Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)  (Read 256552 times)

HansGeorg

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2205 am: 05.12.2025 08:42 »
Angeblich soll den Gewerkschaften vor Weihnachten oder im Januar 'etwas' vorgelegt werden.

Habe meiner schon gestern etwas vorgelegt, die Kündigung.

😂 made my day

Habe heute auch eine Kündigung verfasst, und zwar an die Rechtsschutzversicherung. Seit euch bitte gewahr, dass je nach Ausgestaltung des Vertrages, die Versicherung versuchen wird, den "Straftatbestand" "Unteralimentation" auf einen ungewissen Zeitpunkt in der Vergangenheit zu legen weil es ja ein "dauerhafter" Verstoß ist und man diesen ja hätte längst erkennen müssen (als Laie) und bereits am besten ab Geburt, nein besser durch die Eltern bereits vor Empfängnis hätte versichert sein müssen (Negativbeispiel bei mir ARAG). Also Leute, abschminken bei dem Verein.

Das ist doch Blödsinn. Der Maßgebliche Punkt für die Terminierung der Leistungspflicht ist der negative Widerspruchsbescheid.

BVerfGBeliever

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2206 am: 05.12.2025 08:43 »
Natürlich gibt es eine Obergrenze, denn wenn die Besoldung zu hoch ist, ist sie nicht dem Amt angemessen!
Sondern es findet eine Überalimentierung statt.
Und den Korridor hat das BVerfG nunmehr sehr klar vorgegeben.

Blödsinn. Lies doch beispielhaft einfach mal den Leitsatz 8b. Steht dort etwa irgendetwas von einer etwaigen (von dir herbeifantasierten) Überbesoldung?

"Sind mindestens zwei Parameter erfüllt, besteht eine Vermutung für eine verfassungswidrige Unterbesoldung."



Daher nochmals die dringende Bitte: Nach eigener Aussage bist du ein tarifangestellter promovierter "Datenanalyst". Also analysiere gerne irgendwelche Daten zu euren Tarifverträgen. Dazu benötigst du auch keinerlei Kenntnisse der BVerfG-Rechtsprechung zu Art. 33 GG, die dich offenkundig massiv zu überfordern scheint.

Aber bitte höre damit auf, hier im Beamtenforum ständig irgendwelchen Quatsch zu unserer Besoldung zu verbreiten!
« Last Edit: 05.12.2025 08:51 von BVerfGBeliever »

Böswilliger Dienstherr

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2207 am: 05.12.2025 08:59 »
Angeblich soll den Gewerkschaften vor Weihnachten oder im Januar 'etwas' vorgelegt werden.

Habe meiner schon gestern etwas vorgelegt, die Kündigung.

😂 made my day

Habe heute auch eine Kündigung verfasst, und zwar an die Rechtsschutzversicherung. Seit euch bitte gewahr, dass je nach Ausgestaltung des Vertrages, die Versicherung versuchen wird, den "Straftatbestand" "Unteralimentation" auf einen ungewissen Zeitpunkt in der Vergangenheit zu legen weil es ja ein "dauerhafter" Verstoß ist und man diesen ja hätte längst erkennen müssen (als Laie) und bereits am besten ab Geburt, nein besser durch die Eltern bereits vor Empfängnis hätte versichert sein müssen (Negativbeispiel bei mir ARAG). Also Leute, abschminken bei dem Verein.

Das ist doch Blödsinn. Der Maßgebliche Punkt für die Terminierung der Leistungspflicht ist der negative Widerspruchsbescheid.

Vertragsbedingungen und wesentliche Merkmale der Versicherungsleistung

Dem Versicherungsverhältnis liegen die jeweils vereinbarten Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung in der bei
Antragstellung geltenden Fassung zugrunde. Der Text dieser Bedingungen ist beigefügt.
Die ARAG SE erbringt nach Eintritt eines Versicherungsfalls die für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des
Versicherungsnehmers bzw. Versicherten erforderlichen Leistungen im vereinbarten Umfang (Rechtsschutz). Der Ver-
sicherungsfall gilt als eingetreten

1.
im Rahmen der Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB)
a)   im Schadenersatz-Rechtsschutz von dem Schadenereignis an, das dem Anspruch zugrunde liegt;

2.
im Rahmen der Allgemeinen Bedingungen für die Spezial-Straf-, Vermögensschaden- und Anstellungsvertrags-Rechts-
schutzversicherung (SVA)

c) im Anstellungsvertrags-Rechtsschutz, wenn innerhalb des versicherten Zeitraums, nach Ablauf einer Wartezeit von
drei Monaten nach Versicherungsbeginn, der Versicherte oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen hat oder begangen haben soll
, wodurch eine Streitigkeit aus dem Anstellungsvertrag
ausgelöst wurde.

Die Voraussetzungen zu 1. bis 2. müssen zudem nach Beginn des Versicherungsschutzes und vor dessen Beendigung
eingetreten sein.
Für Versicherungsfälle, die während einer Wartezeit eintreten, besteht jedoch kein Kostenschutz.
Der Umfang des Versicherungsschutzes richtet sich nach den individuell ausgewählten Produkten, Leistungsarten,
Versicherungssummen und Selbstbehalten.

_____________________-

Die Ablehnung wird auf dem Fett gedruckten begründet. „ein Anderer“ (Besoldungsgesetzgeber) hat den Verstoß gegen Rechtspflichten (amtsangemessene Alimentation) VOR beginn des Versicherungsschutzes begangen hat.

Also 1. Klagefähiger Bescheid da
2. Wartefrist 3 Monate (erfüllt) und Verstoß während versichertenzeit (könnte man als Laie ja annehmen, weil BesG 2024/2025 in 2025 negativ beschieden wurde)

ABER:
1+2 ist nicht erfüllt bei mir, weil ich NACH 01.01.2024 abgeschlossen habe und das BesG 2024/2025 in BW somit nicht abgedeckt war. Der Vertstoß also vor meiner Versicherungszeit lag. Gleichzeitig lässt die Versicherung meinen Einwand der getrennten Betrachtung der Besoldungszeiträume und Gesetze nicht zu. Es wird in Abstraktion fingiert, dass die "Unteralimentation" der Umbrella-Term und somit Umbrella-Verstoß ist und dieser ja WEIT WEIT in der Vergangenheit (also DEFINITIV) vor Abschluss der Versicherung liegt.

Die gute Dame am telefon hat meinetwegen definitv einen schlechten Start in den Tag gehabt (ihr könnt es euch denken). Kündigung ging sofort raus. Diese Versicherung möchte sparen wo es geht und man „braucht“ sie schlicht nicht, weil sie nicht leistet, außer man hat schon 1996 gerochen, dass der BesGesGeber ein Schindluder treibt.

hat mich einmalig 400 € Lehrgeld gekostet.
« Last Edit: 05.12.2025 09:12 von Böswilliger Dienstherr »


Durgi

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2209 am: 05.12.2025 09:07 »
OK, auch von mir nochmals zwei Punkte zur Single-Besoldung:

1.) Im Rahmen der Fortschreibungsprüfung werden für die Prüfparameter ausschließlich die (Endstufen-)Single-Besoldungen herangezogen. Falls also der Gesetzgeber eine zu niedrige Grundbesoldung definiert, gehen auf der zugehörigen ersten Prüfstufe (Leitsatz 8a sowie Rn. 77-91) sofort die roten Lampen an, worauf GoodBye bereits mehrfach hingewiesen hat.
Was aber leider nichts darüber aussagt, wie hoch die Besoldung in der 1. Stufe auszusehen hat.
Und der Besoldungsgeber womöglich die horizontale Spannweite eindampft.
Sprich wenn 30% Erhöhung für die Grundbesoldung in der 1.Stufe notwendig ist, dann heißt es nicht, dass auch 30% Steigerung für die Endstufe notwendig ist.

Zitat
2.) Die Besoldung ist keine rein bedarfsorientierte Alimentierung, sondern ein "Korrelat" (Rn. 49). Falls also der Gesetzgeber irgendwann in der Zukunft tatsächlich nicht mehr den 4K-Beamten, sondern beispielsweise den Single-Beamten als Ausgangspunkt des Besoldungsgefüges definieren würde, dann würden logischerweise komplett andere Vorgaben gelten, um sämtliche Funktionen, die die Besoldung sicherstellen muss, zu erfüllen. Ich könnte mir beispielsweise vorstellen, dass das BVerfG dann eine Mindestbesoldung von z.B. 120% des MÄE für den Single-Beamten festlegen würde (ungefähr in diesem Bereich liegt auch momentan die implizite Mindest-Nettoalimentation eines Single-Beamten, wenn man von einem Familienzuschlag in Höhe von 35% der Grundbesoldung ausgeht, wie ich weiter oben vorgerechnet hatte).
Und da das Besoldungsgefüge bezogen auf die 3 Prüfparameter mit dem Urteil quasie auf das Gefüge des Jahres 1996 +/- 5% festgenagelt wurde, wird es spannend wie man da sich in diesem Korridor bewegen wird.

Zitat
Somit sollten sich die Gesetzgeber sehr genau überlegen, ob sie tatsächlich einen solchen "Regime-Wechsel" vornehmen wollen, denn genau wie von GoodBye angemerkt, dürfte dieser für sie mutmaßlich eher teurer als billiger werden..
Das ist doch "nur" ein bisserl Analytik und Planspiel gedöns, die dort gemacht werden wird, damit man den günstigsten Korridor findet.

@MoinMoin
...der Punkt ist, du denkst an Stellschrauben, die es in diesem System nicht mehr gibt. Die Fortschreibungspruefung arbeitet ausschliesslich mit der Endstufe des Singles, ja und/aber genau daraus folgt eben nicht, dass man die Einstiegshoehe frei modellieren oder die horizontale Spannweite nach Belieben zusammenstauchen koennte. Das BVerfG hat eindeutig klargemacht, dass die gesamte Besoldungsordnung [hier drei beliebige Buzzwords einfuegen] ausgestaltet sein muss. Wer also glaubt, man koenne unten 30 Prozent draufsatteln und oben "mal sehen", ueberliest die Grundmechanik der Entscheidung.

Der Verweis auf das Gefuege von 1996 zeigt ebenfalls kein Fenster zur Optimierung, sondern einen normativen Fixpunkt. Dieser Fixpunkt begrenzt den Gestaltungsspielraum, er oeffnet ihn nicht. Ein "guenstigster Korridor" existiert nur in PowerPoint, nicht im verfassungsrechtlichen Rahmen. Sobald man an einem Ende drueckt, reisst es an zwei anderen; genau das ist der Grund, warum Karlsruhe die Parameter als Gesamtstruktur definiert hat und nicht als Werkzeugkasten zur Kostensteuerung.

Zum Regimewechsel in Richtung Single... Theoretisch denkbar, praktisch teurer --- und zwar deutlich. Ein Single als Referenzfall muesste dieselben Anforderungen an Teilhabe, Abstand und Funktionsgerechtigkeit erfuellen wie der 4K-Fall. Das fuehrt nicht zu Einsparungen, sondern zu einer hoeheren Mindestalimentation. Die 120 Prozent des MAE, die hier genannt wurden #bverfgbeliever, sind keine Uebertreibung, sondern die logische Konsequenz der verfassungsrechtlichen Architektur.

Man kann nicht ueber "Analytik und Planspiel" den guenstigsten Weg suchen. Die Besoldung ist kein Simulationsmodell, sondern eine verfassungsrechtlich definierte Struktur. Wenn man versucht, sie kaufmaennisch zu optimieren, landet man exakt dort, wo alle Landesgesetzgeber seit 20 Jahren gelandet sind: verfassungswidrig.

GoodBye

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2210 am: 05.12.2025 09:19 »
Danke Durgi, so sehe ich es aus.

Auch, wenn man noch keine klaren Zahlen hat, was das Urteil für einen persönlich bedeutet, ich finde, dem BVerfG ist hiermit ein wahrer Kunstgriff gelungen. Es hat ein System von Relationen und Abhängigkeiten geschaffen, die den Gesetzgeber einhegen und gleichzeitig den verfassungsrechtlich vorgesehenen Entscheidungspielraum belassen. Die eingehenden Ausführungen zum Europarecht sind m.E. zugleich Mahnung, dass das System anderenfalls auf der Kippe steht.

Ich bin Jurist und wahrlich keiner großer Rechner, aber ich wage mal zu behaupten, dass das, was aus diesem Urteil erwachsen wird, viele noch positiv überraschen wird. Man ist als Beamter nie reich geworden, aber es wird eine Rückkehr zu einer soliden und qualitätssichernden Besoldung stattfinden.

BWBoy

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2211 am: 05.12.2025 09:30 »
.... ich wage mal zu behaupten, dass das, was aus diesem Urteil erwachsen wird, viele noch positiv überraschen wird. Man ist als Beamter nie reich geworden, aber es wird eine Rückkehr zu einer soliden und qualitätssichernden Besoldung stattfinden.

Zumindest falls der Gesetzgeber es vernünftig liest und auch versteht. Es gibt ja hier durchaus unterschiedliche Auffassungen davon, was uns das Urteil eigentlich sagt.

Unter dem Aspekt gehe ich fast davon aus, dass der Gesetzgeber wieder nur das liest was er lesen will und alles was ihm nicht passt ignoriert. Quasi wie er es auch beim letzten Urteil gemacht hat in dem er sich lediglich auf das erste Prüfkriterium gestürzt hat, und versucht hat sich die 15% irgendwie herbeizurechnen, egal wie lächerlich der Ansatz sein mochte (Eingangsamt A5 Stufe 7, usw.)

Böswilliger Dienstherr

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« Antwort #2212 am: 05.12.2025 09:46 »
.... ich wage mal zu behaupten, dass das, was aus diesem Urteil erwachsen wird, viele noch positiv überraschen wird. Man ist als Beamter nie reich geworden, aber es wird eine Rückkehr zu einer soliden und qualitätssichernden Besoldung stattfinden.

Zumindest falls der Gesetzgeber es vernünftig liest und auch versteht. Es gibt ja hier durchaus unterschiedliche Auffassungen davon, was uns das Urteil eigentlich sagt.

Unter dem Aspekt gehe ich fast davon aus, dass der Gesetzgeber wieder nur das liest was er lesen will und alles was ihm nicht passt ignoriert. Quasi wie er es auch beim letzten Urteil gemacht hat in dem er sich lediglich auf das erste Prüfkriterium gestürzt hat, und versucht hat sich die 15% irgendwie herbeizurechnen, egal wie lächerlich der Ansatz sein mochte (Eingangsamt A5 Stufe 7, usw.)

Siehe Baden-Würrtemberg: ab dem 01.12.2022 einfach Besoldungsgruppen 5 UND 6 gekillt! Eingangsamt A7 1.

AltStrG

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2213 am: 05.12.2025 09:52 »
.... ich wage mal zu behaupten, dass das, was aus diesem Urteil erwachsen wird, viele noch positiv überraschen wird. Man ist als Beamter nie reich geworden, aber es wird eine Rückkehr zu einer soliden und qualitätssichernden Besoldung stattfinden.

Zumindest falls der Gesetzgeber es vernünftig liest und auch versteht. Es gibt ja hier durchaus unterschiedliche Auffassungen davon, was uns das Urteil eigentlich sagt.


Eigentlich nicht. Das BVerfG hat seinen Beschluss eigentlich relativ klar gefasst, dass ist (hier) (mutmaßlich) jedem Rechtswissenschaftler auch klar.

 Die Fehler, die hier immer und immer wieder gemacht werden sind, dass entweder selektiv gelesen und verstanden wird (Stichwort Randnummern), aus dem Kontext gerissen wird (Stichwort Randnummer und Verständnis darüber, was ein Beschluss des BVerfG ist und was dieser letzten Endes aussagt), entscheidendes Wissen darüber fehlt, wenn feststehende Rechtsbegriffe im Beschluss verwendet werden (und diese in sich oder dessen Wesen oder Wirkung nicht bekannt sind) und das wesentliche Grundlagen des Berufsbeamtentums und der Alimentation (nicht deren Höhe, um die es Vorrangig im Beschluss des BVerfG ging) nicht bekannt sind.

Des Weiteren mangelt es daran, die ständige Rechtssprechung und deren konkrete sowie abstrakte Folgen auf den (Besoldungs-)Gesetzgeber zu abstrahieren und die politisch-rechtlich Folgen daraus zu folgern. Und das die ständige Rechtssprechung Hinweise auf die Interpretation von unschlüssigen Punkten einen Hinweis darauf gibt, in wie weit dieser Beschluss greift.

Und er greift sehr weit, weiter, als sich die meisten es vorstellen können. Sobald die Einsicht in die Prozessakten vorhanden sind, kann man letzten Endes mit Gewissheit und Sicherheit sagen, was auf die Gesetzgeber zu kommt.

Die für alle (umfassten Beamten) geltende 4K-Familie, die Medianeinkommsschwelle, niedrig zu bemessene Zuschläge und die Prüfparameter sind Fakten, die nach Lesung des Beschlusses als gesetzt gelten können.

lotsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2214 am: 05.12.2025 10:05 »

Man kann nicht ueber "Analytik und Planspiel" den guenstigsten Weg suchen. Die Besoldung ist kein Simulationsmodell, sondern eine verfassungsrechtlich definierte Struktur. Wenn man versucht, sie kaufmaennisch zu optimieren, landet man exakt dort, wo alle Landesgesetzgeber seit 20 Jahren gelandet sind: verfassungswidrig.

Die FMinisterin aus SH hat gestern geäußert, dass 17 Besoldungsgesetzgeber mit ihrer hochaufgerüsteten Ministerialbürokratie seit dem 19.11.2025 genau das machen, was du für unmöglich hälst: mit Analytik und Planspielen den günstigsten Weg suchen, egal ob der Weg verfassungswidrig ist, oder nicht, und wenn es auch nur wieder ein paar Jahre Aufschub bringt, bis zum nächsten Beschluss des BVerfG. Sie werden in ihre Kalkulation auch mit einberechnen, wieviele Beamte Widerspruch einlegen werden, wieviele klagen werden, wie hoch die dafür anfallenden Verwaltungskosten sind, welche rechtlichen und politischen Konsequenzen drohen, usw. Die Verfassungsmäßigkeit ist denen vollkommen egal.

GoodBye

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2215 am: 05.12.2025 10:10 »
.... ich wage mal zu behaupten, dass das, was aus diesem Urteil erwachsen wird, viele noch positiv überraschen wird. Man ist als Beamter nie reich geworden, aber es wird eine Rückkehr zu einer soliden und qualitätssichernden Besoldung stattfinden.

Zumindest falls der Gesetzgeber es vernünftig liest und auch versteht. Es gibt ja hier durchaus unterschiedliche Auffassungen davon, was uns das Urteil eigentlich sagt.

Unter dem Aspekt gehe ich fast davon aus, dass der Gesetzgeber wieder nur das liest was er lesen will und alles was ihm nicht passt ignoriert. Quasi wie er es auch beim letzten Urteil gemacht hat in dem er sich lediglich auf das erste Prüfkriterium gestürzt hat, und versucht hat sich die 15% irgendwie herbeizurechnen, egal wie lächerlich der Ansatz sein mochte (Eingangsamt A5 Stufe 7, usw.)

Siehe Baden-Würrtemberg: ab dem 01.12.2022 einfach Besoldungsgruppen 5 UND 6 gekillt! Eingangsamt A7 1.

Die Abschaffung niedriger Besoldungsgruppen wird keinen Effekt mehr entfalten können, da die Relationen der Grundbesoldung durch die Parameter der 1.Stufe abgesichert sind. Die Vorabprüfung dient lediglich der Absicherung, dass Beamte nicht mehr in Armuts- oder Prekariatsverhältnisse fallen und soll deren prozessualer Durchstzung dienen. Ansonsten wäre aus europarechtlicher Sicht m.E. das Streikverbot durch nichts mehr zu rechtfertigen.

Es käme dann m.E. allenfalls noch eine Kürzung von Zuschlägen in Betracht, so man diese denn in Relation von Grundbesoldung und Vorabprüfung ermitteln möchte. Ich habe das hier nur in den Raum gestellt, damit man vielleicht eine Vorstellung hat, was der Gesetzgeber mindestens an Zuschlägen zusätzlich zur Grundbesoldung machen müsste. Ein Begründung für das Streichen von Besoldungsgruppen oder Erfahrungsstufen und Kürzung von Zuschlägen dürfte dem Gesetzgeber nicht gelingen.

Beamtenhustler

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Durgi

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2217 am: 05.12.2025 10:23 »

Man kann nicht ueber "Analytik und Planspiel" den guenstigsten Weg suchen. Die Besoldung ist kein Simulationsmodell, sondern eine verfassungsrechtlich definierte Struktur. Wenn man versucht, sie kaufmaennisch zu optimieren, landet man exakt dort, wo alle Landesgesetzgeber seit 20 Jahren gelandet sind: verfassungswidrig.

Die FMinisterin aus SH hat gestern geäußert, dass 17 Besoldungsgesetzgeber mit ihrer hochaufgerüsteten Ministerialbürokratie seit dem 19.11.2025 genau das machen, was du für unmöglich hälst: mit Analytik und Planspielen den günstigsten Weg suchen, egal ob der Weg verfassungswidrig ist, oder nicht, und wenn es auch nur wieder ein paar Jahre Aufschub bringt, bis zum nächsten Beschluss des BVerfG. Sie werden in ihre Kalkulation auch mit einberechnen, wieviele Beamte Widerspruch einlegen werden, wieviele klagen werden, wie hoch die dafür anfallenden Verwaltungskosten sind, welche rechtlichen und politischen Konsequenzen drohen, usw. Die Verfassungsmäßigkeit ist denen vollkommen egal.

Mit dieser Struktur kannst du nicht mehr „billig kreativ“ sein. Du kannst nur noch versuchen, den Schaden fuer den Haushalt zu strecken ... nicht ihn zu vermeiden. Und selbst das nur innerhalb sehr enger Leitplanken.
Wenn die Ministerien jetzt trotzdem wieder ihre Rechenschieber auspacken, dann eher aus Reflex als aus Realismus. Das Entscheidungsmodell ist anachronistisch geworden. Die Variablen, die sie frueher frisiert haben, sind schlicht nicht mehr manipulierbar. Und das BVerfG hat ... anders als frueher... eine klare politische Kostenrechnung eingezogen: „Weiter so“ fuehrt nicht mehr zu Zeitgewinn, sondern zu direkten Rueckabwicklungsrisiken, vollen Rueckzahlungsjahren und hoeherer streitwerter Hoehe.
Glaub mir, die 6% Verzinsung lassen sich jedes Jahr viele schmecken. Eigentlich...wenn du im Anspruchszeitraum 3 oder mehr Kinder hattest, kann dir nix besseres passieren, als dass die AA noch dauert :) Nen besseren Bausparer gibts nicht und mehr Zinsen nur mit Risikoanlage.

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2218 am: 05.12.2025 10:27 »
Glaub mir, die 6% Verzinsung lassen sich jedes Jahr viele schmecken. Eigentlich...wenn du im Anspruchszeitraum 3 oder mehr Kinder hattest, kann dir nix besseres passieren, als dass die AA noch dauert :) Nen besseren Bausparer gibts nicht und mehr Zinsen nur mit Risikoanlage.

Welche Verzinsung? Hab ich da was verpasst?

Rentenonkel

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2219 am: 05.12.2025 10:31 »
@Durgi: Danke

Ich bin Swen sehr dankbar für seinen Beitrag, weil er auf etwas aufmerksam gemacht hat, über das ich auch schon gestolpert bin, allerdings mir die Folgen dieser geänderten Beweis- und Darlegungslast nicht so eingeleuchtet haben, wie es Swen in seiner unnachahmlichen Art kann. Jedenfalls hilft es mir bei meiner Betrachtung der Dinge sehr.

Grundsätzlich hat das BVerfG angenommen, dass der Besoldungsgesetzgeber die Besoldung so ausstatten wollte, dass der  Beamte als ALLEINVERDIENER eine Familie ab 4 Personen unterhalten können muss. Im Umkehrschluss geht mithin das BVerfG davon aus, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass bei anderen Familienkonstellationen der Beamte eben nicht als Alleinverdiener den gesamten Bedarf der Familie alleine mit seinem Einkommen tragen muss. Über die Gründe, warum das BVerfG hier keinen Handlungsbedarf sieht, lässt sich sicherlich trefflich streiten. Nach meiner Einschätzung liegt das auch daran, dass es der gesellschaftlichen Realität entspricht, dass in kinderlosen Haushalten in etwa bei 90 % beide Elternteile berufstätig sind und bei einem Kind auch immer noch etwa 70 %. Erst ab dem zweiten Kind werden es unter 50 %, ab dem dritten sogar nur noch etwa 1/3. Daher vermute ich, dass es seinem weiten Ermessensspielraum unterliegt, zu bestimmen, ab welcher Familiengröße davon auszugehen ist, dass der Beamte als Alleinverdiener für den gesamten Familienunterhalt Sorge tragen muss. Mithin führt mich eine Betrachtung von 2 K und 3 K Familien in Zusammenspiel des Medianeinkommens regelmäßig in eine Sackgasse, eben weil in der Konstellation das BVerfG nicht unterstellen darf, dass auch dort schon das Alleinverdienermodell Grundlage für die Berechnung der (Gesamt-)besoldung ist.

Jetzt wird sich auf den letzten Seiten darüber gestritten, in welcher Höhe die Familienzuschläge sein dürfen. Hier liegt jedoch ein prozessuales Problem. Kein Beamter kann die Familienzuschläge isoliert betrachtet über den Klageweg angreifen. Der Beamte, der sie bekommt, kann nur auf eine amtsangemessene Besoldung als Ganzes klagen, dabei zählt nach dem aktuellen Urteil am Ende nur der Gesamtbetrag. Das „Wie“ liegt zunächst einmal im weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers.

Der einzige, der eben keine Familienzuschläge bekommt, also im Kern nur von der Grundalimentation leben kann und muss, ist der Single. Der hat auch einen Anspruch auf eine amtsangemessene Besoldung.

Jetzt muss man bei der gesamten Betrachtung jedoch, so denke ich, noch über eine weitere Brücke gehen: Die Gerichte werden bei der Frage, ob eine evident unzureichende Alimentation vorliegt, das neue Pflichtenheft prüfen. Bei der Mindestbesoldung prüfen sie ein Gesamtergebnis, bei der Fortschreibungspflicht jedoch lediglich die letzte Erfahrungsstufe.

Fangen wir mal bei „M“ an: Bei hohen Familienzuschlägen passt „M“, also check (+)

Sofern der Gesetzgeber die unterste Erfahrungsstufe kappt und eine am Ende noch eine oder zwei draufsattelt, ist auch „F“ unproblematisch, also auch dort check (+)

Wenn also bei dem neuen Pflichtenheft gar keine Verletzung irgendeines Parameters offenkundig ist, muss man das tun, was man noch vor einigen Wochen tun musste: begründen, begründen, begründen.

Jetzt muss man wiederum unterscheiden zwischen der Aufgabe der Legislative, die ein Gesetz erlassen muss, wie eine amtsangemessene Besoldung aussehen solle, und der Judikative, die prüfen will, ob diese Verfassungsgemäß ist.

Und da bleibe ich bei meiner Meinung, dass bei der Frage der Familienzuschläge der Gesetzgeber diese nach durchschnittlichen Mieten abstufen darf, wenn er das sachgerecht machen. Ob er das jetzt nach dem Wohngeld macht oder nach einer der anderen Kriterien und Tabellen, die ich schon früher mal zitiert habe, ist Geschmackssache.

Die Judikative kann jedoch in den weiten Gestaltungsspielraum nicht eingreifen. Sie kann nur prüfen, ob die Mindestbesoldung erreicht ist. Prüfmaßstab hierfür ist jedoch das Medianeinkommen, und zwar nach meiner Überzeugung des Wohnortes. Daher ist das Medianeinkommen entscheidend bei der gerichtlichen Überprüfung, der Gesetzgeber darf es allerdings, zumindest verstehe ich es so, nicht als Bezugsgröße heranziehen für die Frage, in welcher Höhe er besoldet. Mithin kann er mit Hilfe des Medianeinkommens überprüfen, ob seine Wahrnehmung am Ende passt, er darf aber nicht sagen, ich erhöhe die Familienzuschläge oder Grundalimentation, damit ich vor Gericht nicht unterliege, also ich rechne mir das Ergebnis schön. Dabei ist vor allem entscheidend, dass das Medianeinkommen tendenziell in Wohnorten höher ist, in denen auch der Mietenspiegel höher ist. Diese Tendenz ist jedoch nicht absolut. Es gibt auch Wohngegenden mit einem vergleichsweise geringen Medianeinkommen und höherer Mietenstufe und umgekehrt. Deswegen braucht der Gesetzgeber sicherlich auch einen wie auch immer gearteten „Puffer“. Prozessual wäre in jedem Fall die Beweislast auf Seiten des Klägers, der nachweisen muss, dass der Dienstherr von falschen oder fehlerhaften Zahlen ausgeht und deswegen die Familienzuschläge der Höhe nach ungerechtfertigt sein. Das dürfte, so denke ich, prozessual eine Totgeburt werden.

Hier bietet sich an, über das Abschmelzen der Familienzuschläge kurz was zu sagen: Aus meiner Sicht geht das nicht, weil mir keine sachliche Begründung einfällt, warum mit steigendem Einkommen der Mehrbedarf der Familienangehörigen sinken sollte. Daher würde dem Dienstherrn das Abstandsgebot um die Ohren fliegen. Eine Erhöhung wäre allenfalls mit einer höheren, steuerlichen Belastung zu rechtfertigen, halte ich ehrlicherweise allerdings für ausgeschlossen. Daher gehe ich davon aus, dass bis auf ein paar ganz geringe Nuancen bei gleicher Mietenstufe und gleicher Kopfzahl auch die Familienzuschläge über alle Besoldungsgruppen hinweg in der gleichen Höhe stabil bleiben.

Damit also die Grundalimentation des Beamten evident unzureichend sein könnte, muss man nach meiner Meinung am Ausgangspunkt oben links anfangen. Dort wird die Wertigkeit des Amtes festgesetzt. Dabei ist der Gesetzgeber frei, hier einen Betrag im Rahmen seines weiten Ermessensspielraums festzusetzen. Nach meiner Meinung überschreitet er jedoch seine Kompetenzen, wenn der Single Beamte abhängig vom Wohnort einen Nebenjob aufnehmen müsste, um nicht prekär besoldet zu werden. Und wenn der am schlechtesten bezahlte Beamte eine zu geringe Grundalimentation erhält, dann erhalten alle darüber hinaus wegen dem Abstandsgebot mittelbar auch zu wenig. Diese Argumentation ist die einzige, die in meinen Augen durchgreift, um nicht alleine oder überwiegend durch Familienzuschläge, sondern auch durch eine Erhöhung der Grundalimentation für alle Beamten eine Verbesserung zu erreichen. Solange man Gründe sucht und vielleicht auch findet, dass er auch anders handeln könnte, als ich denke, verkennt man aus meiner Sicht, dass man damit das Gegenteil erreicht, was sich zumindest die Betroffenen wünschen.

Ortszuschläge dürfen in meinen Augen nicht dazu führen, die Grundalimentation überhaupt über die Prekariatsschwelle anzuheben, sondern müssten insoweit elementarer Bestandteil der Grundalimentation sein. Wenn selbst diese Begründung kippen sollte, dann braucht der Gesetzgeber in meinen Augen gar nichts an der Grundalimentation machen, außer die letzte Erfahrungsstufe anzuheben und alle dazwischen ein wenig anzuheben. Ein Begründung a la mein Kollege mit zwei Kindern hat mehr als ich oder der bekommt zu hohe Familienzuschläge dürfte zum einen im Kollegenkreis nicht besonders gut ankommen, und zum anderen halte diese Argument auch juristisch für nicht verwertbar.

Insofern würde ich mich freuen, wenn sich für meine These eher mehr als weniger Argumente finden lassen, weil wenn der am schlechtesten bezahlte Beamte auf einmal eine Grundalimentation in Höhe der heutigen EF 3 statt EF1 bekommen würde, müssten alle anderen darüber auch nach dem Abstandsgebot entsprechend mehr bekommen. Nur so wird in meinen Augen eine zu niedrige Grundalimentation nicht nur nach „F“ angreifbar, sondern bereits in der denkbar niedrigsten Erfahrungsstufe.

Jede andere Betrachtung führte mich bisher prozessual in eine Sackgasse.