Autor Thema: [Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 4221583 times)

Arwen

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7905 am: 21.08.2025 14:47 »
Beamte Nds. kann man das lesen.


BlauesBlau

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7907 am: 22.08.2025 15:20 »
In dem Bericht "THE EU JUSTICE SCOREBOARD 2024" der europäischen Kommission wurden wiederholt die niedrigen Richtergehälter in Deutschland kritisiert. Wäre es hier nicht eine Möglichkeit des Bundesverfassungsgerichts die Besoldungsgesetzgeber nun von der anderen Seite (Leistungsprinzip und AMTSangemessene Besoldung) einzuhegen. Entsprechend der europäischen Kommission liegen alle anderen Richtergehälter deutlich (teilweise 2 bis 3 mal so hoch)  oberhalb der jeweiligen Durchschnittsgehälter der Länder. Das Bundesverfassungsgericht könnte doch einfach festlegen, dass das Richtergehalt z.B. nicht unter dem 1,5 fachen (das wäre heute in etwa der Medianwert innerhalb der EU; allerdings durch Deutschland nach unten verzerrt) des jeweiligen Durchschnittsgehalts liegen darf. Da die Besoldungsordnungen miteinander in Verbindung stehen (R1 entspricht am Anfang A13 und endet bei ca. A15) könnte man eine konsistente Besoldungssystematik die amtsangemessen wäre entwickeln. Bei einem Durchschnittsgehalt von Vollzeitbeschäftigten in Deutschland (2024) von über 60.000 Euro müsste dementsprechend R1 und auch A13 bei ca. 90.000 Euro Grundgehalt zu Beginn der Karriere liegen. Diese "krassen" Besoldungserhöhungen würden aber zugleich zu der Abkopplung der Besoldung passen (schon seit Jahrzehnten!!!), die Swen z.B. in seinem Vortrag beim tbb Thürigen dargestellt hat, denke ich. Hier würde dann ein Rahmen (MINDESTbesoldung und AMTSangemessenheit) relativ klar entstehen, der sowohl mit EU Recht kompatibel ist und der den Besoldungsgesetzgebern immer noch Gestaltungsfreiheit gibt (es sind ja "nur" Mindestanforderungen) - wie bei den 115% der Mindestbesoldung hätte man mit 150% des Durchschnittsgehalts nun prüfbare Rahmenbedingungen, die sich auch an der gesamtgesellschaftlichen Wirtschaftsleistung in Deckung bringen lassen. Ist eine solche Einhegung denkbar? Die "Tricks" der Besoldungsgesetzgeber waren ja allesamt so gestaltet, dass die höheren Besoldungsgruppen leer ausgingen...

clarion

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7908 am: 22.08.2025 21:25 »
Au ja 50% mehr würde ich nehmen. Dann würde auch auf 80% Teilzeit gehen und hätte trotzdem mehr Kohle.

War nur ein Traum...


SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7909 am: 23.08.2025 09:18 »
In dem Bericht "THE EU JUSTICE SCOREBOARD 2024" der europäischen Kommission wurden wiederholt die niedrigen Richtergehälter in Deutschland kritisiert. Wäre es hier nicht eine Möglichkeit des Bundesverfassungsgerichts die Besoldungsgesetzgeber nun von der anderen Seite (Leistungsprinzip und AMTSangemessene Besoldung) einzuhegen. Entsprechend der europäischen Kommission liegen alle anderen Richtergehälter deutlich (teilweise 2 bis 3 mal so hoch)  oberhalb der jeweiligen Durchschnittsgehälter der Länder. Das Bundesverfassungsgericht könnte doch einfach festlegen, dass das Richtergehalt z.B. nicht unter dem 1,5 fachen (das wäre heute in etwa der Medianwert innerhalb der EU; allerdings durch Deutschland nach unten verzerrt) des jeweiligen Durchschnittsgehalts liegen darf. Da die Besoldungsordnungen miteinander in Verbindung stehen (R1 entspricht am Anfang A13 und endet bei ca. A15) könnte man eine konsistente Besoldungssystematik die amtsangemessen wäre entwickeln. Bei einem Durchschnittsgehalt von Vollzeitbeschäftigten in Deutschland (2024) von über 60.000 Euro müsste dementsprechend R1 und auch A13 bei ca. 90.000 Euro Grundgehalt zu Beginn der Karriere liegen. Diese "krassen" Besoldungserhöhungen würden aber zugleich zu der Abkopplung der Besoldung passen (schon seit Jahrzehnten!!!), die Swen z.B. in seinem Vortrag beim tbb Thürigen dargestellt hat, denke ich. Hier würde dann ein Rahmen (MINDESTbesoldung und AMTSangemessenheit) relativ klar entstehen, der sowohl mit EU Recht kompatibel ist und der den Besoldungsgesetzgebern immer noch Gestaltungsfreiheit gibt (es sind ja "nur" Mindestanforderungen) - wie bei den 115% der Mindestbesoldung hätte man mit 150% des Durchschnittsgehalts nun prüfbare Rahmenbedingungen, die sich auch an der gesamtgesellschaftlichen Wirtschaftsleistung in Deckung bringen lassen. Ist eine solche Einhegung denkbar? Die "Tricks" der Besoldungsgesetzgeber waren ja allesamt so gestaltet, dass die höheren Besoldungsgruppen leer ausgingen...

Unabhängig von dem, was der Redner in Erfurt ausgeführt hat, ist es weiterhin als Folge des weiten Entscheidungsspielraums, über den der Besoldungsgesetzgeber nicht zuletzt aus Art. 20 Abs. 3 GG verfügt, dessen Aufgabe, BlauesBlau, die Höhe der amtsangemessenen Alimentation zu bemessen, wobei er dabei die Forderungen des Alimentationsprinzips aus Art. 33 Abs. 5 GG zu beachten hat, wie sie der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu entnehmen sind. Während also der Besoldungsgesetzgeber als Folge des Art. 33 Abs. 5 GG weiterhin das Recht wie die Pflicht auszufüllen hat, das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln, ist es im Rahmen der gegebenen Kompetenzordnung Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, auf Anruf die Kontrolle zu vollziehen, ob der jeweilige Besoldungsgesetzgeber in der Vergangenheit seinen Pflichten hinreichend nachgekommen ist, was dann der Fall ist, wenn er nicht evident sachwidrig gehandelt hat.

Als Folge ist es dem Bundesverfassungsgericht unmöglich, regelmäßige (Höchst-)Beträge der amtsangemessenen Alimentation festzulegen, da es damit als eine Art "Ersatzbesoldungsgesetzgeber" fungieren würde, wozu er im Rahmen der genannten Kompetenzordnung regelmäßig nicht berufen ist, allein schon, weil er nicht über die demokratische Legitimation verfügt wie der vom Volk gewählte Gesetzgeber. Möglich war dem Bundesverfassungsgericht hingegen, die Grenze zur Unteralimentation zu betrachten, da hier mit dem Grundsicherungsniveau unter Beachtung des qualitativen Unterschieds zwischen der staatlichen Grundsicherung und der Beamten geschuldeten Alimentation ein hinreichend verlässlicher Vergleichsparameter vorliegt, der sich also nicht zuletzt auch hinreichend konkretisieren lässt. Eine darüber hinausreichende Betrachtung ist aber weder aus den im letzten Absatz genannten Momente noch auch deshalb nicht möglich, weil es keine hinreichend konkretisierbaren Vergleichsgegenstände für entsprechende "Höchstbeträge" gibt. Denn die für die staatliche Grundsicherung zuständigen Behörden haben ausnahmslos jeden bewilligten Fall in einer Akte vorliegen, sodass hier konkrete Fälle staatlich kontrolliert abrufbar sind. Solche Beträge lägen theoretisch ebenfalls den Steuerbehörden für jeden weiteren Beschäftigten in Deutschland vor. Allerdings unterliegen die Steuerdaten dem Steuergeheimnis, was hier die Sache komplizierter machte. Insbesondere sehen sich die Steuerbehörden weiterhin nicht veranlasst, ent

So oder so ist aber grundlegend das in den Blick zu nehmen, was ich im ersten Absatz gesagt habe: Unsere Kompetenzordnung sieht einen weiten Entscheidungsspielraum auch des Besoldungsgesetzgebers vor und ihn in der Pflicht, die Höhe der amtsangemessenen Alimentation im Rahmen des Alimentationsprinzips zu bemessen, während die Aufgabe der (Verfassungs-)Gerichtsbarkeit ausschließlich die Kontrolle des Besoldungsgesetzgebers ist, was aus dessen weiten Entscheidungsspielraum zur Folge hat, dass am Ende regelmäßig die Höhe der Alimentation als Ganze kontrolliert wird, die in dem Moment nicht evident unzureichend ist, wie sie nicht evident sachwidrig gewährt wurde - oder in den Worten des Zweiten Senats (vgl. die Rn. 26 f. der aktuellen Entscheidung https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000418.html):

"Bei der Umsetzung der aus Art. 33 Abs. 5 GG resultierenden Pflicht zur amtsangemessenen Alimentation besitzt der Gesetzgeber einen weiten Entscheidungsspielraum (vgl. BVerfGE 8, 1 <22 f.>; 114, 258 <288>; 117, 372 <381>; 121, 241 <261>; 130, 263 <294>; 139, 64 <112 Rn. 94>; 140, 240 <278 f. Rn. 73>). Dies gilt sowohl hinsichtlich der Struktur als auch hinsichtlich der Höhe der Besoldung (vgl. BVerfGE 81, 363 <375 f.>; 130, 263 <294>; 139, 64 <112 Rn. 94>; 140, 240 <278 f. Rn. 73>); diese ist der Verfassung nicht unmittelbar, als fester und exakt bezifferbarer Betrag, zu entnehmen (vgl. BVerfGE 44, 249 <264 ff.>; 117, 330 <352>; 130, 263 <294>; 139, 64 <112 Rn. 94>; 140, 240 <278 f. Rn. 73>). Insofern stellt die in Art. 33 Abs. 5 GG enthaltene Garantie eines „amtsangemessenen“ Unterhalts lediglich eine den Besoldungsgesetzgeber in die Pflicht nehmende verfassungsrechtliche Gestaltungsdirektive dar (vgl. BVerfGE 117, 330 <352>; 130, 263 <294>; 139, 64 <112 Rn. 94>; 140, 240 <279 Rn. 73>). Innerhalb des ihm zukommenden Entscheidungsspielraums muss der Gesetzgeber das Besoldungsrecht den tatsächlichen Notwendigkeiten und der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse anpassen. Die von ihm jeweils gewählte Lösung – hinsichtlich Struktur und Höhe der Alimentation – unterliegt allerdings der gerichtlichen Kontrolle (vgl. BVerfGE 139, 64 <112 Rn. 94>; 140, 240 <279 Rn. 74>).

Es ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts zu prüfen, ob der Gesetzgeber dabei die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung gewählt hat (vgl. BVerfGE 103, 310 <320>; 117, 330 <353>; 121, 241 <261>; 130, 263 <294>; 139, 64 <112 Rn. 95>; 140, 240 <279 Rn. 75>). Dem weiten Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers entspricht vielmehr eine zurückhaltende, auf den Maßstab evidenter Sachwidrigkeit beschränkte Kontrolle der einfachgesetzlichen Regelung (vgl. BVerfGE 65, 141 <148 f.>; 103, 310 <319 f.>; 110, 353 <364 f.>; 117, 330 <353>; 130, 263 <294 f.>; 139, 64 <113 Rn. 96>; 140, 240 <279 Rn. 75>). Im Ergebnis beschränkt sich die materielle Kontrolle dabei auf die Frage, ob die Bezüge der Richter und Staatsanwälte evident unzureichend sind. Ob dies der Fall ist, muss anhand einer Gesamtschau verschiedener Kriterien und unter Berücksichtigung der konkret in Betracht kommenden Vergleichsgruppen geprüft werden".

InternetistNeuland

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7910 am: 23.08.2025 13:46 »
Wenn die Grundsicherung die Untergrenze für A3 bildet, so müsste das EUGH Urteil zur Richterbesoldung, sowie die durchschnittlichen Richtergehälter der EU doch eine Untergrenze für R1 bilden?

In diesem Rahmen kann der Besoldungsgesetzgeber dann seine A Besoldung ausgestalten.

BlauesBlau

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7911 am: 23.08.2025 14:14 »
@InternetistNeuland: Leider handelt es sich nicht um ein EUGH Urteil, sondern "nur" um einen regelmäßigen Bericht der europäischen Kommission zur "Lage der Rechtstaatlichkeit" in den Ländern der EU.

@Swen: Die Kommision kritisiert u.a. Deutschland (aber auch z.B. Frankreich und Spanien) für seine im Vergleich zu den Durchschnittsgehältern geringe Richterbesoldung. Auf Basis der Durchschnittsgehälter hat man ja eine Basis (Statistisches Bundesamt) um die Richterbesoldung gestalten zu können (wäre ein weitere Parameter, bzw. ein Teil des Parameters Leistungsprinzip/ Bestenauslese).

Sollte der Gesetzgeber ein neues Besoldungsgesetz sachgerecht prozeduralisieren wollen müsste er doch die Argumente der Kommision mit einbeziehen. Meine Idee mit dem 1,5 fachen des Durchschnittseinkommens sollte nicht als "Höchstbetrag" sondern ebenfalls als Mindestbetrag gelesen werden. Wie das Bundesverfassungsgericht ja auch sachlich die Mindestbesoldung hergeleitet hat, könnte es doch jetzt auch die Mindestbesoldung für Richter herleiten, um damit nicht zuletzt auch auf EU Ebene den Mindeststandard zu erreichen. Ich würde jetzt hier keine absolute Einschränkung des Gesetzgebers sehen - er würde jetzt einen Rahmen vorfinden (Mindestbesoldung allgemein und Mindestbesoldung Höherer Dienst/Richteramt) und kann nun eine sachgerechte Besoldungssystematik erstellen.

Ein sachgerecht prozeduralisiertes Gesetz dürfte doch wahrscheinlich Materiell schon heute (nach dem Urteil 2020) in diese Richtung gehen. Um den Gesetzgeber hier wirklich zum Handeln zu bringen war das meine Idee. Sobald allerdings die Exzesse von Familienzuschlägen, etc. dem Gesetzgeber nicht mehr möglich sind muss er ja die Grundbesoldung erhöhen...wahrscheinlich läuft es dann auf das identische Ergebnis heraus.... ???

SwenTanortsch

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7912 am: 23.08.2025 17:46 »
@InternetistNeuland: Leider handelt es sich nicht um ein EUGH Urteil, sondern "nur" um einen regelmäßigen Bericht der europäischen Kommission zur "Lage der Rechtstaatlichkeit" in den Ländern der EU.

@Swen: Die Kommision kritisiert u.a. Deutschland (aber auch z.B. Frankreich und Spanien) für seine im Vergleich zu den Durchschnittsgehältern geringe Richterbesoldung. Auf Basis der Durchschnittsgehälter hat man ja eine Basis (Statistisches Bundesamt) um die Richterbesoldung gestalten zu können (wäre ein weitere Parameter, bzw. ein Teil des Parameters Leistungsprinzip/ Bestenauslese).

Sollte der Gesetzgeber ein neues Besoldungsgesetz sachgerecht prozeduralisieren wollen müsste er doch die Argumente der Kommision mit einbeziehen. Meine Idee mit dem 1,5 fachen des Durchschnittseinkommens sollte nicht als "Höchstbetrag" sondern ebenfalls als Mindestbetrag gelesen werden. Wie das Bundesverfassungsgericht ja auch sachlich die Mindestbesoldung hergeleitet hat, könnte es doch jetzt auch die Mindestbesoldung für Richter herleiten, um damit nicht zuletzt auch auf EU Ebene den Mindeststandard zu erreichen. Ich würde jetzt hier keine absolute Einschränkung des Gesetzgebers sehen - er würde jetzt einen Rahmen vorfinden (Mindestbesoldung allgemein und Mindestbesoldung Höherer Dienst/Richteramt) und kann nun eine sachgerechte Besoldungssystematik erstellen.

Ein sachgerecht prozeduralisiertes Gesetz dürfte doch wahrscheinlich Materiell schon heute (nach dem Urteil 2020) in diese Richtung gehen. Um den Gesetzgeber hier wirklich zum Handeln zu bringen war das meine Idee. Sobald allerdings die Exzesse von Familienzuschlägen, etc. dem Gesetzgeber nicht mehr möglich sind muss er ja die Grundbesoldung erhöhen...wahrscheinlich läuft es dann auf das identische Ergebnis heraus.... ???

Nein, die Besoldungsordnung R ist eine eigenständige Besoldungsordnung, die die Besoldung der Richter und Staatsanwälte regelt. Ihr Vergleichsgegenstand sind insofern die weiteren Besoldungsordnungen, da ja das stautsrechtliche Amt in allen Fällen der eigentliche Maßstab für das angemessene Besoldungsniveau ist. Entsprechend bildet die Besoldungsordnung R auch keine unteren Besoldungsgruppen ab, sondern ausnahmlos Besoldungsgruppen, für deren Gewährung ausnahmslos ein qualifiziertes Studium und ein ebensolches Zweites Staatsexamen absolviert worden sein, also weiterhin in den meisten Rechtskreisen jeweils ein Prädikatsexamen erreicht worden sein muss. Ein irgendwie gearteter starrer Zusammenhang zur Verdienstentwicklung außerhalb des öffentlichen Diensts kann so verstanden nicht hergestellt werden, und zwar allein deshalb schon, weil es sich bei der öffentlich-rechtlichen Alimentation und der zivilrechtlichen Entlohnung um zwei Formen von Bezahlsystemen handelt, die nicht so ohne Weiteres vergleichbar sind.

Darüber hinaus bildet die Mindestalimentation als das um 15 % erhöhte Grundsicherungsniveaus der vierköpfige Bedarfsgemeinschaft nicht die Höhe der niedrigsten amtsangemessenen Alimentation ab, sondern die Grenze zur Unteralimentation, also den Teil der amtsangemessenen Alimentation, die vom absoluten Alimentationsschutz umfasst ist und in den folglich dem Besoldungsgesetzgeber keine Einschnitte erlaubt sind. Der Mindestalimentation kommt so verstanden "nur" eine spezifische Funktion in der gerichtlichen Kontrolle der amtsangemessenen Alimentation zu. Ein irgendwie gearteter Zusammenhang zwischen der Höhe der Mindestalimentation und der Höhe der amtsangemessenen Alimentation ist erster allein deshalb schon ausnahmlos nicht zu entnehmen; denn die Parameter des bundesverfassungsgerichtlichen "Pflichtenhefts" sind weder dazu bestimmt noch geeignet, aus ihnen mit mathematischer Exaktheit eine Aussage darüber abzuleiten, welcher Betrag für eine verfassungsmäßige Besoldung erforderlich ist. Ein solches Verständnis würde die methodische Zielrichtung der Besoldungsrechtsprechung des Senats verkennen. (vgl. die Rn. 30 der aktuellen Entscheidung)

Von daher bleibt es im Regelfall ausnahmslos Aufgabe des Besoldungsgesetzgebers, die Höhe der amtsangemessenen Alimentation im Rahmen der regelmäßigen Besoldungsanpassung und so also im Rahmen des weiten Entscheidungsspielraums, über den er verfügt, und also nicht außerhalb des Rahmens, den das Alimentationsprinzip ihm setzt, selbst zu bestimmen, also für eine sachgerechte Teilhabe der Richter, Staatsanwälte und Beamten an der Entwicklung sowohl der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse sowie des allgemeinen Lebensstandards zu sorgen, und zwar sachgerecht abgestuft nach der Wertigkeit des jeweiligen Amts.

Diese aus Art. 33 Abs. 5 GG resultierende Pflicht kann das Bundesverfassungsgericht dem Besoldungsgesetzgeber im Regelfall nicht abnehmen; jenes Bundesverfassungsgericht hat im Rahmen der bundesdeutschen Kompetenzordnung hingegen nur die Pflicht, die Gewährung der amtsangemessenen Alimentation auf Anruf zu kontrollieren, also zu prüfen, ob die gewährte Alimentation nicht evident unzureichend und damit zwangsläufig evident sachwidrig ist.

Rheini

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7913 am: 23.08.2025 18:58 »
In dem Bericht "THE EU JUSTICE SCOREBOARD 2024" der europäischen Kommission wurden wiederholt die niedrigen Richtergehälter in Deutschland kritisiert. Wäre es hier nicht eine Möglichkeit des Bundesverfassungsgerichts die Besoldungsgesetzgeber nun von der anderen Seite (Leistungsprinzip und AMTSangemessene Besoldung) einzuhegen. Entsprechend der europäischen Kommission liegen alle anderen Richtergehälter deutlich (teilweise 2 bis 3 mal so hoch)  oberhalb der jeweiligen Durchschnittsgehälter der Länder. Das Bundesverfassungsgericht könnte doch einfach festlegen, dass das Richtergehalt z.B. nicht unter dem 1,5 fachen (das wäre heute in etwa der Medianwert innerhalb der EU; allerdings durch Deutschland nach unten verzerrt) des jeweiligen Durchschnittsgehalts liegen darf. Da die Besoldungsordnungen miteinander in Verbindung stehen (R1 entspricht am Anfang A13 und endet bei ca. A15) könnte man eine konsistente Besoldungssystematik die amtsangemessen wäre entwickeln. Bei einem Durchschnittsgehalt von Vollzeitbeschäftigten in Deutschland (2024) von über 60.000 Euro müsste dementsprechend R1 und auch A13 bei ca. 90.000 Euro Grundgehalt zu Beginn der Karriere liegen. Diese "krassen" Besoldungserhöhungen würden aber zugleich zu der Abkopplung der Besoldung passen (schon seit Jahrzehnten!!!), die Swen z.B. in seinem Vortrag beim tbb Thürigen dargestellt hat, denke ich. Hier würde dann ein Rahmen (MINDESTbesoldung und AMTSangemessenheit) relativ klar entstehen, der sowohl mit EU Recht kompatibel ist und der den Besoldungsgesetzgebern immer noch Gestaltungsfreiheit gibt (es sind ja "nur" Mindestanforderungen) - wie bei den 115% der Mindestbesoldung hätte man mit 150% des Durchschnittsgehalts nun prüfbare Rahmenbedingungen, die sich auch an der gesamtgesellschaftlichen Wirtschaftsleistung in Deckung bringen lassen. Ist eine solche Einhegung denkbar? Die "Tricks" der Besoldungsgesetzgeber waren ja allesamt so gestaltet, dass die höheren Besoldungsgruppen leer ausgingen...

Unabhängig von dem, was der Redner in Erfurt ausgeführt hat, ist es weiterhin als Folge des weiten Entscheidungsspielraums, über den der Besoldungsgesetzgeber nicht zuletzt aus Art. 20 Abs. 3 GG verfügt, dessen Aufgabe, BlauesBlau, die Höhe der amtsangemessenen Alimentation zu bemessen, wobei er dabei die Forderungen des Alimentationsprinzips aus Art. 33 Abs. 5 GG zu beachten hat, wie sie der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu entnehmen sind. Während also der Besoldungsgesetzgeber als Folge des Art. 33 Abs. 5 GG weiterhin das Recht wie die Pflicht auszufüllen hat, das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln, ist es im Rahmen der gegebenen Kompetenzordnung Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, auf Anruf die Kontrolle zu vollziehen, ob der jeweilige Besoldungsgesetzgeber in der Vergangenheit seinen Pflichten hinreichend nachgekommen ist, was dann der Fall ist, wenn er nicht evident sachwidrig gehandelt hat.

Als Folge ist es dem Bundesverfassungsgericht unmöglich, regelmäßige (Höchst-)Beträge der amtsangemessenen Alimentation festzulegen, da es damit als eine Art "Ersatzbesoldungsgesetzgeber" fungieren würde, wozu er im Rahmen der genannten Kompetenzordnung regelmäßig nicht berufen ist, allein schon, weil er nicht über die demokratische Legitimation verfügt wie der vom Volk gewählte Gesetzgeber. Möglich war dem Bundesverfassungsgericht hingegen, die Grenze zur Unteralimentation zu betrachten, da hier mit dem Grundsicherungsniveau unter Beachtung des qualitativen Unterschieds zwischen der staatlichen Grundsicherung und der Beamten geschuldeten Alimentation ein hinreichend verlässlicher Vergleichsparameter vorliegt, der sich also nicht zuletzt auch hinreichend konkretisieren lässt. Eine darüber hinausreichende Betrachtung ist aber weder aus den im letzten Absatz genannten Momente noch auch deshalb nicht möglich, weil es keine hinreichend konkretisierbaren Vergleichsgegenstände für entsprechende "Höchstbeträge" gibt. Denn die für die staatliche Grundsicherung zuständigen Behörden haben ausnahmslos jeden bewilligten Fall in einer Akte vorliegen, sodass hier konkrete Fälle staatlich kontrolliert abrufbar sind. Solche Beträge lägen theoretisch ebenfalls den Steuerbehörden für jeden weiteren Beschäftigten in Deutschland vor. Allerdings unterliegen die Steuerdaten dem Steuergeheimnis, was hier die Sache komplizierter machte. Insbesondere sehen sich die Steuerbehörden weiterhin nicht veranlasst, ent

So oder so ist aber grundlegend das in den Blick zu nehmen, was ich im ersten Absatz gesagt habe: Unsere Kompetenzordnung sieht einen weiten Entscheidungsspielraum auch des Besoldungsgesetzgebers vor und ihn in der Pflicht, die Höhe der amtsangemessenen Alimentation im Rahmen des Alimentationsprinzips zu bemessen, während die Aufgabe der (Verfassungs-)Gerichtsbarkeit ausschließlich die Kontrolle des Besoldungsgesetzgebers ist, was aus dessen weiten Entscheidungsspielraum zur Folge hat, dass am Ende regelmäßig die Höhe der Alimentation als Ganze kontrolliert wird, die in dem Moment nicht evident unzureichend ist, wie sie nicht evident sachwidrig gewährt wurde - oder in den Worten des Zweiten Senats (vgl. die Rn. 26 f. der aktuellen Entscheidung https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000418.html):

"Bei der Umsetzung der aus Art. 33 Abs. 5 GG resultierenden Pflicht zur amtsangemessenen Alimentation besitzt der Gesetzgeber einen weiten Entscheidungsspielraum (vgl. BVerfGE 8, 1 <22 f.>; 114, 258 <288>; 117, 372 <381>; 121, 241 <261>; 130, 263 <294>; 139, 64 <112 Rn. 94>; 140, 240 <278 f. Rn. 73>). Dies gilt sowohl hinsichtlich der Struktur als auch hinsichtlich der Höhe der Besoldung (vgl. BVerfGE 81, 363 <375 f.>; 130, 263 <294>; 139, 64 <112 Rn. 94>; 140, 240 <278 f. Rn. 73>); diese ist der Verfassung nicht unmittelbar, als fester und exakt bezifferbarer Betrag, zu entnehmen (vgl. BVerfGE 44, 249 <264 ff.>; 117, 330 <352>; 130, 263 <294>; 139, 64 <112 Rn. 94>; 140, 240 <278 f. Rn. 73>). Insofern stellt die in Art. 33 Abs. 5 GG enthaltene Garantie eines „amtsangemessenen“ Unterhalts lediglich eine den Besoldungsgesetzgeber in die Pflicht nehmende verfassungsrechtliche Gestaltungsdirektive dar (vgl. BVerfGE 117, 330 <352>; 130, 263 <294>; 139, 64 <112 Rn. 94>; 140, 240 <279 Rn. 73>). Innerhalb des ihm zukommenden Entscheidungsspielraums muss der Gesetzgeber das Besoldungsrecht den tatsächlichen Notwendigkeiten und der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse anpassen. Die von ihm jeweils gewählte Lösung – hinsichtlich Struktur und Höhe der Alimentation – unterliegt allerdings der gerichtlichen Kontrolle (vgl. BVerfGE 139, 64 <112 Rn. 94>; 140, 240 <279 Rn. 74>).

Es ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts zu prüfen, ob der Gesetzgeber dabei die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung gewählt hat (vgl. BVerfGE 103, 310 <320>; 117, 330 <353>; 121, 241 <261>; 130, 263 <294>; 139, 64 <112 Rn. 95>; 140, 240 <279 Rn. 75>). Dem weiten Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers entspricht vielmehr eine zurückhaltende, auf den Maßstab evidenter Sachwidrigkeit beschränkte Kontrolle der einfachgesetzlichen Regelung (vgl. BVerfGE 65, 141 <148 f.>; 103, 310 <319 f.>; 110, 353 <364 f.>; 117, 330 <353>; 130, 263 <294 f.>; 139, 64 <113 Rn. 96>; 140, 240 <279 Rn. 75>). Im Ergebnis beschränkt sich die materielle Kontrolle dabei auf die Frage, ob die Bezüge der Richter und Staatsanwälte evident unzureichend sind. Ob dies der Fall ist, muss anhand einer Gesamtschau verschiedener Kriterien und unter Berücksichtigung der konkret in Betracht kommenden Vergleichsgruppen geprüft werden".

Da das BVerfG in der Vergangenheit es geschafft hat beim Bürgergeld eine Mindestvorgabe zu machen die dem Gesetzgeber möglich gemacht hat eine monitäre Untergrenze zu finden bin ich guten Mutes, dass es auch bei der Mindestvesoldung gelingt.

Es sollte nur mal kommen und nicht vielleicht dann oser dich nicht oder wenn einer in Pension geht oder wenn eine Regierung in Brüche geht oder sich die neue erst finden muss .....(keine abschliessende Aufzählung).

Tomcat7

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Antw:[Allg] Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #7914 am: 23.08.2025 23:40 »
Nachdem hier über 500 Seiten diskutiert wurde hier nun die naive Frage eines blutigen Anfängers:

Muss bzw. kann man als A13-Beamter in Baden-Württemberg irgendetwas tun, um Widerspruch gegen die Besoldung einzulegen? Sollte man das vorsorglich weiterhin tun, oder wurde inzwischen final entschieden, dass das Mindestabstandsgebot eingehalten wurde?

Grüße