Beamte und Soldaten > Beamte des Bundes und Soldaten
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
BVerfGBeliever:
--- Zitat von: lotsch am 19.10.2024 23:03 ---Ich kümmere mich nicht um die derzeitige Besoldung, das sind nur Abschlagszahlungen.
--- End quote ---
Sehr schöner Gedanke! :)
jebehh:
Moin zusammen,
ich habe mir mal die Mühe gemacht und die verschiedene Besoldungsstufen von 1964 bis 2024 (5-Jahres-Abstand) miteinander verglichen und bin zu folgendem Ergebnis gekommen:
Abstand von A3 zu A4 in Prozent
1964 3,7%, 1969 6,69%, 1974 4,09%, 1979 3,79%, 1984 3,79%, 1989 3,78%, 1994 3,4%, 1999 2,27%, 2004 2,27%, 2009 2,19%, 2014 2,09%, 2019 2,09%, 2024 1,93%
2024 (mit AEZ minus Abschmelzbetrag; 3 Kinder, Mietstufe IV)
9,60%
Abstand von A7 zu A8 in Prozent
1964 8,81%, 1969 4,45%, 1974 5,03%, 1979 4,73%, 1984 4,72%, 1989 4,72%, 1994 4,53%, 1999 6,26%, 2004 6,26%, 2009 6,04%, 2014 5,79%, 2019 5,79%, 2024 5,38%
2024 (mit AEZ minus Abschmelzbetrag; 3 Kinder, Mietstufe IV)
-1,64% (!!)
Abstand von A10 zu A11 in Prozent
1964 21,52%, 1969 20,26%, 1974 16,5%, 1979 16,51%, 1984 16,51%, 1989 16,51%, 1994 16,50%, 1999 15,27%, 2004 15,27%, 2009 14,79%, 2014 14,30%, 2019 14,30%, 2024 13,46%
2024 (mit AEZ minus Abschmelzbetrag; 3 Kinder, Mietstufe IV)
11,36%
Abstand von A14 zu A15 in Prozent
1964 13,26%, 1969 13,28%, 1974 12,76%, 1979 12,76%, 1984 12,75%, 1989 12,75%, 1994 12,75%, 1999 30,19%, 2004 30,19%, 2009 22,23%, 2014 22,23%, 2019 22,23%, 2024 21,33%
2024 (mit AEZ minus Abschmelzbetrag; 3 Kinder, Mietstufe IV)
19,29%
Abstand von A3 zu A15 in Prozent
1964 238,51%, 1969 197,66%, 1974 170,15%, 1979 162,85%, 1984 162,82%, 1989 162,78%, 1994 136,38%, 1999 154,14%, 2004 130,66%, 2009 147,49%, 2014 143,50%, 2019 143,49%, 2024 132,33%
2024 (mit AEZ minus Abschmelzbetrag; 3 Kinder, Mietstufe IV)
106,71% (!!)
Als Basis habe ich die Tabellen des Forums sowie von der DBB-Homepage als auch die Werte des (innovativen) Entwurfs genutzt. Ich bin total schockiert über diese krasse entwertete Entwicklung!
BVerfGBeliever:
Durch Zufall bin ich gerade auf eine "Denkschrift" vom 19.01.1925 gestoßen, Titel: "Entwicklung der Besoldung der Reichsbeamten von 1897 bis Dezember 1924", also inklusive Weltkrieg und Hyperinflation.
https://www.file-upload.net/download-15401029/Denkschrift_19Jan1925.pdf.html
Beim Lesen musste ich mehrfach schmunzeln. Zwar gab es damals logischerweise noch kein BVerfG, trotzdem kommen einem viele der Themen verblüffend bekannt vor:
- Familienzuschläge (wobei damals noch von einem "Frauenzuschlag" die Rede war, da zuckt man natürlich erst mal zusammen)
- Ortszuschläge in unterschiedlichen Ausprägungen
- Abstände zwischen den Besoldungsgruppen
- Vergleich mit der Privatwirtschaft
- Vergleich mit der Preisentwicklung
- Vergleich mit der wirtschaftlichen Entwicklung (damals noch "Volkseinkommen" genannt)
- Vergleich von unteren Beamten mit dem "Existenzminium"
- usw. usf.
Hier mal ein paar Ausschnitte (man könnte denken, die heutigen Verdi-Vertreter hätten auch damals schon mit am Tisch gesessen):
--- Zitat ---1.) Wenn man sich ein richtiges Bild von der Entwicklung der Beamtenbesoldung machen will, darf man sie nicht für sich allein betrachten, denn sie ist auf das engste verknüpft mit der Entwicklung des gesamten Volkseinkommens, der von diesem zu tragenden Steuerlasten, der Entwicklung der Gehälter und Löhne der Privatwirtschaft, der Preisentwicklung usw., kurz — mit dem gesamten Gebiet der Volkswirtschaft. (S. 2)
2.) Da, wie oben angeführt, das Gesamtvolkseinkommen auf den Kopf der Bevölkerung gerechnet, von 1897 bis 1908 um etwa 31 v. H. zugenommen hatte, die Löhne der Arbeiter um etwa 30 v. H. gestiegen waren, blieb die Erhöhung der Beamtenbezüge in allen Beamtenklassen hinter der fast gleichmäßigen Steigerung des Volkseinkommens und der Arbeiterlöhne zurück, und zwar bei den unteren Beamten um 5 bis 6 v. H., bei den mittleren Beamten um 13 bis 14 v. H. und bei den höheren Beamten um 19 v. H. (S. 3)
3.) Das Besoldungsgesetz von 1909 mit seinen Änderungen bis 1916 hat hiernach eine verhältnismäßig große Besserstellung der Beamten der unteren Gehaltsklassen gegenüber den mittleren und höheren Beamten gebracht. Man wird also die Gehälter dieser Klassen nach den Regelungen von 1909 bis 1916 wohl kaum als unzulänglich und die Spannungen, die hiernach zwischen den Gehältern der einzelnen Gehaltsklassen geschaffen wurden, als den verschieden hohen Anforderungen an die Ausbildung, Leistungen und Verantwortlichkeit der verschiedenen Beamtengruppen entsprechend bezeichnen können. (S. 3)
4.) Ferner darf man bei Vergleichung der Bezüge von 1913 mit denen von 1920 und später auch die Familienzuschläge nicht außer Betracht lassen, denn 1913 mußte aus dem Grundgehalt und dem Wohnungsgeldzuschuß der Unterhalt für die gesamte Familie bestritten werden, während die Beamten jetzt neben diesen Bezügen auch noch Familienzuschläge erhalten, die besonders bei den Beamten der unteren Besoldungsgruppen einen nicht unwesentlichen Teil ihrer Bezüge ausmachen. (S. 6)
5.) Da von den planmäßigen Reichsbeamten einschließlich der Reichsbahnbeamten etwa 90 v. H. verheiratet sind, also Frauenzuschlag erhalten, und auf jeden verheirateten Beamten etwa 1,5 Kinder entfallen, für die ein Kinderzuschlag gezahlt wird, sind diesen vergleichenden Betrachtungen die Bezüge eines verheirateten Beamten mit 2 Kindern von 6 bis 14 Jahren zugrunde gelegt. (S. 6)
6.) Durch das Besoldungsgesetz von 1920 wurde statt des Wohnungsgeldzuschusses ein Ortszuschlag eingeführt, durch den die in den einzelnen Orten verschiedenen Teuerungsverhältnisse nicht nur bezüglich des Wohnungsaufwandes, sondern auch in anderer Hinsicht ausgeglichen werden sollten. Ein Teil des Ortszuschlags diente also zur Bestreitung von Bedürfnissen, die 1913 ans dem Grundgehalt bestritten werden mußten. Eine Vergleichung der Grundgehälter von 1913 mit denen, die die Beamten zur Zeit der Zahlung eines Ortszuschlags erhielten, würde also ein unrichtiges Bild ergeben. Mit Wirkung vom 1. April 1924 wurde aber der Ortszuschlag wieder durch einen Wohnungsgeldzuschuß ersetzt, und von diesem Zeitpunkt ab können die neuen Grundgehälter mit denen von 1913 verglichen werden. (S. 6)
7.) Das Besoldungsgesetz von 1909 kannte diese Besoldungsbestandteile [Kinderzuschläge und Frauenzuschlag] nicht. Der Aufwand für die Familie mußte aus dem Grundgehalt mitbestritten werden. Wie oben angegeben, wurden Kinderzuschläge zuerst im Jahre 1915 für die gering besoldeten Beamten als Kriegsbeihilfen eingeführt. (S. 6)
8.) Neben dem Grundgehalt und den Familienzuschlägen, die im ganzen Reiche gleichmäßig gewährt werden, enthält die Besoldung in dem Wohnungsgeldzuschuß nebst dem dazugehörigen Ortsklassenverzeichnis einen örtlich abgestuften Bestandteil, um einen Ausgleich für die in den einzelnen Orten verschiedenen Mietpreise zu schaffen. [...] Die Notwendigkeit eines örtlich abgestuften Gehaltsteils ergibt sich daraus, daß der Beamte seinen dienstlichen Wohnsitz nicht selbst wählen kann. Versetzungen von Beamten, Einstellungen von Beamten an bestimmten Orten würden auf große Schwierigkeiten stoßen, wenn nicht die zweifellos bestehenden Unterschiede in den Lebensverhältnissen an den einzelnen Plätzen in irgendeiner Weise im Gehalt ausgeglichen würden. (S. 7)
9.) Die tatsächliche Gestaltung des Ausgleichs ist außerordentlich schwierig. Man hat bisher auf zwei Wegen, die durch die Begriffe »Ortszuschlag« und »Wohnungsgeldzuschuß« gekennzeichnet werden, die Lösung zu erreichen gesucht. Bis 31. März 1920 waren die Ortsklassenverzeichnisse im wesentlichen auf den Mieten aufgebaut, wobei vor 1909 auch die Einwohnerzahlen der Orte eine Rolle spielten. Vom l. April 1920 bis zum I. November 1924 bestand ein Verzeichnis, das neben den Mieten die sämtlichen Teuerungsverhältnisse eines Ortes berücksichtigen wollte (Ortszuschlag). Am 1. April 1924 ist man wieder zu der früheren Regelung, dem Wohnungsgeldzuschuß, zurückgekehrt, das neue Ortsklassenverzeichnis, das wieder aus den Mieten aufgebaut ist, trat am 1. November 1924 in Kraft. (S. 7)
10.) Während die Gehaltsbezüge dieser [unteren] Beamten sich im allgemeinen etwa auf der gleichen Höhe bewegten wie die Bezüge der ihnen nach Vorbildung und Arbeitsleistung vergleichbaren Angestellten und Arbeiter der Privatwirtschaft, blieben die der Beamten der mittleren und höheren Besoldungsgruppen dahinter zurück. Die Folge war, daß diese Beamten in ihrer sozialen Stellung gegenüber den Angestellten der freien Wirtschaft immer weiter herabsanken. Die Fälle, daß besonders tüchtige Beamte den Reichsdienst verließen, da ihnen die Privatwirtschaft erheblich höhere Bezüge bot, waren, besonders nach der Festigung der Währung, nicht selten. Wenn diese Fälle auch nicht ausschlaggebend sein konnten für eine stärkere Erhöhung der Bezüge der Beamten der mittleren und höheren Besoldungsgruppen, so war es doch schon bedenklicher, daß Nachwuchs für diese Stellen nicht zu erhalten war. Bei den geringen Aussichten, die der Staatsdienst für die Anwärter auf diese Stellen bot, ließen die Vater ihre Söhne lieber einen freien Beruf ergreifen, in dem sich die Kosten, die sie aus die Ausbildung zu verwenden hatten, besser bezahlt machten. (S. 11)
11.) Wenn auch nicht nur von den Beamten, sondern von der ganzen Bevölkerung zunächst während des Krieges, später während der ganzen Inflationszeit schwere Opfer verlangt werden mußten, so konnten doch den Beamten der mittleren und höheren Besoldungsgruppen auf die Dauer nicht über den Durchschnitt erheblich hinausgehende Opfer auferlegt werden. Nachdem sie sich so lange Zeit mit verhältnismäßig äußerst geringen Bezügen hatten begnügen müssen, mußte nach Rückkehr zu einer festen Währung und einer soliden Wirtschaft auch ihren Belangen einigermaßen Rechnung getragen werden. (S. 12)
12.) Hier wird auch noch die Frage zu prüfen sein, ob, abgesehen von der Preisentwicklung, die Bezüge der Beamten der unteren Besoldungsgruppen überhaupt das Existenzminimum erreichen. (S. 16)
13.) Was als Existenzminimum zu bezeichnen ist, ist außerordentlich umstritten. Man kann verschiedene Arten von Existenzminimen unterscheiden:
a) das physische Existenzminimum, das den geringsten Aufwand darstellt, um einen Menschen am Leben zu erhalten;
b) das physiologische Existenzminimum, das den Aufwand darstellt, der erforderlich ist, um einem arbeitenden Menschen seine Arbeitskraft dauernd zu erhalten;
c) das soziale Existenzminimum, das dem Menschen neben der Aufrechterhaltung seiner Arbeitskraft auch den Aufwand gewährleistet, der nach der sozialen Stellung des einzelnen üblich oder notwendig ist. (S. 16)
14.) Die Bezüge der Beamten der mittleren und oberen Besoldungsgruppen sind sowohl seit 1897 wie auch seit 1913 erheblich weniger aufgebessert worden als die der unteren Besoldungsgruppen. Infolgedessen ist bei den Grundgehältern und noch mehr bei den Gesamtbezügen eine Zusammenrückung der Spannungen zwischen den Bezügen der Beamten eingetreten, d. h. bessere Vorbildung und Leistungen von größerer Tragweite und mit größerer Verantwortlichkeit werden im Verhältnis zu einfacherer Vorbildung und Leistungen von weniger großer Bedeutung geringer entlohnt als früher. (S. 19)
15.) Die Spannungen, die in der Privatwirtschaft zwischen den Bezügen der verschiedenen Klassen von Angestellten bestehen, sind größer als die Spannungen zwischen den Bezügen der Reichsbeamten. Die Privatwirtschaft bezahlt ihre gut vorgebildeten und in leitender, verantwortlicher Stellung befindlichen Angestellten verhältnismäßig erheblich besser als das Reich seine vergleichbaren Beamten, während dies bei den den Beamten der unteren Besoldungsgruppen vergleichbaren Angestellten nicht der Fall ist. (S. 19)
--- End quote ---
Und ganz konkret hier mal ein Vergleich zwischen Dezember 1924 und Dezember 2024, also exakt 100 Jahre (!) später:
1.) Amtsobergehilfe: Damals Gruppe III mit 1.554 Mark, heute A3 mit 3.046 Euro.
2.) Regierungsinspektor: Damals VIII mit 3.960 Mark, heute A9 mit 4.283 Euro.
3.) Regierungsrat: Damals Gruppe XI mit 6.930 Mark, heute A13 mit 6.428 Euro.
4.) Oberregierungsrat: Damals Gruppe XII mit 7.920 Mark, heute A14 mit 6.973 Euro.
5.) Ministerialrat: Damals Gruppe XIII mit 10.560 Mark, heute A15 mit 7.846 Euro oder A16 mit 8.717 Euro.
Mit anderen Worten: Damals bekam ein A15/A16 ungefähr das 6,8-fache eines A3, heute bekommt er nur noch das 2,3- bzw. 2,9-fache.
Und elf Jahre vorher, also 1913, war die Spreizung sogar noch größer..
jebehh:
Sorry, ich habe vergessen zu erwähnen, dass ich jeweils die Eingangsämter verglichen habe. ::)
Julianx1:
Moin,
Also für mich mal zum Verständnis:
Einen negativen Betrag kann es nicht geben, da sich der Abschmelzbetrag ja ausschließlich auf AEZ erstreckt. Also wer keinen AEZ bekommt, der bekommt auch keine Abschmelzung?
Und nach § 41, Abs.3 Wird der Abschmelzbetrag an dem dritten Kind nicht mehr erhoben wenn er den Betrag des AEZ beim erste. Und zweiten Kind übersteigt? Heißt das er wird beim ersten und zweiten Kind noch abgezogen wenn der der AEZ dort Null wäre? Oder heißt das wenn der AEZ bei den ersten beiden Kindern null wäre, wird er auch für die folgenden Kinder bei null bleiben und es kommt überhaupt kein Abschmelzbetrag zur Geltung ????
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