Genau darum müsste es (Dir) aber gehen, Organisator, um Deine These sachlich zu erhärten. Genau deshalb mein vorheriger ironischer Verweis. Vorstellen kann man sich viel, auch ein deutsches Staatswesen ohne Berufsbeamtentum. Um dessen Praxistauglichkeit zu ermessen, müsste man sich jedoch zuvor Gedanken über dessen Ausgestaltung machen. Wenn das, was ich geschrieben habe, eine Übertreibung ist, frage ich mich, was es ist, ein bundesdeutsches Staatswesen ohne Berufsbeamtentum auf Grundlage einer umfassend neu gestalteten Verfassung ins Spiel zu bringen? Wenn mich nicht alles täuscht, ist solch ein Gedanke eine Über-treibung. Es ist nämlich ausgeschlossen - jedenfalls heute -, dass das passierte.
Man kann zugleich nicht über Rechtssachen sprechen, ohne die Rechtssachen als solches zu betrachten.
Da sind wir unterschiedlicher Meinung. Ich möchte nicht eine vertiefte Rechtsdiskussion starten, wie ein deutsches Staatswesen oder eine Polizei ohne Berufsbeamtentum rechtlich umsetzbar wäre. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass es in dutzenden Ländern mit vergleichbaren Gesellschaftsordnungen rechtlich möglich ist.
Insofern ist das Berufsbeamtentum nicht in Stein gemeißelt, sondern nur eine Möglichkeit für die Beschäftigungsgrundlage von Staatsdienern.
Das ist so weiterhin nicht ganz richtig oder recht unschattiert, Organisator, weil Du weiterhin versuchst, Aussagen über eine Rechtssache zu machen, ohne dass Du die Rechtssache konkret genug betrachtest, um nicht zu sagen, Du formulierst hier den nächsten Beitrag, in dem Du die Rechtssache
nicht einmal im Ansatz betrachtest. Als Folge formulierst Du nur unkonkrete Vermutungen, die letztlich nicht weiterhelfen. Denn es ist eben sachlich nicht möglich - und führt, weil es unsachlich (= ohne sachlichen Grund) ist, in die Irre, eine Rechtssache unter Absehung des Rechts zu betrachten, und zwar in diesem Fall hinsichtlich der Aussage, dass vergleichbare Gesellschaftsordnungen herangezogen werden könnten, um Deine These zu untermauern. Denn diese Aussage sieht davon ab, dass unser Grundgesetz eine Werteordnung verfasst, die Grundrechte als Ausdruck dieser Werte begreift. Das ist so in vielen demokratischen Rechtsstaaten gar nicht der Fall, und sei es auch nur, weil sie gar keine Verfassung kennen. Die Grundrechte haben dort also wiederkehrend eine andere Bedetung im je eigenen Rechtssystem jener Rechtsstaaten. In anderen Rechtsstaaten, die ebenfalls verfassungsrechtliche Grundrechte in ihre Verfassung aufgenommen haben, finden wir wiederum kein Verfassungsgericht, das die Bedeutung und das Verhältnis von (Grund-)Rechten zueinander auslegt, so wie es das Bundesverfassungsgericht tut. Auch hier liegt dann eine Werteordnung vor, die nicht so ohne Weiteres mit der in der Bundesrepublik gegebenen vergleichbar wäre und die also in den letzten 75 Jahren so gewachsen ist, wie sie gewachsen ist. Und schließlich fordert die Werteordnung unseres Grundgesetzes die staatliche Durchsetzung des Rechts, was bedeutet, den Grundrechtsschutz durch den Staat, dem ersteren (dem Grundrechtsschutz) nach den Erfahrungen der NS-Zeit von den Verfassungsmüttern und -vätern eine besondere, nämlich herausragende Rolle im Grundgesetz beigemessen worden ist, die unseren je eigenen Rechtsstaat im besonderen Maße prägt. Auch das kennen viele demokratische Rechtsstaaten so also nicht.
Du kannst nun also ein weiteres Mal darauf beharren, ohne auch nur ein konkretes Argument zu bringen, dass unsere Rechtsordnung auch ganz anders und darin also auch ohne Berufsbeamtentum gestaltet werden könnte; Dein Beharren ist aber nur deshalb möglich, weil Du eben von der Rechtssache absiehst. Würdest Du das nicht und Dich also mit der Verfassungstheorie und Verfassungswirklichkeit unserer Bundesrepublik beschäftigten, sollte es Dir leichtfallen, das, was ich geschrieben habe, sachlich zu widerlegen, solange Deine entsprechende Sicht auf die rechtliche Verfasstheit unserer Bundesrepublik sachgerecht wäre. In diese argumentative Auseinandersetzung trittst Du aber gar nicht ein, sondern äußerst Vermutungen, die Du nicht mit Argumenten erhärtest.
Ergo: Es tut nicht weh, was Du glaubst, hat aber, wenn ich es richtig sehe, weitgehend weder einen praktischen Nährwert - ich sehe keinen Politiker in Deutschland, der die Abschaffung des Berufsbeamtentums forderte -, noch könnte es so das widerlegen, was ich vormals geschrieben habe, nämlich was ich meinte, als ich schrieb, dass ohne Berufsbeamtentum in Deutschland am Ende das Gewaltmonopol nicht aufrechterhalten werden könnte. Du kannst das anders sehen, allerdings sehe ich weiterhin nicht, wie Du es sachlich begründen willst, da Du über allgemeine Verweise nicht hinausreichst.
In einem kannst Du Dir aber sicher sein: Ich werde wegen Deiner Beiträge heute abend sicherlich nicht mit einer Knarre bewaffnet an Deiner Haustür klingeln (und zwar nicht nur, weil ich keine habe und froh darum bin) und Einlass mit der Begründung verlangen, dass ich diese Knarre außerhalb Deiner Reichweite Dir gegenüber auf Deinen Wohnzimmertisch ablegen wollte, während wir es uns in gemütlicher Atmosphäre auf Deinen Wohnzimmersesseln bequem machen sollten, um in aller gebotenen Deutlichkeit dieses Thema auszudiskutieren. Sicher darfst Du dir dessen sein, weil ich davon ausgehe, dass ich vernünftig genug bin, dass das nicht geschehen könnte. Unsicher bin ich mir aber, ob meine Vernunft in jedem Fall so ausgestaltet wäre, wie ich hoffe, dass sie ausgestaltet ist, wenn ich nicht im Laufe meines Lebens unter anderem die Erfahrung gemacht hätte, dass es vereidigte Polzeibeamte gibt, die schon bei deutlich geringeren Anlässen ggf. nicht nur mit den Achsel zucken würden und von denen wir zum Glück ausgehen können, dass sie nicht nur alsbald in hoher Zahl ebenfalls anwesend sein würden, sondern auch, dass sich keiner von ihnen von der geschilderten Waffe so weit abschrecken lassen würde, dass er sagte: "Die Nummer wird mir eher zu heiß. Ich bleib mal lieber in deutlich weiterer Entfernung, als mir das mein Vorgesetzter aufgetragen hat". Das Wissen darum dürfte - wenn auch sicherlich nicht ausschließlich, es wird also noch viele andere Gründe geben - mein Gewissen nicht unbeachtlich mit geprägt haben.
Das Gewaltmonopol des Staates beruht so verstanden nicht nur auf dem verfassten Recht, sondern vor allem darauf, dass es von den Rechtsunterworfenen aus freien Stücken anerkannt wird. Hegels Freiheit als Einsicht in die Notwendigkeit beruht vor allem darauf, dass diese Einsicht überhaupt erst möglich und darüber hinaus klar ist, was notwendig ist.
Das kann es auch geben, wenn der Grundrechtsschutz als Folge des staatlichen Gewaltmonopols weniger rechtssicher erfolgte als in Deutschland: Aber Polizeibeamte, die qua Eid und im Rahmen ihrer Dienstpflicht Leben schützen, sofern das notwendig ist, und zwar regelmäßig und verlässlich, fördern die Einsichtmöglichkeiten meines Erachtens deutlich stärker, was ein wichtiger Grund dafür ist, dass unsere Verfassungsmütter und -väter unser je eigenes Grundgesetz so ausgeformt haben, wie es von ihnen ausgeformt worden ist. Denn die meisten haben es (wenn auch aus unterschiedlicher Warte) erlebt, was es heißt, dass Grundrechtsschutz staatlicherseits nicht nur nicht gegeben, sondern gezielt ins Gegenteil verkehrt worden ist. Und den meisten von ihnen war spätestens nach 1945 klar, wohin es führen kann, wenn man Polizeiangestellten staatliche Gewalt anvertraut. Denn einige der Verfassungsmütter und -väter haben in den ersten Monaten des Jahres 1933 mit ihnen ihre je eigenen Erfahrungen gemacht, als man insbesondere die SA, der zu jener Zeit die SS noch unterstellt war, nicht nur in Preußen bis zum Sommer zur Hilfspolizei gemacht hat, um so nicht nur Zugriff auf die politischen Gegner zu erlangen, sondern ebenso den staatlichen Polizeiapparat und seine Beamten wirkungsvoll unter Kontrolle zu bringen. Entsprechend war erlassen worden:
"Dem Treiben staatsfeindlicher Organisationen ist mit den schärfsten Mitteln entgegenzutreten. Polizeibeamte, die in Ausübung dieser Pflichten von der Schusswaffe Gebrauch machen, werden ohne Rücksicht auf die Folgen des Schusswaffengebrauchs von mir gedeckt.
Wer hingegen in falscher Rücksichtnahme versagt, hat dienststrafrechtliche Folgen zu gewärtigen." (Runderlaß des Reichsministers des Innern vom 17. Februar 1933. Ministerial-Blatt für die Preußische innere Verwaltung, Teil I 1933, Nr. 9, Sp. 169; Hervorhebungen durch ST.)
Die der staatlichen Schutzpolizei beigeordneten Hilfspolizisten kontrollierten diese so also ebenfalls. Die Umfunktionierung des verbeamtenen Polizeiapparat zu einem Terrorinstrument konnte so also nur umso effektiver vollzogen werden, indem man dem 1933 zunächst noch bestehenden staatlichen Hoheitsbereich ein nicht hoheitliches Instrument beiseitestellte, um so die hoheitliche staatliche Struktur auszuhöhlen. Auch das war ein Markstein zur Zerstörung der Republik, der ohne wenige Umwege die Wegstrecke mit markierte zum schließlich am 1. Dezember 1933 erlassenen Gesetz zur Sicherung der Einheit von Partei und Staat (RGBl. I 1933 S. 1016).
Wer also als maßgeblicher Politiker davon absehen wollte, im Grundgesetz weiterhin über Art. 33 Abs. 4 die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen, dürfte damit rechnen, dass das nicht ohne erheblichen Gegenwehr von großen Teilen der Zivilgesellschaft geschehen würde, was mit dazu führt, dass diese Forderung von ernstzunehmender Seite nicht geschehen wird. Denn nicht nur dort hat niemand ein Interesse am Aushöhlen des Grundrechtsschutzes mit ggf. de facto-Verlusts des staatlichen Gewaltmonopols.
Wie gesagt: Rechtsfragen kann man nicht außerhalb der sie normierenden Rechtssache betrachten, ohne sie damit zu verkürzen.