Autor Thema: Stufe nachträglich nicht "verhandelbar"?  (Read 10056 times)

Fettschwanzmaki

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 13
Antw:Stufe nachträglich nicht "verhandelbar"?
« Antwort #45 am: 08.04.2025 19:58 »
Na ja, ich sage es mal so: Ich war der Meinung, dass ich gut vorbereitet war, zumindest aus fachlicher Sicht.
Im Vorfeld hatte ich damals ein Gespräch mit den Personalern geführt, die mir von vornherein gesagt haben, dass die Kommune Quereinsteigende ausschließlich in Stufe 1 einstellt. Dazu kam noch, dass das Bewerbungsgespräch online stattfand (total ungewohnt) und ich nach der Bundeswehr ohnehin jetzt nicht so das Selbstbewusstsein ausgestrahlt habe, um das Thema trotzdem breitzuschlagen.

Ich habe nur ein wenig gefrotzelt, "Wer den Schaden hat..." - das wird mir hier sonst alles zu trocken. Da kann ich ja gleich in den ÖD gehen.

Die Nummer mit der "1" sollte sich jetzt ja erledigt haben, für zukünftige Gespräche bist Du gewappnet. Bei mir gab es damals zudem auch einen wesentlichen Unterschied: Endstufe. Den "17.2er" hatte ich dabei nicht vor Augen, kam in meiner damaligen Situation logischerweise nicht zum Tragen.

Zitat
(...) Ich bin der Jungspund (m36) und alle hier könnten meine Eltern oder Großeltern sein, haben in allen Belangen mehr Erfahrung und und und...

Herrje, "Unter den Talaren - Muff von 1000 Jahren...". Wechsel am besten den AG, das klingt nach "ÖD in Bestform" - aber auch diese "Führungsunkultur" wird früher oder später aussterben.

Ich wünsche Dir für die Zukunft ein gut vorbereitetes (sry!) und glückliches Händchen.

MoinMoin

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 9,435
Antw:Stufe nachträglich nicht "verhandelbar"?
« Antwort #46 am: 09.04.2025 07:33 »
Zitat
Als müsste in diesem Fall das Gericht feststellen, dass der AN die Stelle auch ohne Anerkennung von förderliche Zeiten angenommen hat, keine Forderung gestellt hat, weil er die Stelle wollte.

Das muss nicht dargestellt werden, weil nicht vorgeshene. Wie kommst du auf die Idee?
Förderliche Zeiten können nur gewährt werden, wenn die Stelle nicht anderweitig "billiger" besetzt werden kann.
Wenn der Angestellte also den AV auch ohne förderliche Zeiten unterschreibt, dann darf der AG nicht förderliche Zeiten gewähren.

Zitat
Zitat
Also zeige mir ein Urteil, welches den AG dazu zwingt förderliche Zeiten im Sinne von §16.2 Satz 4 anzuerkennen.
Das BAG Urteil sagt da nichts zu, eher Gegenteiliges. Und was hat das LAG dazu gesagt im Revisionsverfahren?

Du verkennst die prozessrechtliche Realität. Das Gericht darf nicht an Stelle der Behörde entscheiden, da dies der Gewaltenteilung aus Art. 20 III GG widerspricht (zumindest im öffentlichen Recht) - Ausnahme, die Ermessensreduzierung auf null.
Deswegen heißt die Klageart Verpflichtungsklage. Das Gericht entscheidet bspw., die Beklagte wird verpflichtet unter Wahrung der Rechtaufassung des Gerichts erneut über xyz zu entscheiden. Dazu gibts auch keine ernstnzunehmende abweichende Meinung.
Die Grundsätze der verwaltungsrechtlichen Verpflichtungsklage sind auch im Falle hier anzuwenden, wie das BAG klargestellt hat.
Das habe ich nicht angezweifelt. Nur das da ein anderes Ergebnis dabei rauskommen kann Zweifel ich an. Die Anwendung der Ermessenentscheidung über den Einsatz der förderlichen Zeiten kann in diesem Fall nur zur nicht nicht Anerkennung der förderlichen Zeiten führen, da der Angestellte gezeigt hat, dass er die Stelle auch ohne diese Anerkennung annimmt.

Zitat
Deinen Schluss ziehst du in Unkenntnis der Rechtsrealität.
Und du aus tariflicher Unkenntnis.

Zitat
Für meine jetzige Stelle ist der Drops gelutscht.

Nein eben nicht.
[/quote]Eben doch.
Es ist in meinen Augen realitätsfern zu glauben, das der TE den AG dazu zwingen könnte ihm rückwirkend förderliche Zeiten bei der Einstellung anzuerkennen.
Dafür gibt es weder ein Gerichtsurteil was zeigt, dass man damit Erfolg haben könnte, noch eine tarifliche Grundlage.
Du vergisst, dass der AG dieses Ermessen des Einsatzes nur ausüben kann, wenn er Problem sonst hat die Stelle zu besetzen:
Unabhängig davon kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer
vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist

Die Bedingungen sind doch simpel:
Neueinstellung ist nicht mehr.
und zur Deckung des Personalbedarf ist auch nicht eingetreten, da er sein Personalbedarf gedeckt bekommen hat, auch ohne die Nutzung der förderliche Zeiten.
Er konnte also überhaupt nicht darüber nachdenken, ob er förderliche Zeiten anwenden kann.

Also was willst du mit so einer unsinnigen Klage erreichen?

MoinMoin

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 9,435
Antw:Stufe nachträglich nicht "verhandelbar"?
« Antwort #47 am: 09.04.2025 07:40 »
Zitat
Hmm, okay. Dann muss ich mir eure Texte erneut durchlesen.
Am Ende des Tages möchte ich mit so wenig Kopfschmerzen wie möglich ein wenig "Gerechtigkeit" wiederherstellen.


Es besteht Anspruch darauf, dass der AG Ermessen ausübt, was die förderlichen Zeiten anbetrifft. Das Ermessen ist einklagebar. Hier wirst du wohl klagen müssen. Wir wissen aktuell aber nicht, ob die Voraussetzung für die Ermessensausübung überhaupt vorliegt.

Voraussetzung
- Zur Deckung des Personalbedarfs ist deine Einstellung notwendig,
da die Stelle anderweitig nicht besetzt werden kann (er muss der einzige geeignete Kandidat sein, der für die angestrebte Stufe sich einstellen lassen würde.)
Wenn es also jemanden gibt, den man für Stufe 1 anstellen kann, dann kann man keine förderlichen Zeiten gewähren.
Und dieser jemand hat den Posten bekommen, Feivel hat eben nicht signalisiert, dass er mehr will.
Dann kann der AG ihm auch nicht das Geschenk machen im ohne Not! mehr zu bezahlen.

Zitat
- die Tätigkeit muss förderlich sein.

Rechtsfolge
- Ganz oder teilweise Zuerkennung (der schon zuor als förderlich festgestellten Zeiten)
Rechtsfolge: Der AG erkennt, dass er förderliche Zeiten nicht anwenden durfte.

Hierzu eine kleine Lesehilfe: BAG 5. Juni 2014 – 6 AZR 1008/12 – Rn. 20
Zitat
Gegen ein freies Ermessen des Arbeitgebers auf Tatbestandsebene spricht zudem, dass der öffentliche Arbeitgeber bei der Anerkennung von förderlichen Zeiten dem Haushaltsgrundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verpflichtet ist. Demnach sind objektiv nachvollziehbare Gründe für eine Anwendung des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L notwendig (vgl. Steuernagel ZMV 2013, 25). Müssten schon die Tatbestandsvoraussetzungen nicht objektiv erfüllt sein, wäre ein praktischer Anwendungsbereich für die Tarifnorm kaum eröffnet. Der Arbeitgeber müsste eine Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L dann wie eine übertarifliche Vergütungsabrede rechtfertigen.
Und da er die Stelle ohne murren angenommen hat, ist dieser Drops gelutscht.

Insbesondere da er davon wusste, dass andere in höhere Stufen eingestellt wurden! Zeigt doch das er bewusst auf mehr verzichtet hat, weil er die Stelle wollte.
Er hat schlicht und ergreifend einfach schlecht verhandelt und den Ag nicht in die Lage versetzt über die Anwendung des § 16 Abs. 2 Satz 4 nachdenken zu können.
« Last Edit: 09.04.2025 07:47 von MoinMoin »

MoinMoin

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 9,435
Antw:Stufe nachträglich nicht "verhandelbar"?
« Antwort #48 am: 09.04.2025 07:55 »
Und da es im TVöD VKA keinen Paragraphen 16.5/16.6 wie beim Bund/Land gibt, kann da der Ag tariflich nichts mehr machen, auch wenn er wollte.

Wir sorgen daher dafür, das aussichtsreiche Kandidaten sich über den Weg der Anerkennung von förderlichen Zeiten bewusst sind und weisen sie explizit darauf hin.
Sie werden konkret befragt, ob sie die Anwendung von den Zeiten erwarten und ob sie ihre Zusage davon abhängig machen würden und was ihr no go Grenze wäre.

Wenn wir dann unser Ranking haben, dann wissen wir welche Stufe wir den Kandidaten anbieten können.
Zuletzt hatte wir 4 gleichwertige Kandidaten, und keiner wäre für Stufe 3 gekommen, also konnten wir auch mehr als diese anbieten und es wurde dann Stufe 5.

Casa

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,243
Antw:Stufe nachträglich nicht "verhandelbar"?
« Antwort #49 am: 09.04.2025 08:47 »
Zitat
Förderliche Zeiten können nur gewährt werden, wenn die Stelle nicht anderweitig "billiger" besetzt werden kann.
Wenn der Angestellte also den AV auch ohne förderliche Zeiten unterschreibt, dann darf der AG nicht förderliche Zeiten gewähren.

Das sehen die Durchführungshinweise des BMI und das BAG anders.

Zitat
Für die Anerkennung förderlicher Zeiten ist es nicht erforderlich, dass die/der Bewerberin/Be-
werber die Berücksichtigung dieser Zeiten tatsächlich geltend oder sogar zur Bedingung der Ein-
stellung macht. Sofern die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind – also ein Personalmangel
vorliegt –, steht es dem Arbeitgeber frei, ob er diesem Problem durch die Berücksichtigung för-
derlicher Zeiten begegnet oder ob er stattdessen das Auswahlverfahren anderweitig abschließt.

Zitat
aa) Bereits der Wortlaut von § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L lässt darauf schließen, dass ein ausdrückliches Verlangen des Bewerbers nicht zwingend erforderlich ist. Die Formulierung „kann der Arbeitgeber … zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit … berücksichtigen, wenn diese … förderlich ist“ bringt nur zum Ausdruck, dass die Berücksichtigung dieser Zeiten und das dadurch in der höheren Stufe erzielte Entgelt zur Deckung des Personalbedarfs notwendig ist, also ein konkreter Arbeitsplatz mit dem ansonsten zustehenden Tarifentgelt nicht anforderungsgerecht besetzt werden kann (vgl. Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 16 Stand Februar 2010 Rn. 28). Damit haben die Tarifvertragsparteien die Möglichkeit einer höheren Stufenzuordnung durch die Berücksichtigung von Zeiten förderlicher Tätigkeiten allein an das Vorliegen einer objektiv bestehenden Schwierigkeit, den Personalbedarf zu decken, geknüpft. Ist das der Fall, steht es nach ihrem Willen dem Arbeitgeber frei, ob er diesem Problem durch die Berücksichtigung förderlicher Zeiten bei der Einstellung zB des bestgeeigneten Bewerbers begegnet, ob er stattdessen die Stellenbesetzung verschiebt oder ob er sich mit einem anderen Bewerber begnügt (vgl. Fieberg aaO Rn. 30). Anhaltspunkte dafür, dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien darüber hinaus der konkrete Bewerber eine entsprechende ausdrückliche Forderung stellen muss, weil ein vorbehaltsloser Vertragsabschluss von vornherein das Vorliegen von Personalgewinnungsschwierigkeiten ausschlösse, haben in der Tarifnorm keinen Niederschlag gefunden.
https://www.bundesarbeitsgericht.de/entscheidung/6-azr-254-20/


Zitat
da die Stelle anderweitig nicht besetzt werden kann (er muss der einzige geeignete Kandidat sein, der für die angestrebte Stufe sich einstellen lassen würde.)

Als Beispiel für die Personaldeckung notwendig wird in den Durchführungshinweisen außerdem genannt, dass nur wenige geeignete Bewerber vorliegen. Wenige sind nicht nur einer.


Zitat
Hierzu eine kleine Lesehilfe: BAG 5. Juni 2014 – 6 AZR 1008/12 – Rn. 20
Zitat

    Gegen ein freies Ermessen des Arbeitgebers auf Tatbestandsebene spricht zudem, dass der öffentliche Arbeitgeber bei der Anerkennung von förderlichen Zeiten dem Haushaltsgrundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verpflichtet ist. Demnach sind objektiv nachvollziehbare Gründe für eine Anwendung des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L notwendig (vgl. Steuernagel ZMV 2013, 25). Müssten schon die Tatbestandsvoraussetzungen nicht objektiv erfüllt sein, wäre ein praktischer Anwendungsbereich für die Tarifnorm kaum eröffnet. Der Arbeitgeber müsste eine Stufenzuordnung nach § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L dann wie eine übertarifliche Vergütungsabrede rechtfertigen.

Und da er die Stelle ohne murren angenommen hat, ist dieser Drops gelutscht.

Insbesondere da er davon wusste, dass andere in höhere Stufen eingestellt wurden! Zeigt doch das er bewusst auf mehr verzichtet hat, weil er die Stelle wollte.
Er hat schlicht und ergreifend einfach schlecht verhandelt und den Ag nicht in die Lage versetzt über die Anwendung des § 16 Abs. 2 Satz 4 nachdenken zu können.

Lies mal den Satz vor dem fett gedruckten. Da steht, es besteht kein freies Ermessen auf der Tatbestandsebene. Heißt soviel wie, der AG darf keine Tatbestände erfinden. Deswegen bedarf es der Regelung im Tarifvertrag, wann förderliche Zeiten anerkannt werden können. Das steht auch schon in deinem Zitat.
Das Ermessen, welches auszuüben ist und von dem wir hier sprechen, besteht auf Rechtsfolgenseite.


Zitat
Insbesondere da er davon wusste, dass andere in höhere Stufen eingestellt wurden! Zeigt doch das er bewusst auf mehr verzichtet hat, weil er die Stelle wollte.
Er hat schlicht und ergreifend einfach schlecht verhandelt und den Ag nicht in die Lage versetzt über die Anwendung des § 16 Abs. 2 Satz 4 nachdenken zu können.

Sieht das BAG anders.

Zitat
aa) Bereits der Wortlaut von § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L lässt darauf schließen, dass ein ausdrückliches Verlangen des Bewerbers nicht zwingend erforderlich ist. Die Formulierung „kann der Arbeitgeber … zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit … berücksichtigen, wenn diese … förderlich ist“ bringt nur zum Ausdruck, dass die Berücksichtigung dieser Zeiten und das dadurch in der höheren Stufe erzielte Entgelt zur Deckung des Personalbedarfs notwendig ist, also ein konkreter Arbeitsplatz mit dem ansonsten zustehenden Tarifentgelt nicht anforderungsgerecht besetzt werden kann (vgl. Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 16 Stand Februar 2010 Rn. 28). Damit haben die Tarifvertragsparteien die Möglichkeit einer höheren Stufenzuordnung durch die Berücksichtigung von Zeiten förderlicher Tätigkeiten allein an das Vorliegen einer objektiv bestehenden Schwierigkeit, den Personalbedarf zu decken, geknüpft. Ist das der Fall, steht es nach ihrem Willen dem Arbeitgeber frei, ob er diesem Problem durch die Berücksichtigung förderlicher Zeiten bei der Einstellung zB des bestgeeigneten Bewerbers begegnet, ob er stattdessen die Stellenbesetzung verschiebt oder ob er sich mit einem anderen Bewerber begnügt (vgl. Fieberg aaO Rn. 30). Anhaltspunkte dafür, dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien darüber hinaus der konkrete Bewerber eine entsprechende ausdrückliche Forderung stellen muss, weil ein vorbehaltsloser Vertragsabschluss von vornherein das Vorliegen von Personalgewinnungsschwierigkeiten ausschlösse, haben in der Tarifnorm keinen Niederschlag gefunden.[/u]
Siehe oben.


Im Ergebnis bleibts dabei, was ich sagte.
Gib mir ein Minus, wenn dir meine Beiträge gefallen. :-)

MoinMoin

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 9,435
Antw:Stufe nachträglich nicht "verhandelbar"?
« Antwort #50 am: 09.04.2025 10:02 »
Zitat
Förderliche Zeiten können nur gewährt werden, wenn die Stelle nicht anderweitig "billiger" besetzt werden kann.
Wenn der Angestellte also den AV auch ohne förderliche Zeiten unterschreibt, dann darf der AG nicht förderliche Zeiten gewähren.

Das sehen die Durchführungshinweise des BMI und das BAG anders.

Zitat
Für die Anerkennung förderlicher Zeiten ist es nicht erforderlich, dass die/der Bewerberin/Be-
werber die Berücksichtigung dieser Zeiten tatsächlich geltend oder sogar zur Bedingung der Ein-
stellung macht. Sofern die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind – also ein Personalmangel
vorliegt –, steht es dem Arbeitgeber frei, ob er diesem Problem durch die Berücksichtigung för-
derlicher Zeiten begegnet oder ob er stattdessen das Auswahlverfahren anderweitig abschließt.
ja tariflich steht es dem AG frei förderliche Zeiten zu verteilen, weil er das "Gefühl" hat damit Personalmangel zu beheben. (und tariflich muss dazu der An nicht fordern! Das ist korrekt.)
Und schön das du mich in meiner Aussage bestätigst: oder ob er stattdessen das Auswahlverfahren anderweitig abschließt

Ergo: Er muss sie nicht anerkennen, so wie du behauptest.

Wenn also jetzt ein Ag ohne Not Geld rausschmeißt und förderliche Zeiten verteilt, dann bekomtm er anderweitig eben Probleme im Bereich Zulage nach 16.5 wurde mW in NRW mal ordentlich Stunk gemacht vom Rechnungshof, weil ohne ausreichender Begründung dort die Zulagen verteilt wurden.

Und daher muss er um sich hier abzusichern eben doch eine Forderung vom An haben, damit er nicht der Geldverschleuderung angeklagt werden kann.


Zitat
Im Ergebnis bleibts dabei, was ich sagte.
Es bleibt dabei, der AG muss never ever die förderlichen Zeiten anerkennen, wenn er nicht will. Er kann vom An nicht dazu gezwungen werden, so wie du behauptest.
Und da bleibst du einfach einen Nachweis schuldig, dass ein Gericht den AG dazu zwingen konnte.

Also bitte schön, wenn einer zu viel Geld hat, dann soll er so eine Klage anstreben.

Casa

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,243
Antw:Stufe nachträglich nicht "verhandelbar"?
« Antwort #51 am: 09.04.2025 15:00 »
Zitat
ja tariflich steht es dem AG frei förderliche Zeiten zu verteilen, weil er das "Gefühl" hat damit Personalmangel zu beheben. (und tariflich muss dazu der An nicht fordern! Das ist korrekt.)
Und schön das du mich in meiner Aussage bestätigst: oder ob er stattdessen das Auswahlverfahren anderweitig abschließt

Du reißt die Aussage aus dem Zusammenhang. Hier die vollständige Aussage des BAG.


Zitat
aa) Bereits der Wortlaut von § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L lässt darauf schließen, dass ein ausdrückliches Verlangen des Bewerbers nicht zwingend erforderlich ist. Die Formulierung „kann der Arbeitgeber … zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit … berücksichtigen, wenn diese … förderlich ist“ bringt nur zum Ausdruck, dass die Berücksichtigung dieser Zeiten und das dadurch in der höheren Stufe erzielte Entgelt zur Deckung des Personalbedarfs notwendig ist, also ein konkreter Arbeitsplatz mit dem ansonsten zustehenden Tarifentgelt nicht anforderungsgerecht besetzt werden kann (vgl. Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 16 Stand Februar 2010 Rn. 28). Damit haben die Tarifvertragsparteien die Möglichkeit einer höheren Stufenzuordnung durch die Berücksichtigung von Zeiten förderlicher Tätigkeiten allein an das Vorliegen einer objektiv bestehenden Schwierigkeit, den Personalbedarf zu decken, geknüpft. Ist das der Fall, steht es nach ihrem Willen dem Arbeitgeber frei, ob er diesem Problem durch die Berücksichtigung förderlicher Zeiten bei der Einstellung zB des bestgeeigneten Bewerbers begegnet,

[oder]

ob er stattdessen die Stellenbesetzung verschiebt

oder

ob er sich mit einem anderen Bewerber begnügt (vgl. Fieberg aaO Rn. 30).

Anhaltspunkte dafür, dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien darüber hinaus der konkrete Bewerber eine entsprechende ausdrückliche Forderung stellen muss, weil ein vorbehaltsloser Vertragsabschluss von vornherein das Vorliegen von Personalgewinnungsschwierigkeiten ausschlösse, haben in der Tarifnorm keinen Niederschlag gefunden.[/u]

Anderweitig beenden bedeutet hier nicht, der Bewerber wird ohne Ermessensausübung bei den förderlicehen Zeiten eingestellt. Das BAG nennt sogar anderweitige Alternativen (s. letztes Zitat).
Anderweitig bedeutet auch nicht, der Bewerber schließt den Vertrag vorbehaltlos oder verlangt die Anerkennung förderlicher Zeiten nicht. Das steht nun auch schon da.

Wie soll denn deiner Meinung nach anderweitig aussehen?


Zitat
Ergo: Er muss sie nicht anerkennen, so wie du behauptest.

Er ist verpflichtet Ermessen auszuüben. Das habe ich nun auch schon mehrfach gesagt. Das Ermessen ist pflichtgemäß und zweckentsprechend auszuüben.


Liegt ein Bewerbermangel vor und bestehen förderlicher Zeiten, ist im Ergebnis Ermessen auszuüben.

Es wurde aufgezeigt, dass Bewerbermangel nicht bedeutet, dass es nur einen Bewerber geben muss.

Es wurde aufgezeigt, was förderliche Zeiten sind. Die Definition ist auf kommunaler Ebene identisch, da die Defintion in den Durchführungshinweisen des BMI vom BAG stammt (BAG vom 23.9.2010 – 6 AZR 174/09 – ZTR 2011, 23; BAG vom 12.9.2013, 6 AZR 512/12 – ZTR 2014, 85; BAG vom 21.11.2013 – 6 AZR 23/12 – ZTR 2014, 148). Das BMI hat in seinen Durchführungshinweisen zu § 16 die Quelle vergessen (https://www.bmi.bund.de/RundschreibenDB/DE/2024/RdSchr_20240530.html S. 10). Es muss sich nicht um dieselbe Entgeltgruppe handeln. Auch förderliche Zeiten als Selbstständiger können berücksichtigt werden (BAG vom 5.6.2014 – 6 AZR 1008/12 – ZTR 2014, 530, rehm Verlag zu § 16 TV-L).

Es wurde aufgezeigt, dass der Bewerber die Berücksichtigung nicht verlangen muss (BAG, Urteil vom 15.10.2021, 6 AZR 254/20).

Rechtsfolge: Ermessen ist auszuüben.


Die große Kunst ist das Ermessen richtig auszuüben. Der Tarifvertrag gibt ja nun schon eine Richtung vor (Tatbestand). Jetzt klang es schon so an, als ob es Bewerbermangel in benachbarten Kommunen gibt. Ob das für die konkrete Stelle auch zutrifft, ist noch festzustellen. Es dürfte aber recht sicher fast überall im öD Bewerbermangel geben. Bewerbermangel ist ein objektives Kriterium. Was Mangel ist darf der AG nicht subjektiv entscheiden.
Es gibt sehr wahrscheinlich förderliche Zeiten.
Du willst die Stelle besetzen, also musst du den besten Bewerber nehmen. Oder du besetzt die Stelle später oder nicht (anderweitig). Andere Möglichkeiten, wie bspw. Besetzung von vornherein mit dem Zweitbesten, sind rechtswidrig.
Der Bewerber muss die Anerkennung nicht verlangen.

Was bleibt denn nun im Lichte des Zwecks (Besetzung Stelle bei objektivem Bewerbermangel) und unter den genannten  Umständen in der Rechtsprechung noch übrig?
Nichts anerkennen, obwohl du die Person bei objektivem Bewerbermangel eingestellt hast?
Das wäre nicht zweckentsprechend.
Einfach "nicht wollen", wäre nicht zweckentsprechend.


Jedenfalls wäre auch eine negative Ermessensentscheidung zu dokumentieren. Eine Nichtdokumentation ist ein Ermessensfehler (Ermessensnichtgebrauch).


Zitat
Und daher muss er um sich hier abzusichern eben doch eine Forderung vom An haben, damit er nicht der Geldverschleuderung angeklagt werden kann.

Ansprüche aus dem Tarifvertrag müssen nicht verlangt oder verhandelt werden. Sie sind durch geschlossenen Vertrag Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Oder verlangst du jeden Monat dein Arbeitsentgelt, damit der AG es zahlt bzw. zahlen muss?





Gib mir ein Minus, wenn dir meine Beiträge gefallen. :-)

MoinMoin

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 9,435
Antw:Stufe nachträglich nicht "verhandelbar"?
« Antwort #52 am: 09.04.2025 15:21 »
Ansprüche aus dem Tarifvertrag müssen nicht verlangt oder verhandelt werden. Sie sind durch geschlossenen Vertrag Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Oder verlangst du jeden Monat dein Arbeitsentgelt, damit der AG es zahlt bzw. zahlen muss?

Aus einer kann Regelung kannkein Anspruch erwachsen.
Auch wenn du es behauptest.

Du kannst verlangen, dass der AG sich damit auseinandersetzt, mehr nicht.

Und wenn ein AG einen Arbeitsplatz besetzt bekommt, ohne diese kann Regel nutzen zu müssen, also ohne mehr Geld in die Hand zu nehmen, dann darf er aus Haushälterischen Gründen sie nicht anwenden.

Casa

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,243
Antw:Stufe nachträglich nicht "verhandelbar"?
« Antwort #53 am: 09.04.2025 18:13 »
Zitat
Aus einer kann Regelung kannkein Anspruch erwachsen.
Auch wenn du es behauptest.

Was verstehst du nicht?

1) Tatbestand erfüllt -> 2) Rechtsfolge Anspruch auf Ermessensausübung
Das passiert täglich tausendfach.

2) Rechtsfolge Anspruch auf Ermessensausübung -> 3) Behörde übt Ermessen aus -> 4) Es gibt ein konkretes Ergebnis A) oder B) oder C)

Auf 2 besteht Anspruch, was zu 3) und einer Teilmenge von 4) führt.
Anspruch auf ein konkretes Ergebnis A), B) oder C), gibt es meist nicht.

Niemand hat behauptet, es besteht Anspruch auf ein konkretes Ergebnis. Das meinst du vielleicht. Davon habe ich nie geredet.


Aber:
Eine Ermessensreduzierung auf null ist faktisch eine gebundene Entscheidung, bei der faktisch ein Anspruch auf ein konkretes Ergebnis besteht. Der Fall wird sogar prozessual derart abgebildet, dass das Gericht nunmehr selbst entscheiden darf, statt die Behörde zu verpflichten unter Wahrung der Rechtsaufassung des Gerichts zu entscheiden.


Zitat
Du kannst verlangen, dass der AG sich damit auseinandersetzt, mehr nicht.

Wie gesagt, Ermessen ist pflichtgemäß und zweckentsprechend auszuüben. Das ist deutlich mehr, als sich einfach nur damit auseinanderzusetzen.

Hier mal ein Beispiel aus dem Verwaltungsrecht.

Zitat
Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen einer polizei- und ordnungsrechtlichen Ermächtigungsgrundlage vor, hat die Polizei bzw. die Ordnungsverwaltung die Maßnahme regelmäßig nach pflichtgemäßem Ermessen durchzuführen (vgl. § 3 Abs. 1 PolG NRW bzw. § 16 OBG). Die Polizei bzw. die Ordnungsverwaltung hat das Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (vgl. § 40 VwVfG NRW).


Zitat
Und wenn ein AG einen Arbeitsplatz besetzt bekommt, ohne diese kann Regel nutzen zu müssen, also ohne mehr Geld in die Hand zu nehmen, dann darf er aus Haushälterischen Gründen sie nicht anwenden.

Das der AN nicht fordern muss, sieht das BAG anders, wie schon dargelegt.

Gem. Haushaltsrecht sind rechtliche Verpflichtungen einzuhalten. Wenn sich nach dem Anspruch auf Ermessensausübung im Ergebnis eine rechtliche Verpflichtung ergibt, sieht das Haushaltsrecht vor, dass dieser Anspruch zu erfüllen ist.
Du nimmst in der Ermessensausübung das Ergebnis bereits vorweg, in dem du sagst, dass das Haushaltsrecht keine Zahlung vorsieht. Das ist mindestens eine sachfremde Erwägung, wenn nicht sogar ein unzulässiger Zirkelschluss.
Du würdest dann nämlich sagen, weil das Haushaltsrecht vor einer möglichen positiven Ermessensentscheidung keine Zahlung vorsieht, kann ich bei der Ermessensausübung zu keinem positiven Ergebnis kommen und muss daher ein negatives Ergebnis erreichen.
Damit entfernst du dich von der Logik.


Außerdem würdest du damit sagen, weil die Behörde das Ermessen, was sie auszuüben hatte nicht ausgeübt hat und die notwendigen Mittel nicht in den Haushalt eingestellt hat, muss sie das Ermessen nun nicht mehr ausüben oder muss es nicht mehr zweckentsprechend ausüben und darf nur zu einer negativen Entscheidung kommen.
Weil die Behörde rechtswidrig gehandelt hat, darf sie weiterhin rechtswidrig handeln? Das muss dir doch selbst  komisch vorkommen.


M. E. hat die Behörde sogar Haushaltsmittel für derartige Fälle einzustellen, weil sie sich sonst der pflichtgemäßen Ermessensausübung verschließt.
Abgesehen davon werden Personalausgaben oftmals für gegenseitig deckungsfähig erklärt (zur Möglichkeit § 17 I GemHV NRW), was das Haushaltsargument in Anebtracht fehlenden Personals nicht zum Tragen kommen lässt.
Gib mir ein Minus, wenn dir meine Beiträge gefallen. :-)

MoinMoin

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 9,435
Antw:Stufe nachträglich nicht "verhandelbar"?
« Antwort #54 am: 10.04.2025 13:26 »
Niemand hat behauptet, es besteht Anspruch auf ein konkretes Ergebnis. Das meinst du vielleicht. Davon habe ich nie geredet.
Nun du hast davon geredet, dass er klagen kann und damit etwas erreichen könnte.
2 Voraussetzungen:
- Zur Deckung des Personalbedarfs ist deine Einstellung notwendig,
- die Tätigkeit muss förderlich sein.

Rechtsfolge:
- Ganz oder teilweise Zuerkennung.

Der Zugschreiber ist Mannschafter in der Endstufe oder auch Uffz? Je höher der Dienstgrad, desto stärker spricht dies für eine Anerkennung förderlicher Zeiten.

Es besteht die Möglichkeit auf Ausübung dieses Ermessen zu klagen und eine höhere Eingruppierungstufung zu erreichen. Ob das höhere Entgelt dann ab Beginn der Tätigkeit gezahlt werden muss oder erst ab Geltendmachung innerhalb der 6-monatigen Ausschlussfrist, kann ich spontan nicht sagen. Ich tendiere stark zur Zahlung erst ab Geltendmachung und innerhalb der Ausschlussfrist.

Was verstehst du jedoch nicht daran, dass durch das handeln (den Vertrag unterschreiben) der Ag nicht mehr in der Lage ist förderliche Zeiten anzuerkennen!
Da eben die Voraussetzung "Zur Deckung des Personalbedarfs" nicht eingetreten ist und auch eingetreten wäre, kann (tariflich gesehen) und darf (haushaltsrechtlich gesehen) der AG keine förderliche Zeiten anerkennen.

Es fehlte schon damals schlicht ergreifend die Voraussetzung die du selbst nennst.
(da ist es auch egal, dass der AG die mögliche förderliche Zeit nicht erkannt hat)





Casa

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 1,243
Antw:Stufe nachträglich nicht "verhandelbar"?
« Antwort #55 am: 10.04.2025 17:43 »
Zitat
Was verstehst du jedoch nicht daran, dass durch das handeln (den Vertrag unterschreiben) der Ag nicht mehr in der Lage ist förderliche Zeiten anzuerkennen!
Da eben die Voraussetzung "Zur Deckung des Personalbedarfs" nicht eingetreten ist und auch eingetreten wäre, kann (tariflich gesehen) und darf (haushaltsrechtlich gesehen) der AG keine förderliche Zeiten anerkennen.

Die "Deckung des Personalbedarfs" ist als "Mangel geeigneter Bewerber" definiert.
Siehe Durchführungshinweise:

Zitat
1. Es handelt sich um besonders gesuchte Berufsgruppen. Das ist insbesondere anzunehmen
bei Berufen im MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik),
sonstigen Spezialistinnen und Spezialisten sowie bei Ärztinnen und Ärzten oder;
2. bei dem zu besetzenden Arbeitsplatz liegt ein ortsbezogener Bewerbermangel vor oder;
3. es liegen nur wenige geeignete Bewerbungen vor.

Es handelt sich dabei um einen objektiven Tatbestand, der positiv oder negativ festzustellen ist. Ist die Feststellung negativ, ist der Tatbestand nicht erfüllt und es kann keine Rechtsfolge "Ermessensausübung" geben. Ist der objektive Tatbestand "Bewerbermangel" erfüllt, darfst du bei der Ermessensausübung nicht mehr sagen, eigentlich besteht gar kein Bewerbermangel, weil dies in Widerspruch zum objektiven Tatbestand steht. Damit entziehst du dir die Grundlage, um überhaupt Ermessen ausüben zu dürfen.

Nun sagt das BAG, der Bewerber muss die Anerkennung förderlicher Zeiten nicht verlangen. In dem Fall hat der Bewerber das bei Einstellung auch nicht getan. Er hat in dem Fall - und das sagt das BAG auch deutlich - dennoch Anspruch auf die Ermessensausübung.
Das hat zur Konsequenz, dass die Erfüllung des Tatbestands "Mangel an Bewerbern" einer Zäsur unterliegt oder wenigstens losgelöst von der Rechtsfolge der Ermessenausübung zu betrachten ist. Andernfalls hätte das BAG die Aussage "hat Anspruch auf Ermessensausübung, auch ohne es zu fordern" nicht getätigt.
Die Aussage "Bewerber hat Stelle angenommen, ohne Anerkennung förderlicher Zeiten zu fordern", ist mit dem Ergebnis, ein "Mangel an Bewerbern" liegt nicht vor, nicht mit der Aussage des BAG zu vereinbaren.


Hier nochmal das BAG:
Zitat
Zwar kann die Forderung des – einzigen – Bewerbers nach einer höheren als der tariflich für Einstellungen vorgesehenen Vergütung dazu führen, dass der Arbeitgeber seinen Personalbedarf ohne die Berücksichtigung von Zeiten einer förderlichen Tätigkeit nicht decken kann. Daraus folgt aber nicht, dass ein entsprechendes ausdrückliches Verhalten des Bewerbers auch zwingende Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Tarifnorm ist. Dies würde bedeuten, dass das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen vom jeweiligen Verhandlungsgeschick des Bewerbers abhinge. Zudem wäre es einem Arbeitgeber, der in der Vergangenheit für den Bereich, in dem die Stelle besetzt werden soll, keine (geeigneten) Bewerber ohne Anerkennung von Zeiten förderlicher Tätigkeiten gefunden hat, verwehrt, die Berücksichtigung solcher Zeiten von vornherein bei der zu besetzenden Stelle vorzusehen und damit den Bewerberpool – auch unter dem Gesichtspunkt der Bestenauslese (zum Prinzip der Bestenauslese vgl. BAG 1. Dezember 2020 – 9 AZR 192/20 – Rn. 26 f. mwN) – zu erweitern.

Und hier zum Haushaltsargument:
Zitat
Daraus folgt zugleich, dass entgegen der Auffassung der Revision auch die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit iSv. § 7 Abs. 1 Landeshaushaltsordnung (LHO) Rheinland-Pfalz vom 20. Dezember 1971 (zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. November 2019, GVBl. S. 333) das vom beklagten Land angenommene subjektive Element nicht erfordern. Das Gebot der Wirtschaftlichkeit verlangt lediglich, die günstigste Relation zwischen dem verfolgten Zweck und den dafür einzusetzenden Mitteln anzustreben. Das Gebot der Sparsamkeit als Unterfall der Wirtschaftlichkeit (Dittrich Bundeshaushaltsordnung § 7 BHO Stand Juli 2020 Erläuterung Ziff. 2.2; von Lewinski/Burbat Bundeshaushaltsordnung § 7 Rn. 9) bedeutet nicht, dass die öffentliche Hand losgelöst von den Zielen ihres Handelns im konkreten Fall stets verpflichtet ist, möglichst wenig Geld auszugeben. Vielmehr genügt eine Maßnahme dem Gebot der Sparsamkeit, wenn sie wirtschaftlich im Sinne des Minimalprinzips ist. Dieses Prinzip verlangt allerdings keinen Mitteleinsatz auf dem untersten möglichen Niveau, sondern den Einsatz, der im konkreten Fall von der Sache her geboten ist (vgl. Dittrich aaO Stand Juli 2020 Erläuterung Ziff. 2.1, 2.3 und Stand Januar 2019 Erläuterung Ziff. 2.6; von Lewinski/Burbat aaO Rn. 5). Darum ist dem Gebot der Wirtschaftlichkeit einschließlich der Sparsamkeit genügt, wenn objektiv nachvollziehbare Gründe für eine Anwendung des § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L vorliegen (vgl. BAG 5. Juni 2014 – 6 AZR 1008/12 – Rn. 20 mwN, BAGE 148, 217). Dafür ist – wie ausgeführt – nicht erforderlich, dass der zur Einstellung vorgesehene Bewerber die Anerkennung förderlicher Zeiten fordert.
https://www.bundesarbeitsgericht.de/entscheidung/6-azr-254-20/


Ich verstehe deine Ansicht, er hat keine Anerkennung gefordert und die Stelle trotzdem angenommen, folglich ist eine Anerkennung nicht notwendig, um dem Bewerbermangel zu begegnen. Die Meinung kannst du haben, nur widersprichst du damit deutlich der Meinung des BAG. Eine andere Ansicht zu haben ist auch nicht falsch. Wenn es aber um die Erfolgaussichten in einer Sache geht, darfst du die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht außer acht lassen.
Gib mir ein Minus, wenn dir meine Beiträge gefallen. :-)

MoinMoin

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 9,435
Antw:Stufe nachträglich nicht "verhandelbar"?
« Antwort #56 am: 10.04.2025 21:17 »
Wenn ich objektive nachvollziehbare Zweifel habe, dass ich die Stelle nicht besetzen kann, ohne förderliche Zeiten anzuwenden, dann kann ich sie als Massnahme einsetzen. So machen wir es und nutzen es.

Wenn ich eine Ausschreibung erfolgreich mit einem Bewerber besetzen kann, dann besteht jedoch keine Notwendigkeit ihn mittels Anerkennung von förderlichen Zeiten mit mehr Geld zu versorgen.
Ganz im Gegenteil! Ich darf es nicht.


Du willst uns also erzählen, dass das BAG der Meinung ist, dass man trotzdem förderliche Zeiten anerkennen muss?
Kann?
Darf?

Na prima, dass werde ich bei meinem nächstem Rechnungshofbericht berücksichtigen.

Und wenn ich die Stelle ohne Anwendung von förderliche Zeiten mit meinem Wunschkandidaten besetzt bekommen habe, dann darf ups muss, könnte ich ihm rückwirkend, die förderliche Zeiten anerkennen? Weil ich verpasst habe mein Ermessen auszuüben. :P
Und der Rechnungshof darf das nicht bemängeln, weil ich habe nur rückwirkend mein Ermessen ausgeübt. :-\

 Merkst du eigentlich wie lächerlich diese Theorie klingt.
Und du glaubst wirklich, dass das umgesetzt werden kann.

Ich weiß nicht wieviel Einstellungsverfahren du bisher Real betrieben hat.
Oder wieviele Menschen durch dich mehr als den tariflichen Mindestlohn bekommen haben und in wievielen Verwaltungen du in echt unterwegs warst.

Ich weiß nicht in welcher Position und mit welchem realem Wissen du unterwegs bist, aber wenn du dass tatsächlich erfolgreich vor einer Rüge des Rechnungshofes verteidigen kannst, bzw. für einige meiner Kollegen vor Gericht durchsetzen kannst, dann hätte ich da ein lukrativen Job für dich. Melde dich per PM.

Bis dahin, treibe ich die Bewerber dahin, dass sie das Pokerspiel aktiv mitbetreiben und die Aussage tätigen, ich muss mir überlegen, ob ich die Stelle annehme, wenn meine förderliche Zeiten nicht anerkannt werden.

Denn das spart mir hinterher die Diskussion mit dem Haushältern, dem Rechnungshof und anderen Menschen, die auf dem Geld sitzen. Und dort nutzen deine verwaltungsrechtlichen Theorien reichlich wenig und deine Interpretationen der BAG Urteile zeigen nur wie man vorgehen darf, aber nicht wie man vorgehen muss.

Und wenn ein Mensch den AV ohne zu zucken unterschreibt, obwohl ich ihm mehr geben könnte und sogar wollte, dann ist dein Vorschlag: Hau Raus das Geld, BAG gibt dir grünes Licht und du machst damit nichts falsch.
Und ich habe schon eine Menge Einstellungen begleitet und auch schon einer Menge Menschen im TVL zu Zulagen verholfen.
Schön wäre es wenn die reale Welt so wäre wie du sie dir zurecht legst.

Feivel

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 36
Antw:Stufe nachträglich nicht "verhandelbar"?
« Antwort #57 am: 11.04.2025 07:49 »
Die Intervention hatte ich bereits in Einzelgesprächen. Ich drücke es mal in ähnlichen Worten aus: Ich bin der Jungspund (m36) und alle hier könnten meine Eltern oder Großeltern sein, haben in allen Belangen mehr Erfahrung und und und...

Und doch ist Erfahrung kein Grund jemanden anzuschreien. Respektlosigkeit ist nie in Ordnung.

Korrekt  ;D

Feivel

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 36
Antw:Stufe nachträglich nicht "verhandelbar"?
« Antwort #58 am: 11.04.2025 08:35 »
Na ja, ich sage es mal so: Ich war der Meinung, dass ich gut vorbereitet war, zumindest aus fachlicher Sicht.
Im Vorfeld hatte ich damals ein Gespräch mit den Personalern geführt, die mir von vornherein gesagt haben, dass die Kommune Quereinsteigende ausschließlich in Stufe 1 einstellt. Dazu kam noch, dass das Bewerbungsgespräch online stattfand (total ungewohnt) und ich nach der Bundeswehr ohnehin jetzt nicht so das Selbstbewusstsein ausgestrahlt habe, um das Thema trotzdem breitzuschlagen.

Ich habe nur ein wenig gefrotzelt, "Wer den Schaden hat..." - das wird mir hier sonst alles zu trocken. Da kann ich ja gleich in den ÖD gehen.

Die Nummer mit der "1" sollte sich jetzt ja erledigt haben, für zukünftige Gespräche bist Du gewappnet. Bei mir gab es damals zudem auch einen wesentlichen Unterschied: Endstufe. Den "17.2er" hatte ich dabei nicht vor Augen, kam in meiner damaligen Situation logischerweise nicht zum Tragen.

Ja, für zukünftige Gespräche definitiv. Ich werde nach meinem Urlaub auch mit den Personalern über die Laufzeitverkürzung sprechen, ansonsten werden meine bisherigen Projekte nicht fertig.
Ne, ist ja auch nicht so, dass man jeden Mist kennt und weiß. Das sagt einem ja auch keiner. Gut, dass es solche Plattformen wie diese hier gibt, bei denen man sich austauschen kann.

Ach, das frotzeln kann ich ab, mache ich ja auch. Ist nur durch den beruflichen Alltag etwas eingeschlafen.

Zitat
Zitat
(...) Ich bin der Jungspund (m36) und alle hier könnten meine Eltern oder Großeltern sein, haben in allen Belangen mehr Erfahrung und und und...

Herrje, "Unter den Talaren - Muff von 1000 Jahren...". Wechsel am besten den AG, das klingt nach "ÖD in Bestform" - aber auch diese "Führungsunkultur" wird früher oder später aussterben.

Ich wünsche Dir für die Zukunft ein gut vorbereitetes (sry!) und glückliches Händchen.

Wasser predigen und Wein trinken...das beschreibt die Führungskultur ganz gut. Man hat hier zwar auch erkannt, dass die anderen Kommunen deutlich moderner sind und man nachziehen muss, aber das wird wohl noch Jahre dauern.

Ich danke Dir, künftig bin ich deutlich besser aufgestellt  ;D

MoinMoin

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 9,435
Antw:Stufe nachträglich nicht "verhandelbar"?
« Antwort #59 am: 11.04.2025 09:32 »
Ja, für zukünftige Gespräche definitiv.
Damit bei uns sowas, wie es dir widerfahren ist, nicht passiert und man dann irgendwann frustrierte Mitarbeiter hat, klären wir im Vorstellungsgespräch die Menschen darüber auf, welchen Verhandlungsspielraum es gibt und welche Entwicklungsmöglichkeiten.
Insbesondere was den Einsatz von förderliche Zeiten angeht. Wir machen uns vorher darüber Gedanke, welche Zeiten es beim Bewerber gibt, die man als förderlich ansehen kann, erläutern dieses und fragen ab, zu welchen Bedingungen die Bewerber sofort einer Einstellung zustimmen würden und bei welchen sie sich es überlegen würden.
Das erleichtert ungemein die Erstellung der Auswahlvermerke und der darauf folgenden Einstellungsvermerke inkl. der Begründung über die Gewährung der förderlichen Zeiten.

Und wenn dann jemand ohne Anerkennung von fZ eingestellt wird, kann er sich hinterher nicht darüber beklagen.