Autor Thema: Zaehlung von Arbeitszeiten bzgl. WissZeitVG  (Read 1006 times)

mangrove

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Zaehlung von Arbeitszeiten bzgl. WissZeitVG
« am: 22.04.2025 13:43 »
Hallo,

ich versuche zu verstehen, wie man Vertragszeiten bzgl. des WissZeitVG zaehlt. Leider hoere ich bis heute noch verschiedene Antworten dazu, obwohl ich glaube, dass das doch gar nicht so schwer sein kann.

Seit meinem Doktortitel hatte ich drei befristete Arbeitsverhaeltnisse (TV-L E13) als Postdoc an ein- und derselben Uni im Land BW. Chronologisch:
1) 6 Monate (Landesstelle)
2) 3 Jahre (projektgebundne DFG-Stelle)
3) 1 Jahr 10,5 Monate (Landesstelle)

Ausserdem hatte ich noch ein paar kurze Werkvertraege und auch Stellen im Ausland, aber da bin ich mir recht sicher, dass diese irrelevant sind.

Meine totale Zeit im TV-L waren 5 Jahre und 4,5 Monate, aber ich weiss nicht, ob die 3 Jahre auf der DFG-Stelle da reinzaehlen?

Z.B. schreibt die Uni Mainz: "Drittmittel-Beschäftigungen werden auf die Qualifizierungsphase (6+6/9 Jahre) angerechnet." Das klingt fuer mich als ob die 3 Jahre DFG-Stelle mitgezaehlt wuerden? Andere Quellen sagen mir, dass diese Stelle nicht mitgezaehlt wird.


Meine Frage: Fuer welchen Zeitraum darf ich noch befristete Landesstellen nach dem WissZeitVG annehmen? 7,5 Mon. oder doch 3 J + 7,5 Mon.?

Rowhin

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Antw:Zaehlung von Arbeitszeiten bzgl. WissZeitVG
« Antwort #1 am: 22.04.2025 14:02 »
Siehe zum Beispiel:

Zitat
Irrtum 4: "Drittmittelbefristungen sind nicht anrechenbar im Rahmen der Höchstbefristungsdauer aus Paragraf 2 Absatz 1 WissZeitVG."

Nach Ausschöpfung der Höchstbefristungsdauer aus Paragraf 2 Absatz 1 WissZeitVG sind zwar Drittmittelbefristungen nach Paragraf 2 Absatz 2 WissZeitVG möglich. Dies bedeutet allerdings nicht, dass drittmittelbefristete Verträge im Rahmen der Berechnung der bereits genutzten Zeiten nicht berücksichtigt werden. Auf die in Absatz 1 geregelte zulässige Befristungsdauer sind alle befristeten Arbeitsverhältnisse mit mehr als einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit anzurechnen, die mit einer deutschen Hochschule oder einer Forschungseinrichtung abgeschlossen wurden (siehe Paragraf 2 Absatz 3 WissZeitVG).

Selbiger besagt:

Zitat
(3) Auf die in Absatz 1 geregelte zulässige Befristungsdauer sind alle befristeten Arbeitsverhältnisse mit mehr als einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit, die mit einer deutschen Hochschule oder einer Forschungseinrichtung im Sinne des § 5 abgeschlossen wurden, sowie entsprechende Beamtenverhältnisse auf Zeit und Privatdienstverträge nach § 3 anzurechnen. Angerechnet werden auch befristete Arbeitsverhältnisse, die nach anderen Rechtsvorschriften abgeschlossen wurden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Arbeitsverhältnisse nach § 6 sowie vergleichbare studienbegleitende Beschäftigungen, die auf anderen Rechtsvorschriften beruhen.

Die Uni Mainz bewegt sich also da durchaus im Rechtsrahmen.

mangrove

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Antw:Zaehlung von Arbeitszeiten bzgl. WissZeitVG
« Antwort #2 am: 22.04.2025 14:35 »
Das verstehe ich jetzt so, dass ich noch 7,5 Monate nach WissZeitVG § 2 Abs. 1 habe.


Nun steht aber auch in WissZeitVG § 2 Abs. 1 (und das war mir komplett neu):
Zitat
die zulässige Befristungsdauer verlängert sich in dem Umfang, in dem Zeiten einer befristeten Beschäftigung nach Satz 1 und Promotionszeiten ohne Beschäftigung nach Satz 1 zusammen weniger als sechs Jahre betragen haben.

Das verstehe ich so, dass ich auf diese 7,5 Monate soviel Zeit dadrauf addieren kann, wie ich von den 6 Jahren vor der Promotion nicht gebraucht habe.

Dabei wird es interessant: Ich hatte mehrere Vertraege als stud. Hilfskraft (davon einige, die mit meinem Fach nichts zu tun haben) und auch als wiss. Hilfskraft. Zaehlen diese Vertraege mit?
Meiner Meinung nach wuerden nur solche Vertraege mitzaehlen, die mit meinem Fach zu tun haben und einen Umfang von "mehr als ein Viertel der regelmaessigen Arbeitszeit" haben (also etwa ab 43 Std./Monat).


Meine Promotion habe ich dann im Ausland auf einem Stipendium gemacht. Wie zaehlt so etwas?

Rowhin

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Antw:Zaehlung von Arbeitszeiten bzgl. WissZeitVG
« Antwort #3 am: 22.04.2025 14:54 »

Dabei wird es interessant: Ich hatte mehrere Vertraege als stud. Hilfskraft (davon einige, die mit meinem Fach nichts zu tun haben) und auch als wiss. Hilfskraft. Zaehlen diese Vertraege mit?

Nein, normalerweise nicht. Es sei denn, sie lagen nach dem Abschluss / waren spezifisch forschungsbezogen. Siehe bspw.:

Zitat
Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 WissZeitVG sind auf die zulässige Befristungsdauer des nicht promovierten wissenschaftlichen Personals von 6 Jahren nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG alle befristeten Arbeitsverhältnisse mit mehr als einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit anzurechnen, die mit einer deutschen Hochschule oder einer Forschungseinrichtung i. S. d. § 5 WissZeitVG abgeschlossen wurden. Zudem sind auch Beschäftigungszeiten, die im Rahmen eines während des Studiums begründeten befristeten Arbeitsverhältnisses als studentische Hilfskraft erbracht wurden, nach § 2 Abs. 3 WissZeitVG ab dem Zeitpunkt des Abschlusses des Studiums auf die Höchstbefristungsdauer anzurechnen. Dagegen sind Zeiten eines befristeten Arbeitsverhältnisses, die vor dem Abschluss des Studiums liegen, nach § 2 Abs. 3 Satz 3 WissZeitVG von der Anrechnung ausgenommen.

Voraussetzung für die Anrechnung nach § 2 Abs. 3 WissZeitVG ist, dass der Arbeitnehmer seine Beschäftigung auch zur wissenschaftlichen Qualifikation nutzen konnte. Andere Beschäftigungen an Hochschulen, z. B. reine Verwaltungstätigkeiten, sind nicht ausreichend.

Meiner Meinung nach wuerden nur solche Vertraege mitzaehlen, die mit meinem Fach zu tun haben und einen Umfang von "mehr als ein Viertel der regelmaessigen Arbeitszeit" haben (also etwa ab 43 Std./Monat).

Korrekt.

Meine Promotion habe ich dann im Ausland auf einem Stipendium gemacht. Wie zaehlt so etwas?

Auch dazu verweise ich auf den F&L Link oben:

Zitat
Irrtum 8: "Eine Promotion im Ausland ist nicht anrechenbar."

Richtig ist, dass Beschäftigungszeiten im Ausland nicht nach Paragraf 2 Absatz 3 WissZeitVG angerechnet werden dürfen. Davon zu unterscheiden ist jedoch die Berechnung der Ersparniszeit nach Paragraf 2 Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 2 WissZeitVG. Bei der Ermittlung des die Postdoc-Phase verlängernden Zeitraums ist die gesamte Promotionszeit zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob sie im Inland oder im Ausland absolviert wurde (BAG, Urteil vom 23.3.2016 – 7 AZR 70/14).

mangrove

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Antw:Zaehlung von Arbeitszeiten bzgl. WissZeitVG
« Antwort #4 am: 22.04.2025 15:14 »

Dabei wird es interessant: Ich hatte mehrere Vertraege als stud. Hilfskraft (davon einige, die mit meinem Fach nichts zu tun haben) und auch als wiss. Hilfskraft. Zaehlen diese Vertraege mit?

Nein, normalerweise nicht. Es sei denn, sie lagen nach dem Abschluss / waren spezifisch forschungsbezogen. Siehe bspw.:

Zitat
Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 WissZeitVG sind auf die zulässige Befristungsdauer des nicht promovierten wissenschaftlichen Personals von 6 Jahren nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG alle befristeten Arbeitsverhältnisse mit mehr als einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit anzurechnen, die mit einer deutschen Hochschule oder einer Forschungseinrichtung i. S. d. § 5 WissZeitVG abgeschlossen wurden. Zudem sind auch Beschäftigungszeiten, die im Rahmen eines während des Studiums begründeten befristeten Arbeitsverhältnisses als studentische Hilfskraft erbracht wurden, nach § 2 Abs. 3 WissZeitVG ab dem Zeitpunkt des Abschlusses des Studiums auf die Höchstbefristungsdauer anzurechnen. Dagegen sind Zeiten eines befristeten Arbeitsverhältnisses, die vor dem Abschluss des Studiums liegen, nach § 2 Abs. 3 Satz 3 WissZeitVG von der Anrechnung ausgenommen.

Voraussetzung für die Anrechnung nach § 2 Abs. 3 WissZeitVG ist, dass der Arbeitnehmer seine Beschäftigung auch zur wissenschaftlichen Qualifikation nutzen konnte. Andere Beschäftigungen an Hochschulen, z. B. reine Verwaltungstätigkeiten, sind nicht ausreichend.

Aus dem zitierten Gesetz entnehme ich, dass rundum alle Vertraege vor dem Abschluss (Diplom in meinem Fall) irrelevant sind, auch wenn sie fachbezogen waren. Richtig?



Zitat
Irrtum 8: "Eine Promotion im Ausland ist nicht anrechenbar."

Richtig ist, dass Beschäftigungszeiten im Ausland nicht nach Paragraf 2 Absatz 3 WissZeitVG angerechnet werden dürfen. Davon zu unterscheiden ist jedoch die Berechnung der Ersparniszeit nach Paragraf 2 Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 2 WissZeitVG. Bei der Ermittlung des die Postdoc-Phase verlängernden Zeitraums ist die gesamte Promotionszeit zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob sie im Inland oder im Ausland absolviert wurde (BAG, Urteil vom 23.3.2016 – 7 AZR 70/14).

Wie lang ist die "gesamte Promotionszeit" bei einem Stipendium? Z.B. tut sich die Uni (zumindest an meiner Uni) stets sehr schwer Promotionszeiten bei der Ermittlung der richtige Stufe zu beruecksichtigen, d.h. die mehrjaehrige Promotionszeit wird standardmaessig nicht als Erfahrung anerkannt (mit der Begruendung, dass es keine soz.-vers.-pfl. Beschaeftigung ist).

Wenn es um das WissZeitVG geht, dann wird so etwas aber sofort mitgezaehlt? Und wenn ja, wie? Ich hatte auch Phasen in meiner Promotionszeit, in der ich kein Einkommen hatte (und auch kein Stipendium).

Rowhin

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Antw:Zaehlung von Arbeitszeiten bzgl. WissZeitVG
« Antwort #5 am: 23.04.2025 11:59 »

Dabei wird es interessant: Ich hatte mehrere Vertraege als stud. Hilfskraft (davon einige, die mit meinem Fach nichts zu tun haben) und auch als wiss. Hilfskraft. Zaehlen diese Vertraege mit?

Nein, normalerweise nicht. Es sei denn, sie lagen nach dem Abschluss / waren spezifisch forschungsbezogen. Siehe bspw.:

Zitat
Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 WissZeitVG sind auf die zulässige Befristungsdauer des nicht promovierten wissenschaftlichen Personals von 6 Jahren nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG alle befristeten Arbeitsverhältnisse mit mehr als einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit anzurechnen, die mit einer deutschen Hochschule oder einer Forschungseinrichtung i. S. d. § 5 WissZeitVG abgeschlossen wurden. Zudem sind auch Beschäftigungszeiten, die im Rahmen eines während des Studiums begründeten befristeten Arbeitsverhältnisses als studentische Hilfskraft erbracht wurden, nach § 2 Abs. 3 WissZeitVG ab dem Zeitpunkt des Abschlusses des Studiums auf die Höchstbefristungsdauer anzurechnen. Dagegen sind Zeiten eines befristeten Arbeitsverhältnisses, die vor dem Abschluss des Studiums liegen, nach § 2 Abs. 3 Satz 3 WissZeitVG von der Anrechnung ausgenommen.

Voraussetzung für die Anrechnung nach § 2 Abs. 3 WissZeitVG ist, dass der Arbeitnehmer seine Beschäftigung auch zur wissenschaftlichen Qualifikation nutzen konnte. Andere Beschäftigungen an Hochschulen, z. B. reine Verwaltungstätigkeiten, sind nicht ausreichend.

Aus dem zitierten Gesetz entnehme ich, dass rundum alle Vertraege vor dem Abschluss (Diplom in meinem Fall) irrelevant sind, auch wenn sie fachbezogen waren. Richtig?

Das dürfte in den meisten Fällen so korrekt sein, ja.

Irrtum 8: "Eine Promotion im Ausland ist nicht anrechenbar."

Richtig ist, dass Beschäftigungszeiten im Ausland nicht nach Paragraf 2 Absatz 3 WissZeitVG angerechnet werden dürfen. Davon zu unterscheiden ist jedoch die Berechnung der Ersparniszeit nach Paragraf 2 Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 2 WissZeitVG. Bei der Ermittlung des die Postdoc-Phase verlängernden Zeitraums ist die gesamte Promotionszeit zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob sie im Inland oder im Ausland absolviert wurde (BAG, Urteil vom 23.3.2016 – 7 AZR 70/14).

Wie lang ist die "gesamte Promotionszeit" bei einem Stipendium? Z.B. tut sich die Uni (zumindest an meiner Uni) stets sehr schwer Promotionszeiten bei der Ermittlung der richtige Stufe zu beruecksichtigen, d.h. die mehrjaehrige Promotionszeit wird standardmaessig nicht als Erfahrung anerkannt (mit der Begruendung, dass es keine soz.-vers.-pfl. Beschaeftigung ist).

Wenn es um das WissZeitVG geht, dann wird so etwas aber sofort mitgezaehlt? Und wenn ja, wie? Ich hatte auch Phasen in meiner Promotionszeit, in der ich kein Einkommen hatte (und auch kein Stipendium).

Fast so, als wäre das WissZeitVG ein Fehlgriff...wenn auch mit ursprünglich guter Intention. Aber ja, dazu gibt es leider keine 100%ig griffige bzw. rechtssichere Anleitung/Kategorisierung/whatever. Im Endeffekt hängt es von der Personalabteilung der Uni und deren Angst vor dem örtlichen Rechnungshof ab. Sehr frustrierend.

mangrove

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Antw:Zaehlung von Arbeitszeiten bzgl. WissZeitVG
« Antwort #6 am: 23.04.2025 15:02 »
Ob das WissZeitVG gut oder schlecht ist, sei mal dahin gestellt. Wenn es wenigstens fuer den Laien halbwegs leserlich und interpretierbar waere...

Danke fuer deinen Input, ich glaube ich kann jetzt meine Situation ausrechnen (so ungefaehr zumindest).

Rowhin

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Antw:Zaehlung von Arbeitszeiten bzgl. WissZeitVG
« Antwort #7 am: 23.04.2025 15:11 »
Ob das WissZeitVG gut oder schlecht ist, sei mal dahin gestellt. Wenn es wenigstens fuer den Laien halbwegs leserlich und interpretierbar waere...

Mir würde es schon reichen, wenn es rechtssicher für die Personalabteilungen wäre ;)

Danke fuer deinen Input, ich glaube ich kann jetzt meine Situation ausrechnen (so ungefaehr zumindest).

Viel Erfolg dabei und auch weiterhin!