Aus Gesprächen mit poteniellen AfD Wählern erlebe ich, dass da keine "Nazis" stehen, sondern verzweifelte Mesnchen, welche eine Notwehr-Wahl vollziehen.
Das erscheint durchaus realistisch, allerdings aus Protest Verfassungsfeinde zu wählen ist aber auch nicht gerade schlau. Damit wählt man nichts anderes, als zukünftig keine Wahl mehr zu haben.
Dann kann man auch die Rentner- oder die Friedenspartei wählen, wenns um diese Interessen gehen sollte.
Diese Wähler sind in der Tat eher das Symptom eines tieferliegenden Problems als die Ursache. Sie spiegeln die Unzufriedenheit und die ungelösten sozialen, wirtschaftlichen oder politischen Herausforderungen wider, die oft über Jahre hinweg bestehen geblieben sind. Ihre Entscheidung, eine Partei wie die AfD zu wählen, ist eine Reaktion auf das Gefühl, dass ihre Bedürfnisse und Sorgen in der bisherigen politischen Landschaft keine Anerkennung finden. Sie sind also in erster Linie ein Ausdruck von Missständen, die in vielen Fällen von den etablierten politischen Institutionen übersehen oder nicht wirksam adressiert wurden.
Die wahre Ursache liegt oft in strukturellen und systemischen Problemen wie ungelöster sozialer Ungleichheit, Wirtschaftskrisen, einer wachsenden Kluft zwischen verschiedenen Gesellschaftsschichten oder der Wahrnehmung von Politik als abgehoben und nicht im Einklang mit den Bedürfnissen der Bürger. Diese Wähler suchen nach einer Alternative, nicht unbedingt nach einer extremen oder radikalen, sondern nach einer, die ihre Probleme ernst nimmt – selbst wenn die Wahl der AfD letztlich keine langfristige Lösung bietet.
Insofern kann man sagen, dass die Protestwähler symptomatisch für das Scheitern der bisherigen Politik sind. Ihre Wahlentscheidung ist eine Art Alarmzeichen, dass die aktuellen politischen Strukturen nicht den Anforderungen einer breiten Bevölkerungsschicht gerecht werden. Das eigentliche Problem ist nicht der Protest selbst, auch nicht de AfD selbst, sondern dass eine derartige Wahl als einzige wahrgenommene Option erscheint. Wenn die Politik nicht in der Lage ist, diese Bedürfnisse anzusprechen, wird der Protest immer weiter an Dynamik gewinnen, und der Kreis von Symptomen und Ursachen wird sich ewig weiter drehen. (Stichwort Weimarer Republik)
Die pauschale Diffamierung von AfD-Wählern als "Nazis" trägt dazu bei, dass die Kluft zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen noch weiter vertieft wird und das Wahlverhalten sich verstärken kann. Diese Art der Verurteilung fördert nicht nur eine Polarisierung, sondern auch ein Gefühl der Entfremdung. Wähler, die sich in einer prekären Lage oder als marginalisierte Gruppe sehen, fühlen sich durch solche stigmatisierenden Zuschreibungen oft noch stärker in ihrer Unzufriedenheit bestärkt. Wenn sie das Gefühl haben, dass ihre Sorgen und Ängste nicht ernst genommen werden, sondern sie stattdessen als "rechtsextrem" oder "verfassungsfeindlich" etikettiert werden, steigt das Misstrauen gegenüber den etablierten Parteien und ihrer Bereitschaft, zuzuhören.
Ein solches Vorgehen untergräbt die Chance auf einen konstruktiven Dialog. Die Wähler werden in die Verteidigung gedrängt, und der Raum für eine sachliche Auseinandersetzung über die tatsächlichen Probleme und die wahren Beweggründe hinter ihrer Wahlentscheidung wird immer kleiner. Statt die Sorgen dieser Menschen anzuerkennen und Lösungen zu finden, wird ein großer Teil der Bevölkerung stigmatisiert und aus dem politischen Diskurs ausgeschlossen.
Zudem verstärken solche Verurteilungen das Gefühl, dass der "Protest" gegen das politische Establishment die einzige Möglichkeit ist, überhaupt wahrgenommen zu werden.
Es entsteht ein Teufelskreis: Je mehr man versucht, AfD-Wähler zu entmenschlichen oder zu dämonisieren, desto mehr verstärken sich die Fronten, und desto mehr Menschen wenden sich einer Partei zu, die sich als Außenseiter und Gegenpol zu den "altbekannten" Parteien positioniert.
Die wirkliche Herausforderung liegt darin, diese Menschen nicht nur als "Feinde" oder "Nazis" zu betrachten, sondern zu erkennen, dass viele von ihnen aus einem realen Gefühl der Not heraus handeln. Nur durch Verständnis und eine ehrliche Auseinandersetzung mit ihren Ängsten und Beweggründen kann der Dialog wieder geöffnet und ein Weg zu konstruktiven Lösungen gefunden werden.
Es ist ein faszinierendes Paradoxon, dass auf der einen Seite die Empathie für Attentäter, die offenbar oft als das Produkt psychologischer Not oder traumatischer Erfahrungen betrachtet werden, aufgebracht wird, während auf der anderen Seite Wähler, die ihre Unzufriedenheit mit den bestehenden Verhältnissen zum Ausdruck bringen, sofort als Feinde der Demokratie stigmatisiert werden. Diese Diskrepanz wirft die Frage auf, ob manche Leute wirklich bereit sind, das Verhalten ihren gegenüber in seiner vollen Komplexität zu verstehen, oder ob diese sich nur mit der Oberfläche begnügen, um den eigenen inneren Konflikten aus dem Weg zu gehen oder gar aus niederen Gründen zu profilieren (Stichwort instrumentalisierte "Demo gegen rechts").
Sorry, aber das lag mir mal auf der Seele. Und nein, ich bin kein überzeugter AfD-Wähler, werfe aber am 23.02. aus Protest eine Münze, die darüber entscheiden wird. Und das nicht nur, weil ich gegen die Politik protestiere, sondern auch gegen den aktuellen Zeitgeist im Sinne des Miteinanders.