Autor Thema: Amtsangemessene Alimentation zu BvL 5/18 u. a. vom 17.09.2025  (Read 10903 times)

Unknown

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Bitte hier nur der Sache dienlichen Informationen zu posten und jegliche Unterhaltungen unabhängig der Richtung zu unterlassen.

Diese werden ausnahmslos ohne weiteren Kommentar gelöscht.

Hier bitte nur wichtige Informationen zum aktuellen Beschluss vom 17.09.2025

Joulupukki

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andreb

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BlauerJunge

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Ermittlung der Bezugsgröße, abgeleitet aus dem Beschluss des BVerfG und verständlich aufbereitet. (Geht sonst nur im Thread verschütt')

1. Welche Familie Karlsruhe als Maßstab nimmt
Das Bundesverfassungsgericht arbeitet mit einer Modellfamilie, um zu prüfen, ob das Gehalt eines Beamten verfassungsgemäß ist:
   •   Beamter (Alleinverdiener)
   •   Ehepartner ohne eigenes Einkommen
   •   1 Kind unter 14
   •   1 Kind ab 14

Also: 4-Personen-Haushalt, aber mit zwei Kindern in unterschiedlichen Altersstufen.
Diese Konstellation ist bewusst gewählt, weil das klassische Leitbild des Besoldungsrechts war:
Ein Beamter in der Eingangsstufe soll als Alleinverdiener eine vierköpfige Familie eigenständig amtsangemessen ernähren können.

2. Wie daraus die „Bezugsgröße“ entsteht (Äquivalenzskala)
Damit man Haushalte vergleichen kann, arbeitet man mit der modifizierten OECD-Äquivalenzskala. Die setzt jedem Haushaltsmitglied ein „Gewicht“ zu:
   •   1.erwachsene Person: 1,0
   •   jede weitere erwachsene Person oder Person ab 14: 0,5
   •   jedes Kind unter 14: 0,3

Für unsere 4-K-Beamtenfamilie heißt das:
   •   Beamter: 1,0
   •   Ehepartner: 0,5
   •   Kind unter 14: 0,3
   •   Kind ab 14: 0,5

Gesamtgewicht: 1,0 + 0,5 + 0,3 + 0,5 = 2,3

Dieses „2,3“ ist entscheidend:
Man nimmt das Median-Äquivalenzeinkommen pro Kopf aus der Statistik und multipliziert es mit 2,3, um das Median-Einkommen für genau diese Familienkonstellation zu bekommen.

3. Wie die 80-%-Schwelle (Mindestniveau) berechnet wird
1.   Aus dem Mikrozensus / den amtlichen Daten wird das
→ Median-Äquivalenzeinkommen pro Äquivalenzeinheit genommen.
2.   Dieses wird mit dem Faktor 2,3 multipliziert
→ ergibt das Median-Nettoeinkommen für eine Familie: Beamter + Partner + 1 Kind <14 + 1 Kind ≥14.
3.   Dann zieht Karlsruhe die Prekaritätsgrenze bei 80 % dieses Wertes:
→ Median (Familie) × 0,8 = Mindest-Nettoeinkommen

Das ist die unterste Grenze, unter der das Gehalt dieser Modellfamilie nicht mehr verfassungsgemäß ist.

4. Was auf der Beamtenseite gerechnet wird
Auf der anderen Seite wird berechnet, was bei dieser Beamtenfamilie tatsächlich unterm Strich ankommt:
   •   Bruttogehalt (unterste Stufe der Besoldungsgruppe)
   •   Familienzuschlag (Ehepartner + Kind <14 + Kind ≥14)
   •   – Steuern
   •   – Beiträge für private Kranken- und Pflegeversicherung (nach Beihilferegeln)
   •   Kindergeld für 2 Kinder

Ergebnis: Nettoeinkommen der 4-K-Beamtenfamilie.

Dann wird verglichen:
Liegt dieses Netto mindestens bei 80 % des gesellschaftlichen Medianwerts (für so eine 4-K-Familie)?
Wenn nein → Gebot der Mindestbesoldung verletzt → Verstoß gegen Art. 33 Abs. 5 GG.

5. Gilt das auch für Single-Beamte?
Ja – aber nicht als eigene, getrennte Rechnung, sondern über das System:
•   Das Gericht prüft die unterste Besoldungsgruppe an der 4-K-Familie.
•   Wenn diese Modellfamilie unter die 80-%-Schwelle fällt, ist die Besoldung dieser gesamten Gruppe verfassungswidrig zu niedrig.
•   Wird korrigiert, profitieren alle in dieser Besoldungsgruppe – also auch der Single-Beamte.

Ein Single hätte nach der Äquivalenzskala nur Gewicht 1,0 statt 2,3.

Kurz:
•   Die Rechnerei läuft mit der 4-K-Familie (1 Kind <14, 1 Kind ≥14).
•   Das verfassungsrechtliche Schutzniveau, das Karlsruhe daraus ableitet, gilt für alle Beamten – auch für Singles.

https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,126915.msg429363.html#msg429363

Hobbyjurist

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Wünschenswert wären - sofern vorliegend - auch Informationen, wie die Mindestbesoldung über die Modellfamilie hinaus für alle möglichen Familienkonstellationen auszusehen hat:

Der 4K-Modell-Beamtenfamilie (1,0 + 0,5 + 0,5 + 0,3) stehen 0,8 * 2,3 = 1,84 mal das Median-Äquivalenzeinkommen (MÄE) mindestens zu.

Wie ist es mit dem alleinstehenden Beamten, stehen ihm auch 0,8 * 2,3 = 1,84 MÄE oder nur 0,8 * 1,0 = 0,8 MÄE mindestens zu?

Wie sieht es bei Beamten mit mehr als zwei Kindern aus?

Dürfen die Familienzuschläge bereits bei den 1,84 MÄE gegengerechnet werden oder müssen sie zusätzlich zu den 1,84 MÄE gewährt werden? Gibt es Grenzen für die Höhe der Familienzuschläge (Stichwort Leistungsprinzip), wie hoch muss die Grundbesoldung ohne Zuschläge mindestens ausfallen?

Böswilliger Dienstherr

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Ermittlung der Bezugsgröße, abgeleitet aus dem Beschluss des BVerfG und verständlich aufbereitet. (Geht sonst nur im Thread verschütt')

1. Welche Familie Karlsruhe als Maßstab nimmt
Das Bundesverfassungsgericht arbeitet mit einer Modellfamilie, um zu prüfen, ob das Gehalt eines Beamten verfassungsgemäß ist:
   •   Beamter (Alleinverdiener)
   •   Ehepartner ohne eigenes Einkommen
   •   1 Kind unter 14
   •   1 Kind ab 14

Also: 4-Personen-Haushalt, aber mit zwei Kindern in unterschiedlichen Altersstufen.
Diese Konstellation ist bewusst gewählt, weil das klassische Leitbild des Besoldungsrechts war:
Ein Beamter in der Eingangsstufe soll als Alleinverdiener eine vierköpfige Familie eigenständig amtsangemessen ernähren können.

2. Wie daraus die „Bezugsgröße“ entsteht (Äquivalenzskala)
Damit man Haushalte vergleichen kann, arbeitet man mit der modifizierten OECD-Äquivalenzskala. Die setzt jedem Haushaltsmitglied ein „Gewicht“ zu:
   •   1.erwachsene Person: 1,0
   •   jede weitere erwachsene Person oder Person ab 14: 0,5
   •   jedes Kind unter 14: 0,3

Für unsere 4-K-Beamtenfamilie heißt das:
   •   Beamter: 1,0
   •   Ehepartner: 0,5
   •   Kind unter 14: 0,3
   •   Kind ab 14: 0,5

Gesamtgewicht: 1,0 + 0,5 + 0,3 + 0,5 = 2,3

Dieses „2,3“ ist entscheidend:
Man nimmt das Median-Äquivalenzeinkommen pro Kopf aus der Statistik und multipliziert es mit 2,3, um das Median-Einkommen für genau diese Familienkonstellation zu bekommen.

3. Wie die 80-%-Schwelle (Mindestniveau) berechnet wird
1.   Aus dem Mikrozensus / den amtlichen Daten wird das
→ Median-Äquivalenzeinkommen pro Äquivalenzeinheit genommen.
2.   Dieses wird mit dem Faktor 2,3 multipliziert
→ ergibt das Median-Nettoeinkommen für eine Familie: Beamter + Partner + 1 Kind <14 + 1 Kind ≥14.
3.   Dann zieht Karlsruhe die Prekaritätsgrenze bei 80 % dieses Wertes:
→ Median (Familie) × 0,8 = Mindest-Nettoeinkommen

Das ist die unterste Grenze, unter der das Gehalt dieser Modellfamilie nicht mehr verfassungsgemäß ist.

4. Was auf der Beamtenseite gerechnet wird
Auf der anderen Seite wird berechnet, was bei dieser Beamtenfamilie tatsächlich unterm Strich ankommt:
   •   Bruttogehalt (unterste Stufe der Besoldungsgruppe)
   •   Familienzuschlag (Ehepartner + Kind <14 + Kind ≥14)
   •   – Steuern
   •   – Beiträge für private Kranken- und Pflegeversicherung (nach Beihilferegeln)
   •   Kindergeld für 2 Kinder

Ergebnis: Nettoeinkommen der 4-K-Beamtenfamilie.

Dann wird verglichen:
Liegt dieses Netto mindestens bei 80 % des gesellschaftlichen Medianwerts (für so eine 4-K-Familie)?
Wenn nein → Gebot der Mindestbesoldung verletzt → Verstoß gegen Art. 33 Abs. 5 GG.

5. Gilt das auch für Single-Beamte?
Ja – aber nicht als eigene, getrennte Rechnung, sondern über das System:
•   Das Gericht prüft die unterste Besoldungsgruppe an der 4-K-Familie.
•   Wenn diese Modellfamilie unter die 80-%-Schwelle fällt, ist die Besoldung dieser gesamten Gruppe verfassungswidrig zu niedrig.
•   Wird korrigiert, profitieren alle in dieser Besoldungsgruppe – also auch der Single-Beamte.

Ein Single hätte nach der Äquivalenzskala nur Gewicht 1,0 statt 2,3.

Kurz:
•   Die Rechnerei läuft mit der 4-K-Familie (1 Kind <14, 1 Kind ≥14).
•   Das verfassungsrechtliche Schutzniveau, das Karlsruhe daraus ableitet, gilt für alle Beamten – auch für Singles.

https://forum.oeffentlicher-dienst.info/index.php/topic,126915.msg429363.html#msg429363

ich schiebe ein update nach (da ich es ursprünglich verfasst habe)

Böswilliger Dienstherr

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Ermittlung der Bezugsgröße, abgeleitet aus dem Beschluss des BVerfG.

Vorabprüfung: Mindesbesoldung (Prekaritätsschwelle)
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2025/09/ls20250917_2bvl002017.html

Das Bundesverfassungsgericht arbeitet mit einer Modellfamilie, um zu prüfen, ob das Gehalt eines Beamten verfassungsgemäß ist. 4-Personen-Haushalt mit zwei Kindern in unterschiedlichen Altersstufen. Diese Konstellation ist bewusst gewählt, weil das klassische Leitbild des Besoldungsrechts war: Ein Beamter in der Eingangsstufe soll als Alleinverdiener eine vierköpfige Familie eigenständig amtsangemessen ernähren können.

-   Beamter (Alleinverdiener)
-   Ehepartner ohne eigenes Einkommen
-   1 Kind unter 14
-   1 Kind ab 14

Wie daraus die „Bezugsgröße“ entsteht (Äquivalenzskala):
https://de.wikipedia.org/wiki/OECD-Skala

Damit man Haushalte vergleichen kann, arbeitet man mit der modifizierten OECD-Äquivalenzskala. Die setzt jedem Haushaltsmitglied ein „Gewicht“ zu:

   •   1. erwachsene Person: 1,0
   •   jede weitere erwachsene Person oder Person ab 14: 0,5
   •   jedes Kind unter 14: 0,3

Für unsere 4-K-Beamtenfamilie heißt das:

   •   Beamter: 1,0
   •   Ehepartner: 0,5
   •   Kind unter 14: 0,3
   •   Kind ab 14: 0,5

Gesamtgewicht: 1,0 + 0,5 + 0,3 + 0,5 = 2,3

Wie die 80-%-Schwelle (Mindestniveau) berechnet wird
https://www.statistikportal.de/de/sbe/ergebnisse/einkommen-armutsgefaehrdung-und-soziale-lebensbedingungen/armutsgefaehrdung-und-9

Man nimmt das Median-Äquivalenzeinkommen pro Kopf aus der Statistik und multipliziert es mit 2,3, um das Median-Einkommen für genau diese Familienkonstellation zu bekommen.

1.   Aus dem Mikrozensus / den amtlichen Daten wird das → Median-Äquivalenzeinkommen pro Äquivalenzeinheit genommen.
2.   Dieses wird mit dem Faktor 2,3 multipliziert → ergibt das Median-Nettoeinkommen für eine Familie: Beamter + Partner + 1 Kind <14 + 1 Kind ≥14.
3.   Dann zieht Karlsruhe die Prekaritätsgrenze bei 80 % dieses Wertes: → Median (Familie) × 0,8 = Mindest-Nettoeinkommen

Das ist die unterste Grenze, unter der das Gehalt dieser Modellfamilie nicht mehr verfassungsgemäß ist.

Was auf der Beamtenseite gerechnet wird
Auf der anderen Seite wird berechnet, was bei dieser Beamtenfamilie tatsächlich unterm Strich ankommt:

Bruttogehalt (unterste Stufe der Besoldungsgruppe)
+ Familienzuschlag (Ehepartner + Kind <14 + Kind ≥14)
 – Steuern (Lohnsteuer, Soli, Kirche)
 – Beiträge für private Kranken- und Pflegeversicherung (AN Anteil PKV, PPV)
 + Kindergeld für 2 Kinder

Ergebnis: Nettoeinkommen der 4-K-Beamtenfamilie.

Dann wird verglichen:
Liegt dieses Netto mindestens bei 80 % des gesellschaftlichen Medianwerts (für so eine 4-K-Familie)? Wenn nein → Gebot der Mindestbesoldung verletzt → Verstoß gegen Art. 33 Abs. 5 GG.

Gilt das auch für Single-Beamte?
Ja – aber nicht als eigene, getrennte Rechnung, sondern über das System:
-   Das Gericht prüft die unterste Besoldungsgruppe an der 4-K-Familie.
-   Wenn diese Modellfamilie unter die 80-%-Schwelle fällt, ist die Besoldung dieser gesamten Gruppe verfassungswidrig zu niedrig.
-   Wird korrigiert, profitieren alle in dieser Besoldungsgruppe – also auch der Single-Beamte.

(Ein Single hätte nach der Äquivalenzskala nur Gewicht 1,0 statt 2,3.)

Kurz:
•   Die Rechnerei läuft mit der 4-K-Familie (1 Kind <14, 1 Kind ≥14).
•   Das verfassungsrechtliche Schutzniveau, das Karlsruhe daraus ableitet, gilt für alle Beamten – auch für Singles.

Berechnungen:

Vorabprüfung Mindestbesoldung
((Äquivalenzfaktor für o.g. vierköpfige Familie: s = 1,0 + 0,5 + 0,3 + 0,5 = 2,3))
((Median-Äquivalenzeinkommen für o.g. vierköpfige Familie:
M4P = M (Median) x s (Äquivalenzfaktor) = M x 2,3))
((Prekariatsschwelle 80%: 0,8 x M4P)) (Als Faktor: 0,8 * 2,3 = 1,84 * M)
((Jahresbruttobesoldung: Bnetto = Bbrutto – Steuern – KV/PPV + Kindergeld))
((Prüfung Prekariatsschwelle: Bnetto <= Schwelle -> verfassungswidrig))
((Prüfung Prekariatsschwelle: Bnetto >= Schwelle -> Fortschreibungsprüfung)) !!!
((Relative Anzeige Prekariatsschwelle: (Bnetto – Schwelle) / Schwelle * 100))

Die Fortschreibungsprüfung findet dann statt, wenn die Schwelle nicht unterschritten ist.

Fortschreibungsprüfung
Die Vorabprüfung mit der 4-K-Familie beantwortet nur eine „Unterkante“-Frage:
Reicht die Besoldung in diesem Jahr für eine typische Beamtenfamilie aus – ja oder nein? Die Fortschreibungsprüfung denkt weiter: Wie hat sich die Besoldung über die Jahre hinweg im Vergleich zur Umwelt entwickelt? Also: Nicht nur „springst du über die 80 %-Latte“, sondern auch:

-   Läufst du im Langstreckenlauf mit den Tarifbeschäftigten,
-   den Nominallöhnen insgesamt
-   und den Lebenshaltungskosten (Verbraucherpreisen) mit?
-   Bleiben Abstände zwischen Besoldungsgruppen gewahrt?

Dafür arbeitet Karlsruhe mit Indizes und vier Parametern:

(B) Besoldungsindex (Beamtenbesoldungsentwicklung)
(T) Tariflohnindex (TVöD/TV-L-Entgeltentwicklung)
(N) Nominallohnindex (Entwicklung der Löhne/Gehälter in der Gesamtwirtschaft)
(V) Verbraucherpreisindex (Entwicklung der Verbraucherpreise (Inflation))

T, N, V = Parameter 1-3 !

Damit man Entwicklungen über Jahrzehnte vergleichen kann, wird alles auf ein gemeinsames Basisjahr (1996) gesetzt. Grundidee Indexrechnung: Basisjahr 1996 wird auf 100 Punkte gesetzt. Wenn die Größe später steigt, steigt der Index; wenn sie fällt, fällt der Index.

Formel: Index = 100 x (Wert /Wert 1996) (Wert von heute in % im Vergleich zu 1996)

Bildung der Indizes:

Besoldungsindex
Jahresbruttobesoldung im Jahr (t):
(Grundgehalt (Endstufe) + allgemeine Zulagen (keine funktionszulagen)) / Jahresbruttobesoldung 1996 in dieser Gruppe * 100

Tariflohnindex
Jahresvergütung aus einer vergleichbaren TV-Gruppe (wieder Endstufe), formel wie bei Besoldungsindex.

Nominallohnindex und Verbraucherpreisindex genauso, jeweils mit den gesamtwirtschaftlichen Preis-Daten aus der Statistik. Ergibt vier Kurven auf einer Zeitachse, alle bei „Basis 100“ startend.
Wie stark hinkt die Besoldung hinterher?

Beispielhaft Formeln:

Abweichung Tariflohn = (T(t) – B(t)) / T(t) * 100
Abweichung Nominallohn = (N(t) – B(t)) / N(t) * 100
Abweichung Verbraucherpreisindex = (V(t) – B(t)) / V(t) * 100

1.   Differenz Bilden: Wie viele Indexpunkte liegt die Besoldung hinter dem Tariflohn zurück?
2.   Wie groß ist diese Lücke im Verhältnis zum Tarifindex?
3.   In Prozent ausdrücken.

Interpretation:

Positiver Wert: Besoldung < Vergleichsindex → Besoldung hinkt hinterher.
0 %: Besoldung entwickelt sich exakt wie Vergleichsindex.
Negativer Wert: Besoldung läuft besser als Vergleichsindex.

Die 5% Schwelle

Das Bundesverfassungsgericht zieht eine Toleranzgrenze: Wenn die Besoldung leicht hinterherläuft, ist das noch kein Verfassungsverstoß. Schwelle: Wenn die Besoldung mindestens 5 % hinter einer Vergleichsgröße zurückbleibt, gilt der Parameter als „gerissen“.

Rechnerisch:
Abweichung jeweils >= 5%

Dann sagt Karlsruhe sinngemäß:„Hier ist über einen langen Zeitraum systematisch zu wenig getan worden.“ Jeder dieser drei Fälle ist dann ein eigener Alarm-Parameter.

Abstandsgebot

Der vierte Parameter (Abstandsgebot) ist etwas „weicher“, aber inhaltlich klar: Bleiben die Abstände zwischen den Besoldungsgruppen gewahrt? Rechnerisch prüfst du nicht mehr „Index vs. Index“, sondern: Wie groß ist z.B. das Grundgehaltsplus von A 9 zu A 10 im Jahr 1996? Und wie sieht derselbe Abstand 2010, 2015, 2020 aus? Wenn sich die Abstände deutlich verengen oder verdrehen (untere Gruppen holen fast auf, mittlere geraten unter Druck, obere werden „ausgedünnt“), kann das ein Verstoß gegen das Abstandsgebot sein.

Zusätzlich:
Wenn unten eine Besoldungsgruppe schon die Mindestbesoldung reißt,
aber oben nichts passiert, kann das mittelbar auch das Abstandsgebot verletzen,
weil die gesamte Struktur nach unten gedrückt wird. Das Gericht formuliert hierfür keine „5-%-Formel“, sondern nutzt dieses Kriterium bewertend als 4. Parameter.

Gesamtschau

Wenn du die vier Parameter geprüft hast, kommt die Entscheidungslogik:

Mindestens 2 Parameter gerissen
→ starke Vermutung für verfassungswidrige Unteralimentation in diesem Jahr / dieser BesGr.

0 Parameter gerissen
→ Vermutung, dass die Besoldung verfassungsgemäß ist.

Genau 1 Parameter gerissen
→ „Grauzone“ → Vertiefte wertende Prüfung (Haushaltslage, Attraktivität des Dienstes, Sonderzulagen etc.).

Damit verbindet Karlsruhe die rechnerische Seite (Indizes, 5-%-Grenze) mit einer juristischen Wertung.

Berechnungen: Fortschreibungsprüfung

Indizes:
((Besoldungsindex: B(t) = 100 * Besoldung(t) / Besoldung(1996)))
((Tariflohnindex: T(t) = 100 * Tariflohn(t) / Tariflohn(1996)))
((Nominallohnindex: N(t) = 100 * Nominallohn(t) / Nominallohn(1996)))
((Verbraucherpreisindex: V(t) = 100 * Verbraucherpreise(t) / Verbraucherpreise(1996)))

Abweichungen:
((Abweichung Tariflohn: Abw_T(t) = (T(t) – B(t)) / T(t) * 100))
((Abweichung Nominallohn: Abw_N(t) = (N(t) – B(t)) / N(t) * 100))
((Abweichung Verbraucherpreise: Abw_V(t) = (V(t) – B(t)) / V(t) * 100))

5-%-Kriterium:
((Parameter 1 erfüllt: Abw_T(t) >= 5))
((Parameter 2 erfüllt: Abw_N(t) >= 5))
((Parameter 3 erfüllt: Abw_V(t) >= 5))

4. Parameter (Abstandsgebot):
((Parameter 4 erfüllt, wenn:
– Abstände zwischen BesGr im Zeitverlauf deutlich schrumpfen oder
– Mindestbesoldung in unteren Gruppen unterschritten wird und oben nichts nachgezogen wird))

Gesamtschau:
((Wenn mind. 2 Parameter erfüllt → Vermutung Unteralimentation))
((Wenn 0 Parameter erfüllt → Vermutung Verfassungsgemäßheit))
((Wenn genau 1 Parameter erfüllt → vertiefte wertende Prüfung))

DIESE AUFSTELLUNG IST NICHT ABSCHLIEßEND, HAT KEIN ANSPRUCH AUF RICHTIGKEIT UND UNTERLIEGT DER FORTLAUFENDEN KORREKTUR NACH HINWEISEN!!

LG

BÖSWILLIGER DIENSTHERR

Durgi

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selbst geloescht, weil unsachlich :)
« Last Edit: 21.11.2025 09:20 von Durgi »

AR Wtb

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Feedback für den Autor "Böswilliger Dienstherr"

Ein hervorragender Extrakt aus den umfangreichen Entscheidungsgründen nebst komplexem Rechenwerk des BVerfG. Vielen Dank für diese überaus nützliche Praxishilfe!