Autor Thema: Berufung (Bestimmung) zur kommissarischen Leitung ablehnbar?  (Read 1363 times)

tolotos

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 3
Guten Abend zusammen,


darf ein Vorgesetzter einen Mitarbeiter einer Abteilung ohne jegliche Führungsverantwortung bisher und ohne die benötigte Qualifikation (jedoch mit Bestandsschutz)  gegen seinen ausdrücklichen (deutlich kundgetanen) Willen zur kommissarischen Leitung der Abteilung bestimmen? Wie kann man diese Bestimmung /Berufung ablehnen?

Liebe Grüße und schon mal Danke für eure Einschätzung

Tolotos

FearOfTheDuck

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 2,602
Ist es eingruppierungsrelevant? Dann bedarf es der Zustimmung des Mitarbeiters.

Rowhin

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 589
Ich zitiere dazu mal McOldie von hier (zwar damals TVöD, aber der Bezug auf BGB sollte gleich sein):

Zitat
Die Grenzen der nach dem Arbeitsvertrag auszuübenden Tätigkeit ergeben sich aus dem Direktionsrecht des Arbeitgebers. Allgemein beinhaltet das Direktionsrecht die Befugnis des Arbeitgebers, Art, Ort und Umfang der Tätigkeit des Arbeitnehmers im Einzelnen zu bestimmen sowie Anordnungen zur Aufrechterhaltung der Ordnung in der Dienststelle oder im Betrieb zu treffen. Einem Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst können im Rahmen des Weisungsrechts (Direktionsrechts) alle Tätigkeiten übertragen werden, die die Merkmale der für sie maßgebenden EntgGr. erfüllen.
Die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit  muss aber in entsprechender Anwendung von § 315 BGB nach billigem Ermessen erfolgen. Dabei ist zu beachten, dass besagtes „billige Ermessen“ der Ausübung des Direktionsrecht sich sowohl auf die Tätigkeitsübertragung an sich als auch auf die „Nicht-Dauerhaftigkeit“ der Übertragung beziehen,
Die Frage ist aber, ob sich hier der Streit lohnt. Ich als Arbeitgeber würde dir aber im Bürgeramt Tätigkeiten übertragen, die deiner Entgeltgruppe entsprechen (es wird dann keine Zulage gewährt).

Siehe auch Haufe dazu:

Zitat
Der Arbeitgeber ist berechtigt, aufgrund seines Weisungsrechts eine Aufgabe vorübergehend zu übertragen und unterliegt hierbei zunächst keiner zeitlichen Beschränkung.

Allerdings muss die vorübergehende Übertragung nach dem BAG in entsprechender Anwendung von § 315 BGB nach billigem Ermessen erfolgen. Die Grundsätze der Billigkeit sind gewahrt, wenn alle wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und sowohl die Interessen des Arbeitgebers an einer nur vorübergehenden Übertragung als auch die Interessen des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigt sind.

tolotos

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 3
Ist es eingruppierungsrelevant? Dann bedarf es der Zustimmung des Mitarbeiters.

Denke schon. Von E10 zu E13 als Leitung mit Zulage auf 15.
die Verantwortung für die komplette Abteilung obläge dann ja der kommissarischen Leitung

tolotos

  • Newbie
  • *
  • Beiträge: 3
Ich zitiere dazu mal McOldie von hier (zwar damals TVöD, aber der Bezug auf BGB sollte gleich sein):

Zitat
Die Grenzen der nach dem Arbeitsvertrag auszuübenden Tätigkeit ergeben sich aus dem Direktionsrecht des Arbeitgebers. Allgemein beinhaltet das Direktionsrecht die Befugnis des Arbeitgebers, Art, Ort und Umfang der Tätigkeit des Arbeitnehmers im Einzelnen zu bestimmen sowie Anordnungen zur Aufrechterhaltung der Ordnung in der Dienststelle oder im Betrieb zu treffen. Einem Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst können im Rahmen des Weisungsrechts (Direktionsrechts) alle Tätigkeiten übertragen werden, die die Merkmale der für sie maßgebenden EntgGr. erfüllen.
Die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit  muss aber in entsprechender Anwendung von § 315 BGB nach billigem Ermessen erfolgen. Dabei ist zu beachten, dass besagtes „billige Ermessen“ der Ausübung des Direktionsrecht sich sowohl auf die Tätigkeitsübertragung an sich als auch auf die „Nicht-Dauerhaftigkeit“ der Übertragung beziehen,
Die Frage ist aber, ob sich hier der Streit lohnt. Ich als Arbeitgeber würde dir aber im Bürgeramt Tätigkeiten übertragen, die deiner Entgeltgruppe entsprechen (es wird dann keine Zulage gewährt).

Siehe auch Haufe dazu:

Zitat
Der Arbeitgeber ist berechtigt, aufgrund seines Weisungsrechts eine Aufgabe vorübergehend zu übertragen und unterliegt hierbei zunächst keiner zeitlichen Beschränkung.

Allerdings muss die vorübergehende Übertragung nach dem BAG in entsprechender Anwendung von § 315 BGB nach billigem Ermessen erfolgen. Die Grundsätze der Billigkeit sind gewahrt, wenn alle wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und sowohl die Interessen des Arbeitgebers an einer nur vorübergehenden Übertragung als auch die Interessen des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigt sind.

Vielen Dank für die Zitate. Hier geht es tatsächlich darum dass niemand aus der Abteilung die kommissarische Leitung übernehmen möchte, und die derzeitige Leitung Ende des Jahres ausscheidet. Statt die Stelle auszuschreiben will der Vorgesetzte jemand aus dem Team als kommissarische Leitung. Da es aber von der Eingruppierung einen deutlichen Unterschied machen würde versteh ich die Zitate so, dass hier das direktionsrecht nicht zum Tragen kommt. Das würde ja nur für endgelagerten äquivalente Tätigkeiten gelten. Oder versteh ich das falsch?

troubleshooting

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 625
Wenn die Stelle nicht mal ausgeschrieben wurde (so Ruhestand kommt nicht unbedingt überraschend) bzw. immer noch nicht wird, ist die Argumentation "vorübergehende" Übertragung wenig tragfähig.
Aber ja, sobald die neue Tätigkeit eingruppierungsrelevant ist, kann es nicht mehr einseitig - also, ohne Einwilligung des AN - per Direktionsrecht übertragen werden.

Und, zur Form: Einfach ausdrücklich nein sagen/schreiben und dabei bleiben.
Ich kann dir allerdings ein paar Beispiele zeigen, wo auch das ignoriert wurde und z.B. einfach per Rundmail die Übertragung mitgeteilt wurde.

Rowhin

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 589
Vielen Dank für die Zitate. Hier geht es tatsächlich darum dass niemand aus der Abteilung die kommissarische Leitung übernehmen möchte, und die derzeitige Leitung Ende des Jahres ausscheidet. Statt die Stelle auszuschreiben will der Vorgesetzte jemand aus dem Team als kommissarische Leitung. Da es aber von der Eingruppierung einen deutlichen Unterschied machen würde versteh ich die Zitate so, dass hier das direktionsrecht nicht zum Tragen kommt. Das würde ja nur für endgelagerten äquivalente Tätigkeiten gelten. Oder versteh ich das falsch?

Nein, du verstehst das schon genau richtig. Wie auch meine Vorredner sagen, ist es damit vorbei, sobald die Tätigkeit eingruppierungsrelevant ist, wie hier.

Anders gesagt:

Zitat
Einem Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst können im Rahmen des Weisungsrechts (Direktionsrechts) alle Tätigkeiten übertragen werden, die die Merkmale der für sie maßgebenden EntgGr. erfüllen.

Aus dem Umkehrschluss ergibt sich, dass Tätigkeiten einer höheren EG eben nicht so einfach übertragen werden können.

Und, zur Form: Einfach ausdrücklich nein sagen/schreiben und dabei bleiben.
Ich kann dir allerdings ein paar Beispiele zeigen, wo auch das ignoriert wurde und z.B. einfach per Rundmail die Übertragung mitgeteilt wurde.

Und spätestens dann lohnt es sich, wenn man vorher sein ausdrückliches Nein entsprechend dokumentiert hat. Immer alles schriftlich machen.

MoinMoin

  • Hero Member
  • *****
  • Beiträge: 10,457
Für mich klingt kommissarisch nicht nach einer dauerhaften Übertragung, sondern eine vorübergehende und das wäre damit nicht eingruppierungsrelevant.

Und wäre damit durch uU das Direktionsrecht gedeckt.

WEnn er es also einem aufdrücken darf:
Man verkündet schriftlich, dass man sich dieser Aufgabe nicht gewachsen füllt und sich nicht dafür als geeignet ansieht und lässt sich jeden Scheiß von oben absegnet, der einen zu heikel erscheint und macht ansonsten halt das beste daraus, bis der Ag merkt, der kassiert Geld und leistet nichts.

Rowhin

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 589
Für mich klingt kommissarisch nicht nach einer dauerhaften Übertragung, sondern eine vorübergehende und das wäre damit nicht eingruppierungsrelevant.

Für mich klang allerdings folgendes eher nicht nach vorübergehender Übertragung:

Zitat
Statt die Stelle auszuschreiben will der Vorgesetzte jemand aus dem Team als kommissarische Leitung.

Andererseits hatten wir ja hier auch schon öfter Fälle, bei denen sich die "vorübergehende" Übertragung in Jahren bemessen hat...

troubleshooting

  • Sr. Member
  • ****
  • Beiträge: 625

Und, zur Form: Einfach ausdrücklich nein sagen/schreiben und dabei bleiben.
Ich kann dir allerdings ein paar Beispiele zeigen, wo auch das ignoriert wurde und z.B. einfach per Rundmail die Übertragung mitgeteilt wurde.

Und spätestens dann lohnt es sich, wenn man vorher sein ausdrückliches Nein entsprechend dokumentiert hat. Immer alles schriftlich machen.

Wurde nur leider jedes einzelne Mal ignoriert. Wenn die MA dann darauf hinwiesen, tat man überrascht und kam mit Totschlagsargumenten - es wäre alternativlos - sie müssten solidarisch sein (ernsthaft) - etc.
Es wurde zudem massiv Druck aufgebaut von Vorgesetzten und Amtsleitung z.B. mittels ständiger Vorladungen zu Einzelgesprächen, wo das dann Thema war. Die Personalvertretung hat sich komplett weggeduckt.