Frage: Wo liegt die Ursache für diesen mit einiger Wahrscheinlichkeit über kurz oder lang erwartbaren Konflikt?
Erstmal welcome back und es freut mich, von Dir zu hören.
Die Frage ist aus meiner Sicht recht einfach zu beantworten, vermutlich aber auch nur deswegen, weil ich mal wieder etwas übersehe.
Während bei der Mindestbesoldung ein Bezug zum Medianeinkommen mit der OECD Skala genommen wird, und somit als unterste Schwelle der Besoldung die Prekariatsschwelle gezogen wird, wird mit der Fortschreibungspflicht nur geprüft, ob sich das Einkommen in etwa parallel zu den drei Parametern (Tariflohnindex, Nominallohnindex, Verbraucherpreisindex) entwickelt hat. Mithin hat das BVerfG eine Untergrenze für den am schlechtesten bezahlten Beamten gezogen, also so etwas wie einen "Mindestlohn" eingeführt, somit also einen Ausgangspunkt einer veränderten oder neuen Tabelle. Bisher ist die Betrachtung, was ein Beamter wert ist, eine tendenziell eher politische Entscheidung. Die Frage ist, ob man begründen kann, dass diese Sichtweise versagt hat, mithin das BVerfG dazu animieren kann, auch hier das Prüfschema um einen oder zwei weitere Prüfparameter zu erweitern und so sein Recht fortzuentwickeln.
Die strukturellen Probleme im öffentlichen Dienst gibt es weiterhin, die Pensionierungswelle in der Justiz rollt gerade an und die jetzt schon vielen offenen Stellen können entweder gar nicht oder zumindest nicht in qualitativer Gleichwertigkeit neu besetzt werden. Bei dem Vergleich mit dem Tariflohnindex wird auch übersehen, dass eine tarifliche und beamtenrechtliche Einstufung sich unterscheiden. Auch werden bei der Mindestbesoldung Nettobeträge verglichen, bei der Fortschreibungspflicht jedoch Bruttobeträge. Höhere Beiträge zur KV bleiben ebenso außen vor wie die sogenannte kalte Progression.
Die Kritik hat deutlich gemacht, wie schwierig es angesichts der Gehälter in der Privatwirtschaft für die Justiz ist, qualifizierte Bewerber einzustellen. Nach europäischen Standards sollte die Besoldung von Richtern ihrem Beruf und ihrer Verantwortung entsprechen und hinreichend sein, um sie vor Druck von außen, der ihre Entscheidungen beeinflussen soll, zu schützen.
Dabei scheint es aus meiner Sicht erstmal egal, ob bereits seit 1996, 1945 oder 2006 die Gehälter diesen Anspruch nicht erreichen. Da helfen lineare Anpassungen auch nicht weiter. Ich denke, da gab es schon mal hier Stimmen, die darauf hingewiesen haben, dass man auch mal die Einkünfte der Beamten im höheren Dienst entweder mit dem Medianeinkommen abhängig von der Qualifikation vergleichen oder mit der Einkommensentwicklung abhängig von der Qualifikation.
Vielleicht müsste das Pflichtenheft um einen weiteren Parameter ergänzt werden, um die Gehälter des höheren Dienstes und der Richter nicht von denen in der PW abzukoppeln. Nur so können die Justiz und die Verwaltung auch qualifiziertes Personal gewinnen und halten, um das Recht zu schützen. Andernfalls droht ja die gesamte Justiz zu erodieren, und mit ihr der Rechtsstaat selbst. Ich denke, daran dürfte die Justiz selbst auch kein Interesse haben.
Man darf ja nicht vergessen, wieviel Geld kriminelle Banden teilweise machen und das es für sie ein leichtes ist, auch mehr als gut bezahlte Rechtsanwälte zu bezahlen, um ihre Interessen zu vertreten. Da muss man als Staat mindestens Waffengleichheit haben, besser noch etwa die Nase vorn. Andernfalls gehen die guten nach cum ex oder cum cum und in den Steuerzahler kosten solche Sachen mehr als eine gut funktionierende Justiz und Verwaltung.
Hier ein Bericht vom Deutschen Richterbund, der die Zahlen nochmal verdeutlicht:
https://www.drb.de/newsroom/presse-mediencenter/nachrichten-auf-einen-blick/nachricht/news/justiz-wird-beim-einkommen-abgehaengt