ja tariflich steht es dem AG frei förderliche Zeiten zu verteilen, weil er das "Gefühl" hat damit Personalmangel zu beheben. (und tariflich muss dazu der An nicht fordern! Das ist korrekt.)
Und schön das du mich in meiner Aussage bestätigst: oder ob er stattdessen das Auswahlverfahren anderweitig abschließt
Du reißt die Aussage aus dem Zusammenhang. Hier die vollständige Aussage des BAG.
aa) Bereits der Wortlaut von § 16 Abs. 2 Satz 4 TV-L lässt darauf schließen, dass ein ausdrückliches Verlangen des Bewerbers nicht zwingend erforderlich ist. Die Formulierung „kann der Arbeitgeber … zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit … berücksichtigen, wenn diese … förderlich ist“ bringt nur zum Ausdruck, dass die Berücksichtigung dieser Zeiten und das dadurch in der höheren Stufe erzielte Entgelt zur Deckung des Personalbedarfs notwendig ist, also ein konkreter Arbeitsplatz mit dem ansonsten zustehenden Tarifentgelt nicht anforderungsgerecht besetzt werden kann (vgl. Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV E § 16 Stand Februar 2010 Rn. 28). Damit haben die Tarifvertragsparteien die Möglichkeit einer höheren Stufenzuordnung durch die Berücksichtigung von Zeiten förderlicher Tätigkeiten allein an das Vorliegen einer objektiv bestehenden Schwierigkeit, den Personalbedarf zu decken, geknüpft. Ist das der Fall, steht es nach ihrem Willen dem Arbeitgeber frei, ob er diesem Problem durch die Berücksichtigung förderlicher Zeiten bei der Einstellung zB des bestgeeigneten Bewerbers begegnet,
[oder]
ob er stattdessen die Stellenbesetzung verschiebt
oder
ob er sich mit einem anderen Bewerber begnügt (vgl. Fieberg aaO Rn. 30).
Anhaltspunkte dafür, dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien darüber hinaus der konkrete Bewerber eine entsprechende ausdrückliche Forderung stellen muss, weil ein vorbehaltsloser Vertragsabschluss von vornherein das Vorliegen von Personalgewinnungsschwierigkeiten ausschlösse, haben in der Tarifnorm keinen Niederschlag gefunden.[/u]
Anderweitig beenden bedeutet hier nicht, der Bewerber wird ohne Ermessensausübung bei den förderlicehen Zeiten eingestellt. Das BAG nennt sogar anderweitige Alternativen (s. letztes Zitat).
Anderweitig bedeutet auch nicht, der Bewerber schließt den Vertrag vorbehaltlos oder verlangt die Anerkennung förderlicher Zeiten nicht. Das steht nun auch schon da.
Wie soll denn deiner Meinung nach anderweitig aussehen?
Ergo: Er muss sie nicht anerkennen, so wie du behauptest.
Er ist verpflichtet Ermessen auszuüben. Das habe ich nun auch schon mehrfach gesagt. Das Ermessen ist pflichtgemäß und zweckentsprechend auszuüben.
Liegt ein Bewerbermangel vor und bestehen förderlicher Zeiten, ist im Ergebnis Ermessen auszuüben.
Es wurde aufgezeigt, dass Bewerbermangel nicht bedeutet, dass es nur einen Bewerber geben muss.
Es wurde aufgezeigt, was förderliche Zeiten sind. Die Definition ist auf kommunaler Ebene identisch, da die Defintion in den Durchführungshinweisen des BMI vom BAG stammt (BAG vom 23.9.2010 – 6 AZR 174/09 – ZTR 2011, 23; BAG vom 12.9.2013, 6 AZR 512/12 – ZTR 2014, 85; BAG vom 21.11.2013 – 6 AZR 23/12 – ZTR 2014, 148). Das BMI hat in seinen Durchführungshinweisen zu § 16 die Quelle vergessen (
https://www.bmi.bund.de/RundschreibenDB/DE/2024/RdSchr_20240530.html S. 10). Es muss sich nicht um dieselbe Entgeltgruppe handeln. Auch förderliche Zeiten als Selbstständiger können berücksichtigt werden (BAG vom 5.6.2014 – 6 AZR 1008/12 – ZTR 2014, 530, rehm Verlag zu § 16 TV-L).
Es wurde aufgezeigt, dass der Bewerber die Berücksichtigung nicht verlangen muss (BAG, Urteil vom 15.10.2021, 6 AZR 254/20).
Rechtsfolge: Ermessen ist auszuüben.
Die große Kunst ist das Ermessen richtig auszuüben. Der Tarifvertrag gibt ja nun schon eine Richtung vor (Tatbestand). Jetzt klang es schon so an, als ob es Bewerbermangel in benachbarten Kommunen gibt. Ob das für die konkrete Stelle auch zutrifft, ist noch festzustellen. Es dürfte aber recht sicher fast überall im öD Bewerbermangel geben. Bewerbermangel ist ein objektives Kriterium. Was Mangel ist darf der AG nicht subjektiv entscheiden.
Es gibt sehr wahrscheinlich förderliche Zeiten.
Du willst die Stelle besetzen, also musst du den besten Bewerber nehmen. Oder du besetzt die Stelle später oder nicht (anderweitig). Andere Möglichkeiten, wie bspw. Besetzung von vornherein mit dem Zweitbesten, sind rechtswidrig.
Der Bewerber muss die Anerkennung nicht verlangen.
Was bleibt denn nun im Lichte des Zwecks (Besetzung Stelle bei objektivem Bewerbermangel) und unter den genannten Umständen in der Rechtsprechung noch übrig?
Nichts anerkennen, obwohl du die Person bei objektivem Bewerbermangel eingestellt hast?
Das wäre nicht zweckentsprechend.
Einfach "nicht wollen", wäre nicht zweckentsprechend.
Jedenfalls wäre auch eine negative Ermessensentscheidung zu dokumentieren. Eine Nichtdokumentation ist ein Ermessensfehler (Ermessensnichtgebrauch).
Und daher muss er um sich hier abzusichern eben doch eine Forderung vom An haben, damit er nicht der Geldverschleuderung angeklagt werden kann.
Ansprüche aus dem Tarifvertrag müssen nicht verlangt oder verhandelt werden. Sie sind durch geschlossenen Vertrag Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Oder verlangst du jeden Monat dein Arbeitsentgelt, damit der AG es zahlt bzw. zahlen muss?