1. Die sachbearbeitenden Tätigkeiten einer Sachgebietsleiterin innerhalb des von ihr geleiteten Sachgebiets sind mit ihren Leitungstätigkeiten als ein einheitlicher Arbeitsvorgang zu qualifizieren.
LAG Niedersachsen, Urteil vom 13.1.2023, 6 Sa 139/22 E
Aus den Gründen:
Die Übernahme einer Leitungstätigkeit spricht regelmäßig für einen einheitlichen Arbeitsvorgang, auch wenn im Tarifvertrag kein entsprechendes Funktionsmerkmal vereinbart worden ist (BAG, 12.12.2012 - 4 AZR 199 aus 11 - Rn. 15). Bei der Zuordnung zu einem Arbeitsvorgang können zudem wiederkehrende und gleichartige Tätigkeiten zusammengefasst werden. Dem Arbeitsvorgang hinzuzurechnen sind dabei nach Satz 1 der Protokollerklärung zu § 12 Abs. 2 TVöD-VKA auch Zusammenhangsarbeiten. Das sind solche, die aufgrund ihres engen Zusammenhangs mit einer bestimmten Aufgabe eines Beschäftigten bei der Bewertung zwecks Vermeidung tarifwidriger Atomisierung der Arbeitseinheiten nicht getrennt werden dürfen, sondern diesen hinzuzurechnen sind. Die tarifliche Wertigkeit der verschiedenen Einzeltätigkeiten oder Arbeitsschritte bleibt dabei zunächst außer Betracht. Erst nachdem die Bestimmung des Arbeitsvorganges erfolgt ist, ist dieser anhand der in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmale zu bewerten (BAG, 16.12.2020 - 4 AZR 97/20 - Rn. 13).
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Bei der gebotenen Zugrundelegung dieser Vorgaben sind die in der Arbeitsplatzbeschreibung vom 31.3.2021 unter 4.1.0 und 4.1.1 geschilderten Tätigkeiten als einheitlicher Arbeitsvorgang zu betrachten. Dessen Arbeitsergebnis ist die umfassende Leitung des Sachgebietes (OE 23.01). Die Leitungstätigkeit der Klägerin besteht in der Koordination der im Sachgebiet zu leistende Tätigkeiten, die Organisation dieses Sachgebietes, dessen Vertretung nach innen und außen, die Mitarbeit in entsprechenden Gremien sowie der Ausübung der Personal- und Fachverantwortung. Die einzelnen Tätigkeiten der Klägerin sind dabei insgesamt darauf gerichtet, die im Sachgebiet OE 23 zu bewältigen Aufgaben durch den Einsatz der personellen und finanziellen Ressourcen bestmöglich zu organisieren und zu erledigen. Ihr kommt die Gesamtverantwortung für das Sachgebiet zu. Es mag sein, dass sich zwischen unmittelbaren Leitungstätigkeiten gemäß Ziffer 4.1.0 der Arbeitsplatzbeschreibung und Tätigkeiten der Klägerin im Personal-, Organisation- und Grundsatzangelegenheiten einschließlich Berichtswesen gemäß Ziffer 4.1.1 der Arbeitsplatzbeschreibung unterscheiden ließe, aber letztlich dienen alle Tätigkeiten der Kläger dem Arbeitsergebnis der Leitung ihres Sachgebietes und der ordnungsgemäßen Erfüllung der dort für den Fachbereich (OE 23) zu erledigenden Aufgaben. Diese Leitungsaufgabe übt die Klägerin ununterbrochen während der gesamten Arbeitszeit selbst dann aus, wenn sie sich gerade mit anderen als originären Führungstätigkeiten beschäftigt. Sie muss auch dann jederzeit und sofort in der Lage sein, aktiv durch Erteilung der erforderlichen fachlichen Anordnungen und/oder organisatorischen Vorgaben Leitungsaufgaben in ihrem Sachgebiet wahrzunehmen. Soweit sie selbst Sacharbeiten erledigt, die innerhalb des von ihr betreuten Bereiches anfallen, gehören diese Tätigkeiten als Zusammenhangsarbeiten zu ihrer Leitungstätigkeit (vgl. BAG, 29. 4.9.1992 - 4 AZR 458/91 - Rn. 17; BAG, 23 13. 1996 - 4 AZR 270/95 - Rn. 31). Die der Klägerin übertragene koordinierende Leitungstätigkeit bildet die Klammer zwischen allen Aufgaben, die von ihr auszuüben sind. Ihre Tätigkeit dient insgesamt dem Zweck, den Mitarbeiter- und Sachmitteleinsatz so zu planen, zu organisieren und zu überwachen, dass alle Aufgaben des Sachgebietes optimal erledigt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, sind die damit zusammenhängenden Aufgaben wie Organisation des Gesundheitsschutzes der Mitarbeitenden, Gewinnung von ausreichend qualifizierten Personal einschließlich dessen Fortbildung, Unterstützung der Mitarbeitenden in schwierig gelagerten Fällen, die eigene sachbearbeitende Tätigkeit und das Berichtswesen erforderlich. Durch all diese Tätigkeiten stellt die Klägerin insgesamt sicher, dass sämtliche personalrechtlichen Angelegenheiten der Mitarbeitenden des Fachbereiches rechtlich einwandfrei, sach- und bedarfsgerecht erledigt werden (vgl. LAG Mecklenburg-Vorpommern, 21.6.2022 - 2 Sa 73/21 - Rn. 154-157).
Wenn sich die Leitungstätigkeiten nicht klar zeitlich abtrennen lassen können (Beispiel: Sie ist Leiterin eines anderen Teams und macht Sachbearbeitung für ein anderes Team, sie ist nur morgens Teamleiterin und nachmittags wäre sie es nicht), ist es im Regel ein einheitlicher Arbeitsvorgang.