Uns erreichte heute auch ein Inteview, welches Verdi mit dem Arbeitsdirektor der AGB, Herrn Adler führte:
Sehr geehrter Herr Adler, wir beglückwünschen Sie zu Ihrer neuen Aufgabe als zukünftiger Arbeitsdirektor der Autobahn GmbH des Bundes. Um Sie besser kennenzulernen, haben wir einige Fragen an Sie zusammengestellt, zu deren Beantwortung Sie sich freundlicherweise bereit erklärt haben. Dafür vorab schon einmal herzlichen Dank.
Zuletzt waren Sie als Staatssekretär im BMI bzw. davor im BMU tätig. Was führt Sie nunmehr zur Autobahn GmbH des Bundes und was macht für Sie den Reiz Ihrer neuen Tätigkeit aus?
Vielen Dank für Ihre Glückwünsche. Ich freue mich sehr auf unsere Zusammenarbeit und darauf, die größte infrastrukturpolitische Reform der letzten Jahrzehnte gemeinsam mit allen Beteiligten auf den Weg zu bringen. Der besondere Reiz liegt für mich darin, eine völlig neue Struktur zu schaffen, die es ermöglicht, die deutschen Autobahnen und weitere Bundesfernstraßen unter einem Dach zusammenzuführen.
Sie haben überdies ja auch bereits Erfahrungen mit dem Straßenbau in NRW als Staatssekretär gesammelt. Wie sehen Sie rückblickend diese Zeit und welche Erfahrungen haben Sie da gemacht?
Besonders in NRW wird die Bedeutung der Autobahnen für den Wirtschaftserfolg eines Landes täglich sichtbar. Die Autobahnen sind eine der Lebensadern und für den Pendler- Transit- und Reiseverkehr in NRW unverzichtbar. Die Erfahrungen, die ich als Staatssekretär für den Infrastrukturausbau in Nordrhein-Westfalen gesammelt habe, sind ein wichtiger Pfeiler für meine neue Aufgabe bei der Autobahn GmbH des Bundes.
Wie möchten Sie die Zusammenarbeit mit den Betriebsräten und den Gewerkschaften als zukünftiger Arbeitsdirektor der Autobahn GmbH des Bundes gestalten?
Ich setze auf einen vertrauensvollen und offenen Dialog. Dabei kommt es darauf an, gemeinsam an Lösungen zu arbeiten, die den Leistungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Ländern gerecht werden. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir unsere Ziele nur erreichen, wenn wir die Interessen aller im Blick behalten und zu einem fairen Ausgleich kommen.
Der Landesbetrieb Straßen.NRW pflegt mehr als 100 Modelle in Punkto Arbeitszeit, insbesondere um Frauen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu ermöglichen. Wie stehen Sie zu diesen flexiblen und individuellen Arbeitszeitmodellen.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erwarten heutzutage von Unternehmen flexible und intelligente Arbeitszeitmodelle, die dabei helfen, Beruf und Privatleben in Einklang zu bringen. Bei der Autobahn GmbH des Bundes sehe ich die große Chance, hier gemeinsam zu zeitgemäßen und tragfähigen Konzepten zu kommen.
Die Gewinnung von guten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in allen Bereichen wird zunehmend schwieriger. Wie wollen Sie dieses Problem für die Autobahn GmbH des Bundes angehen? Kommen da neben den weichen Faktoren, wie Arbeitsbedingungen, auch 'harte' Faktoren wie übertarifliche Bezahlung in Frage?
Gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen und dauerhaft zu halten, ist der Schlüssel für den Zukunftserfolg der Autobahn GmbH des Bundes. Dabei ist die Entlohnung ein wesentlicher Faktor, aber bei weitem nicht der einzige. Das Gesamtpaket muss stimmen. Das bedeutet: Wir brauchen eine attraktive Entlohnung, flexible Arbeitszeitmodelle, eine sichere Altersvorsorge und individuelle Förderung – zum Beispiel durch Weiterbildung und persönliche Entwicklungsmöglichkeiten.
Die Autobahn GmbH des Bundes wirbt um Personal in den Ländern u. a. mit dem Argument durchlässigere Strukturen beim Gehalt zu bieten. Es soll angeblich "die Leistung" als Grundlage für den Lohn verwendet werden, nicht (wie bisher) die vor "20 Jahren erworbene Qualifikation". Wie stehen Sie zu leistungsbezogenen Vergütungen und kann dabei die erworbene Qualifikation überhaupt außen vor bleiben?
Qualifikation ist ein zentraler Baustein. Ich bin jedoch dafür, den Begriff nicht nur an formalen Abschlüssen, sondern auch an praxisnah erworbenen Kenntnissen und persönlicher Erfahrung zu messen. Gerade in Zeiten des ständigen digitalen Wandels ist Qualifikation nicht in Stein gemeißelt, sondern entsteht in einem fortlaufenden Lern- und Entwicklungsprozess. Bei der Autobahn GmbH soll jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter die Chance erhalten, sich einzubringen und mitzugestalten.
Wird es eine Erfolgsbeteiligung für die Mitarbeiter*innen geben, oder nur für die Direktion und die Geschäftsführung?
Die Autobahn GmbH des Bundes legt Wert auf gemeinschaftlichen Erfolg. Im Oktober 2018 haben wir deshalb die Eckpunkte für die Entwicklung eines Bonussystems entwickelt, die alle Beschäftigten am Erfolg teilhaben lassen soll. Jetzt müssen hierzu in den Tarifverhandlungen konkrete Vereinbarungen folgen.
Straßen-NRW ist ein moderner Dienstleister mit vielen guten Dienstvereinbarungen, u.a. zur Telearbeit. Wie stehen Sie zu Telearbeit/mobile Telearbeit und überhaupt zu den Herausforderungen zur Digitalisierung (Arbeit 4.0)?
Die Autobahn GmbH des Bundes wird als moderner Arbeitgeber flexible Arbeitsmodelle anbieten. Da unser Geschäft zum großen Teil auf der Straße stattfindet, sind Konzepte für Tele-Arbeitsplätze oder Home-Office nicht immer und überall anwendbar. Trotzdem bemühen wir uns die Flexibilisierung im Sinne unserer Beschäftigten voranzutreiben. Dabei gilt der Grundsatz: Beschäftigte, die heute bereits Telearbeit nutzen, sollen das nach Möglichkeit auch in Zukunft tun.
Führung auf Distanz erfordert eine andere Kommunikation. Welche Instrumente der Personalführung sehen Sie für ein dermaßen dezentral aufgestelltes Unternehmen?
Es wäre töricht, das Wissen und die jahrzehntelange Expertise der Regionen nicht zu nutzen. Deshalb setzen wir bei der Autobahn GmbH des Bundes auf klare Absprachen und Rahmenbedingungen, gleichzeitig fördern wir regionale Entscheidungskompetenz und Verantwortung. Hierfür sind der persönliche Austausch vor Ort genauso wichtig, wie neue digitale Austauschformate, um schnell und direkt miteinander im Gespräch zu bleiben.
Warum sollten für die Beamten der Autobahngesellschaft des Bundes andere Regeln gelten als für die Beamten, die im Zuge der Neuorganisation der WSV versetzt wurden?
Bei der WSV-Reform handelte es sich um eine Neuorganisation innerhalb des Bundes. Bei der Autobahnreform kommen Beamte aus bis zu 16 unterschiedlichen Landesbeamtenregelungen zum Bund. Deshalb sind diese beiden Neuorganisationen schwer vergleichbar. Es kommt hinzu, dass eine der zentralen Bundesorganisationen privatrechtlich organisiert ist, so dass hier ein zusätzlicher „Systemwechsel“ zu bewältigen ist.
Im Autobahnbereich sollen trotz aller Kritik immer noch ÖPP-Modelle umgesetzt werden. Viele Beschäftigte haben aber auch grundsätzlich Sorgen und Bedenken beim Thema Privatisierung. Was erwartet die Beschäftigten diesbezüglich in der der Autobahn GmbH?
Die Autobahn GmbH des Bundes wird nicht nur ein attraktiver, sondern vor allem ein zukunftsfähiger Arbeitgeber sein. Meine klare Botschaft an Sie alle ist: Wir brauchen Sie und bieten Ihnen auch in Zukunft einen sicheren Arbeitsplatz. Eine Privatisierung der Autobahnen wird es nicht geben. Der Bund bleibt nach wie vor 100-prozentiger Eigentümer der Autobahnen. Per Gesetz ist sogar ausgeschlossen, dass der Bund seine Anteile verkaufen kann.
Außerdem sprechen Sie ÖPP-Projekte an. Als Autobahn GmbH des Bundes setzen wir verstärkt auf Eigenleistung und auf unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. ÖPP-Projekte sind deshalb nur als Ergänzung zu unserer eigenen Arbeit einsetzbar. Sollten wir ÖPP-Projekte beauftragen, so erfolgt das nur, wenn diese Beschaffungsmethode wirklich wirtschaftlich sinnvoller ist. Hier setzen wir als obersten Standard in der Planung von Projekten den Lebenszyklusansatz an: Das heißt, wir betrachten alle anfallenden Kosten - von der Planung bis zur Unterhaltung.
Sehr geehrter Herr Adler, die Beschäftigten von Straßen.NRW fühlen sich im laufenden Prozess bisher in weiten Teilen nicht mitgenommen. Wenn die Großbaustellen weiter laufen sollen ab 2021 dann wird es Zeit, belastbare Fakten zur Entscheidungsfindung in Sachen Autobahn GmbH des Bundes zu schaffen. Wir bedanken uns für das Interview und freuen uns auf eine konstruktive Zusammenarbeit!