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Berufsbetreuer -> Einschätzung
Imiak:
Zunächst: Die Betreuungsbehörde oder ein Behördenbetreuer ist in der Tat lediglich als "Ausfallbürge" gedacht: "Kann der Volljährige weder durch eine oder mehrere natürliche Personen noch durch einen Betreuungsverein hinreichend betreut werden, so bestellt das Betreuungsgericht die zuständige Betreuungsbehörde zum Betreuer."
Im Klartext: Die Behörde ist die Notlösung. Wenn sie regelmäßig bestellt wird, dann nur deswegen, weil es nicht mehr genügend selbständige Berufsbetreuer oder Vereinsbetreuer gibt. Das ist kein vom Gesetzgeber gewünschter Zustand.
Dann muss man noch unterscheiden zwischen einem persönlich bestellten "Behördenbetreuer" (den das Gesetz so gar nicht direkt vorsieht, der aber ebenfalls existiert) und der Betreuung durch die "Betreuungsbehörde" als Institution. Von ersterem kann ich nur abraten, denn da ist tatsächlich die Haftungsfrage unklar. Bei der Behörde als Betreuer ist klar, dass Amtshaftung besteht. Bei einem persönlich bestellten Behördenbetreuer ist das eben nicht eindeutig geklärt und ob sich eine Kommune mit einer Haftpflichtversicherung für seine Angestellten beschäftigt, möchte ich mal ernsthaft bezweifeln.
Zur Tätigkeit in der Betreuungsbehörde gibt an sich nur eine Fachkräfteklausel in § 3 BtOG: "Zur Durchführung der Aufgaben der Behörde werden Personen beschäftigt, die sich hierfür nach ihrer Persönlichkeit eignen und die in der Regel entweder eine ihren Aufgaben entsprechende Ausbildung erhalten haben (Fachkräfte) oder über vergleichbare Erfahrungen verfügen."
Der Sachkundenachweis wird da aber m.E. da eher nicht als "entsprechende Ausbildung" gelten. Da das alles aber auch noch recht neu ist, kenne ich keine Rechtsprechung zu dieser Thematik. In den Behörden arbeiten meines Wissens hauptsächlich Sozialarbeiter und die Tätigkeit wird regelmäßig nach TvöD SuE mit S12 vergütet. Was Nicht-Sozialarbeiter in den Betreuungsbehörden bekommen, entzieht sich meiner Kenntnis. Vermutlich etwas vergleichbares in den EG-Gruppen.
--- Zitat ---Da der Personenkreis, der keinen Sachkundenachweis benötig, sehr eingeschränkt ist, sehe ich nicht das fehlende Studium, auch nicht die Tabelle B als Problem.
--- End quote ---
Ein Behördenbetreuer gehört aber lustigerweise genau zu dem Personenkreis, der keinen Sachkundenachweis benötigt. Die Behörde als Institution kann ihn ja nun nicht haben und für einen persönlich bestellten Behördenbetreuer gibt es keinen gesetzlichen Sachkundezwang, denn der gilt nur für registrierte Betreuer.
Abrechnen kann die Behörde als Betreuer oder ein Behördenbetreuer eh nur in wenigen Ausnahmefällen (die Pauschale steht beiden nie zu). Das ist der Hauptgrund, warum die Behörden keine Betreuungen führen wollen (nicht etwa weil die "Sozpäds" das dort alle so fürchten würden). Sie kriegen den Mehraufwand nicht ersetzt.
SüdWest:
--- Zitat von: UNameIT am 28.08.2025 09:37 ---
Ich gehe davon aus, du machst den Sachkundelehrgang - das sind min. 270 Zeitstunden.
Ob du die E10 bekommst hängt von der Behörde ab - bei uns bekommen auch normale Sachbearbeiter in der Ausländerbehörde ohne Studium E9c/E10. Es kann einfach passieren, dass sie dich dann wie tariflich vorgesehen eine Stufe niedriger eingruppieren. Probieren würde ich es auf jedenfall.
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Sachkundelehrgang - Sachkundenachweis. Genau dieser ist es!
Ja, bei der Ausländerbehörde könnte ich direkt in die 10, die machen das ohne Probleme. Dann müsste ich nur zum Land wechseln und auf diese Behörde habe ich einfach keinen Bock. Ich weiß, du hast es als Beispiel gemeint. Die hatten bei uns eine Abwerbaktion gestartet.
Grüße
Imiak:
Gehört deine Behörde denn zu denen, die bereits regelmäßig Behördenbetreuungen führen müssen? Ansonsten macht es überhaupt keinen Sinn, sich da als "Behördenbetreuer" zu bewerben. Wie gesagt, wollen tut das keine Behörde, aus den oben genannten Gründen. Bedenke auch, dass die Betreuungsbehörde dann in der Regel auch eher die "Kracherfälle" selbst führen muss und nicht etwa die angenehmen alten Omis im Pflegeheim.
Das frage ich aus professionellem Interesse. Mich interessiert tatsächlich, wie viele Behörden das bereits betrifft. Nach mir bekannten aktuellen Erhebungen sind das nämlich bislang nur sehr wenige.
Und es sei hier noch mal klargestellt: Der Sachkundelehrgang ist keine Ausbildung. Er steht auch keiner Ausbildung gleich. Dass das so ist, merkt man beispielsweise daran, dass ein Mensch ohne irgendeine abgeschlossene Ausbildung aber mit abgeschlossenem Sachkundelehrgang immer noch in der niedrigsten Vergütungsstufe landet.
Imiak:
--- Zitat von: Fettschwanzmaki am 27.08.2025 20:47 ---Der Sachkundenachweis wird eigentlich nur verlangt, damit nicht "der letzte Honk" mit dieser verantwortungsvollen Arbeit betraut werden kann. Generell wird es hier sehr gern gesehen, wenn die Bewerber über entsprechende Qualifikationen/Kenntnisse verfügen, aber auch da herrscht mittlerweile ein erheblicher Mangel an geeigneten Nachwuchs.
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Es wird nicht nur "gern gesehen". Der Sachkundenachweis ist seit 2023 zwingende Voraussetzung für eine Tätigkeit als beruflicher Betreuer (ob selbständig oder im Verein angestellt). Ohne einen solchen Nachweis wird man nicht mehr für diese Tätigkeit zugelassen. Seit 2023 ist auch ausschließlich die Betreuungsbehörde dafür zuständig, Berufsbetreuer zuzulassen. Der gerne auch genommene "Umweg" über das Gericht ist nicht mehr möglich.
Es gibt verschiedene Wege, diese Sachkunde nachzuweisen - bei Juristen mit zweiten Staatsexamen und Absolventen eines Studiums der Sozialen Arbeit gilt er automatisch als erbracht - aber daran vorbei führt kein Weg mehr. Der angesprochene Mangel war zwar schon länger da, aber die Notwendigkeit des Sachkundenachweises verstärkt ihn.
Das ist aber - wie bereits erwähnt - alles bei der Betreuungsbehörde und dem Behördenbetreuer irrelevant. Beide benötigen den Sachkundenachweis überhaupt nicht, denn da findet kein Registrierungsverfahren statt.
--- Zitat ---Ich sehe bei Dir eher das Problem eines fehlenden Studiums, um nach Verg.tabelle C entlohnt zu werden. Ich weiß nicht, wie bei euch die Refinanzierung vorgesehen ist, aber gesetzliche Betreuungen werden allgemein aus der Justizkasse bezahlt, sofern die betreute Person nicht vermögend ist. Mit der Tabelle A oder B kann das nur ansatzweise durch erhöhte Fallzahlen kompensiert werden, was wiederum zu Lasten der langfristigen Qualität geht.
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Und genau das ist bei der Betreuungsbehörde als Betreuer oder einem Behördenbetreuer tatsächlich kein Problem. Denn beiden steht gemäß § 14 VBVG keine pauschale Vergütung zu. Refinanzierung ist da aus der Landesjustizkasse schlicht nicht vorgesehen - nur bei vermögenden Betreuten kann da unter gewissen Voraussetzungen abgerechnet werden. Da spielt dann aber auch die Vergütungstabelle keine Rolle.
Refinanziert wird da gar nichts. Die Kommune bleibt auf den zusätzlichen Kosten schlicht und ergreifend sitzen.
Kurz gesagt: Eine Tätigkeit als Behördenbetreuer ist tatsächlich auch für einen Verwaltungsangestellten durchaus denkbar. Wenn er einen Sachkundenachweis erbracht hat, käme er für diese Tätigkeit m.E. durchaus in Betracht. Ich bezweifle nur, dass Behörden derzeit gezielt Leute suchen, die diese Tätigkeit auch übernehmen, denn gewünscht ist das nicht.
Und - wie bereits gesagt - es werden nicht gerade die attraktiven Fälle sein, die dann übernommen werden müssen. Das Gericht entscheidet ja über die Bestellung und wird wohl nicht so ohne weiteres zulassen, dass die Behörden sich da nur die "einfachen" Fälle aussuchen. Deswegen würde ich mir eine solche Tätigkeit sehr gut überlegen.
Fettschwanzmaki:
--- Zitat von: Imiak ---In den Behörden arbeiten meines Wissens hauptsächlich Sozialarbeiter und die Tätigkeit wird regelmäßig nach TvöD SuE mit S12 vergütet. Was Nicht-Sozialarbeiter in den Betreuungsbehörden bekommen, entzieht sich meiner Kenntnis. Vermutlich etwas vergleichbares in den EG-Gruppen.
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--- Zitat ---Das ist der Hauptgrund, warum die Behörden keine Betreuungen führen wollen (nicht etwa weil die "Sozpäds" das dort alle so fürchten würden). Sie kriegen den Mehraufwand nicht ersetzt.
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In unserem Landkreis sind die Fachkräfte der Betreuungstelle mit Sue S14 eingruppiert.
Des Weiteren arbeiteten dort zu meiner Zeit (ca. fünf Jahre her) gut zur Hälfte Personen, die vorher als Vereins- oder Berufsbetreuer tätig waren. Der Wechsel erfolgte aus nachvollziehbaren Gründen (viel Verantwortung, wenig Geld) und zumindest diese Sozpäds fürchteten die Übernahme von gesetzlichen Betreuungen tatsächlich.
"Alles, bloß das nicht!"
Man kann sein Geld im sozialen Bereich wesentlich einfacher verdienen, wenngleich es eine spannende Tätigkeit ist, die Kenntnisse in vielen Bereichen erfordert und einen selbst definitiv erweitert.
Hinsichtlich der Refinanzierung hast Du natürlich vollkommen recht, ich hatte Festangestellte bei Vereinen im Kopf, die ihre Stelle zu einem erheblichen Teil durch die Vergütung refinanzieren.
Bis 2023 war es ja sogar möglich, dass ich als Schuhverkäufer (nichts gegen Schuhverkäufer, die Schuhe verkaufen!) mit abgeschlossener Ausbildung in die mittlere Verg.Stufe eingruppiert wurde. Man entscheidet und verantwortet da teilweise immense Eingriffe in das Leben anderer Menschen, insofern ist der Sachkundenachweis natürlich zu begrüßen, ersetzt aber kein Studium der sozialen Arbeit, Psychologie o. ä.
Die zukünfige Entwicklung wird interessant, denn alleine "bei uns" dürfte sich das Durchschnittsalter der Berufsbetreuer mittlerweile bei Anfang/Mitte 50 eingependelt haben - wenn die alle innerhalb eines kurzen Zeitraumes gehen, wird es Behördenbetreuer geben müssen.
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