Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 5844247 times)

blubb

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15690 am: 14.11.2024 17:08 »
Soooo der DBwV rät jetzt offiziell auch seinen Mitgliedern, Widerspruch einzulegen.

Hast du hierzu eine Mitteilung bekommen? Ich habe bisher noch nichts davon gehört.

Siehe https://www.dbwv.de/aktuelle-themen/service-recht/beitrag/besoldung-und-versorgung-weiter-in-der-ueberarbeitung-jetzt-widerspruch-einlegen

Wäre schön, wenn das Muster hier eingestellt würde...

Absender

(Name, Adresse)

 

 

An das

 

Bundesverwaltungsamt / Generalzolldirektion

(Adresse der zuständigen Bezügestelle angeben)

- per Einwurfeinschreiben -

 

 

 

 

Widerspruch Bezügemitteilung

 

                                                                                                                                                            Datum

 

Personenkennziffer:

Antrag auf Gewährung einer amtsangemessenen Alimentation

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

Beamte und Soldaten haben einen Anspruch auf eine amtsangemessene Alimentation.

 

Aktuell besteht die Absicht der Bundesregierung, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus dessen Beschlüssen vom 4. Mai 2020 zur amtsangemessenen Alimentation auch auf der Bundesbesoldungsebene umzusetzen. Das Bundesverfassungsgericht hat dabei konstatiert, dass der durch das Alimentationsprinzip gebotene Mindestabstand zwischen der Nettoalimentation der untersten Besoldungsgruppe und dem Grundsicherungsniveau nicht gewahrt sei, wenn die Nettoalimentation um weniger als 15 Prozent über dem Grundsicherungsniveau liege. Ferner seien auch alimentationsrelevante Kriterien, wie z.B. die Wohnkosten, in eine Gesamtabwägung mit einzubeziehen.

 

Mit Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern und für Heimat vom 21. Juni 2021 wurde die Zusicherung gegeben, dass in Ansehung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die amtsangemessene Besoldung von Amts wegen geprüft werden und für zurückliegende Zeiträume ab 2021 Nachzahlungen für alle Berechtigten vorzusehen seien, bei denen nach Maßgabe der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung Fehlbedarfe festzustellen sind. Dabei wurde auf das Erfordernis der haushaltsnahen Geltendmachung und der Erhebung der Einrede der Verjährung verzichtet. Eingehende Widersprüche sollten ruhend gestellt werden.

Mit dem Kabinettsbeschluss vom 6. November 2024 wurde nunmehr jedoch deutlich, dass nur eine stichtagsbezogene und gerade keine monatliche Nachbetrachtung vorgenommen werden soll.

Da eine stichtagsbezogene Nachbetrachtung von der o.g. Zusicherung abweicht, sehe ich mich nunmehr gezwungen, folgende Anträge zu stellen.

 

Hiermit

lege ich Widerspruch ein und beantrage, mir eine amtsangemessene Besoldung zu gewähren, die den mit den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2020 aufgestellten Parametern und damit dem Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation entspricht.

 

Gleichzeitig bitte ich bis zur verfassungsgemäßen Umsetzung der Entscheidung durch den für meine Besoldung zuständigen Gesetzgeber meinen Widerspruch/Antrag ruhen zu lassen und mir den Eingang entsprechend zu bestätigen. Es wird davon ausgegangen, dass die o.g. Zusicherung im Übrigen Bestand hat, daher wird nur höchst hilfsweise beantragt, auf das Erfordernis der haushaltsnahen Geltendmachung und der Erhebung der Einrede der Verjährung zu verzichten.

 

Mit freundlichen Grüßen

 


bebolus

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15691 am: 14.11.2024 19:16 »
Moin Zusammen, wenn ich folgenden Beitrag lese, dann kann ich mir schon vorstellen, warum unsere Kollegen in den Ministerien bei solchen Gesetzesentwürfen mitspielen
:
https://www.n-tv.de/politik/Bundeskabinett-befoerdert-Baerbock-Vertraute-Katharina-Ahrendts-article25360019.html

Das ist ja eine Kette an Nachbesetzungen die darauf folgt.


Naja es ist schon interessant, wie die Ämter gewertet werden in den Ministerien.

Leiter der Abteilung Asien im AA erhält B9

Oberste/-r Zöllner/-in mit Verantwortung für mehrere Tausend Beschäftigte und X Milliarden Euros an Einnahmeverwaltung - auch B9.


Aber wichtig ist ja, dass jeder zum Ende seine Schäfchen ins Trockene bringt - nur wird dabei das Fußvolk, welches den Wohlstand hier verdient leider in dem ganzen parteipolitischen und parlamentarischen Geschachere vergessen, hier mal Stichworte: kalte Progression und Kindergelderhöhung.

VG
Andy

Da gab es doch sehr küzlich einen, nennen wirr es mal, Personalwechsel bei der Generalzolldirektion. Welches Parteibuch hat der neue Amtsinhaber doch gleich..

Andy24

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15692 am: 14.11.2024 19:54 »
Moin Zusammen, wenn ich folgenden Beitrag lese, dann kann ich mir schon vorstellen, warum unsere Kollegen in den Ministerien bei solchen Gesetzesentwürfen mitspielen
:
https://www.n-tv.de/politik/Bundeskabinett-befoerdert-Baerbock-Vertraute-Katharina-Ahrendts-article25360019.html

Das ist ja eine Kette an Nachbesetzungen die darauf folgt.


Naja es ist schon interessant, wie die Ämter gewertet werden in den Ministerien.

Leiter der Abteilung Asien im AA erhält B9

Oberste/-r Zöllner/-in mit Verantwortung für mehrere Tausend Beschäftigte und X Milliarden Euros an Einnahmeverwaltung - auch B9.


Aber wichtig ist ja, dass jeder zum Ende seine Schäfchen ins Trockene bringt - nur wird dabei das Fußvolk, welches den Wohlstand hier verdient leider in dem ganzen parteipolitischen und parlamentarischen Geschachere vergessen, hier mal Stichworte: kalte Progression und Kindergelderhöhung.

VG
Andy

Da gab es doch sehr küzlich einen, nennen wirr es mal, Personalwechsel bei der Generalzolldirektion. Welches Parteibuch hat der neue Amtsinhaber doch gleich..

Wobei man dazu sagen muss, dass die Nachfolge eh aus Altersgründen notwendig geworden wäre - eigentlich im nächsten Jahr. Aber vielleicht hatte Porsche-Christian schon mal am 31.10. Vorsorge getroffen, dass der „Richtige“ jetzt am Platz ist.
Ein Schelm wer Böses dabei denkt.  8)

VG
Andy

Julianx1

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15693 am: 14.11.2024 23:56 »
Ach wäre die Besoldung doch das Deutschlandticket. Dann würde sich die amtierende Regierung nochmal richtig ins Zeug legen…… oh was ist das doch für eine schlechte Welt 😂😂

Malkav

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15694 am: 15.11.2024 08:17 »
"Hätte die Klage der FDP-Abgeordneten Erfolg, müsste der Bund [...] für die Zeit ab 2020 knapp 65 Milliarden Euro zurückzahlen – es wäre ein Haushaltsdesaster. Der FDP-Anwalt [...] forderte deshalb am Dienstag das Bundesverfassungsgericht auf, eine "ausgewogene Lösung" zu finden. Dagegen betonte Toncar trotzig: "Die Haushaltsfolgen sind nicht die Schuld der Kläger, sondern des Gesetzgebers."

Endlich mal ein paar Politiker, welche was konkretes dafür tin fortwährende Verfassungstöße zu beenden und als Volksvertreter die Dienstherrn dazu anzuhalten die Verfassung einzuhalten. Schön, dass sich die FDP so für uns Beamte und das Grundgesetzt einsetzt, unabhängig von den Haushaltsfolgen!

... ach das geht gar nicht um die verfassungsgemäße Alimentation? ... Um wen denn dann?

Ach sooooo um die oberen 10% bzw. eigentlich das oberste 1% und den Soli. Wer konnte damit bei der FDP nur rechnen  ;D ;D ;D

(https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/2bvr150520-bverfg-solidaritaetszuschlag-soli-fdp-haushaltsloch)

Knecht

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15695 am: 15.11.2024 08:36 »
Wenn es um die angemessene Alimentation gehen würde, würden die 65 Milliarden wohl nicht reichen. Irgendwann wird auch dieser Tag kommen. Ich hoffe, dass ich ihn erlebe :)

Skywalker2000

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15696 am: 15.11.2024 08:50 »
Nachdem sämtliche Themen wie Ukrainekrieg bis Nordkorea durch sind:

Ist ein Beschluss im Bezug auf die Besoldung durch die „Übergangsregierung“ geplant bzw angestrebt?

PolareuD

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15697 am: 15.11.2024 08:52 »
Nachdem sämtliche Themen wie Ukrainekrieg bis Nordkorea durch sind:

Ist ein Beschluss im Bezug auf die Besoldung durch die „Übergangsregierung“ geplant bzw angestrebt?

Es ist unwahrscheinlich, dass das BBVAngG in der verbleibenden Zeit noch von Bundestag abgesegnet wird. Neuer Anlauf vermutlich in 2026.

Candyman

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15698 am: 15.11.2024 10:36 »
Nachdem sämtliche Themen wie Ukrainekrieg bis Nordkorea durch sind:

Ist ein Beschluss im Bezug auf die Besoldung durch die „Übergangsregierung“ geplant bzw angestrebt?

Es ist unwahrscheinlich, dass das BBVAngG in der verbleibenden Zeit noch von Bundestag abgesegnet wird. Neuer Anlauf vermutlich in 2026.

Ich hab das Gefühl unser Märchenonkel hat eine Antwort auf diese Frage...

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15699 am: 15.11.2024 11:46 »
Soooo der DBwV rät jetzt offiziell auch seinen Mitgliedern, Widerspruch einzulegen.

Hast du hierzu eine Mitteilung bekommen? Ich habe bisher noch nichts davon gehört.

Siehe https://www.dbwv.de/aktuelle-themen/service-recht/beitrag/besoldung-und-versorgung-weiter-in-der-ueberarbeitung-jetzt-widerspruch-einlegen

Wäre schön, wenn das Muster hier eingestellt würde...

Absender

(Name, Adresse)

 

 

An das

 

Bundesverwaltungsamt / Generalzolldirektion

(Adresse der zuständigen Bezügestelle angeben)

- per Einwurfeinschreiben -

 

 

 

 

[1] Widerspruch Bezügemitteilung

 

                                                                                                                                                            Datum

 

Personenkennziffer:

[2] Antrag auf Gewährung einer amtsangemessenen Alimentation

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

Beamte und Soldaten haben einen Anspruch auf eine amtsangemessene Alimentation.

 

[3] Aktuell besteht die Absicht der Bundesregierung, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus dessen Beschlüssen vom 4. Mai 2020 zur amtsangemessenen Alimentation auch auf der Bundesbesoldungsebene umzusetzen. Das Bundesverfassungsgericht hat dabei konstatiert, dass der durch das Alimentationsprinzip gebotene Mindestabstand zwischen der Nettoalimentation der untersten Besoldungsgruppe und dem Grundsicherungsniveau nicht gewahrt sei, wenn die Nettoalimentation um weniger als 15 Prozent über dem Grundsicherungsniveau liege. Ferner seien auch alimentationsrelevante Kriterien, wie z.B. die Wohnkosten, in eine Gesamtabwägung mit einzubeziehen.

 

[4] Mit Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern und für Heimat vom 21. Juni 2021 wurde die Zusicherung gegeben, dass in Ansehung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die amtsangemessene Besoldung von Amts wegen geprüft werden und für zurückliegende Zeiträume ab 2021 Nachzahlungen für alle Berechtigten vorzusehen seien, bei denen nach Maßgabe der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung Fehlbedarfe festzustellen sind. Dabei wurde auf das Erfordernis der haushaltsnahen Geltendmachung und der Erhebung der Einrede der Verjährung verzichtet. Eingehende Widersprüche sollten ruhend gestellt werden.

[5] Mit dem Kabinettsbeschluss vom 6. November 2024 wurde nunmehr jedoch deutlich, dass nur eine stichtagsbezogene und gerade keine monatliche Nachbetrachtung vorgenommen werden soll.

[6] Da eine stichtagsbezogene Nachbetrachtung von der o.g. Zusicherung abweicht, sehe ich mich nunmehr gezwungen, folgende [7] Anträge zu stellen.

 

Hiermit

lege ich [8] Widerspruch ein und [9] beantrage, mir eine amtsangemessene Besoldung zu gewähren, die den [10] mit den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2020 aufgestellten Parametern und damit dem Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation entspricht.

 

[11] Gleichzeitig bitte ich bis zur verfassungsgemäßen Umsetzung der Entscheidung durch den für meine Besoldung zuständigen Gesetzgeber meinen Widerspruch/Antrag ruhen zu lassen und mir den Eingang entsprechend zu bestätigen. Es wird davon ausgegangen, [12] dass die o.g. Zusicherung im Übrigen Bestand hat, daher wird [13] nur höchst hilfsweise beantragt, auf das Erfordernis der haushaltsnahen Geltendmachung und der Erhebung der Einrede der Verjährung zu verzichten.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Betrachtungen zum Widerspruchsschreiben

Da das Thema Widerspruch für nicht geringe Teile der hier Lesenden von Interesse ist, mache ich nachfolgend zunächst ein paar Anmerkungen zur aktuellen Problematik der Widerspruchsführung (I.). Danach betrachte ich das vorliegende Schreiben (II.), um in einem Fazit kurze Ausführungen zum Handeln im Rahmen der genannten Problematiken anzustellen (III.). Da die maximale Länge, die 20.000 (und nicht 40.000) Zeichen umfasst, überschritten ist, teile ich den Beitrag in zwei Teile auf.

I. Zur aktuellen Problematik der Widerspruchsführung

Da die Dienstherrn zunehmend dazu übergehen, sich ebenfalls hinsichtlich von Widersprüchen gegen die Höhe der dem Beamten gewährten Besoldung und der Alimentation als Ganzen nicht mehr in jedem Fall hinreichend ihrer Treuepflichten zu erinnern, sondern mittels für den einzelnen Beamten zumeist nicht erkennbaren Winkelzügen und also für diese Beamte und darüber hinaus auch formell mit nicht präzisen Formulierungen Vorsorge dafür zu treffen, dass eventuelle spätere Klagen gegen die Höhe der gewährten Alimentation als Ganze von den Gerichten nicht zugelassen oder als unbegründet betrachtet werden, ist auch hier eine größer werdende Unsicherheit hinsichtlich von (Muster-)Widfersprüchen gegeben, von der auch ich mich nicht losmachen kann; denn formelles Recht ist komplex, wobei es an sich hinsichtlich statthafter Rechtsbehelfe im Beamtenrecht ganz einfach sein sollte und es wohl auch weiterhin ist (im letzten Halbsatz formuliert das "wohl" auch meine Unsicherheit). Nicht umsonst hat das Bundesverwaltungsgericht als verwaltungsgerichtliche Letztinstanz in seinem Urteil vom 21.02.2019 - BVerwG 2 C 50.16 -, https://www.bverwg.de/210219U2C50.16.0, in der Rn. 27 ausgeführt:

"Für die Geltendmachung des Anspruchs genügt es, dass der Beamte zum Ausdruck bringt, sich mit der Höhe seiner Besoldung oder Versorgung insgesamt nicht mehr zufrieden zu geben. So hätte es im vorliegenden Fall ausgereicht, wenn der Kläger - so wie später im gerichtlichen Verfahren - im Jahr 2004 erklärt hätte, dass er für den Fall einer zulässigen Kürzung der jährlichen Sonderzahlung jedenfalls die danach verbleibende Gesamthöhe seiner Versorgungsbezüge für zu niedrig halte, weil sie ihm und seiner Familie keinen angemessenen Lebensstandard mehr ermögliche und sie sich in ihrer Lebensführung einschränken müssten. Ein solches Vorbringen wäre ihm auch als juristischen Laien möglich gewesen. Rechtskenntnisse sind dafür nicht erforderlich."

Aus diesen Darlegungen sollte man schließen können, dass ein Rechtbehelf, der ausführt, dass er gegen die Gesamthöhe seiner Bezüge Widerspruch einlege, da diese nicht mit den bundesverfassungsgerichtlichen Vorgaben, wie sie insbesondere in den Entscheidungen BVerfGE 130, 263, BVerfGE 139, 64, BVerfGE 140, 240, BVerfGE 145, 304, BVerfGE 149, 382 und BVerfGE 155, 1 dargelegt worden sind, im Einklang ständen, sodass die gewährte Besoldung und Alimentation als Ganzes zu niedrig seien und dem Beamten und seiner Familie keinen angemessenen Lebensstandard mehr ermöglichten, weshalb sie sich in ihrer Lebensführung einschränken müssten, formell ausreichen sollte. Wegen der genannten Unsicherheit traut sich allerdings heute niemand mehr, seinen Widerspruch so knapp zu formulieren oder den Rat auszusprechen, entsprechend vorzugehen.

Dabei hat das Bundesverwaltungsgericht die Maßstäbe, die an einen statthaften Rechtsbehelf anzulegen sind, in der Rn. 16 präzise ausgeführt, nämlich:

"Nach der Auslegungsregel des § 133 BGB, die auch auf öffentlich-rechtliche Erklärungen Anwendung findet, ist bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Es kommt darauf an, wie die Erklärung aus der Sicht des Empfängers bei objektiver Betrachtung zu verstehen ist. Maßgebend ist der geäußerte Wille des Erklärenden, wie er sich dem Empfänger nach dem Wortlaut der Erklärung und den sonstigen Umständen darstellt, die der Empfänger bei Zugang der Erklärung erkennen kann. Dieser hat in den Blick zu nehmen, welchen Zweck der Erklärende verfolgt (stRspr, BVerwG, Urteile vom 15. September 2010 - 8 C 21.09 - BVerwGE 138, 1 Rn. 36 und vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 15)."

Das Bundesverwaltungsgericht verweist zunächst auf das BGB als anzuwendende Norm, die es mit dem genannten § 133 referiert. Er legt fest: "Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften." Entsprechend habe der Adressat eines Widerspruchs also die Willenserklärung des Widerspruchsführers objektiv. d.h. nach dem Wortlaut des Widerspruchsschreibens und unter Beachtung der sonstigen Umstände, zu betrachten, um so den Zweck des Widerspruchs zu identifizieren.

Da es sich in der Identifizierung des mit einem Widerspruch verfolgten Zwecks um eine Auslegung handelt, besitzt der Adressat eines Widerspruchs offensichtlich einen Ermessensspielraum, kann also nicht allein am buchstäblichen Sinn der Widerspruchsdarlegung haften, sondern muss sie im Rahmen auch der sonstigen Umstände betrachten, um so in objektiver Betrachtung aus den Buchstaben des Widerspruchs seinen Zweck zu ermitteln. Ob diese Ermittlung am Ende sachgemäß und also die der Ermittlung zugrunde liegende Betrachtung objektiv erfolgt ist, verbleibt als Entscheidung am Ende - sofern das nötig ist - den Gerichten überlassen. In Anbetracht des im Besoldungsrecht offensichtlich durch den Besoldungsgesetzgeber wiederkehrend beschädigten Treueverhältnisses muss man davon ausgehen, dass die gerade dargestellte Notwendigkeit einer ggf. gerichtlichen Überprüfung, ob eine objektive Betrachtung vonseiten des Adressaten gewährleistet worden ist, wiederkehrend nötig sein könnte, soll heißen, die Dienstherrn werden ggf. häufiger, als es eine sachliche Betrachtung vermuten ließe, eine hinreichende Objektivität vermissen lassen und also Widerspruchsführern als einzige Möglichkeit, ihr Recht effektiv durchzusetzen, die gerichtliche Klärung lassen. Genau deshalb sollte ein Widerspruch möglichst präzise formuliert sein, um als Rechtsbehelf keinen Zweifel an seiner Statthaftigkeit zu lassen.

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15700 am: 15.11.2024 11:49 »
II. Betrachtung des Widerspruchsschreibens

Die Folge der eingangs dargelegten Verunsicherung findet sich offensichtlich auch im zitierten Widerspruchsschreiben, weshalb es hier betrachtet werden soll. Dabei sollten die vorherigen und auch die nachfolgenden Ausführungen nicht als Kritik am das Widerspruchsschreiben zur Verfügung stellenden Verband missverstanden werden. Denn seine ggf. vorhandene Verunsicherung liegt nicht in seiner Verantwortung, sondern ist den im letzten Abschnitt geschilderten Problematiken geschuldet: Dienstherrn, die sich im Besoldungsrecht seit mehreren Jahren regelmäßig vom Grundgesetz absentieren und also hier nicht mehr in jedem Fall als Garant der rechtsstaatlicher Ordnung zu betrachten sind, legen zielgerichtet Hand an unsere Rechtsordnung, was zwangsläufig zur Erosion des Rechtsstaats und damit zu Verunsicherung der dem Recht Unterworfenen führt. Denn wenn am Ende nicht mehr klar ist, was als Recht anerkannt wird und was nicht, ist es schwierig, sachliche Ratschläge zu erteilen, da Sachlichkeit nicht mehr in jedem Fall vonseiten der exekutiven Gewalt vorausgesetzt werden kann. Die damit über kurz oder lang betriebene Erosion des Rechtsstaats liegt ausschließlich in der Gewalt der Dienstherrn, die diese nicht mehr in jedem Fall rechtmäßig gewähleistren wollen, und nicht in der der weiteren Akteure, die der wiederkehrenden dienstherrlichen Willkür ausgeliefert sind.

Entsprechend sieht sich der Bundeswehrverband qua Aufgabe veranlasst, seinen Mitgliedern einen Musterwiderspruch zur Verfügung zu stellen, ohne sich noch darauf verlassen zu können, dass der Dienstherr dieses sachgerecht betrachten wollte. Auf dieser Basis ist es schwierig bis unmöglich, entsprechende Musterschreiben hinreichend sachgerecht zu formulieren. Denn es muss in Rechnung gestellt werden, dass der wie beschrieben handelnde Dienstherr ein sachgerecht formuliertes Widerspruchsschreiben ggf. willkürlich betrachtet, womit sich der normunterworfene Widerspruchsführer danach als einziger Chance, sein Recht effektiv durchzusetzen, der gerichtlichen Klärung zu unterwerfen hätte. Den Vorwurf, dass er keine andere Chance hätte, wird der Widerspruchsführer tendenziell dann eher dem machen, der ihm das Musterschreiben an die Hand gegeben hat, und weniger dem, der wiederkehrend willkürlich handelt. Denn die Willkür ist für den Laien ggf. nur schwer zu erkennen und wird darüber hinaus von einer nicht geringen Zahl der Normunterworfenen als in unserem Rechtsstaat nicht zu erwarten betrachtet.

Auch darin spiegelt sich die mit dem spezifischen Handeln der Dienstherrn einhergehende Erosion des Rechtsstaats wider, nämlich indem es das Vertrauen von Normunterworfenen in ihre Interessensverbände untergräbt, sodass die Zahl derer wächst, die willkürliches Handeln staatlicher Gewalt und mangelnde Vertretung ihrer Interessen durch die diese zu gewährleistenden Vertreter, in unserem Fall also die Gewerkschaften und Verbände, erwarten - und zwar dann auch zunehmend dort, wo dies nicht der Fall ist, wo also weiterhin rechtsstaatliches Handeln staatlicher Gewalt gegeben ist. Die Erosion des demokratischen Rechtsstaats findet also seine Ursache auch darin, dass dem juristischen Laien - also der weit überwiegenden Zahl der Bevölkerung - ein hinreichend sachlicher Einblick in die Sachlichkeit des Rechts verschlossen ist, sodass er auf die Rechtmäßigkeit staatlichen Handelns vertrauen muss, dieses Vertrauen aber zunehmend verliert, wenn er sich nicht mehr in jedem oder in einem sehr weitgehenden Maße auf das rechtsstaatliche Handeln staatlicher Gewalt verlassen kann. Lerntheoretisch basiert dieser Vorgang des zunehmenden Vertrauensverlusts auf einer "Reizgeneralisierung". Sie dürfte in einem nicht unerheblichen Maße das Wahlverhalten zunehemdn größer werdender Teile der Bevölkerung mit erklären. Auch deshalb hat Ulrich Battis, so darf man annehmen, 2022 den rechtsstaatsgefährdenden Gehalt des konzertierten Handelns hervorgehoben, das die Besoldungsgesetzgeber in fortgesetzter Willkür zeigen.

Dies vorausgeschickt, werde ich nachfolgend keine ausnahmslos objektive Betrachtung des Musterwiderspruchs vollziehen, sondern es aus dem Blick dessen betrachten, der nach Schlupflöchern fahndet, um am Ende zu behaupten, den Musterwiderspruch objektiv betrachtet zu haben. Im Ergebnis geht es mir also darum, den Widerspruch als nicht statthaft zu betrachten, sodass er am Ende im für mich so Handelnden Idealfall auch von den Gerichten nicht anerkannt wird. Dazu habe ich das Widerspruchsschreiben mit arabischen Ziffern nummeriert. Ich gehe nachfolgend die einzelnen Nummern durch:

[1] In diesem Betreff wird ausgeführt, dass ein Widerspruch gegen die Bezügemitteilung geführt werden solle. Lege ich das jetzt aus, stelle ich eine eher allgemeine Ausführung fest. Denn hier wird nicht gesagt, dass ein Widerspruch gegen die gewährte Besoldung und Alimentation als Ganze geführt wird. Worauf sich der Widerspruch konkret bezieht, ist also offensichtlich nicht eindeutig.

[2] Hier nun wird ein Antrag auf Gewährung einer amtsangemessenen Alimentation gestellt. Einen solchen Antrag muss man nicht als Widerspruch gegen die gewährte Besoldung und Alimentation als Ganze verstehen, denn der Antrag fordert offensichtlich eine Leistung ein und ist als solche nicht automatisch als Begehr einer Feststellung zu begreifen. Darüber hinaus muss ein entsprechender Antrag vom Bundesverwaltungsamt bzw. der Generalzolldirektion zurückgewiesen werden, da sie nicht dazu berechtigt sind, von selbst eine über die gesetzliche Höhe hinausreichende Besoldung zu gewähren. Mit der Zurückweisung des Antrags muss aber keine Zurückweisung des Widerspruchs einhergehen, da ein Antrag auf eine Leistung nicht die Aufforderung an den Adressaten beinhalten muss, festzustellen, dass die gewährte Besoldung zu einer amtsangemessenen Alimentation führt oder das eben nicht tut. Genau das ist aber der Zweck eines Widerspruchs: Er veranlasst den Adressaten, noch einmal den gegebenen Bescheid zu prüfen und also festzustellen, dass die gewährte Leistung sachgerecht oder eben nicht sachgerecht sei. Da er sich aber in jedem Fall nicht in der Lage sieht, einem entsprechenden Antrag nachkommen zu können - der Gesetzesvorbehalt im Besoldungsrecht lässt eine Besoldung ausschließlich auf gesetzlicher Grundlage zu -, muss er sich nicht aufgefordert sehen, die Höhe der gewährten Leistung - also der Besoldung - noch einmal zu prüfen, also festzustellen, ob sie angemessen ist. Die Zurückweisung des Antrags braucht also nicht als negativer Bescheid des Widerspruchs formuliert oder verstanden werden.

[3] In diesem Absatz wird sachlich ausschließlich auf das Mindestabstandsgebot rekurriert. Entsprechend wird offensichtlich eine Begründung entweder des Antrags oder des Widerspruchs gegeben. Sie ist als eine solche Begründung, wenn sie denn dann gegeben wird, jedoch mindestens für alle die Fälle so nicht unmittelbar von Belang, die nicht unmittelbar von der gegebenen Verletzung des Mindestabstandsgebots betroffen sind. Ich würde mich als Dienstherrn also hier mindestens für all die Normunterworfenen darauf zurückziehen, dass diese gegebene Begründung für sie keine sachliche Relevanz hat, die nicht unmittelbar von der Verletzung des Mindestabstandsgebots betroffen sind. Entsprechend würde ich auf die Rn. 48 der aktuellen Entscheidung verweisen, die explizit hervorhebt: "Wird bei der zur Prüfung gestellten Besoldungsgruppe der Mindestabstand zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht eingehalten, liegt allein hierin eine Verletzung des Alimentationsprinzips. Hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Alimentation einer höheren Besoldungsgruppe, bei der das Mindestabstandsgebot selbst gewahrt ist, lässt sich eine solche Schlussfolgerung nicht ohne Weiteres ziehen." (https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/ls20200504_2bvl000418.html) Da dem Schreiben keine weitere Ausführung zum und auch kein Verweis auf das Abstandsgebot zwischen vergleichbaren Besoldungsgruppen zu entnehmen ist, würde ich mich auf den Standpunkt stellen, dass eine Begründung des Anliegens für die entsprechenden höheren Besoldungsgruppen nicht ersichtlich ist.

Darüber hinaus würde ich mich generell auf den Standpunkt zurückziehen, dass in diesem Absatz ausschließlich von Planungen die Rede ist, die aber - da sie auf die Zukunft gerichtet sind und noch keine rechtliche Wirkung entfalten - für die im Jahr 2024 gewährte Besoldung und Alimentation keine Bedeutung haben; denn Bedeutung hat ausschließlich die gewährte Besoldung auf Basis des geltenden Rechts, also des angegriffenen Besoldungsgesetzes. Dieses wird hier aber nicht angegriffen.

[4] In diesem Absatz wird weitgehend das referiert, was sich dem genannten Rundschreiben entnehmen lässt. Als Dienstherr würde ich das entsprechend so interpretieren, also als ein Referat dessen, was ich als Dienstherr 2021 ausgeführt habe, dass für die jeweils entsprechend betroffenen Beamten ein Widerspruch nicht nötig sei. Mehr würde ich diesem Absatz als Aussage nicht beimessen.

[5] Auch hier erfolgt kein Angriff gesetzlicher Grundlagen, sondern wird Stellung zum Kabinettsbeschluss genommen, der aber keine rechtliche Wirkung entfaltet. Entsprechend würde ich mich auch hier als Dienstherr auf das zurückziehen, was ich im zweiten Absatz unter der Nr. 3 geschrieben habe.

[6] Auf der Basis, dass weiterhin nicht das aktuelle Besoldungsgesetz angegriffen wird, würde ich hier nun feststellen, dass das, was nachfolgend formuliert wird, weiterhin nur Planungen angreift, die aber für mich keine sachliche Relevanz hätten, da von ihnen ja keine rechtliche Wirkung ausgeht.

[7] Zugleich werden hier nun weiterhin Anträge formuliert, die nachfolgend eine Leistung einfordern, weshalb ich mich als Dienstherr auch hier auf den Standpunkt stellen würde, dass weiterhin kein Widerspruch gegen die Besoldung und die Alimentation als Ganze vorliegt, sondern eben der Zweck des Schreibens weiterhin darin liegt, Anträge zu formulieren, die ich mich im Sinne dessen, was ich unter der Nr. 2 geschrieben habe, gezwungen sehe, zurückzuweisen, ohne dass ich damit etwas über einen Widerspruch aussagen würde, dessen sachgerechte Formulierung - weiterhin sehe ich als Dienstherrn nicht die Besoldung und Alimentation als Ganze als angegriffen; ich sehe mich also nach wie vor nicht dazu aufgefordert, diese zu prüfen und eine entsprechende Feststellung zu vollziehen - ich weitertih bezweifeln würde.

[8] Hier wird nun zunächst ein Widerspruch formuliert, der aber für mich als Dienstherr weiterhin als Antrag zu verstehen wäre, da er ja unter dem zu subsummieren wäre, was als Zweck direkt davor formuliert worden ist, nämlich Anträge zu formulieren. Da neben diesem Widerspruch danach ausschließlich ein weiterer Antrag formuliert wird, unter der Nr. 7 aber von Anträgen in Plural gesprochen worden ist, würde ich entsprechend weiterhin ins Feld führen, dass der genannte Widerspruch nichts anderes sei als einer von mehreren (in diesem Fall zwei) Anträgen. Ich würde also ausführen, dass

[9] hier die Beantragung und der Widerspruch sachlich in eins fallen, also denselben Zweck verfolgen, nämlich als Leistung eine amtsangemessene Alimentation zu fordern, die aber nur auf Basis der geltenden gesetzlichen Basis gewährt werden kann, was zurzeit geschieht. Ich würde also weiterhin den Antrag zurückweisen und nach wie vor die Auffassung vertreten, dass ein Widerspruch gegen die Besoldung und Alimentation als Ganze mit dem Schreiben nicht einhergeht.

[10] Dabei würde ich ebenfalls ins Feld führen, dass hier ausschließlich die aktuelle bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung angeführt wird und dass dabei nur deren Parameter, also das indizielle Prüfverfahren, in Augenschein genommen wird. Materiell-rechtliche Folgen aus der Indizienwirkung würde ich für mich aus dieser Aussage nicht ableiten wollen.

[11] Hier werden am Ende Bitten formuliert, die offensichtlich als solche kein Antrag sind, sodass ich weiterhin davon ausgehe, dass hier nicht mehr von den vormaligen Anträgen die Rede ist, weshalb ich mich weiterhin nicht aufgefordert sehen würde, zu prüfen, ob die Besoldung und Alimentation als Ganze sachgerecht sind, ich also keine Veranlassung sehen würde, entsprechende Feststellungen durchzuführen, zu denen ich ja nach meiner Interpretation nicht aufgefordert worden bin. Nicht umsonst - so würde ich das weiterhin begründen - hebt ja auch das Schreiben mit der hier vorgenommenen Formulierung "Widerspruch/Antrag" die von mir so interprtierte Einheit des Leistungsantrags hervor, sodass ich mich erst recht nicht aufgefordert fühlen würde, in eine Feststellung einzutreten. Entsprechend würde ich den Antrag nun gerne ruhend stellen, um ihn später ausschließlich als solchen zu betrachten und dem Schreiber des Antragsschreibens jetzt bestätigen, dass er auch zukünftig keinen Antrag mehr stellen bräuchte, ich also zur gegebenen Zeit unaufgefordert auf seinen Antrag zurückkommen würde, den ich dann in Zukunft wie dargestellt zurückweisen würde um zugleich festzustellen, dass auch zukünftig kein Widerspruch gegen die in den Folgejahren gewährte Besoldung und Alimentation als Ganze geführt worden ist (denn das dürfte die Folge meiner Zusicherung sein, dass ich den Antrag ruhend stellen und ihn auch für die kommenden Jahre als fortgeführt berachten werde).

[12] Auf dieser Basis würde ich also den Bestand meiner Zusicherung gerne bestätigen, da ich ja sowieso davon ausgehe, dass sie von dem in einem Diesnt- und Treueverhältnis stehenden Bediensteten nicht angezweifelt werden bräuchte.

[13] Ebenso würde ich hinsichtlich des Antrags auf die Einrede der Verjährung gerne verzichten und das wie dargestellt mit der Zusicherung verbinden, dass ich auf den so zu betrachtenden Antrag unaufgefordert zur gegebenen Zeit zurückkommen werde, sodass zukünftige entsprechende Anträge nicht mehr nötig sein würden.

III. Fazit

Wie gesagt, ich verstehe das Musterschreiben als Ausdruck der genannten Verunsicherung, das diese lösen will, indem es sich mittels eines Widerspruchs und eines Antrags in alle Richtungen absichern will, dabei aber insbesondere hinsichtlich der Geltendmachung, dass ein Widerspruch gegen die im Kalenderjahr 2024 gewährte Besoldung und Alimentation als Ganze geführt wird, ggf. keine hinreichende Klarheit mit sich bringt und deshalb eventuell einen entsprechenden Zweck nicht erfüllt. Darüber hinaus würde ich das als Dienstherr genauso interpretieren, also zur gegebenen Zeit den Absender des Schreibens darauf hinweisen, dass ich seinen Antrag zurückweise und dass mir ein Widerspruch gegen die ihm 2024 und danach gewährte Besoldung und Alimentation als Ganze nicht bekannt sei, sodass ich - da kein entsprechender Widerspruch vorliegt - ihn auch nicht bescheiden könnte. Der Absender des Schreibens dürfte sich dann, wenn er das wollte, mit mir in einen Rechtsstreit begeben, der zu klären hätte, ob hier tatsächlich ein statthafter Widerspruch geführt worden ist. In diesem Rechtstreit würde ich die von mir hier angeführte Argumentation darlegen. Sofern ich damit gerichtlich durchdringen würde, wäre der Rechtsstreit in meinem Sinne beendet. Wäre das nicht der Fall, würde ich - sofern mir diese Möglichkeit geboten werden würde - in die Berufung und ggf. Revision gehen. Würde mir diese Möglichkeit nicht gegeben werden, würde ich akzeptieren, dass hier ein statthafter Widerspruch vorliegen würde. Ich würde ihn dann negativ bescheiden, womit für den Widerspruchsführer nun die Möglichkeit bestehen würde, gerichtlich gegen mich vorzugehen, um nun also gerichtlich in einem Feststellungsverfahren klären zu lassen, ob die gewährte Alimentation amtsangemessen war oder nicht.

Der langen Rede kurzer Sinn: Meiner Meinung nach ist eine Widerspruchsführung auf Basis des Musterschreibens mit nicht unerheblichen Gefahren verbunden, ohne dass ich nun behaupten würde, dass ich es besser könnte; denn auch ich bin hier durchaus verunsichert, gehe aber weiterhin davon aus, dass das, was das Bundesverwaltungsgericht 2019 ausgeführt hat und was ich in maßgeblichen Teilen im Abschnitt I referiert habe, sachlich hinreicht, um einen statthaften Rechtsbehelf zu formulieren (in der Vergangenheit habe ich mich unter anderem an dieser Entscheidung orientiert). Entsprechend werde ich mich, sobald ich in nächster Zeit Zeit dafür finde (also bis spätestens Mitte Dezember), noch einmal gesondert in das Thema reindenken, wobei ich hier schon jetzt das formuliere, was ich diesbezüglich immer formulieren, nämlich dass ich kein Jurist bin und dass das, was ich schreibe, keine professionelle Rechtsberatung ersetzen kann.

Was mich im Moment als Idee umtreibt (die also auch jeder andere hier verfolgen kann), ist, im Internet zu schaue, ob den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts seit 2012 ggf. jeweils ein Musterwiderspruch zugrunde gelegen hat. Sofern das der Fall wäre, läge ein Muster vor, dass von Karlsruhe als statthaft betrachtet worden ist, sodass man sich in der Formulierung eng an dieses halten könnte/sollte. Denn auch, wenn der von mir im ersten Abschnitt dargelegte Ermessensspielraum gegeben ist, sollten wir davon ausgehen, dass ein solcher (Muster-)Widerspruch auch zukünftig als statthaft zu betrachten sein dürfte.

PolareuD

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15701 am: 15.11.2024 12:46 »
Vielen Dank, Swen, für deine Ausführungen zum Musterwiderspruch des DBwV. Im Endeffekt bestätigst du damit mein Bauchgefühl, dass der Musterwiderspruch qualitativ unzureichend ist.

jeto

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15702 am: 15.11.2024 12:59 »
Falls es einige interessiert, wie es um die Bearbeitungsdauer der Widersprüche und deren Ruhendstellung steht: Mein Widerspruch wurde binnen einer Woche von meiner Besoldungsstelle bestätigt.

clarion

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15703 am: 15.11.2024 16:03 »
Hallo,

m.E. dürfen Gerichte nicht zu spitzfindig an die Formulierungen herangehen, zumal die Verwaltungsgerichte auch selbst die Sachverhalte ermitteln müssen und man nicht unterstellen kann, dass man Juraprofi ist.  M.E. müsste es ausreichen, wenn man der Jahresbesoldung im betreffenden Jahr widerspricht, den Widerspruch damit begründet, dass auch bei der Bestimmung der Besoldung aus der jüngsten Fassung des Besoldungsgesetz weder die Mindestbesoldung sachgerecht ermittelt wurde noch das Abstandsgebot zwischen den Besoldungsgruppen eingehalten wurde. Abschließend behält man sich vor, im weiteren Verfahrensablauf ergänzend zu begründen. Dass kann je noch Gusto um Bescheidung oder Ruhestörung bis zur Entscheidung des BVerfG bitten.

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15704 am: 15.11.2024 17:54 »
Es geht hier nicht um Dein oder mein Erachten, clarion - insofern würde ich Aussagen wie nicht zu erwartende gerichtliche "Spitzfindigkeit" nicht formulieren, um nicht zu sagen: Ich empfinde das, was Du hier schreibst, in Anbetracht der Summen, um die es ggf. für einzelne Kolleginnen und Kollegen geht, als ein ziemlich Ärgernis. Denn hier geht es nicht um das eigene Rechtsempfinden, das bei uns allen meistens falsch ist, sondern um das, was das Bundesverwaltungsgericht nicht zuletzt in der von mir zitierten Entscheidung in Rechtsprechung als Recht ausführt; denn die Untergerichte sehen sich an diese Ausführungen gebunden. Dabei hat der Senat hier in aller Deutlichkeit ausgeführt, dass die Klage unbegründet und offensichtlich nur ausnahmsweise zulässig ist und dass er sich darüber hinaus in seiner Entscheidung an § 137 Abs. 2 VwGO gebunden sieht und deshalb die Entscheidung der Vorinstanz bereits an seinem Ausgangspunkt zu korrigieren habe (vgl. in der Rn. 15).

§ 137 Abs. 2 VwGO besagt: "Das Bundesverwaltungsgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind."

Der Senat führt nun aus, dass er sich nicht im Sinne des ersten Halbsatzes der gerade zitierten Norm an die von der Vorinstanz getroffene tatsächliche Feststellung gebunden sieht, da diese im Sinne des zweiten Halbsatzes als rechtsfehlerhaft zu betrachten sei. Der Rechtsfehler der Vorinstanz liege nun nach Auffassung des Bundesverwaltungsgericht darin, dass sie, obgleich der Kläger in seinem Rechtsbehelf bloß die Gewährung einer Sonderzuwendung in bisheriger Höhe, nicht aber die Gewährung einer amtsangemessenen Alimentation als Ganze begehrt habe, das vom Kläger ausgeführte Begehr als Angriff der nicht hinreichenden Alimentation als Ganze verstanden wissen wollte (Rn. 19). Für diese Interpretation hat nun der Senat keinen sachlichen Grund vorgefunden und dabei festgestellt, dass eine Auslegung den Rahmen des nach § 133 BGB Vertretbaren verlässt, "wenn sie der Erklärung einen Inhalt - sei er auch förderlich - beimisst, für den es nach dem geäußerten Willen des Erklärenden und den sonstigen Umständen aus der Sicht eines objektiven Empfängers keinen Anhalt gibt" (Rn. 17).

Da nun der Kläger nach Auffassung des Senats keinen statthaften Rechtsbehelf in seinem Widerspruchsschreiben formuliert hatte, sah er die Klage als unbegründet bzw. offensichtlich als so für sich betrachtet als nicht zulässig an. Eine nachträgliche Korrektur des ursprünglichen Begehrs im Verlauf des Klageverfahrens hat er zurückgewiesen (Rn. 27).

Im Sinne der vorhin von mir - nicht zuletzt auf Basis der hier angeführten bundesverwaltungsgerichtlichen Entscheidung - herausgestellten grundlegenden Unterscheidung zwischen einem Leistungs- und einem Feststellungsbegehren hat der Senat am Ende in aller gebotenen Deutlichkeit ausgeführt:

"Soweit sich das Berufungsgericht auf einen Grundsatz beruft, wonach ein Begehren, das sich unmittelbar auf (Fort-)Zahlung einer höheren als der gesetzlich vorgesehenen Besoldung oder Versorgung richtet, regelmäßig zugleich das Begehren nach der Feststellung umfasse, das Nettoeinkommen sei verfassungswidrig zu niedrig bemessen, vermag dies die von ihm angenommene Auslegung nicht zu tragen. Eine solche Auslegungsregel gibt es nicht. Ob und welches Feststellungsbegehren als nachrangiges Begehren in einem Leistungsbegehren enthalten ist, ist nach dem im jeweiligen Einzelfall erkennbar verfolgten und geltend gemachten Rechtsschutzziel zu beurteilen." (Rn. 22)

Damit hat er ausgeführt, dass es in ggf. spitzfindiger Interpretation um den tatsächlich geäußerten Willen geht, entsprechend wie ich das vorhin bereits skizziert habe, weshalb ich das hier nicht wiederholen muss. Sofern dabei zutage tritt, dass ein sachfehlbehafteter Rechtsbehelf formuliert worden ist, kann er also in der Regel nicht nachträglich korrigiert werden. Es gilt vielmehr, was der Widerspruchsführer in seinem Widerspruch als sein ursprünglichen Willen formuliert hat. Entsprechend hat der Senat hier in aller Deutlichkeit festgestellt:

"Die Beanstandung einer Vorschrift, die zu einer Kürzung der Dienstbezüge führt, mit dem Ziel, die Fortzahlung der Dienstbezüge nach den bisherigen Vorschriften zu erreichen, enthält nicht zugleich das Begehren festzustellen, dass die Alimentation verfassungswidrig zu niedrig bemessen sei. Damit würde ein anderer Streitgegenstand zur Nachprüfung gestellt.[...] Der Streitgegenstand eines auf - unvermindert - höhere Zahlung gerichteten Leistungsbegehrens und die damit begehrte Feststellung, die Kürzung der Zahlung aufgrund eines speziellen Gesetzes sei verfassungswidrig, ist ein anderer als die Rechtsbehauptung, das allgemeine Alimentationsniveau sei zu niedrig." (Rn. 24)

Sofern sich der Dienstherr also nicht auf die Klage eingelassen hätte (Rn. 30), wäre sie offensichtlich von vornherein  als unzulässig zu betrachten gewesen. Entsprechend hätte der nicht sachgerecht formulierte Wille des Klägers das Scheitern seiner Klage zur Folge gehabt, wenn sich der Kläger nicht auf die Klage eingelassen hätte. Sie wäre in diesem Fall auch dann zurückgewiesen worden, wenn der Kläger seinen Widerspruch zeitnah formuliert hätte, was er nicht getan hat (vgl. die Rn. 29 ff.).

In diesem hier nun gezeigten Sinne hat der Senat Deinen in Anbetracht der im Einzelnen zu erwartenden hohen Nachzahlungsansprüche von Kolleginnen und Kollegen haltlosen ersten Satz zurückkgewiesen, der da lautet: "m.E. dürfen Gerichte nicht zu spitzfindig an die Formulierungen herangehen, zumal die Verwaltungsgerichte auch selbst die Sachverhalte ermitteln müssen und man nicht unterstellen kann, dass man Juraprofi ist." Nicht umsonst hat er das ausgeführt, was ich vorhin bereits zitiert habe:

"Für die Geltendmachung des Anspruchs genügt es, dass der Beamte zum Ausdruck bringt, sich mit der Höhe seiner Besoldung oder Versorgung insgesamt nicht mehr zufrieden zu geben. So hätte es im vorliegenden Fall ausgereicht, wenn der Kläger - so wie später im gerichtlichen Verfahren - im Jahr 2004 erklärt hätte, dass er für den Fall einer zulässigen Kürzung der jährlichen Sonderzahlung jedenfalls die danach verbleibende Gesamthöhe seiner Versorgungsbezüge für zu niedrig halte, weil sie ihm und seiner Familie keinen angemessenen Lebensstandard mehr ermögliche und sie sich in ihrer Lebensführung einschränken müssten. Ein solches Vorbringen wäre ihm auch als juristischen Laien möglich gewesen. Rechtskenntnisse sind dafür nicht erforderlich."(Rn. 27, Hervorhebungen durch ST.)

Darüber hinaus spricht das, was Du in den weiteren Sätzen nach dem ersten locker flockig formulierst, dafür, dass Du Dich bislang nicht weitgehender mit der Materie auseinandergesetzt hast. Wie man auf dieser Basis hier entsprechende Ratschläge erteilen kann und damit ggf. in Kauf nimmt, dass dem, der ihnen folgt, ein hoher Schaden entstehen kann, bleibt mir gänzlich verschlossen, was eventuell auch daran liegt, dass mir mit Deinem Beitrag das widerfahren ist, was mir hier im Forum zumeist selten widerfährt, nämlich dass ich mich im erheblichen Maße über diesen Beitrag geärgert habe und dieser Ärger bei aller Sympathie auch weiterhin nicht verfliegen will, weshalb ich jetzt besser die Klappe halte.