Die W- und die C-Besoldung wird man so ohne weiteres nicht miteinander vergleichen können, da hier ja ein Systemwechsel stattgefunden hat. Insbesondere wären z.B. Zulagen zu berücksichtigen. Vermutlich dürfte man mehr Chancen haben, wenn man -- was das BVerfG ja für die R- und die W-Besoldung explizit offen gelassen hat, während es dies für die A-Besoldung verworfen hat -- mit der Lohnentwicklung entsprechend qualifizierter Fachkräfte in der freien Wirtschaft vergleicht.
Allerdings: Bisher hatte ich noch nicht das Gefühl, dass bundesweit Professuren im großen Maßstab nicht besetzt werden können, weil geeignete Bewerber_innen fehlen. Dafür sind diese Stellen dann doch zu exklusiv und es gibt mehr nachdrängenden akademischen Nachwuchs, als dass man aufgrund eines zu geringen Einkommens niemanden mehr finden würde... (Und dies spräche marktwirtschaftlich gegen eine deutliche Unterbezahlung.)
Wie siehst Du dagegen das Vorgehen des BVerfG vor etwa 15 Jahren bei der W-Besoldung? Da wurde argumentiert, man könne keine Zulagen zugrunde legen, um die Amtsangemessenheit der Besoldung zu prüfen, da ja niemand einen Rechtsanspruch auf Zulagen hätte. Und die W2-Besoldung wurde als verfassungswidrig gebrandmarkt …
Ich gebe Dir Recht, da gab es einen Systemwechsel. Aber der führte eben zu einer Besoldung, die nicht amtsangemessen war.
Ich bastel gerade an einer Klagebegründung in NRW, die ich gerne teile, falls nützlich:
Das Bundesverfassungsgericht erklärte in 2012 die W 2-Besoldung in Hessen als evident amtsunangemessen (Az.: 2 BvL 4/10 vom 14.2.2012). Aufgrund der Vergleichbarkeit der Regelungen bestand auch in Nordrhein-Westfalen Anpassungsbedarf. Das BVerfG machte keine konkreten Vorgaben zur Höhe des W 2-Grundgehalts, betonte jedoch, dass die Bezüge im Verhältnis zu vergleichbaren Ämtern der Besoldungsordnung A festzulegen sind. Dabei wurde ein W2-Grundgehalt unterhalb des Endgrundgehalts von A13 bzw. des Eingangsgrundgehalts von A15 als unangemessen eingestuft. Daher wurden in Nordrhein-Westfalen die W 2- und W 3-Grundgehälter so angepasst, dass diese oberhalb der Stufe 9 von A15 bzw. Stufe 9 von A 16 lagen. (NW-Drucksache 16/1625 vom 02.12.2012). Ein weitgehender Verstoß gegen die Verfassungsmäßigkeit der Besoldungsordnung A schlägt somit bei der vertikalen Betrachtung des systeminternen Besoldungsvergleich bis in die Besoldungsgruppen A 15 und A 16 und somit auf die Besoldungsordnung W durch (vgl. auch Hessischer Verwaltungsgerichtshof, 1 A 2704/20 vom 30.11.2021,
https://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/perma?d=LARE220002134).
Weitere Hinweise auf eine nicht amtsangemessene W-Besoldung ergeben sich aus den Schwierigkeiten, Fachhochschulprofessuren angemessen zu besetzen. Eine Studie des Deutschen Zentrums für Wissenschaftsforschung (DZHW, Forum Hochschule 3/2017, Bewerberlage bei Fachhochschulprofessuren (BeFHPro), S. 58,
https://www.dzhw.eu/pdf/pub_fh/fh-201703.pdf) ergab, dass nur 57 % der ausgeschriebenen Professuren nach der ersten Ausschreibung besetzt werden konnten; 16 % blieben trotz mehrfacher Ausschreibung unbesetzt. Professoren an Fachhochschulen müssen nämlich neben einer Befähigung zu wissenschaftlicher Arbeit (in der Regel belegt durch eine Promotion) eine mindestens fünfjährige Berufserfahrung außerhalb von Hochschulen nachweisen. Die Konkurrenz zur Privatwirtschaft ist erheblich: Laut Statistischem Bundesamt (Pressemitteilung Nr. 200 vom 23. Mai 2023,
https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/05/PD23_200_62.html) lag das durchschnittliche Bruttomonatsgehalt für Promovierte/Habilitierte 2022 bei 8.687 €, während die Grundbesoldung einer W2-Professur im selben Jahr nur 6.484,33 € betrug. Diese deutliche Gehaltsdifferenz und die sehr hohen Anforderung an Qualifikation der Bewerber belegen, dass die Besoldung nicht ausreicht, um qualifizierte Bewerber für das Professorenamt zu gewinnen, und somit verfassungswidrig niedrig ist.