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[Allg] Mehrarbeit nach Beförderung???

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LehrerInNRW:
Nach lange Rede sind wir wieder am Anfang!

Man wird Ihnen weiterhin 25,5 Stunden Unterricht pro Woche erteilen, dann wird man ihnen sagen, dass sie 3 Unterrichtsstunden in der Verwaltung arbeiten müssen und der Rest bleibt Ihnen dann zur Vor- und Nachbereitung.

Wenn das so einfach auszuhebeln wäre mit einem Verweis auf die Arbeitszeit, wäre das schon längst von einem VerwG. bzw. Arbeitsgericht gekippt worden.

Wie schon auch von anderen Teilnehmern geschrieben, wäre der Weg über den PR der klügere.

SwenTanortsch:

--- Zitat von: LehrerInNRW am 15.02.2020 22:20 ---Nach lange Rede sind wir wieder am Anfang!

Man wird Ihnen weiterhin 25,5 Stunden Unterricht pro Woche erteilen, dann wird man ihnen sagen, dass sie 3 Unterrichtsstunden in der Verwaltung arbeiten müssen und der Rest bleibt Ihnen dann zur Vor- und Nachbereitung.

Wenn das so einfach auszuhebeln wäre mit einem Verweis auf die Arbeitszeit, wäre das schon längst von einem VerwG. bzw. Arbeitsgericht gekippt worden.

Wie schon auch von anderen Teilnehmern geschrieben, wäre der Weg über den PR der klügere.

--- End quote ---

Ganz am Anfang sind wir nicht, sondern im Sinne von Hartmut von Hentigs ewas abgedroschenen Satz haben wir allesamt versucht, den Menschen zu stärken, die Sache zu klären. Sehr viel mehr kann dies Forum selbst im Idealfall nicht leisten; es kann nur anhand der Rechtslage Handlungsvorschläge bereiten, die Rechtslage als solche aber nicht ändern. Teil der für Beamte geltenden Rechtslage sind insbesondere die überkommenen beamtenrechtlichen Voraussetzungen; mit Blick auf Beförderungen ist dabei die verrechtlichte Vorstellung der sog. "Bestenauswahl" zu beachten, welche man als sich ins Beförderungswesen qua Bewerbung auf ein sogenanntes "höherwertiges Amt" einbringende*r aktiv handelnde*r Beamt*in als richtig oder falsch empfinden kann, die sich durch diese Empfindung aber nicht ändert, da sie eben verrechtlicht ist.

Im Sinne des zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums zählenden "Leistungsprinzips" ist rechtlich davon auszugehen, dass ein*e Beamt*in, der/dem ein höherwertiges Amt übertragen wird, nachgewiesen die individuelle Befähigung für dieses Amt besitzt. Da jenes Amt als höherwertiger verstanden wird als das vorherige, ist also verrechtlicht davon auszugehen, dass die, denen jenes höherwertige Amt zugewiesen wird, leistungsfähiger sind als die, die nicht mit einem solchen Amt bestallt werden oder worden sind.

Daraus folgt nun, dass es rechtlich nicht nur statthaft ist, sondern innerhalb des Rechtskonstrukts sogar zwingend gefordert werden muss, dass Beamt*innen, die ein höherwertiges Amt bekleiden, über eine höhere Leistungsfähigkeit verfügen, sodass sie in der für alle Beamt*innen eines jeweiligen Beamtengesetzes identischen regelmäßigen Arbeitszeit eine größere Leistung zu bringen in der Lage sind.

So verstanden hat jede*r Beamt*in die in den vorherigen Beiträgen dargestellten Rechte. Sie oder er kann allerdings nicht fordern, dass nach der Beförderung in ein höheres Amt, das rechtlich tatsächlich also als höherwertiges Amt begriffen wird, eine Entlastung durch Reduzierung der Unterrichtsverpflichtung erfolgt. Denn als Äquivalent für die erwartete höhere Leistungsfähigkeit, die von den entsprechenden Beamt*innen aktiv qua Bewerbung auf das Amt zuvor bekundet worden ist, wird dieses Amt höher besoldet und mit einer innerhalb des Rechtskonstrukts erfolgenden höheren Reputation versehen.

Der Schulleiter kann also nicht eine innerhalb der Rechtslage unstatthafte Erhöhung der regelmäßigen Arbeitszeit fordern; die/der weisungsgebundene Untergebene wiederum muss allerdings die ihr/ihm innerhalb des geltenden Rechts auferlegten Weisungen befolgen. Die Arbeitszeit kann also nicht willkürlich verlängert werden; eine höhere Leistungsfähigkeit - also eine in identischer Arbeitszeit höhere Qualität in der gezeigten Tätigkeit - kann vom Dienstvorgesetzten nach erfolgter Beförderung in ein höheres Amt jedoch gefordert werden, da sie rechtlich gesehen eine der Voraussetzungen für diese Beförderung im Sinne der sog. "Bestenauswahl" gewesen ist.

Isie:
Vermutlich ist das hier im Forum schon mal thematisiert worden, aber ich berichte trotzdem mal eben. Auf der Internetseite des Philologenverbandes Niedersachsen habe ich eben einen Beitrag über ein Klageverfahren gelesen. Es geht darum, dass die Verweigerung von Anrechnungsstunden für von Oberstudienräten zu leistende Funktionstätigkeiten für verfasungswidrig gehalten wird und deshalb dagegen geklagt werden soll. Der Umfang der Funktionstätigkeiten wird mit 3 Zeitstunden pro Woche beziffert.

SwenTanortsch:

--- Zitat von: Isie am 16.02.2020 09:39 ---Vermutlich ist das hier im Forum schon mal thematisiert worden, aber ich berichte trotzdem mal eben. Auf der Internetseite des Philologenverbandes Niedersachsen habe ich eben einen Beitrag über ein Klageverfahren gelesen. Es geht darum, dass die Verweigerung von Anrechnungsstunden für von Oberstudienräten zu leistende Funktionstätigkeiten für verfasungswidrig gehalten wird und deshalb dagegen geklagt werden soll. Der Umfang der Funktionstätigkeiten wird mit 3 Zeitstunden pro Woche beziffert.

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Das Thema ist bereits durch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.07.15 geklärt worden (BVerwG 2 C 16.14). Damals hatte eine Oberstudienrätin, die in Teilzeit beschäftigt war und der nur eine anteilige Anrechnung von Entlastungsstunden gewährt worden war, dagegen mit der Begründung erfolgreich geklagt, dass sie bei der gleichen Quantität der ihr durch das höhere Amt auferlegten Aufgaben mit geringerer Zahl an Entlastungsstunden ausgestattet worden war als eine Vollzeitbeschäftigte. Im Sinne der Oberstudienrätin wurde für Recht erklärt, dass ihr bei der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit dennoch die volle Anzahl der mit dem Amt verbundenen Entlastungsstunden zuzuerkennen sei und nicht nur die Hälfte im Sinne ihr regelmäßigen Arbeitszeit. Entscheidend ist dabei unter anderem oder gerade der rein quantifizierende Blick, den das Gericht ausschließlich für rechtens erklärte.

Als Folge wurde in Niedersachsen zwei Jahre später der auch heute noch geltenden sog. Teilzeiterlass ("Besondere Regelungen für teilzeitbeschäftigte und begrenzt dienstfähige Lehrkräfte an öffentlichen Schulen" vom 07.04.17) erteilt, der zwar weiterhin reichlich unvollkommen ist, aber dennoch ein deutlicher Fortschritt gegenüber der Zeit vor 2017 darstellt.

Mit Blick auf unser hier behandeltes Thema können aus dem Urteil Analogien abgeleitet werden, da die Teilzeitbeschäftigung - vereinfacht ausgedrückt - ein Spezialfall der Vollzeittätigkeit ist. In dem Urteil heißt es unter anderem: Es sei

"zu beachten, dass teilzeitbeschäftigte Beamte nicht nur einen Anspruch darauf haben, entsprechend ihrer Teilzeitquote besoldet zu werden, sondern auch darauf, nicht über ihre Teilzeitquote hinaus zur Dienstleistung herangezogen zu werden. […] Besteht die Arbeitszeit aus mehreren Bestandteilen, muss eine Gesamtbetrachtung erfolgen. Ein Mehr in einem Bereich muss durch ein Weniger in einem anderen Bereich ausgeglichen werden. Der Saldo darf nicht über die sich aus der Teilzeitquote ergebende Arbeitszeit hinausgehen. Alle Bestandteile der Lehrerarbeitszeit sind insoweit gleichwertig und ausschließlich quantitativ zu betrachten. Eine gleichheitswidrige Behandlung eines teilzeitbeschäftigten Lehrers ist deshalb dann anzunehmen, wenn er im Vergleich mit einem vollzeitbeschäftigten Lehrer quantitativ relativ stärker beansprucht wird; das ist nicht der Fall, wenn Belastungen an einer Stelle durch Entlastungen an anderer Stelle ganz oder nahezu vollständig ausgeglichen werden […]. Teilzeitbeschäftigte Lehrer dürfen somit in der Summe ihrer Tätigkeiten (Unterricht, Vor- und Nachbereitung des Unterrichts, Teilnahme an Schulkonferenzen, Elterngespräche, Vertretungsstunden etc., aber auch Funktionstätigkeiten) nur entsprechend ihrer Teilzeitquote zur Dienstleistung herangezogen werden. (BVerwG 2 C 16.14, Rn. 16f.).

Und weiter (bzw. vorweg) und auch das ist hier in Übertragung auf eine Vollzeitbeschäftigung von Interesse:

"Wie der Dienstherr in dem dargelegten Rahmen die Lehrerarbeitszeit ausgestaltet und konkretisiert, steht in seinem pflichtgemäß auszuübenden Ermessen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich im Laufe der Zeit Veränderungen ergeben können, die sich zu Lasten oder zu Gunsten der Lehrer auf deren Arbeitsbelastung auswirken. Ob sich hiernach die vom Dienstherrn jeweils gewählte Konkretisierung im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens hält, hängt von einer nicht nur rechtlichen, sondern insbesondere auch tatsächlichen Würdigung und Abwägung der für seine Entscheidung maßgebenden Umstände ab" (ebd., Rn. 14).

Spid:

--- Zitat von: LehrerInNRW am 15.02.2020 22:20 ---Nach lange Rede sind wir wieder am Anfang!

Man wird Ihnen weiterhin 25,5 Stunden Unterricht pro Woche erteilen, dann wird man ihnen sagen, dass sie 3 Unterrichtsstunden in der Verwaltung arbeiten müssen und der Rest bleibt Ihnen dann zur Vor- und Nachbereitung.

Wenn das so einfach auszuhebeln wäre mit einem Verweis auf die Arbeitszeit, wäre das schon längst von einem VerwG. bzw. Arbeitsgericht gekippt worden.

Wie schon auch von anderen Teilnehmern geschrieben, wäre der Weg über den PR der klügere.

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Wir sind in keinster Weise wieder am Anfang. Wir haben vielmehr herausgearbeitet, daß es sich nicht um Mehrarbeitsstunden handelt, sondern um - im Falle tarifbeschäftigter Lehrer - die inhaltliche Ausgestaltung der Arbeitsleistung im Rahmen des Direktionsrechts des AG. Dagegen ist nichts einzuwenden, weshalb man derlei auch nicht vor dem ArbG erstreiten kann. Der AN schuldet aber nur eine Leistung mittlerer Art und Güte in Bezug auf seine eigene Leistungsfähigkeit im vereinbarten zeitlichen Umfang. Ob durch die Erbringung dieser Leistung alle Aufgaben erledigt werden oder nicht, ist nicht sein Problem. Vielmehr teilt er dem AG mit, was er schafft und was er nicht schafft und verlangt eine Priorisierung durch den AG. Wird nicht Mehrarbeit mit entsprechender Vorlaufzeit und unter Beteiligung des PR angeordnet, hört er nach 41 Stunden auf zu arbeiten - wenn er schlau ist.

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