeitsvertrag Mo.-Fr. festgehalten ist und das andere nur als Ausnahmeregelung.

Aus einem anderen Bereich - der Vergabe - mal noch konkreter:
Gründe für Dringlichkeit sind
- Gefahr für Leib und Leben (und zwar unmittelbar - hier auch nur die Gefahrenabwehr)
- wenn ein anderes, höherwertiges Rechtsgut akut gefährdet ist

Auf deinen Fall angewandt, ist das Rechtsgut die Durchführung des Veranstaltungsbetriebes.
Problem, ist das zwingend oder höher gewichtet, um diese Anordnung zu rechtfertigen? Ist ja z.B. kein Schulbetrieb, der in der Rechtsprechung hoch gewichtet ist oder Betrieb einer Feuerwache etc. -hmm?
Nächster Punkt, s.o. war es für den AG vorhersehbar? - Ja? Zack, Dringlichkeit erledigt!

Aus meiner Sicht, unter Beachtung deiner Angaben zur Regelarbeit Mo.-Fr. und Argumentation des AG, ist das heranziehen zum Wochenende nciht gerechtfertigt.

Maggus

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Antw:TV-L BY Verwaltungsdienst, Mindestarbeitszeit?
« Antwort #5 am: 07.02.2025 14:19 »
Aus meiner Sicht, unter Beachtung deiner Angaben zur Regelarbeit Mo.-Fr. und Argumentation des AG, ist das heranziehen zum Wochenende nciht gerechtfertigt.

Warum soll die Anordnung von Überstunden für Freitagabend bzw. am Wochenende grundsätzlich nicht möglich sein?
Wenn der Arbeitgeber das rechtzeitig anordnet halte ich es sehr wohl für möglich.
Wenn ich die TE richtig verstanden habe gilt eine Dienstvereinbarung von Mo.-Fr mit entsprechenden Uhrzeiten.
In diesem Rahmen können die MA (mehr oder weniger) frei ihre Arbeitszeiten planen. Das schließt eine Anordnung von Überstunden für Abends oder am Wochenende nicht aus.

§ 6 Abs. 5 "Die Beschäftigten sind im Rahmen begründeter betrieblicher/dienstlicher Notwendigkeiten zur Leistung von Sonntags-, Feiertags-, Nacht-, Wechselschicht-, Schichtarbeit sowie - bei Teilzeitbeschäftigung aufgrund arbeitsvertraglicher Regelung oder mit ihrer Zustimmung - zu Bereitschaftsdienst, Rufbereitschaft, Überstunden und Mehrarbeit verpflichtet."
Hier steht nichts von Dringlichkeit, deshalb sind die Hürden für die Anordnung recht gering. Bei TZ-MA muss eine Einigung erzielt werden, entweder per Nebenabrede zur Arbeitszeitreduzierung, durch Einigung im Einzelfall oder konkludentes Verhalten (im Dienstplan eingeteilt und ohne Widerspruch hingenommen).

Siehe auch: https://www.haufe.de/oeffentlicher-dienst/tv-l-office-professional/ueberstundenmehrarbeit-4-verpflichtung-zur-leistung-von-ueberstunden-und-mehrarbeit_idesk_PI15539_HI14069158.html

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Antw:TV-L BY Verwaltungsdienst, Mindestarbeitszeit?
« Antwort #6 am: 10.02.2025 07:18 »
@ Maggus, die TE hat selbst geschrieben, dass Ihr AG es mit Dringlichkeit begründet. Wie du zitierst, "...im Rahmen begründeter betrieblicher/dienstlicher Notwendigkeit...." - ist die Begründung untauglich, fällt somit auch die Anordnung.

Und, hinzu kommt, dass es, ebenfalls lt. Ihrer Aussage. der AG zusätzlich (!) zur regulären Arbeit anordnet.
Da stellt sich für mich zuerst die Frage, ist diese Leistung "Kartenkontrolle" etc. von ihrem Arbeitsvertrag gedeckt? Bzw. der evtl. andere Arbeitsort oder sind die Veranstaltungen am Dienstort? Und 3., wie wird es ausgeglichen?

Klingt für mich, wie ein klassischer Habeck: Wir machen das mal schnell, wie es im Detail aussieht, das sehen wir dann!

jolanta

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Antw:TV-L BY Verwaltungsdienst, Mindestarbeitszeit?
« Antwort #7 am: 10.02.2025 13:13 »
Danke für die Einschätzungen!! Und tatsächlich ist es so, dass wir zwar Überminuten für solche Dienste bekommen, aber nicht die eigentlich tariflichen geregelten  Entgeld-Zuschläge. Eine Vereinbarung zur Abänderung in Zuschläge gibt es nicht.

Nützlich vielleicht der Hinweis auf die Planbarkeit und daher nicht anwendbaren dringlichen Notwendigkeit. Allerdings verstehe ich nicht,  dass juristisch betrachtet (so frühere Nachfragen) wohl die Weisung absolut im Vordergrund steht und billiges Ermessen, Tarifvertrag oder evtl Einschränkungen der dringlichen Notwendigkeit keine Rolle spielen. Es geht um die Abwägung, ob juristische Klärung aussichtsreich wäre oder nicht.

Rowhin

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Antw:TV-L BY Verwaltungsdienst, Mindestarbeitszeit?
« Antwort #8 am: 10.02.2025 13:16 »
Nützlich vielleicht der Hinweis auf die Planbarkeit und daher nicht anwendbaren dringlichen Notwendigkeit. Allerdings verstehe ich nicht,  dass juristisch betrachtet (so frühere Nachfragen) wohl die Weisung absolut im Vordergrund steht und billiges Ermessen, Tarifvertrag oder evtl Einschränkungen der dringlichen Notwendigkeit keine Rolle spielen. Es geht um die Abwägung, ob juristische Klärung aussichtsreich wäre oder nicht.

...von wem konkret kam denn diese juristische Aussage? Den unmittelbaren Vorgesetzten? Dem Personalrat? Der Rechtsabteilung?

ich1974

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Antw:TV-L BY Verwaltungsdienst, Mindestarbeitszeit?
« Antwort #9 am: 10.02.2025 13:39 »
Was sind denn deine normalen Tätigkeiten und wie passen da Kartenkontrollen dazu?

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« Antwort #10 am: 10.02.2025 13:45 »
... Es geht um die Abwägung, ob juristische Klärung aussichtsreich wäre oder nicht.

Hast Du eine Rechtschutz? Wenn ja, ist da kein über die etvl. SB hinausgehendes Problem. Juristischen Rat kann man sich immer einholen. Fällt allerdings nicht immer aus, wie erhofft.

Im übrigen immer wieder der Hinweis, es gibt nicht nur einen AG. Bzw. auch innerhalb des ÖD kann man sich anderweitig umschauen.

MoinMoin

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Antw:TV-L BY Verwaltungsdienst, Mindestarbeitszeit?
« Antwort #11 am: 10.02.2025 14:05 »
Was sind denn deine normalen Tätigkeiten und wie passen da Kartenkontrollen dazu?
Ich denke der AG kann locker jedem eine Kartenkontrolle als Aufgabe reindrücken, dass dürfte idR mit seiner Weisungsbefugnis gedeckt sein.

Faunus

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Antw:TV-L BY Verwaltungsdienst, Mindestarbeitszeit?
« Antwort #12 am: 10.02.2025 14:16 »
Die Abendaktion könnte Dich 3x im Jahr treffen oder auch 15x. Mit Bereitschaft hat das nichts zu tun.
Du könntest als Verwaltungsfachangestellte oder als Wissenschaftlerin jeweils im TV-L eingestellt sein
usw.

Solange die Häufigkeit der Abendtätigkeit und die eigentliche Tätigkeit nicht klar ist...

Ich bin auch schon sehr kurzfristig als Ersatz für sowas eingesprungen und bin dann gleich bei der Veranstaltung dabeigeblieben (kostenfreies Kammerkonzert mit "Lachshäppchen"  ;))

Könntest Du, wenn Du wolltest, an der Veranstaltung teilnehmen?


Faunus

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Antw:TV-L BY Verwaltungsdienst, Mindestarbeitszeit?
« Antwort #13 am: 10.02.2025 14:23 »
Hast Du eine Rechtschutz?

Für was soll diese hier gut sein?

Jedes Unternehmen hat solche Veranstaltungen, die mehr oder weniger professionell durchgeführt werden. Eine AG kann sich halt über eine Eventagentur Catering und Programmkünstler für den Aktonnärsabend leisten. Der ÖD muss halt auf seine MA zurückgreifen, um z.B. Sponsoren zu beglücken.
Da wäre wieder mein allseits beliebstes Thema: Führungskräfte  und die Fähigkeit zu motivieren etwas extra und gerne zu machen!

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Antw:TV-L BY Verwaltungsdienst, Mindestarbeitszeit?
« Antwort #14 am: 10.02.2025 14:55 »
Hast Du eine Rechtschutz?

Für was soll diese hier gut sein?

Jedes Unternehmen hat solche Veranstaltungen, die mehr oder weniger professionell durchgeführt werden. Eine AG kann sich halt über eine Eventagentur Catering und Programmkünstler für den Aktonnärsabend leisten. Der ÖD muss halt auf seine MA zurückgreifen, um z.B. Sponsoren zu beglücken.
Da wäre wieder mein allseits beliebstes Thema: Führungskräfte  und die Fähigkeit zu motivieren etwas extra und gerne zu machen!

Du willst doch nicht ernsthaft erzählen, dass Abendveranstaltungen automatisch für jeden MA verpflichtend angeordnet werden können? Erst recht unabhängig von der eigentlichen Tätigkeit? Danke für die Erheiterung. Das hat sich nicht mal die Bundeswehr für die Bewirtung zur "Feierstunde" nach Auslandseinsätzen getraut. Selbst da wurde gefragt, wer möchte? Und, es gab für 4h Einsatz einen kompletten Ausgleichstag.

Wenn die Tätigkeit nicht vom Arbeitsvertrag gedeckt ist, kann der AG wünschen, mehr aber auch nicht. Diese Beurteilung überlasse ich lieber Fachleuten - in dem Fall Arbeitsrechtler - siehe Rechtschutz.