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[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)

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SwenTanortsch:

--- Zitat von: WasDennNun am 19.08.2020 16:20 ---
--- Zitat von: SwenTanortsch am 18.08.2020 17:43 ---So weist die Gemeinde Buchholz in der Nordheide ein Mietenniveau auf, das der Mietenstufe VI (25 bis unter 35 %ig überdurchschnittlich) entspricht, die Nachbargemeinde Tostedt verfügt nur über ein Mietenniveau, das der Mietenstufe III entspricht (- 5 bis + 5 %ig durchschnittlich). Wie sollte jetzt ein Dienstherr, der für alle seine Beamten dieselben Alimentationspflichten hat, den Ortszuschlag bemessen, wenn in der Praxis dicht an dicht ein um 40 % unterschiedliches Mietenniveau herrscht?

Das war die Frage, die ich weiter oben gestellt habe, und auf die mir als einzige Antwort einfällt: Er muss, um das Abstandgebot einzuhalten, die Grundgehälter so weit anheben, dass sie am Ende durch einen verhältnismäßig geringfügigen Ortszuschlag als Alimentationsergänzung, dafür sorgen, dass im Dienstort in Buchholz noch eine verfassungskonforme Alimentationshöhe gegeben ist. Er kann aber nicht das Grundgehalt insgesamt so niedrig belassen, dass es in der Gemeinde Torstedt gerade noch oberhalb der Unteralimentation wäre, und in Buchholz mittels eines hohen Ortszuschlags für eine dort dann ebenfalls amtsangemessene Alimentation sorgen. Denn damit würde er offensichtlich gegen das Abstandgebot verstoßen und auch das Staatsziel der anzustrebenden einheitlichen Lebensverhältnisse verletzen.

--- End quote ---
Und das denke ich ist heutzutage mittels entsprechenden Daten und IT absolut keine grosse Sache mehr.
(Wenn er nach dem Wohnortprinzip agiert, wenn er jedoch nach dem Dienstort geht, dann noch einfacher....)

Es bleibt für mich fraglich warum ein A4er in einer teuren Gegend wg. des Dienstherren wohnend nicht mehr haben darf als ein A5 in einer billigen Wohngegegend.

Der Staat kann ja alternativ Mietzuschüsse gewähren, dass scheint ja erlaubt, also müsste er sich nicht zwingend am teueresten Mieter orientieren.

Ich bleibe dabei: Die illegale Unteralimentation ist bei Beamten mit Kind und Kegel zu finden, da gehört ne Schippe drauf. Bei dem Rest kann zum grössten Teil das in einer unveränderten Besoldung münden, solange man sich zukünftig parallel zu TV Abschlüssen bewegt. Und wenn der Dienstherr böse ist, dann kappt er oben was weg.

Bleibt für mich die Frage: Gibt es Konstellationenen wo Pensionär mit "mittellosen" Ehepartner in die Unteralimentation fallen könnte.

--- End quote ---

Wie gesagt, ich antworte morgen ausführlicher.

Das Abstandsgebot ergibt sich aus dem Leistungsprinzip; beide sind hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums und haben damit eine grundgesetzgleiche Wirkung. In diesem Sinne formuliert das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung:

"Durch die Anknüpfung der Alimentation an innerdienstliche, unmittelbar amtsbezogene Kriterien wie den Dienstrang soll sichergestellt werden, dass die Bezüge entsprechend der unterschiedlichen Wertigkeit der Ämter abgestuft sind. Daher bestimmt sich die Amtsangemessenheit im Verhältnis zur Besoldung und Versorgung anderer Beamtengruppen. Gleichzeitig kommt darin zum Ausdruck, dass jedem Amt eine Wertigkeit immanent ist, die sich in der Besoldungshöhe widerspiegeln muss. Die Wertigkeit wird insbesondere durch die Verantwortung des Amtes und die Inanspruchnahme des Amtsinhabers bestimmt. Die 'amts'-angemessene Besoldung ist notwendigerweise eine abgestufte Besoldung". (vgl. z.B. BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - Rn. 146; https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2012/02/ls20120214_2bvl000410.html)

Durch die unterschiedliche Wertigkeit der Ämter muss die Besoldungshöhe eines höheren Amtes höher ausfallen. Von daher darf ein Beamter beispielsweise der Besoldungsgruppe A 5 in der gleichen Erfahrungsstufe wie ein Beamter der Besoldungsgruppe A 6 nicht besser besoldet werden als dieser. Das darf auch nicht durch Zulagen geschehen, weil dadurch die Wertigkeit der Ämter ausgehöhlt werdne würde, was auf der einen Seite den sich in einer höheren Besoldungsgruppe befindenden Beamten in seinen grundgesetzlgeichen Rechten verletzen würde und auf der anderen gegen die innere Logik des Alimentationsprinzip verstieße.

yamato:

--- Zitat von: Gruenhorn am 19.08.2020 13:12 ---In dem Urteil wird eine deutlich höhere Miete von ca. 1100 Euro ( entsprechend der höchsten Wohngeldstufen Berlin ) zugrundegelgt als in deinem Beispiel. Außerdem wurde für die 4 koepfige Familie bereits 2015 ein höherer pkv Beitrag von 550 Euro angenommen und 74 Euro kulturelle Teilhabe. Die dort berechnete Mindestalimentation für 2015 lag schon bei 2800 Euro.

--- End quote ---

Deswegen hatte ich ja gefragt ob ich Rechenfehler hätte. So gesehen ist das BverfG also von der reinen SGB2 Berechnung abgewichen, den die Wohngeldstufen haben keinen Einfluss auf das SGB 2, die kulturelle Teilhabe hatte ich vergessen und die PKV nur geschätzt. Da ich nur ein alleinstehender Beamter bin kannte ich die Sätze für Familienangehörige nicht.
Aber Herr Tanortsch hat das ja auch noch ausführlich und gut verständlich erläutert. Mal sehen ob sich das auch auf die Bundesbeamten auswírkt.

boysetsfire:
@SwenTanortsch: Vielen Dank für deine ausführlichen Erläuterungen und Berechnungen. Nach 2015 hätte ich nicht gedacht, dass das BVerfG zur Vernunft kommt...  Widerspruch ist raus. :)

WasDennNun:

--- Zitat von: kommunalbeamter91 am 19.08.2020 09:08 ---Wenn dem so ist, wieso können sich dann die zwei Berliner Richter und die Witwe der R-Besoldung 1, 2 und 3, von denen wir nicht wissen, ob sie überhaupt Kinder haben, nach dem BVerfG Urteil 2 BvL 4/18 vom 04.05.2020 über eine Nachzahlung für die Jahre 2009-2015 freuen........

--- End quote ---
Weil die Grundbesoldung nicht ausdifferenziert ist, sie aber zukünftig nach unten für Singles korrigiert werden könnte, um monetär Luft nach oben zu haben um für Kinder mehr Geld zu haben.

Und wenn wie Gruenhorn anmerkte ein Mietzuschuss (anstelle des Ortszuschusses) einfliest, dann wird es für die Singles in günstigen Wohngegenden Kürzungen geben (können).

kommunalbeamter91:

--- Zitat von: WasDennNun am 20.08.2020 10:13 ---
--- Zitat von: kommunalbeamter91 am 19.08.2020 09:08 ---Wenn dem so ist, wieso können sich dann die zwei Berliner Richter und die Witwe der R-Besoldung 1, 2 und 3, von denen wir nicht wissen, ob sie überhaupt Kinder haben, nach dem BVerfG Urteil 2 BvL 4/18 vom 04.05.2020 über eine Nachzahlung für die Jahre 2009-2015 freuen........

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Weil die Grundbesoldung nicht ausdifferenziert ist, sie aber zukünftig nach unten für Singles korrigiert werden könnte, um monetär Luft nach oben zu haben um für Kinder mehr Geld zu haben.

Und wenn wie Gruenhorn anmerkte ein Mietzuschuss (anstelle des Ortszuschusses) einfliest, dann wird es für die Singles in günstigen Wohngegenden Kürzungen geben (können).

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Für die Zukunft ggf ja. Aber ein Widerspruch kann sich im Moment auch für die Kinderlosen lohnen.

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