Autor Thema: Minusstunden bei Krankheit  (Read 6203 times)

Johanndulli

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 1
Minusstunden bei Krankheit
« am: 25.02.2025 17:41 »
Hey, wie ist es genau geregelt, wenn man krankgeschrieben ist und dadurch dann eine menge Minusstunden macht?
Ich hätte in der Woche eh nur an einem Tag für 6 stunden arbeiten sollen und habe auch nur die gutgeschrieben bekommen auf meinem Zeitkonto. Ich habe einen Vollzeitvertrag. Ich hätte eh nur 2 Tage die Woche arbeiten sollen, den einen Tag davon habe ich mir noch frei genommen, da ich ihn brauchte. Ich und alle anderen Kollegen werden auch die ganze Zeit schon mit zu wenig Stunden eingeplant.

Also meine Fragen dazu:

1. Kann man generell Minusstunden machen, wenn man Krankgeschrieben ist?
2. Ist es rechtens, wenn man ständig mit Minus eingeplant wird?
3. Wo finde ich die entsprechenden gesetztestexte zu diesem Thema?
4. Was genau steht dazu im TvöD?

Danke im voraus!

Fitch

  • Jr. Member
  • **
  • Beiträge: 57
Antw:Minusstunden bei Krankheit
« Antwort #1 am: 25.02.2025 17:52 »
Guck mal ins arbeitszeitgesetz, da steht alles drin.

1. Und 2. Kann man mit nein beantworten.

Casa

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,243
Antw:Minusstunden bei Krankheit
« Antwort #2 am: 26.02.2025 17:20 »
1. nein.
2. Wenn du Arbeitszeitguthaben hast ist es meines Wissens möglich, dass dich der Arbeitgeber für weniger Stunden einplant. Hast du kein Arbeitszeitguthaben, könnte es auch möglich sein, dass dich der Arbeitgeber für weniger Stunden einplant.

Das Arbeitszeitkonto dient gerade dazu Arbeitsspitzen abzufangen und Zeiten mit weniger Arbeit über das Arbeitszeitkonto abzufedern. Die Grenze ist jedenfalls das maximal festgelegte Minus an Arbeitszeit, bspw. -10 Stunden.
Gib mir ein Minus, wenn dir meine Beiträge gefallen. :-)

xavires

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 1
Antw:Minusstunden bei Krankheit
« Antwort #3 am: 24.03.2025 04:40 »
Nein, wenn dein Arbeitgeber dich absichtlich mit weniger Stunden einplant, sodass du Minusstunden anhäufst, ist das problematisch. In einem Vollzeitvertrag hast du einen Anspruch auf eine bestimmte Arbeitszeit. Werden weniger Stunden eingeplant als vertraglich vereinbart, muss der Arbeitgeber trotzdem das vertraglich geschuldete Gehalt zahlen. Falls du in einem Arbeitszeitkonto-System bist, kann der Arbeitgeber nur im Rahmen der zulässigen Flexibilisierung Stunden aufbauen oder abbauen.

MoinMoin

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 9,423
Antw:Minusstunden bei Krankheit
« Antwort #4 am: 24.03.2025 06:16 »
Also es ist doch eher ein Problem vom Dienstplan als das einer AU, so klingt das für mich.

zu1) Wenn du mit Minusstunden in deinem Dienstplan eingeplant und du krank bist, dann machst du keine Minusstunden laut Dienstplan.
Denn deine eingeplanten Sollstunden werden dir zu 100% gutgeschrieben.
Der Dienstplan, der einmal verbindlich festgelegt wurde, kann nicht einseitig vom Arbeitgeber geändert werden.

zu 2) Kniffelig, eine gewissen Zeit kann man im Minus geplant werden, sofern es im Ausgleichszeitraum dann ausgeglichen wird. Wie zu verfahren ist, wenn dem AG bei Erstellung des Dienstplanes bekannt ist, dass man AU sein wird/ist, muss man im Einzelfall prüfen:
Urteil Az.: 2 Sa 197/22 Sächsische AG
Das Sächsische Landesarbeitsgericht hat in einem arbeitsrechtlichen Urteil entschieden, dass eine Mitarbeiterin im Bereich der ambulanten Pflege und Betreuung, die aufgrund einer Zahnoperation arbeitsunfähig war, Anspruch auf Schadenersatz für nicht geleistete Dienste hat. Dies beruht darauf, dass der Arbeitgeber die Dienstplanung nicht nach billigem Ermessen gestaltet hat, indem die Klägerin für die Zeit ihrer angekündigten Arbeitsunfähigkeit nicht eingeplant wurde. Somit stand der Klägerin eine Entgeltfortzahlung für zwei ausfallende Schichten zu.


Am besten sich mal durch die Frage "Dienstplan bei Krankheit" und "Minusstunden laut Dienstplan" durch die Urteile googlen.
« Last Edit: 24.03.2025 06:26 von MoinMoin »

Alexander79

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 378
Antw:Minusstunden bei Krankheit
« Antwort #5 am: 24.03.2025 06:35 »
Naja MoinMoin... das mit der Krankenschwester kann man verstehen.
Aber für solche Fälle sollte es so etwas wie einen fiktiven Jahresplan geben.

Sieht aber der aktuelle Dienstplan in der Tat nur ein oder zwei Tage vor und du wirst krank dann hast du wie geschrieben Pech gehabt.
Geht aber auch anders. Bist du zB in der Pflege und laut Dienstplan von Mo-So eingeplant und bist die Woche komplett krank, machst du eben "Plusstunden".

MoinMoin

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 9,423
Antw:Minusstunden bei Krankheit
« Antwort #6 am: 24.03.2025 06:54 »
Naja MoinMoin... das mit der Krankenschwester kann man verstehen.
Aber für solche Fälle sollte es so etwas wie einen fiktiven Jahresplan geben.
Ein Dienstplan, den man von Woche zu Woche plant ist mE nicht erlaubt.
Zitat
Sieht aber der aktuelle Dienstplan in der Tat nur ein oder zwei Tage vor und du wirst krank dann hast du wie geschrieben Pech gehabt.
Eben und hast dadurch auch keine Minusstunden wegen Krankheit gemacht.
Ich mach ja auch kein Minus, wenn ich Sa/So krank bin.

Wenn du in der Woche wo du mit plus Stunde eingeplant wirst (die es dann ja auch geben muss) krank wirst, hat der AG Pech gehabt.


Zitat
Geht aber auch anders. Bist du zB in der Pflege und laut Dienstplan von Mo-So eingeplant und bist die Woche komplett krank, machst du eben "Plusstunden".
Eben du machst aber keine "Plusstunden" im Sinne von Mehrarbeit/Überstunden laut Dienstplan, sondern nur deine Sollstunden.

Was mich in diesem Fall etwas stutzig macht, ist, das eine VZ Kraft nur 6 h laut Dienstplan eingeplant wird.
Und das man sich Tage frei nehmen kann, an denen man laut Dienstplan eingeplant ist.

Bei solch einer krassen Stundenverschiebung, muss man in der DV / AV schauen, wo und wie eigentlich der Schichtplanturnus (Also der Zeitraum zur Festlegung der Wochenabeitszeit, laut §6 Abs 2 ) geregelt ist. Denn irgendwann sind die Minusstunden, die nicht durch den Dienstplan abgebaut dem AN gutzuschreiben.  Hier kommt dann §615 bgb ins Spiel
(um Frage 3 und 4 vom TE mal zu beantworten)

Alexander79

  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 378
Antw:Minusstunden bei Krankheit
« Antwort #7 am: 24.03.2025 06:59 »
Ein Dienstplan, den man von Woche zu Woche plant ist mE nicht erlaubt.
Es gibt sogar Bereiche da gibt es den fiktiven Jahresplan. (Für solche Fälle wie längere Krankheiten und Urlaubsplanung), dann gibts einen Monatsdienstplan und einen Wochendienstplan.

Eben du machst aber keine "Plusstunden" im Sinne von Mehrarbeit/Überstunden laut Dienstplan, sondern nur deine Sollstunden.
Deswegen schrieb ich die "Plusstunden" auch in Anführungszeichen.

MoinMoin

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 9,423
Antw:Minusstunden bei Krankheit
« Antwort #8 am: 24.03.2025 07:01 »
Ein Dienstplan, den man von Woche zu Woche plant ist mE nicht erlaubt.
Es gibt sogar Bereiche da gibt es den fiktiven Jahresplan. (Für solche Fälle wie längere Krankheiten und Urlaubsplanung), dann gibts einen Monatsdienstplan und einen Wochendienstplan.

Eben du machst aber keine "Plusstunden" im Sinne von Mehrarbeit/Überstunden laut Dienstplan, sondern nur deine Sollstunden.
So habe ich es auch verstanden und wollte nur darauf hinweisen, dass es neben den "Plusstunden" auch noch "PLusPLusStunden" gibt   :P
Deswegen schrieb ich die "Plusstunden" auch in Anführungszeichen.

GGpolekur

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 10
Antw:Minusstunden bei Krankheit
« Antwort #9 am: 24.03.2025 09:49 »

4. Was genau steht dazu im TvöD? 

1. Laut TVÖD gilt für Minusstunden, dass die ersatzlos verfallen, d.h.: ein Mitarbeiter mit X Minusstunden bekommt seinen vollen Lohn, und braucht die "Zuwenigzeit" nicht nachzuholen.

Denn: Da der TVÖD grundsätzlich nichts zu "Minusstunden" regelt, gilt das Gesetz, § 615 BGB.

2. Der TVÖD erlaubt allerdings Betriebsvereinbarungen:

In Betrieben ohne Schicht/Wechselschichtarbeit kann per Betriebsvereinbarung ein wöchentlicher Arbeitszeitkorridor von bis zu 45 Stunden festgelegt werden; die innerhalb dieses Korridors geleisteten zusätzlichen Arbeitsstunden werden innerhalb eines Jahres [ durch Minusstunden ] ausgeglichen.

Alternativ kann in Betrieben ohne Schicht/Wechselschichtarbeit per Betriebsvereinbarung in der Zeit von 6 bis 20 Uhr eine tägliche Rahmenzeit von bis zu zwölf Stunden eingeführt werden. Innerhalb der
täglichen Rahmenzeit geleistete zusätzliche Arbeitsstunden werden innerhalb eines Jahres [ durch Minusstunden ] ausgeglichen.

In Betrieben mit Schicht-/Wechselschichtarbeit bietet der TVÖD die Möglichkeit, per Dienstvereinbarung ein Arbeitszeit-Konto nach § 10 TVÖD einzurichten; bei vereinbartem Arbeitszeitkorridor oder Rahmenzeit muß zwingend ein Arbeitszeitkonto geführt werden.

In der Dienstvereinbarung muß geregelt sein:

"Die höchstmögliche Zeitschuld (bis zu 40 Stunden) [ = Minusstunden ] und das höchstzuläs- sige Zeitguthaben (bis zu einem Vielfachen von 40 Stunden), die innerhalb eines bestimmten Zeitraums anfallen dürfen ..."

---> Gibt es im Betrieb ein TVÖD-konformes Arbeitszeitkonto?

"Ist es rechtens, wenn man ständig mit Minus eingeplant wird?"

Solche geplanten Minusstunden "verfallen" ersatzlos; der Arbeitgeber kann eine Berechtigung zu späteren Nachholung dieser Minusstunden oder ihre Verrechnung mit etwaigen Zeitguthaben bei Geltung des TVÖD nur dadurch "retten", dass er ein TVÖD-konformes Arbeitszeitkonto durch eine mit dem Betriebsrat ausgehandelte Betriebsvereinbarung auf den Weg bringt.

G.

MoinMoin

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 9,423
Antw:Minusstunden bei Krankheit
« Antwort #10 am: 24.03.2025 12:02 »
Korrekt:
Angeordnete Minusstunden, die der AG nicht durch angeordnete Plusstunden ausgleicht sind irgendwann futsch.
Wann sie futsch sind, muss in einer DV oder im AV vereinbart sein.

GGpolekur

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 10
Antw:Minusstunden bei Krankheit
« Antwort #11 am: 25.03.2025 13:11 »
Korrekt:
Angeordnete Minusstunden, die der AG nicht durch angeordnete Plusstunden ausgleicht sind irgendwann futsch.
Wann sie futsch sind, muss in einer DV oder im AV vereinbart sein.

"Minusstunden anordnen" bedeutet, mit der Annahme angebotener Arbeitsleistung in Verzug zu kommen, § 615 BGB: für die nicht "entgegengenommene Arbeitsleistung" ( = die "Minusstunden" ) muß trotzdem die Vergütung gezahlt werden, und insbesondere brauchen diese Stunden nicht nachgearbeitet zu werden.

Insbesondere können vorweggeleistete Arbeitszeit ( "Plusstunden" ) bzw. ein Zeitguthaben bzw. geleistete Überstunden nicht mit Arbeitszeit ( "Minusstunden" ) verrechnet werden, mit deren Annahme der Arbeitgeber in Verzug geraten war.

Eine Berechtigung des Arbeitgebers, in bestimmtem Rahmen "weniger" Arbeit anordnen zu dürfen, und innerhalb bestimmter Fristen eine Nachholung verlangen zu können, kann nur auf der Grundlage einer Vereinbarung ( Dienstvereinbarung, Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag ) gegegeben sein.

G.

TVOEDAnwender

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 630
Antw:Minusstunden bei Krankheit
« Antwort #12 am: 26.03.2025 09:15 »
Zitat
Eine Berechtigung des Arbeitgebers, in bestimmtem Rahmen "weniger" Arbeit anordnen zu dürfen, und innerhalb bestimmter Fristen eine Nachholung verlangen zu können, kann nur auf der Grundlage einer Vereinbarung ( Dienstvereinbarung, Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag ) gegegeben sein.

Wir haben im Tarifvertrag jedoch eine entsprechende Regelung, da § 6 Abs. 2 TVöD regelt: "Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist ein Zeitraum von bis zu einem Jahr zugrunde zu legen." (bei Wechselschicht- bzw. Schichtarbeit kann sogar ein längerer Zeitraum festgelegt werden, siehe Satz 2).

Nehmen wir eine VZ-Kraft (39 h) als Beispiel:

Ich plane diese Woche den Beschäftigten nur 4 von 5 Tagen ein (31,2 h statt 39 h). Er macht also quasi 7,8 h Minus.
Dieses Minus kann ich - beginnend von dieser Woche aus gerechnet - durch eine "Überplanung" innerhalb eines Jahres als AG wieder ausgleichen. Also plane ich ihn z.B. in 6 Monaten in einer Woche dann für 6 Tage ein. Zack, habe ich den Ausgleich reingeholt. Im (Jahres-)durchschnitt bin ich dann bei 39 h.

MoinMoin

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 9,423
Antw:Minusstunden bei Krankheit
« Antwort #13 am: 26.03.2025 11:35 »
Sofern eine entsprechende Vereinbarung besteht, ja.
Nennt sich Dienstplan bzw. Sollarbeitszeit.

Ansonsten muss man sich fragen ob und welchen Rahmen der AG die Lage und Dauer der Sollarbeitszeiten des AN nach belieben ändern kann.

TVOEDAnwender

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 630
Antw:Minusstunden bei Krankheit
« Antwort #14 am: 26.03.2025 11:45 »
Sofern eine entsprechende Vereinbarung besteht, ja.
Nennt sich Dienstplan bzw. Sollarbeitszeit.

Ansonsten muss man sich fragen ob und welchen Rahmen der AG die Lage und Dauer der Sollarbeitszeiten des AN nach belieben ändern kann.

Nochmal: Nach dem Tarifvertrag darf er es, wenn er im Jahreszeitraum auf die durchschnittliche wöchentliche Sollarbeitszeit kommt. Da ist eine Dienst- bzw. Betriebsvereinbarung nicht zwingend erforderlich, es reicht erstmal die tarifliche Regelung.