Autor Thema: Anrechnung Stufenlaufzeit durch Berufserfahrung  (Read 3312 times)

Rowhin

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Antw:Anrechnung Stufenlaufzeit durch Berufserfahrung
« Antwort #15 am: 24.03.2025 14:36 »
Meine Partnerin wie wusste das nicht, dass es diese Möglichkeit gibt, wenn der Arbeitgeber dringend eine Fachkraft benötigt, dass man dann in die nächste höhere Stufe beginnen kann. Warum weißt da der Arbeitgeber nicht darauf hin? Findet ihr das in Ordnung? Und mit der Berufserfahrung (vor dem öffentlichen Dienst) kann man jetzt im Nachhinein auch nichts mehr abrechnen lassen, dass doch noch die Stufe 4 möglich wäre?

Warum sollte der Arbeitgeber einen drauf hinweisen, wie man verhandeln soll? Der Autoverkäufer weist einen ja auch nicht darauf hin, dass er das Auto auch für 2.000 EUR weniger verkaufen würde, wenn man auf den niedrigeren Preis besteht.
Wir machen das bei Bewerbern, die wir haben wollen. Das ist für mich Grund genug.

Das sollte dein Beauftragter für den Haushalt aber nicht zu hören bekommen oder wie kannst du das mit dem Haushaltsgrundsatz der Sparsamkeit vereinbaren? Und das Argument, dass die Person aufgrund der Kompetenz auf der anderen Seite durch Effizienz "das Geld wieder reinwirtschaftet" ist nur eine Annahme bzw. Mutmaßung.

Zwei Bewerbungsrunden oder mehr, und in zweiterer oder letzterer wird generell auf die Möglichkeiten innerhalb des TV-L hingewiesen. So kenne ich es anderswo.

Inwiefern das mit Haushaltsgrundsätzen die mehr schaden als sie nützen zu vereinbaren ist, ist mir nicht geläufig.

sebbo83

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Antw:Anrechnung Stufenlaufzeit durch Berufserfahrung
« Antwort #16 am: 24.03.2025 15:26 »

Mich wundert es auch, dass sie als Master überhaupt für diese Stelle in Frage kommt. Ein abgewiesener Bachelor könnte sich zu Recht auf diese Stelle nun einklagen. Bei uns wird dieses Büchse seit einiger Zeit überhaupt erst gar nicht geöffnet.
Wieso sollte sich jemand einklagen können, weil er einen Bsc hat und der Gewinner zusätzlich ein Msc

Da gibt es zweierlei Überlegungen, wie ich es mitbekommen habe:
z.B. 1.) sind die Stellen 9x bis E11 üblicherweise laut Tarifvertrag für Bachelor-Absolventen vorgesehen. Ein Master-Absolvent ist womöglich nicht der bestgeeignete Kandidat. Überqualifizierung hat nichts mit Bestenauslese zu tun -> denn er kann sich unterfordert fühlen, sich später womöglich auf eine höhere Stelle einklagen.

Das Landesarbeitsgericht Köln hat schon darauf verwiesen, dass "überqualifizierte" Bewerber nicht eingeladen werden müssen, denn eine "Überqualifizierung" ist nicht mit "besser geeignet" gleichzusetzen.

https://nrwe.justiz.nrw.de/arbgs/koeln/lag_koeln/j2021/6_SaGa_6_20_Urteil_20210408.html
Es ist gleichfalls zulässig, das Bewerberfeld „nach oben“ zu begrenzen, indem höher qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber von vornherein vom Bewerbungsverfahren ausgeschlossen werden.

Gefahr des Verdrängungswettbewerbs „von oben nach unten“; Gefahr von Rangordnungskämpfen; Motivationsprobleme der Überqualifizierten („Bore Out“); Subordinationsprobleme des höher qualifizierten Untergebenen; Einfügungsprobleme in den Kreis gleichrangiger, aber geringer ausgebildeter Kolleginnen und Kollegen; drohende Fluktuation auf den zu besetzenden Stellen.

2) Das ganze nun von hinten aufgespannt würde auch den Schluss zulassen, dass sich ein Bachelor auf eine E9b Stelle einklagen kann, wenn diese durch einen Master-Absolventen aufgrund des Prinzips der vermeidlichen "Bestenauslese" besetzt wurde. Es mag sein, dass der der Master-Absolvent die bessere Wahl war, es ist aber schwer nachzuweisen, ob diese Aussagen anhand des Abschlusses oder der eigentlichen beruflichen Qualifikation getroffen wurde. Also, auf den Fall des Arbeitsgericht oben angesprochen: wenn es ein Master nicht schafft sich auf eine Stelle zum Bürosachbearbeiter einzuklagen - wäre im umgekehrten Fall es möglich, dass sich ein Bachelor oder geringerer Abschluss sich auf die Stelle klagen könnte, wo ein Master-Absolvent einen "geringer-wertigen" Posten bekommen hat?

Ich möchte erwähnen, dass ich nur die Erwägungen des Personalreferats versuche nachzuvollziehen. Die genaue Begründungen habe ich nicht mehr im Kopf. Aber seit Jahren werden bei uns keine Bewerbungen von Master-Absolventen mehr auf solche Stellen, wie vom Thread-Ersteller beschrieben, berücksichtigt.

Folglich die Überlegung:
Ein Master-Absolvent, der auf eine Stelle mit einer Einstufung von 9b (eine Einstufung, die eher mit einem Bachelor-Abschluss vereinbar ist) besetzt wurde, könnte als überqualifiziert gelten, da seine Qualifikationen möglicherweise nicht erforderlich oder zu hoch für die Position sind. Ein solcher Bewerber könnte schnell unterfordert sein oder das geforderte Kompetenzniveau überschreiten, was in der Praxis möglicherweise nicht zu ein gutes "fitting in position" führt. Auf Basis dessen lies sich für den klagenden Bachelor-Absolventen nachweisen, dass die "Überqualifikation" des Master-Absolventen im Vergleich zur Anforderungsstruktur der Stelle als irrelevant oder sogar nachteilig angesehen werden kann. Sollte also die Behörde den Master-Absolventen bevorzugt haben, ohne eine sachliche und nachvollziehbare Begründung zu liefern, könnte der Bachelor-Absolvent dies als ungerechtfertigte Diskriminierung anführen. In diesem Fall könnte der Bachelor-Absolvent vor Gericht darlegen, dass der Master-Absolvent aufgrund seiner Überqualifikation nicht der bestgeeignete Kandidat für diese Position war, und könnte damit tatsächlich Chancen auf eine erfolgreiche Klage haben.

Ein direktes Urteil habe ich nicht gefunden. Wie schon gesagt, ich versuche nur die Erwägungen unseres Personalreferats nachzuvollziehen und da gibt es zweierlei Sichtweisen - der Master, der sich am Ende überqualifiziert sieht, sich wegbewirbt oder eine neue Entgelteinordnung verlangt; oder der klagende Bachelor, auf der anderen Seite, wie dargestellt.

MoinMoin

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Antw:Anrechnung Stufenlaufzeit durch Berufserfahrung
« Antwort #17 am: 24.03.2025 16:37 »
Meine Partnerin wie wusste das nicht, dass es diese Möglichkeit gibt, wenn der Arbeitgeber dringend eine Fachkraft benötigt, dass man dann in die nächste höhere Stufe beginnen kann. Warum weißt da der Arbeitgeber nicht darauf hin? Findet ihr das in Ordnung? Und mit der Berufserfahrung (vor dem öffentlichen Dienst) kann man jetzt im Nachhinein auch nichts mehr abrechnen lassen, dass doch noch die Stufe 4 möglich wäre?

Warum sollte der Arbeitgeber einen drauf hinweisen, wie man verhandeln soll? Der Autoverkäufer weist einen ja auch nicht darauf hin, dass er das Auto auch für 2.000 EUR weniger verkaufen würde, wenn man auf den niedrigeren Preis besteht.
Wir machen das bei Bewerbern, die wir haben wollen. Das ist für mich Grund genug.

Das sollte dein Beauftragter für den Haushalt aber nicht zu hören bekommen oder wie kannst du das mit dem Haushaltsgrundsatz der Sparsamkeit vereinbaren? Und das Argument, dass die Person aufgrund der Kompetenz auf der anderen Seite durch Effizienz "das Geld wieder reinwirtschaftet" ist nur eine Annahme bzw. Mutmaßung.
Du solltest dich mal mit Tarifrecht auseinandersetzen. Denn wieso wäre da der Haushaltsgrundsatz der Sparsamkeit verletzt?

Kleiner Tipp: Wir nehmen doch trotzdem nur den besten Kandidaten, der am billigsten ist.
Und wenn zwei Kandidaten einigermaßen gleichauf sind, dann wird eben der billigere genommen, bzw. "verhandelt", und dem anderen etwas besseren die Chance gegeben auch für weniger zu kommen.

Und wenn der im Tarifrecht unkundige Menschen im VG die Regel erklärt werden, dann betrifft das never den Haushaltsgrundsatz der Sparsamkeit
« Last Edit: 24.03.2025 16:55 von MoinMoin »

MoinMoin

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Antw:Anrechnung Stufenlaufzeit durch Berufserfahrung
« Antwort #18 am: 24.03.2025 16:51 »
Wieso sollte sich jemand einklagen können, weil er einen Bsc hat und der Gewinner zusätzlich ein Msc

Da gibt es zweierlei Überlegungen, wie ich es mitbekommen habe:
z.B. 1.) sind die Stellen 9x bis E11 üblicherweise laut Tarifvertrag für Bachelor-Absolventen vorgesehen. Ein Master-Absolvent ist womöglich nicht der bestgeeignete Kandidat. Überqualifizierung hat nichts mit Bestenauslese zu tun -> denn er kann sich unterfordert fühlen, sich später womöglich auf eine höhere Stelle einklagen.

Das Landesarbeitsgericht Köln hat schon darauf verwiesen, dass "überqualifizierte" Bewerber nicht eingeladen werden müssen, denn eine "Überqualifizierung" ist nicht mit "besser geeignet" gleichzusetzen.
Und in wie fern könnte jemand sich deswegen jetzt einklagen?
Wenn die Bewerberauswahl fehlerhaft ist, dann ja. Aber nur weil ein Msc nicht genommen wurde weil ein Bsc genommen wurde, weil er eben der bessere war, was natürlich durch ein Dokumentation der VGs belegbar ist, dann gibt es da mit der Begründung nichts einzuklagen.
Zitat

2) Das ganze nun von hinten aufgespannt würde auch den Schluss zulassen, dass sich ein Bachelor auf eine E9b Stelle einklagen kann, wenn diese durch einen Master-Absolventen aufgrund des Prinzips der vermeidlichen "Bestenauslese" besetzt wurde. Es mag sein, dass der der Master-Absolvent die bessere Wahl war, es ist aber schwer nachzuweisen, ob diese Aussagen anhand des Abschlusses oder der eigentlichen beruflichen Qualifikation getroffen wurde.
Und in wie fern könnte jemand sich deswegen jetzt einklagen?
Wenn die Bewerberauswahl fehlerhaft ist, dann ja. Aber nur weil ein Bsc nicht genommen wurde weil ein Msc genommen wurde, weil er eben der bessere war, was natürlich durch ein Dokumentation der VGs belegbar ist, dann gibt es da mit der Begründung nichts einzuklagen

Zitat
Ein direktes Urteil habe ich nicht gefunden. Wie schon gesagt, ich versuche nur die Erwägungen unseres Personalreferats nachzuvollziehen und da gibt es zweierlei Sichtweisen - der Master, der sich am Ende überqualifiziert sieht, sich wegbewirbt oder eine neue Entgelteinordnung verlangt; oder der klagende Bachelor, auf der anderen Seite, wie dargestellt.
Man kann sich also nicht einklagen, weil der Master genommen wurde, obwohl nur ein Bsc gefordert wurde.
So wie sich der Master nicht einklagen kann, weil der Bsc genommen wurde.

Man kann sich einklagen, wenn man nachweisen kann, dass das Bewerbungsverfahren fehlerhaft war und nicht der Beste Kandidat genommen wurde. Und da könnte sich auch ein Schulabbrecher gegenüber einem Master durchsetzen, weil er nachweisbar die bessere Besetzung ist.

sebbo83

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Antw:Anrechnung Stufenlaufzeit durch Berufserfahrung
« Antwort #19 am: 24.03.2025 17:21 »
Na ja, deine Argumente mögen ebenfalls richtig sein. Ich beschreibe nur die Situation, dass es in der Personalabteilung meiner Behörde vor etwa 5 Jahren ein Paradigmenwechsel gab und vor allem bei Stellen zwischen E9b bis E11 konnte ich genau beobachten, dass zwingend erforderlich:
"ein abgeschlossenes Bachelor- oder Diplomstudium (FH) in den Fachrichtungen XY..." war und Bewerbungen von Master Absolventen in den selbigen Fachrichtungen nicht mehr berücksichtigt wurden mit einem Verweis auf ein Urteil. Dieser Verweis stand dann auf der internen Bewertung (für den ÖPR) der abgelehnten Bewerber mit Masterabschluss. Welcher Verweis, Begründung und/oder Urteil es war, kann ich aus dem Stehgreif grad nicht  reproduzieren.
« Last Edit: 24.03.2025 17:28 von sebbo83 »

MoinMoin

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Antw:Anrechnung Stufenlaufzeit durch Berufserfahrung
« Antwort #20 am: 24.03.2025 22:02 »
Na ja, deine Argumente mögen ebenfalls richtig sein. Ich beschreibe nur die Situation, dass es in der Personalabteilung meiner Behörde vor etwa 5 Jahren ein Paradigmenwechsel gab und vor allem bei Stellen zwischen E9b bis E11 konnte ich genau beobachten, dass zwingend erforderlich:
"ein abgeschlossenes Bachelor- oder Diplomstudium (FH) in den Fachrichtungen XY..." war und Bewerbungen von Master Absolventen in den selbigen Fachrichtungen nicht mehr berücksichtigt wurden mit einem Verweis auf ein Urteil. Dieser Verweis stand dann auf der internen Bewertung (für den ÖPR) der abgelehnten Bewerber mit Masterabschluss. Welcher Verweis, Begründung und/oder Urteil es war, kann ich aus dem Stehgreif grad nicht  reproduzieren.
Soso, der Master hatte also nicht das abgeschlossene Bachelorstudium und wurden deswegen abgelehnt?
Obwohl mE jeder Master auch ein Bachelor hat.
Dümmer kann man mE das Urteil nicht falsch auslegen.
Und totales Versagen des öPR.

Aber auch hier gilt, wo kein Kläger….

Und deswegen habe ich meine Personalabteilung inzwischen dazu gebracht, keinerlei Voraussetzungen mehr reinzuschreiben, sondern alles ist wünschenswert und dann kann man nach „belieben“ die Auswahlkriterien objektivieren.

sebbo83

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Antw:Anrechnung Stufenlaufzeit durch Berufserfahrung
« Antwort #21 am: 25.03.2025 08:00 »
Nicht der ÖPR, sondern das Personalamt. Und nicht, dass ein Master automatisch den Bachelor hat. Dazu aber kurz was ganz unten im Post.
 Ich habe jetzt ein Vermerk in einem Auswahlverfahren gefunden - hierzu wird das Grundgesetz GG Artikel 33 Abs. 2 sowie zwei Urteil, eins vom LAG Saarland  (1 Sa 61/12) und eins vom BAG (Urteil vom 20.01.16 - 8 AZR 194/14) zitiert. Dabei geht's zwar um Schwerbehinderte, aber bei Randnummer 16 (LAG Saarland) wird's interessant:

Nach Artikel 33 Absatz 2 des Grundgesetzes (GG) müsse der öffentliche Arbeitgeber die Stelle dem besten Bewerber übertragen. Dabei sei die Ausbildung ein wesentliches Kriterium für die zu treffende Auswahlentscheidung. Aufgrund der unterschiedlichen Laufbahnen im öffentlichen Dienst würden von den Bewerbern grundsätzlich unterschiedliche Qualifikationen abverlangt. Für die Laufbahn des gehobenen Dienstes, die in dem Bereich des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder den Entgeltgruppen 9 bis 12 entspreche, werde grundsätzlich ein Fachhochschul-Studium oder ein Bachelor-Abschluss gefordert. Für die Laufbahn des höheren Dienstes werde hingegen ein Universitätsabschluss verlangt, und zwar entweder aufgrund der bisherigen Studienordnungen oder als Master-Abschluss. Da der öffentliche Arbeitgeber gehalten sei, den jeweils besten Bewerber beziehungsweise die jeweils beste Bewerberin für die Stelle auszuwählen, wäre, so führt das Arbeitsgericht weiter aus, bei im Übrigen gleicher Eignung stets derjenige auszuwählen, der den besseren oder gegebenenfalls höheren Universitätsabschluss vorweisen könne. Ließe der öffentliche Arbeitgeber im Bereich des gehobenen Dienstes auch Bewerber zu, die die Eignung für die Laufbahn des höheren Dienstes durch den Abschluss eines Master-Studiengangs nachweisen könnten, so führe dies dazu, dass diese bei im Übrigen gleicher Eignung andere Mitbewerber, die mit einem Bachelor-Abschluss oder einem Fachhochschul-Abschluss die üblichen Voraussetzungen für den gehobenen Dienst erfüllten, verdrängten. Ein solcher Verdrängungswettbewerb würde jedoch zu einer Benachteiligung der an sich für den gehobenen Dienst geeigneten Bewerber führen. Deshalb sei der öffentliche Arbeitgeber zur Wahrung der Anforderungen des Artikels 33 Absatz 2 GG gehalten, grundsätzlich lediglich die Personen für eine bestimmte Laufbahn zuzulassen, die die entsprechenden Voraussetzungen aufwiesen, und nicht auch die Bewerber höherer Laufbahnen.

Und eben aufgrund diesem Zitat werden seit geraumer Zeit die Master-Studenten bei Ausschreibungen von Stellen zwischen 9-12 nicht berücksichtigt, außer der Master-Abschluss ist zur Stelle artfremd, der Bachelor-Abschluss aber passend.
Es bedeutet nicht, dass ich es gut heiße, ich wollte nur meine Bedenken äußern und die Praxis unserer Behörde aufzeigen.

Rowhin

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Antw:Anrechnung Stufenlaufzeit durch Berufserfahrung
« Antwort #22 am: 25.03.2025 08:56 »
Danke fürs Raussuchen. Klingt für mich erstmal wieder nach Beamtenlogik unreflektiert auf Tarifbeschäftigte übertragen... (also von der Rechtsseite jetzt, nicht von dir)

Weiterbildung zu inzentivieren sieht anders aus. Und war da nicht noch was von wegen freier Berufswahl bei Eignung...hach ja.

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Antw:Anrechnung Stufenlaufzeit durch Berufserfahrung
« Antwort #23 am: 25.03.2025 09:15 »
Nur sind auch Auswahlverfahren für Jobs nach meinem Verständnis, wie alle Beschaffungen nach den Grundsätzen der Transparenz und Gleichbehandlung durchzuführen.

Selbstverständlich kann man danach auch den Zugang zu einer Stelle "nach oben" abgrenzen, nur muss man es vorher (!) in den Bewerbungsbedingungen bekanntgeben.

Hinterher (!), mit dem Argument Überqualifizierung rauszukegeln, finde ich höchst problematisch. Zumal der Bewerber im Urteil nach ein FH-Diplom hatte (Diplom-Wirtschaftsingenieur für Seeverkehr (FH) -zusätzlich zum M.Sc.).

In diesem Zusammenhang find ich die Argumentation des LAG sehr sehr fragwüdig, denn (siehe Zitat unten) wenn ich es richtig lese, wurde die Abgrenzung nach oben eben nicht veröffentlicht, sondern nur in einem internen Vermerk festgehalten. Wie sich dies mit dem Transparenzgebot vereinbaren lässt, ist mir nicht klar?

"Die beklagte Bun hat ein Anforderungsprofil erstellt mit dem Inhalt der sich aus der Ausschreibung einerseits und dem internen Vermerk vom 28.01.2020 andererseits ergibt. Mit diesem Anforderungsprofil hat sie bestimmt, dass überqualifizierte Bewerber, nämlich diejenigen, deren Qualifikation höher ist als der im Ausschreibungstext als „zwingend“ geforderte Abschluss, nicht in das Auswahlverfahren aufgenommen werden sollen."
 

MoinMoin

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« Antwort #24 am: 25.03.2025 10:51 »
Nicht der ÖPR, sondern das Personalamt. Und nicht, dass ein Master automatisch den Bachelor hat. Dazu aber kurz was ganz unten im Post.
 Ich habe jetzt ein Vermerk in einem Auswahlverfahren gefunden - hierzu wird das Grundgesetz GG Artikel 33 Abs. 2 sowie zwei Urteil, eins vom LAG Saarland  (1 Sa 61/12) und eins vom BAG (Urteil vom 20.01.16 - 8 AZR 194/14) zitiert. Dabei geht's zwar um Schwerbehinderte, aber bei Randnummer 16 (LAG Saarland) wird's interessant:

Nach Artikel 33 Absatz 2 des Grundgesetzes (GG) müsse der öffentliche Arbeitgeber die Stelle dem besten Bewerber übertragen. Dabei sei die Ausbildung ein wesentliches Kriterium für die zu treffende Auswahlentscheidung. Aufgrund der unterschiedlichen Laufbahnen im öffentlichen Dienst würden von den Bewerbern grundsätzlich unterschiedliche Qualifikationen abverlangt. Für die Laufbahn des gehobenen Dienstes, die in dem Bereich des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder den Entgeltgruppen 9 bis 12 entspreche, werde grundsätzlich ein Fachhochschul-Studium oder ein Bachelor-Abschluss gefordert. Für die Laufbahn des höheren Dienstes werde hingegen ein Universitätsabschluss verlangt, und zwar entweder aufgrund der bisherigen Studienordnungen oder als Master-Abschluss. Da der öffentliche Arbeitgeber gehalten sei, den jeweils besten Bewerber beziehungsweise die jeweils beste Bewerberin für die Stelle auszuwählen, wäre, so führt das Arbeitsgericht weiter aus, bei im Übrigen gleicher Eignung stets derjenige auszuwählen, der den besseren oder gegebenenfalls höheren Universitätsabschluss vorweisen könne. Ließe der öffentliche Arbeitgeber im Bereich des gehobenen Dienstes auch Bewerber zu, die die Eignung für die Laufbahn des höheren Dienstes durch den Abschluss eines Master-Studiengangs nachweisen könnten, so führe dies dazu, dass diese bei im Übrigen gleicher Eignung andere Mitbewerber, die mit einem Bachelor-Abschluss oder einem Fachhochschul-Abschluss die üblichen Voraussetzungen für den gehobenen Dienst erfüllten, verdrängten. Ein solcher Verdrängungswettbewerb würde jedoch zu einer Benachteiligung der an sich für den gehobenen Dienst geeigneten Bewerber führen. Deshalb sei der öffentliche Arbeitgeber zur Wahrung der Anforderungen des Artikels 33 Absatz 2 GG gehalten, grundsätzlich lediglich die Personen für eine bestimmte Laufbahn zuzulassen, die die entsprechenden Voraussetzungen aufwiesen, und nicht auch die Bewerber höherer Laufbahnen.

Und eben aufgrund diesem Zitat werden seit geraumer Zeit die Master-Studenten bei Ausschreibungen von Stellen zwischen 9-12 nicht berücksichtigt, außer der Master-Abschluss ist zur Stelle artfremd, der Bachelor-Abschluss aber passend.
Es bedeutet nicht, dass ich es gut heiße, ich wollte nur meine Bedenken äußern und die Praxis unserer Behörde aufzeigen.
Nochmal, dass eröffnet aber kein Klagegrund seitens des Bscler sich einklagen zu können, wenn ein Msc das Rennen macht.
Und das hattest du behauptet und ich angezweifelt.

Wenn der AG eine Ausschreibung macht und einen spezifischen bsc fordert und die darauf aufbauenden msc ausschliesst, dann sagen diese Urteile, dass das rechtmäßig ist.

Davon ab sind die Urteile inzwischen in vielen Bereichen nicht mehr einschlägig, da es eben keine Ausbildungsvoraussetzung mehr gibt in vielen Bereichen der EGO.

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« Antwort #25 am: 25.03.2025 15:15 »
Und eben aufgrund diesem Zitat werden seit geraumer Zeit die Master-Studenten bei Ausschreibungen von Stellen zwischen 9-12 nicht berücksichtigt, außer der Master-Abschluss ist zur Stelle artfremd, der Bachelor-Abschluss aber passend.
Es bedeutet nicht, dass ich es gut heiße, ich wollte nur meine Bedenken äußern und die Praxis unserer Behörde aufzeigen.

@sebbo83: Je mehr ich drüber nachdenke, umso schwieriger finde ich das Vorgehen.
Einfaches Beispiel: Es bewirbt sich eine Person, wie in dem Urteil des LAG, gibt aber den Master nicht an, sondern nur den B.Sc. oder Dipl. (FH)?
Es gibt ja keine Verpflichtung zur Vollständigkeit bzw. gibt es sogar Handlungshinweise, dass man im c.v. nur Abschlüsse angeben soll, wenn sie Mehrwert für den angestrebten Job bieten.
Und, wenn Eure Handlungsvorgaben dahingehend bekannt sind, lässt man den Master einfach weg. Insbesondere wenn dieser nebenberuflich (was beispielsweise im Ing.-Bereich inzwischen ein ordentlicher Teil ist) erworben wurde, gibt es nicht mal Lücken im c.v.

Das Problem, was ich eben sehe ist, dass ihr damit den Menschen und seine Motivation nicht beurteilt. Wenn einer sich extra einen Job mit weniger Verantwortung suchen will, z.B. aus gesundheitlichen Gründen, hat er/sie keine Chance.

sebbo83

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« Antwort #26 am: 25.03.2025 15:52 »
Es gibt auf alle Fälle viele pro's und con's zu dem Vorgehen und ich persönlich neige auch ehr zu den con's. Ich verstehen aber auch, dass 3 Bewerber mit Master-Abschluss den einen Bewerber mit Bachelor-Abschluss "verdrängen" würden. Daher wird wohl schon in der Ausschreibung genauso wie im Urteil vom LAG Saarland auf das Fachhochschul-Studium oder den Bachelor-Abschluss verwiesen und dann auch hart aussortiert.

Wir dürfen aber nicht vergessen, dass es nicht um artfremde Abschlüsse geht, sondern der zu besetzenden Stelle dienliche. Also ein Master der Kunstwissenschaften würde dann bei der Ausländerbehörde nicht relevant werden.

Ansonsten, die Stellen zwischen E11 und E13 (wir haben bei uns in der Abteilung keine 9 bis 10er Stellen), die ich aus meiner perspektive Überblicken kann, haben eigentlich kaum einen Unterschied im Bereich "Verantwortung". Die E11 ist der Sachbearbeiter, die E13 ein Referent und Stellvertreter der Abteilung. So lange dieser aber den Abteilungsleiter nicht vertritt, macht er die selben Aufgaben wie ein Sachbearbeiter. Da wir alle vor dieser neuen Einstellungspraxis eingestellt wurden - sind wir auch alle noch Diplom-Uni und Master-Absolventen. Nach der neuen Praxis werden aber jetzt als Sachbearbeiter nur noch Kandidaten mit Bachelor oder FH-Abschluss eingestellt. Ich halte es auch alles irgendwie praxisfern...

MoinMoin

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« Antwort #27 am: 25.03.2025 16:25 »
Und das verdrängen Argument ist auch ein Widerspruch zur geforderten Bestenauslese.
Wäre lustig, wie da ein Gericht mit umgehen würde, wenn da ein besserer Master klage gegen das Verfahren erheben würde.

sebbo83

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Antw:Anrechnung Stufenlaufzeit durch Berufserfahrung
« Antwort #28 am: 25.03.2025 16:29 »
Da würde gar nichts passieren, denn es steht seit geraumer Zeit explizit schon auf der Stellenausschreibung, dass für die Stelle ein Fachhochschul-Absolventen oder ein Bachelor-Abschluss gefordert/gesucht wird - und alles andere ist von mir bereits beschrieben (wie der Master-Absolvent, der sich auf eine E13 Stelle klagen wollte und als überqualifiziert abgelehnt wurde - LAG Köln).

MoinMoin

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Antw:Anrechnung Stufenlaufzeit durch Berufserfahrung
« Antwort #29 am: 25.03.2025 22:21 »
Ja, wenn es explizit in der Ausschreibung steht, dass Master nicht zum Verfahren zugelassen werden, dann durchaus.
Aber dann weiß ja der Master, dass er seinen Master nicht angeben muss. ::)

Und ich gebe zu, ich hatte noch nicht Zeit das LAG Urteil, welches sich um eine andere Fragestellung zu einem anderen EGO Zeitpunkt beschäftigte , intensiv zu lesen.
So dass es durchaus denkbar ist, dass es eben uU nicht einschlägig für dieses Thema ist.