Autor Thema: Ausschluss von Leistungen in der PKV  (Read 1433 times)

Hobbyjurist

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Ausschluss von Leistungen in der PKV
« am: 26.05.2025 14:22 »
Private Krankenversicherungen nehmen bekanntlich eine Risikoprüfung auf Basis von Gesundheitsfragen vor. Als Ergebnis können eine Normalannahme oder auch Beitragszuschläge, Leistungsausschlüsse, Leistungseinschränkungen oder eine Ablehnung des Antrags auf Versicherung stehen. Beamtinnen und Beamte mit Vorerkrankungen können die Öffnungsaktion in Anspruch nehmen. Risikozuschläge sind dann auf 30 % begrenzt, Leistungsausschlüsse soll es nicht geben.

Die PKV leistet aber trotzdem nicht in jedem Fall. So gibt es z.B. die Kriegsklausel und manch andere Bestimmungen. Aber auch für laufende, geplante und angeratene Behandlungen wird nicht geleistet, und genau dazu habe ich eine Frage. In den Allgemeinen Versicherungsbedingungen nahezu aller Unternehmen heißt es oft wortgleich:

„Der Versicherungsschutz
§ 1 Gegenstand, Umfang und Geltungsbereich des Versicherungsschutzes

(2) Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen. Der Versicherungsfall beginnt mit der Heilbehandlung; er endet, wenn nach medizinischem Befund Behandlungsbedürftigkeit nicht mehr besteht. Muss die Heilbehandlung auf eine Krankheit oder Unfallfolge ausgedehnt werden, die mit der bisher behandelten nicht ursächlich zusammenhängt, so entsteht insoweit ein neuer Versicherungsfall. Als Versicherungsfall gelten auch

a) Untersuchung und medizinisch notwendige Behandlung wegen Schwangerschaft und die Entbindung,
b) ambulante Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nach gesetzlich eingeführten Programmen (gezielte Vorsorgeuntersuchungen),
c) Tod, soweit hierfür Leistungen vereinbart sind.

§ 2 Beginn des Versicherungsschutzes

(1) Der Versicherungsschutz beginnt mit dem im Versicherungsschein bezeichneten Zeitpunkt (Versicherungsbeginn), jedoch nicht vor Abschluss des Versicherungsvertrages (insbesondere Zugang des Versicherungsscheines oder einer schriftlichen Annahmeerklärung) und nicht vor Ablauf von Wartezeiten. Für Versicherungsfälle, die vor Beginn des Versicherungsschutzes eingetreten sind, wird nicht geleistet. Nach Abschluss des Versicherungsvertrages eingetretene Versicherungsfälle sind nur für den Teil von der Leistungspflicht ausgeschlossen, der in die Zeit vor Versicherungsbeginn oder in Wartezeiten fällt. Bei Vertragsänderungen gelten die Sätze 1 bis 3 für den hinzukommenden Teil des Versicherungsschutzes.“


Ein Beispiel, was ich dazu gefunden habe, ist eine laufende Zahnbehandlung, die vor dem Wechsel in die PKV begonnen hat. Die Zahnbehandlung muss noch gar nicht mal begonnen haben, es genügt auch ein Röntgenbild, aus dem der Behandlungsbedarf hervorgeht. Interessant wäre in solchen Fällen erstmal, wer für solche Versicherungsfälle im Übergangszeitraum des Versicherungswechsels überhaupt leistet. Die PKV schon mal nicht, wie sieht es mit der GKV aus, bei der dann keine Mitgliedschaft mehr besteht, wie sieht es mit der Beihilfe aus? Oder leistet gar niemand und der Versicherte zahlt alles allein?

Viel wichtiger schien mir beim Lesen der AVB jedoch die Frage zu sein, wie für bereits vor dem Wechsel in die PKV bestehende chronische Krankheiten mit Dauermedikation und regelmäßigen Kontrolluntersuchungen geleistet wird. An den Formulierungen in den AVB ist erstmal verwirrend, dass nach § 1 ein Versicherungsfall einen Beginn und ein Ende hat, es nach § 2 aber auch den Eintritt eines Versicherungsfalls gibt, jedoch ohne den Zeitpunkt des Eintretens und dessen Zusammenhang mit Beginn und Ende des Versicherungsfalls näher zu definieren.

Wenn ich den § 1 Abs. 2 der AVB versuche zu interpretieren, dann ist die bereits bestehende chronische Krankheit ein einziger Versicherungsfall, der in der Vergangenheit begonnen hat und lebenslang andauert, da ja Behandlungsbedürftigkeit in Form von Dauermedikation und regelmäßigen Kontrollen immer bestehen wird. Wenn Beginn und Eintritt des Versicherungsfalls derselbe Zeitpunkt wären, müsste die PKV daher nicht leisten. Aber genau dieser Eintritt des Versicherungsfalls ist für mich nicht klar genug definiert.

Kann jemand helfen, die Verwirrung aufzulösen?

Saxum

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Antw:Ausschluss von Leistungen in der PKV
« Antwort #1 am: 26.05.2025 20:51 »
Im Regelfall wird es so sein, dass die laufende Behandlung ausgeschlossen wird und es wird, je nach Vereinbarung, dann in z.B. 6 Monaten nochmals geprüft ob dann eine Annahme (des Ausschlusses) zu den regulären Bedingungen möglich ist.

Die Beihilfe sollte eigentlich regulär leisten.

Für die chronischen Fälle wird in der Regel ein Risikozuschlag erhoben oder ein Ausschluss, wer nach dem Beihilferecht berücksichtigungsfähig ist, hat jedoch eine "kleine Absicherung". Die Beihilfe leistet, im Sinne der Fürsorgepflicht, dann auch für Krankheiten die der Versicherer trotz ausreichender und rechtzeitiger Versicherung (dauerhaft) ausgeschlossen hat für die explizite Behandlung je nach Beihilferecht z.B. 20 Prozentpunkte mehr.

Die Alternative dazu ist die bekannte Öffnungsaktion, in der dann nach den Bedingungen keinen Ausschluss gibt aber Risikozuschläge und grundsätzlich nur der Grundtarif.

Für Nicht-Beihilfeberechtigte geht man wohl davon aus, dass durch das überschreiten der JAEG genügend Einkommen vorliegt dass man das selbst zahlen kann, weil der Wechsel ja nicht verpflichtend ist und man weiterhin in der GKV Versichert bleiben kann. Im Falle der Hilfsbedürftigkeit / Sozialhilfebedürftigkeit würde dann in diesen Fällen wohl vermutlich die Krankenhilfe nach § 48 SGB XII einspringen - ansonsten der Basistarif, für den dann auch keine Ausschlüsse gelten.

Keine Gewähr, aber soweit ich weiß.

Hobbyjurist

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Antw:Ausschluss von Leistungen in der PKV
« Antwort #2 am: 30.05.2025 13:40 »
Vielen Dank @Saxum erstmal für die Antwort. Ich habe wieder etwas gelernt, der § 47 Abs. 4 BBhV mit einem abweichenden, um 20 Prozentpunkte höheren Bemessungssatz war mir vorher nicht bekannt. Aber das wäre im Fall der Fälle nur eine Abmilderung, kein vollständiger Ersatz.

Ich habe zwar noch keine AVB für die Öffnungsaktion gesehen, falls es diese überhaupt gibt, jedoch sind die von mir zitierten Paragraphen aus den AVB auch Teil der AVB für den gemeinhin als unattraktiv geltenden Basistarif (siehe https://www.privat-patienten.de/lexikon/begriff/musterbedingungen/), für den keinerlei Risikozuschläge und Leistungsausschlüsse erlaubt sein sollen.

Ich habe es bisher auch nur so gehört, dass es in der Öffnungsaktion keine Leistungsausschlüsse gibt. Damit dürften dann konkret keine Leistungsausschlüsse über die AVB der privaten Versicherer hinaus gemeint sein. Nach meinem Verständnis wäre es nur logisch, wenn die PKV für alle Rechnungen, die ab Versicherungsbeginn gestellt werden, leistet und für alle in der Vergangenheit gestellten nicht.

Nun haben mich aber die § 1 und § 2 der AVB fragend zurückgelassen, zumal mir ein juristischer Hintergrund fehlt. So präzise, wie Beginn und Ende des Versicherungsfalls definiert sind, so sehr fehlt eine genaue Angabe, was unter dem Eintritt des Versicherungsfalls zu verstehen ist. Ist das nun ein Zeitpunkt oder ein Zeitraum, der Beginn der Krankheit, der Zeitpunkt der Rechnungsstellung, ...? Diese Stelle in den AVB ist einfach zu vage formuliert.

Ich kann mir dieses Szenario zwar kaum vorstellen, möchte aber vermeiden, dass zwar eine Versicherung über die Öffnungsaktion mit 30 % Risikozuschlag zustande kommt, der Versicherer aber trotzdem nicht für die chronische Krankheit leistet, weil er sich darauf beruft, dass der Versicherungsfall - die vorher schon bestehende chronische Krankheit - gemäß § 1 in der Vergangenheit begonnen hat und gemäß § 2 für Versicherungsfälle, die vor Beginn des Versicherungsschutzes eingetreten sind, nicht geleistet wird. Dies würde den Sinn und Zweck einer Öffnungsaktion allerdings völlig aushebeln.

Von daher wäre es gut, wenn jemand sagen könnte, dem ist nicht so und meine Sorgen in Bezug auf eine komisch formulierte Versicherungsbedingung sind unbegründet.

Saxum

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Antw:Ausschluss von Leistungen in der PKV
« Antwort #3 am: 01.06.2025 20:37 »
Wenn es auf die Öffnungsaktion hinausläuft, dann sollte eigentlich tatsächlich kein Leistungsausschluss zustande kommen. Ich könnte mir aber eventuell vorstellen, dass die laufende Behandlung "erstmal" ausgeschlossen wird - nicht die ganze Leistung an sich.

Falls also möglich, vielleicht die Behandlung unterbrechen? Ansonsten empfiehlt es sich schlichtweg in Gespräch mit dem Versicherer zu gehen. Ich würde auch vermuten, dass die Kosten beanstandungslos übernommen werden würden.

Jedoch kann ich mir vorstellen dass beim Behandler ohnehin eine "Unterbrechung" stattfinden wird, weil die EBM nicht mit der GOÄ kompatibel ist und daher muss die Behandlung so auf die "neue Abrechnungsart" umgestellt werden.

Hobbyjurist

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Antw:Ausschluss von Leistungen in der PKV
« Antwort #4 am: 02.06.2025 09:50 »
Auch hier nochmal danke für die Antwort @Saxum. Das mit der Unterbrechung der Behandlung und Umstellung der Abrechnungsarten ist ein interessanter Punkt, der mir gar nicht bewusst war.

Ich frage auf jeden Fall vorher nach. Mein Anwendungsfall war eher die Furcht davor, dass der Versicherer lebenslang Leistungen für Medikamente, Hilfsmittel oder Heilmittel für eine chronische Krankheit ausschließt, wenn diese schon vor Versicherungsbeginn bestanden hat.

Saxum

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Antw:Ausschluss von Leistungen in der PKV
« Antwort #5 am: 02.06.2025 10:13 »
Spätestens die Öffnungsaktion sollte eigentlich diese Furcht davor nehmen können, da ja hier keine Leistungsausschlüsse zulässig sind - soweit und solange wahrheitsgemäß alle bekannten risikoerheblichen Vorerkrankungen gemeldet wurden, denn hier greift ja auch immer noch die Anzeigepflicht (vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung).

Ansonsten gibt immer noch im "worst-case-Fall" den Basistarif der auch frei von Leistungsausschlüssen ist, auch wenn der reguläre Tarif diesem deutlich zu bevorzugen ist.

Auch hier kann man immer wieder darauf hinweisen, dass es sich fast immer lohnen kann bei verschiedenen in Frage kommende Versicherer anonyme Risikovorabfragen zu stellen, da die ein und gleichen Vorerkrankungen tatsächlich sehr unterschiedlich bewertet und gewichtet werden. Da ist dann alles von Entfall und von geringem Prozentsatz ohne Öffnungsaktion bis maximal 30% via. Öffnungsaktion und Beihilfeergänzungstarif groß oder klein "alles drin". Selbst wenn es sich "nicht lohnen" würde, hatte man immer noch zumindest ein Lagebild für eine fundierte Entscheidung.

loschi

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Antw:Ausschluss von Leistungen in der PKV
« Antwort #6 am: 04.06.2025 11:52 »
Ich kann Dir aus eigener Erfahrung berichten, dass es - zumindest bei der Debeka - solche Leistungsausschlüsse nicht gibt. Ich habe selbst eine chronische Erkrankung seit meinem 12 Lj, welche kontinuierlich behandelt werden musste und muss und in diesem Fall ist die Debeka/ Beihilfe nach Verbeamtung und damit Wechsel in die PKV über die Öffnungsaktion (mit 30% Risikozuschlag) einfach in die Leistungen bzgl der Behandlung „eingetreten“. Ich hatte das natürlich vor Vertragsabschluss angezeigt und es gab keinerlei Rückfragen oder Diskussionen diesbezüglich. Da es sich um eine recht kostenintensive Behandlung handelt, kann man diese Erfahrung vermutlich verallgemeinern.

Unabhängig von dieser persönlichen Erfahrung wäre es mE auch sinnwidrig, wenn auf Grundlage der Konstruktion der AVB die Behandlung von chronischen Erkrankungen derart ausgeschlossen werden könnte. Das beträfe ja unzählige Krankheitsbilder bis hin zu Allergien o.ä. die Lebenslang ausgeschlossen wären.

Vermutlich wird nicht die einer Behandlung zugrunde liegende Krankheit in Gesamtheit als Versicherungsfall betrachtet, sondern jeder Arztbesuch (Heilbehandlung) auf Grund der (chronischen) Krankheit als solches einzeln.

Zusammengefasst: falls Du eine chronische Erkrankung hast, zeig sie ordnungsgemäß an und wenn der Versicherer Dich damit versichert, musst Du Dir keine Gedanken darüber machen.

Hobbyjurist

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Antw:Ausschluss von Leistungen in der PKV
« Antwort #7 am: 04.06.2025 12:25 »
Danke @loschi, das ist eine hervorragende Antwort! Die Erfüllung der vorvertraglichen Anzeigepflicht nehme ich natürlich sehr ernst und ich werde die Beantwortung der Gesundheitsfragen deshalb auch intensiv und sorgfältig vorbereiten.