Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)  (Read 256986 times)

Prüfer SH

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2220 am: 05.12.2025 10:32 »

Man kann nicht ueber "Analytik und Planspiel" den guenstigsten Weg suchen. Die Besoldung ist kein Simulationsmodell, sondern eine verfassungsrechtlich definierte Struktur. Wenn man versucht, sie kaufmaennisch zu optimieren, landet man exakt dort, wo alle Landesgesetzgeber seit 20 Jahren gelandet sind: verfassungswidrig.

Die FMinisterin aus SH hat gestern geäußert, dass 17 Besoldungsgesetzgeber mit ihrer hochaufgerüsteten Ministerialbürokratie seit dem 19.11.2025 genau das machen, was du für unmöglich hälst: mit Analytik und Planspielen den günstigsten Weg suchen, egal ob der Weg verfassungswidrig ist, oder nicht, und wenn es auch nur wieder ein paar Jahre Aufschub bringt, bis zum nächsten Beschluss des BVerfG. Sie werden in ihre Kalkulation auch mit einberechnen, wieviele Beamte Widerspruch einlegen werden, wieviele klagen werden, wie hoch die dafür anfallenden Verwaltungskosten sind, welche rechtlichen und politischen Konsequenzen drohen, usw. Die Verfassungsmäßigkeit ist denen vollkommen egal.

Mit dieser Struktur kannst du nicht mehr „billig kreativ“ sein. Du kannst nur noch versuchen, den Schaden fuer den Haushalt zu strecken ... nicht ihn zu vermeiden. Und selbst das nur innerhalb sehr enger Leitplanken.
Wenn die Ministerien jetzt trotzdem wieder ihre Rechenschieber auspacken, dann eher aus Reflex als aus Realismus. Das Entscheidungsmodell ist anachronistisch geworden. Die Variablen, die sie frueher frisiert haben, sind schlicht nicht mehr manipulierbar. Und das BVerfG hat ... anders als frueher... eine klare politische Kostenrechnung eingezogen: „Weiter so“ fuehrt nicht mehr zu Zeitgewinn, sondern zu direkten Rueckabwicklungsrisiken, vollen Rueckzahlungsjahren und hoeherer streitwerter Hoehe.
Glaub mir, die 6% Verzinsung lassen sich jedes Jahr viele schmecken. Eigentlich...wenn du im Anspruchszeitraum 3 oder mehr Kinder hattest, kann dir nix besseres passieren, als dass die AA noch dauert :) Nen besseren Bausparer gibts nicht und mehr Zinsen nur mit Risikoanlage.

Die halten am Mehrverdienermodell fest. Mehr kann man gar nicht sparen.

Rentenonkel

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2221 am: 05.12.2025 10:35 »
Nach allem, was ich verstanden habe, scheint mir jedenfalls aus heutiger Sicht die Besoldung in NRW und Bayern am dichtesten an einer verfassungsgemäßen Besoldung dran zu sein.

Hüstel. Die Besoldung in NRW und Bayern ist sicherlich vieles, aber sie als "am dichtesten an einer verfassungsgemäßen Besoldung dran" zu bezeichnen, erscheint mir dann doch als ziemlich kühne These.
Da einige in meinem persönlichen Umfeld mich wiederkehrend fragen, ob ich eine Einschätzung geben kann, was das für die in der Geldbörse bedeutet, kann habe ich bisher zu der Unzufriedenheit der Meisten immer mit

Judex non calculat

geantwortet. Das hilft den Meisten aber überhaupt nicht weiter. Die Betrachtung der letzten 150 Seiten gehen den meisten meiner Kollegen entweder am A… vorbei oder sie verstehen es einfach nicht. Die Hauptfrage ist bei den meisten, und ich denke das ist hier nicht anders als in der realen Welt, was bekomme ich mehr. Und da bin ich eher vorsichtig optimistisch als hinterher Erwartungen mit Phantasiebeträgen zu wecken, und dann kommt Anfang 2027 das böse Erwachen.

Wenn ich die Prüfung nach dem Pflichtenheft nach „M“ mal anhand des Besoldungsrechners beispielhaft an A 8 als 4 K Beamter, Mietenstufe III NRW und mit Bund vergleiche, komme ich zu folgendem Ergebnis:
Nehmen wir erstmal die Bundesbeamten:

https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/bund?id=beamte-bund&g=A_8&s=3&f=3&z=100&fz=100&zulage=&stkl=3&lst4f=&r=0&zkf=

Dagegen NRW mit einer Erfahrungsstufe höher:
https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/nw?id=beamte-nrw&g=A_8&s=4&f=3&fstand=v&mst=III&zulageid=10.1&zulageid=10.2&z=100&fz=100&zulage=&stkl=3&lst4f=&r=0&zkf=

Bei dem Single sieht es allerdings mit nur einer Erfahrungsstufe deutlich schlechter aus:

https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/bund?id=beamte-bund&g=A_8&s=3&f=0&z=100&fz=100&zulage=&stkl=1&lst4f=&r=0&zkf=

https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/nw?id=beamte-nrw&g=A_8&s=4&f=0&fstand=nv&mst=III&zulageid=10.1&zulageid=10.2&z=100&fz=100&zulage=&stkl=1&lst4f=&r=0&zkf=

Wenn ich mir die Zahlen genauer anschaue, komme ich dann doch zu folgendem Zwischenergebnis:
Soweit es Beamte betrifft, die 2 K, 3 K , oder 4 K sind ist wohl NRW vom Gesamtergebnis nach „M“ am dichtesten an einer verfassungsgemäßen Besoldung. Damit will ich sagen, dass die Differenz zu einer Besoldung nach „M“ dort am geringsten sein dürfte. In Kombination mit einem oder zwei Erfahrungsstufen dürfte es aus obiger Betrachtung dennoch tendenziell in die richtige Richtung gehen. Ob dann am Ende die Grundalimentation höher sein muss und dafür die Familienzuschläge geringer, ist für die Betrachtung der Kollegen eher nebensächlich. Denen geht es doch erstmal darum, eine Einschätzung zu bekommen, was das Ganze am Ende finanziell für sie bedeutet.

Bei dem Single sieht es derzeit beim Bund besser aus, weil dort die Tariferhöhung schon mit eingebaut wurde.
Daher würde meine erste daher in diese Richtung gehen (natürlich ohne Gewähr):

Bist Du Single, nimm den Besoldungsrechner Bund und packe ein bis zwei Erfahrungsstufen dazu.

Bist Du 2K oder höher, nimm zunächst den Besoldungsrechner Bund, packst dort ein bis zwei Erfahrungsstufen dazu und lässt Dir durch den Rechner NRW die dortigen Familienzuschläge errechnen. Aus der Kombination von Grundalimentation Bund  und Familienzuschläge NRW dürfte eine in etwa realistische Summe herauskommen.

Wenn möglichst viele mit einer solchen Betrachtung einverstanden wären, hätte man schon mal einen groben, ersten Anhaltspunkt. Ich habe aber auch überhaupt kein Problem damit, wenn das immer noch viel zu vorsichtig gerechnet ist und am Ende doch noch 50 oder 100 EUR mehr dabei rauskommt. Besser so als in die andere Richtung.

GeBeamter

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2222 am: 05.12.2025 10:44 »
Glaub mir, die 6% Verzinsung lassen sich jedes Jahr viele schmecken. Eigentlich...wenn du im Anspruchszeitraum 3 oder mehr Kinder hattest, kann dir nix besseres passieren, als dass die AA noch dauert :) Nen besseren Bausparer gibts nicht und mehr Zinsen nur mit Risikoanlage.

Welche Verzinsung? Hab ich da was verpasst?

Das würde mich auch Mal interessieren. Hier wurde doch schon herausgestellt, dass seit der Weimarer Reichsverfassung eine Verzinsung von Besoldungsansprüchen unterbleibt.
Aber Durgi hat da in die beamtenrechtliche Materie sicherlich mehr Einblick als ich. Ich kann mich auch an wenn Urteil des OVG Mannheim erinnern, das einem Beamten bei einem nachweisbaren Zinsschaden eine entsprechende Verzinsung zugestanden hat.

GeBeamter

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2223 am: 05.12.2025 10:50 »
.... ich wage mal zu behaupten, dass das, was aus diesem Urteil erwachsen wird, viele noch positiv überraschen wird. Man ist als Beamter nie reich geworden, aber es wird eine Rückkehr zu einer soliden und qualitätssichernden Besoldung stattfinden.

Zumindest falls der Gesetzgeber es vernünftig liest und auch versteht. Es gibt ja hier durchaus unterschiedliche Auffassungen davon, was uns das Urteil eigentlich sagt.

Unter dem Aspekt gehe ich fast davon aus, dass der Gesetzgeber wieder nur das liest was er lesen will und alles was ihm nicht passt ignoriert. Quasi wie er es auch beim letzten Urteil gemacht hat in dem er sich lediglich auf das erste Prüfkriterium gestürzt hat, und versucht hat sich die 15% irgendwie herbeizurechnen, egal wie lächerlich der Ansatz sein mochte (Eingangsamt A5 Stufe 7, usw.)

Siehe Baden-Würrtemberg: ab dem 01.12.2022 einfach Besoldungsgruppen 5 UND 6 gekillt! Eingangsamt A7 1.

Die Abschaffung niedriger Besoldungsgruppen wird keinen Effekt mehr entfalten können, da die Relationen der Grundbesoldung durch die Parameter der 1.Stufe abgesichert sind. Die Vorabprüfung dient lediglich der Absicherung, dass Beamte nicht mehr in Armuts- oder Prekariatsverhältnisse fallen und soll deren prozessualer Durchstzung dienen. Ansonsten wäre aus europarechtlicher Sicht m.E. das Streikverbot durch nichts mehr zu rechtfertigen.

Es käme dann m.E. allenfalls noch eine Kürzung von Zuschlägen in Betracht, so man diese denn in Relation von Grundbesoldung und Vorabprüfung ermitteln möchte. Ich habe das hier nur in den Raum gestellt, damit man vielleicht eine Vorstellung hat, was der Gesetzgeber mindestens an Zuschlägen zusätzlich zur Grundbesoldung machen müsste. Ein Begründung für das Streichen von Besoldungsgruppen oder Erfahrungsstufen und Kürzung von Zuschlägen dürfte dem Gesetzgeber nicht gelingen.

Die Schlussfolgerung kann ich nicht ganz teilen Goodbye. Denn das BVerfG hat in seiner neuen Entscheidung die niedrigste Besoldungsstufe der aktiven Beamten als Maßstab der 1. Prüfungsstufe benannt. D.h. bei Abschaffung der Stufen A3-A6 müsste dann A7 der Prüfmaßstab für die Mindestalimentation sein. So gesehen würde dann in Prüfstufe 1 A7 das neue A3. Inwieweit A7 als niedrigste Besoldungsstufe aktiver Beamter dann durch Stufe 2 und den Vergleich zum Jahr 1996 dennoch deutlich über der mindestbesoldung eines dann "fiktiven" A3 läge, vermag ich adhoc nicht zu beurteilen.

danbir

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2224 am: 05.12.2025 10:51 »
@Rentenonkel

Bei mir wären das bei dem von dir beschriebenen Vorgehen ca. 500€ (netto) pro Monat mehr. Damit könnte ich durchaus leben. Zumal ja noch Nachzahlungen (in meinem Falle für 51 Monate von Oktober 2021 bis Ende 2025) hinzukämen. ;)

GoodBye

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« Antwort #2225 am: 05.12.2025 10:52 »
Es gibt den Zinsschaden und den steuerlichen Progressionsschaden (Hierzu gibt es bereits Rechtsprechung z.B. des VG Weimar).

Die gesetzliche Regelung, die den Zinsschaden ausschließt, halte ich vor dem Hintergrund der aktuellen Entscheidung für europarechtswidrig.

HansGeorg

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2226 am: 05.12.2025 10:53 »
Glaub mir, die 6% Verzinsung lassen sich jedes Jahr viele schmecken. Eigentlich...wenn du im Anspruchszeitraum 3 oder mehr Kinder hattest, kann dir nix besseres passieren, als dass die AA noch dauert :) Nen besseren Bausparer gibts nicht und mehr Zinsen nur mit Risikoanlage.

Welche Verzinsung? Hab ich da was verpasst?

Das würde mich auch Mal interessieren. Hier wurde doch schon herausgestellt, dass seit der Weimarer Reichsverfassung eine Verzinsung von Besoldungsansprüchen unterbleibt.
Aber Durgi hat da in die beamtenrechtliche Materie sicherlich mehr Einblick als ich. Ich kann mich auch an wenn Urteil des OVG Mannheim erinnern, das einem Beamten bei einem nachweisbaren Zinsschaden eine entsprechende Verzinsung zugestanden hat.
Da ging es aber um einen konkreten Schadensersatz. Soll bedeuten, dass du wenn du nachweisen kannst durch z.B. Kontoauszüge, dass du wegen der nicht zur Verfügung stehenden aA einen Zinsschaden hattest (Dispo), kannst du diese im Sinne der Amtshaftung als Schadenersatz einklagen.

Nautiker1970

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« Antwort #2227 am: 05.12.2025 10:59 »

Habe heute auch eine Kündigung verfasst, und zwar an die Rechtsschutzversicherung. Seit euch bitte gewahr, dass je nach Ausgestaltung des Vertrages, die Versicherung versuchen wird, den "Straftatbestand" "Unteralimentation" auf einen ungewissen Zeitpunkt in der Vergangenheit zu legen weil es ja ein "dauerhafter" Verstoß ist und man diesen ja hätte längst erkennen müssen (als Laie) und bereits am besten ab Geburt, nein besser durch die Eltern bereits vor Empfängnis hätte versichert sein müssen (Negativbeispiel bei mir ARAG). Also Leute, abschminken bei dem Verein.

Die Argumentation wird bei anderen "Vereinen" dieser Kategorie keine andere sein.

BVerfGBeliever

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« Antwort #2228 am: 05.12.2025 11:01 »
Es ist eine Korridor von plus/minus 5% der Prüfkriterien einzuhalten für die Singlebesoldung in der Endstufe!

Kurze Ergänzung, da du als "Datenanalyst" doch hoffentlich ein Freund von Zahlen bist:

Laut Rn. 141 des BVerfG-Beschlusses lag im Jahr 2020 der Berliner A5-Besoldungsindex (151,05) rund 12,38% höher als der entsprechende Verbraucherpreisindex (134,41). Gäbe es deinen imaginierten Korridor von plus/minus 5%, wäre dieser also deutlich verletzt. Entsprechend müsste in der Tabelle in Rn. 159 bei A5 im Jahr 2020 ein dickes "V" für den zugehörigen Prüfparameter stehen.

Tut es aber nicht. Seltsam..

GeBeamter

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2229 am: 05.12.2025 11:06 »
@Rentenonkel

Bei mir wären das bei dem von dir beschriebenen Vorgehen ca. 500€ (netto) pro Monat mehr. Damit könnte ich durchaus leben. Zumal ja noch Nachzahlungen (in meinem Falle für 51 Monate von Oktober 2021 bis Ende 2025) hinzukämen. ;)

Ich habe mir das Leben da für ein potenzielles Reperaturgesetz auf Bundesebene leichter gemacht. A3 Stufe I hätte 2024 gegenüber der vom Gericht festgestellten Mindestbesoldung ein Defizit von 1.600€ netto gehabt. Wenn ich das nun "fortschreibe" und die derzeitigen Abstände beibehalten will, bekommt einfach jede Besoldungsgruppe diese 1.600€ netto mehr. Hinzu kommt in meinem Fall, dass das dritte Kind mit dem Faktor 0,3 MÄE abzüglich Kindergeld, zuzüglich PKV in die Berechnung einfließt. Sind noch einmal 400€ pro Monat netto on top. So gesehen ist meine Besoldung ca. 2.000€ netto pro Monat zu gering gewesen. Oder absolut: alleine die Nachzahlung dürfte sich auf ca. 120.000€ belaufen (mittlerweile 60 Monate).

Wie man sieht: der Bund muss handeln, weil er 2021 die Verjährung und die haushaltsjahrnahe Geltendmachung ausgesetzt hat. Gleichzeitig nimmt ihm das BVerfG immer konkreter die genaue Berechnung der aA ab, sodass nichts mehr getrickst werden darf.

Meine Frau warf übrigens gestern ein: das kann der Bund eh nicht bezahlen. Vllt bieten sie uns die 2-3 Jahre fehlende Nettobesoldung "clever" als Lebenszeitkonto an. Naja, ob das eine Lösung wäre, vor dem Hintergrund aktueller politischer Diskussionen.

Quasselstrippe

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« Antwort #2230 am: 05.12.2025 11:12 »

Man kann nicht ueber "Analytik und Planspiel" den guenstigsten Weg suchen. Die Besoldung ist kein Simulationsmodell, sondern eine verfassungsrechtlich definierte Struktur. Wenn man versucht, sie kaufmaennisch zu optimieren, landet man exakt dort, wo alle Landesgesetzgeber seit 20 Jahren gelandet sind: verfassungswidrig.

Die FMinisterin aus SH hat gestern geäußert, dass 17 Besoldungsgesetzgeber mit ihrer hochaufgerüsteten Ministerialbürokratie seit dem 19.11.2025 genau das machen, was du für unmöglich hälst: mit Analytik und Planspielen den günstigsten Weg suchen, egal ob der Weg verfassungswidrig ist, oder nicht, und wenn es auch nur wieder ein paar Jahre Aufschub bringt, bis zum nächsten Beschluss des BVerfG. Sie werden in ihre Kalkulation auch mit einberechnen, wieviele Beamte Widerspruch einlegen werden, wieviele klagen werden, wie hoch die dafür anfallenden Verwaltungskosten sind, welche rechtlichen und politischen Konsequenzen drohen, usw. Die Verfassungsmäßigkeit ist denen vollkommen egal.
nochmal ein Gedanke in ähnlicher Richtung:

die Gesetzgeber müssen jetzt in den Gesetzen keine Begründungen mehr einbauen... erleichtert das nicht für die Parlamente das Verabschieden verfassungswidriger Gesetze enorm? Solange innerhalb der Besoldungsgesetze die Begründungen und Herleitungen einzubauen waren, konnte (und sollte) sich jeder Parlamentarier (der sich dafür interessiert hat) Gedanken darüber machen, ob die Begründung inhaltlich passt und ob die Sache verfassungskonform ist...

jetzt kann sich jeder Parlamentarier herausreden, dass man "gutgläubig" davon ausgehen musste, dass der Entwurf verfassungsgemäß ist... es gibt ja nur noch "die nackten Zahlen und keine Herleitung mehr"... "das wird ja wohl jemand vorher in den Ministerien geprüft haben..." / "wir konnten das ja nicht nachprüfen, da stehen ja nur noch Zahlen..."

Klar, die Gerichte können jetzt hoffentlich schneller prüfen... aber es muss wohl trotzdem durch alle Instanzen und wird immer noch Jahre dauern...

aber die Parlamente können auch schneller "mit gutem Gewissen"/"gutgläubig" absichtlich verfassungswidrig konstruierte Zeitspielgesetze beschliessen

Oder habe ich da einen Denkfehler?


Nautiker1970

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2231 am: 05.12.2025 11:15 »
Noch was aus Schleswig-Holstein

https://www.landtag.ltsh.de/presseticker/2025-12-04-12-53-24-11c7/?tVon=&tBis=&paramSeite=50

Typisches Gewäsch aus der Opposition heraus. Als wenn es die Genossin Faeser und der Genosse Klingbeil beim Bund besser gemacht hätten bzw. besser machen würden, als das Dreamteam Heinold/Günther in S-H.

Böswilliger Dienstherr

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« Antwort #2232 am: 05.12.2025 11:22 »
.... ich wage mal zu behaupten, dass das, was aus diesem Urteil erwachsen wird, viele noch positiv überraschen wird. Man ist als Beamter nie reich geworden, aber es wird eine Rückkehr zu einer soliden und qualitätssichernden Besoldung stattfinden.

Zumindest falls der Gesetzgeber es vernünftig liest und auch versteht. Es gibt ja hier durchaus unterschiedliche Auffassungen davon, was uns das Urteil eigentlich sagt.

Unter dem Aspekt gehe ich fast davon aus, dass der Gesetzgeber wieder nur das liest was er lesen will und alles was ihm nicht passt ignoriert. Quasi wie er es auch beim letzten Urteil gemacht hat in dem er sich lediglich auf das erste Prüfkriterium gestürzt hat, und versucht hat sich die 15% irgendwie herbeizurechnen, egal wie lächerlich der Ansatz sein mochte (Eingangsamt A5 Stufe 7, usw.)

Siehe Baden-Würrtemberg: ab dem 01.12.2022 einfach Besoldungsgruppen 5 UND 6 gekillt! Eingangsamt A7 1.

Die Abschaffung niedriger Besoldungsgruppen wird keinen Effekt mehr entfalten können, da die Relationen der Grundbesoldung durch die Parameter der 1.Stufe abgesichert sind. Die Vorabprüfung dient lediglich der Absicherung, dass Beamte nicht mehr in Armuts- oder Prekariatsverhältnisse fallen und soll deren prozessualer Durchstzung dienen. Ansonsten wäre aus europarechtlicher Sicht m.E. das Streikverbot durch nichts mehr zu rechtfertigen.

Es käme dann m.E. allenfalls noch eine Kürzung von Zuschlägen in Betracht, so man diese denn in Relation von Grundbesoldung und Vorabprüfung ermitteln möchte. Ich habe das hier nur in den Raum gestellt, damit man vielleicht eine Vorstellung hat, was der Gesetzgeber mindestens an Zuschlägen zusätzlich zur Grundbesoldung machen müsste. Ein Begründung für das Streichen von Besoldungsgruppen oder Erfahrungsstufen und Kürzung von Zuschlägen dürfte dem Gesetzgeber nicht gelingen.

Die Schlussfolgerung kann ich nicht ganz teilen Goodbye. Denn das BVerfG hat in seiner neuen Entscheidung die niedrigste Besoldungsstufe der aktiven Beamten als Maßstab der 1. Prüfungsstufe benannt. D.h. bei Abschaffung der Stufen A3-A6 müsste dann A7 der Prüfmaßstab für die Mindestalimentation sein. So gesehen würde dann in Prüfstufe 1 A7 das neue A3. Inwieweit A7 als niedrigste Besoldungsstufe aktiver Beamter dann durch Stufe 2 und den Vergleich zum Jahr 1996 dennoch deutlich über der mindestbesoldung eines dann "fiktiven" A3 läge, vermag ich adhoc nicht zu beurteilen.

Mach dir da mal keinen Kopf. Ich habe die Prekatriatschwelle für BW und die Untersten 4K spitz ausgerechnet weil mir ich mir alle Daten en Detail herangezogen habe. von 2006 bis 2025 wird egal ob in A5, A6 oder A7 als unterste Stufe immer die Schwelle gerissen. Ja die Differenzen sind geringer, rein mathematisch, aber gerissen ist gerissen. und man müsste schon grob auf A10 A11 als Eingangsbesoldung gehen um nicht trotzdem in die scheisse zu greifen als Bundesland.

Malkav

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2233 am: 05.12.2025 11:30 »
nochmal ein Gedanke in ähnlicher Richtung:

die Gesetzgeber müssen jetzt in den Gesetzen keine Begründungen mehr einbauen... erleichtert das nicht für die Parlamente das Verabschieden verfassungswidriger Gesetze enorm? [...]

jetzt kann sich jeder Parlamentarier herausreden, dass man "gutgläubig" davon ausgehen musste, dass der Entwurf verfassungsgemäß ist... es gibt ja nur noch "die nackten Zahlen und keine Herleitung mehr"... "das wird ja wohl jemand vorher in den Ministerien geprüft haben..." / "wir konnten das ja nicht nachprüfen, da stehen ja nur noch Zahlen..."

Man mag ja von Opoositionsfraktionen halten was man möchte und nach einem zukünftigen Regierungswechsel ändern sich die Überzeugungen und Ansichten der handelnden Personen naturgemäß massiv, ABER ein ist sicher:

Jede:r finanzpolitische Sprecher:in einer Oppositionsfraktion würde im zuständigen Ausschuss solange nachbohren und Anfragen stellen, bis das Dienstrechtsministerium (Bund: BMI Länder: FiMi) faktisch doch wieder entsprechende Begründungen geliefert hätte. Und wenn Sie nicht von alleine auf die richtigen Fragen kommen, muss man Ihnen diese seitens der Gewerkschaften in die Feder diktieren  ;)

GoodBye

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 5/18 u.a.)
« Antwort #2234 am: 05.12.2025 11:41 »
.... ich wage mal zu behaupten, dass das, was aus diesem Urteil erwachsen wird, viele noch positiv überraschen wird. Man ist als Beamter nie reich geworden, aber es wird eine Rückkehr zu einer soliden und qualitätssichernden Besoldung stattfinden.

Zumindest falls der Gesetzgeber es vernünftig liest und auch versteht. Es gibt ja hier durchaus unterschiedliche Auffassungen davon, was uns das Urteil eigentlich sagt.

Unter dem Aspekt gehe ich fast davon aus, dass der Gesetzgeber wieder nur das liest was er lesen will und alles was ihm nicht passt ignoriert. Quasi wie er es auch beim letzten Urteil gemacht hat in dem er sich lediglich auf das erste Prüfkriterium gestürzt hat, und versucht hat sich die 15% irgendwie herbeizurechnen, egal wie lächerlich der Ansatz sein mochte (Eingangsamt A5 Stufe 7, usw.)

Siehe Baden-Würrtemberg: ab dem 01.12.2022 einfach Besoldungsgruppen 5 UND 6 gekillt! Eingangsamt A7 1.

Die Abschaffung niedriger Besoldungsgruppen wird keinen Effekt mehr entfalten können, da die Relationen der Grundbesoldung durch die Parameter der 1.Stufe abgesichert sind. Die Vorabprüfung dient lediglich der Absicherung, dass Beamte nicht mehr in Armuts- oder Prekariatsverhältnisse fallen und soll deren prozessualer Durchstzung dienen. Ansonsten wäre aus europarechtlicher Sicht m.E. das Streikverbot durch nichts mehr zu rechtfertigen.

Es käme dann m.E. allenfalls noch eine Kürzung von Zuschlägen in Betracht, so man diese denn in Relation von Grundbesoldung und Vorabprüfung ermitteln möchte. Ich habe das hier nur in den Raum gestellt, damit man vielleicht eine Vorstellung hat, was der Gesetzgeber mindestens an Zuschlägen zusätzlich zur Grundbesoldung machen müsste. Ein Begründung für das Streichen von Besoldungsgruppen oder Erfahrungsstufen und Kürzung von Zuschlägen dürfte dem Gesetzgeber nicht gelingen.

Die Schlussfolgerung kann ich nicht ganz teilen Goodbye. Denn das BVerfG hat in seiner neuen Entscheidung die niedrigste Besoldungsstufe der aktiven Beamten als Maßstab der 1. Prüfungsstufe benannt. D.h. bei Abschaffung der Stufen A3-A6 müsste dann A7 der Prüfmaßstab für die Mindestalimentation sein. So gesehen würde dann in Prüfstufe 1 A7 das neue A3. Inwieweit A7 als niedrigste Besoldungsstufe aktiver Beamter dann durch Stufe 2 und den Vergleich zum Jahr 1996 dennoch deutlich über der mindestbesoldung eines dann "fiktiven" A3 läge, vermag ich adhoc nicht zu beurteilen.

Es geht um den Mechanismus. Ich denke, dass ab dem Zeitpunkt, ab dem man umgesetzt hat, die Vorabprüfung nicht mehr eine so große Rolle spielen wird, da der Gesetzgeber dann ein System aus Grundbesoldung und Zuschlägen aufgesetzt hat.

Die Grundbesoldung ist im Bestand durch die Parameter in Stufe 1 quasi festgeschrieben. Es ist ihm nicht möglich, nach Streichung der Besoldungsgruppen A3 bis A6 die Gruppe 7 ab dem Zeitpunkt der Gruppe 3 gleichzusetzen. Der Gesetzgeber müsste dann, wenn er durch Streichung niedrigerer Besoldungsgruppen wieder dichter an die Mindestbesoldung heran will, die zunächst ermittelten ergänzenden Zuschläge wieder kürzen. Mit welcher Begründung? Das die Vorabprüfung zum Ergebnis hat, dass der Beamte mehr als genug hat....

Bei allen diesen Erwägungen ist noch nicht eingeflossen, dass es immer noch um Amtsangemessenheit geht.