Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 5876068 times)

Streber22

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15750 am: 27.11.2024 13:47 »
Kann mir jemand helfen? Wo finde ich den Mustertext für den Widerspruch?

PolareuD

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emdy

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15752 am: 27.11.2024 20:20 »
Du solltest auhören Verunsicherung zu verbreiten. Natürlich ist das BMI an dieses schreiben gebunden. Was glaubst du denn was passiert, wenn die einfach sagen "haha verarscht".

Ich erteile lediglich meinen Ratschlag. Das tue ich auf der Grundlage der nun mehrjährigen Auseinandersetzung mit dem Thema. Unabhängig davon, ob in einem nächsten Anpassungsgesetz rückwirkend Widerspruchsführer und andere Beamte gleichbehandelt werden, erfolgt jegliche Nachzahlung ausschließlich nach den Regeln dieses Gesetzes und das heißt unabhängig von dessen tatsächlicher Verfassungskonformität. Wer keinen Widerspruch einlegt verzichtet darauf, eine Nachzahlung gerichtlich erstreiten zu können. Man liefert sich damit einem Besoldungsgesetzgeber aus, der die Rechtsprechung nun vier Jahre nicht umgesetzt hat und stattdessen weiterhin an Lösungen arbeitet, die lediglich den Anschein einer Verfassungskonformität vermitteln sollen.

Und die konkrete Rechtsprechung dazu, ob eine rückwirkende allgemeine Behebung der Unteralimentation geboten ist, lautet nach Rn. 182 des Beschlusses 2 BvL 4/18 immernoch:
Eine allgemeine rückwirkende Behebung des Verfassungsverstoßes ist daher mit Blick auf die Besonderheiten des Richter- und Beamtenverhältnisses nicht geboten (vgl. BVerfGE 139, 64 <148 Rn. 195>; 140, 240 <316 Rn. 170>; 150, 169 <193 Rn. 64> m.w.N.).

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15753 am: 27.11.2024 23:50 »
Könnte ich ohne Widerspruch aufgrund des Rundschreibens klagen? Geht das? Oder braucht man mindestens einen beschiedenen Widerspruch?

Wir befinden uns im Verwaltungsrecht. Du kannst also Klage vor dem Verwaltungsgericht einlegen, wenn du einen Widerspruchsbescheid hast (den du vor Gericht angreifst) oder wenn deine Bezügestelle auf deinen Wunsch zur Bescheidung nicht reagiert. Die Dauer, die als "nicht reagiert" zu werten ist, dürfte nach §75 VwGO mit drei Monaten anzusetzen sein.

Das Rundschreiben ist weder Fisch noch Fleisch noch irgendwas sondern stellt eine Empfehlung des BMI an die Bezügestellen dar.

Du solltest auhören Verunsicherung zu verbreiten. Natürlich ist das BMI an dieses schreiben gebunden. Was glaubst du denn was passiert, wenn die einfach sagen "haha verarscht".
Dieses Schreiben ist, spätestens seit es auch von den Verbänden kommentiert wird, ein Statement.
MIt welcher aussage will man denn Rechtssicherheit, Rechtsschutz, als auch Treu und Glaube negieren? Welcher nicht "Volljurist" will denn darau die Möglichkeit erlesen, dass das Teil eine Finte sein könnte?

Jeder der in das Raster diesen Schreibens passt, muss keinen Widerspruch einlegen, solange dieses Schreiben gilt. Also bis es entweder terminiert wird oder das BBVAngG in Kraft tritt.

Ich wäre hier mit Deinen Bewertungen nicht so harsch gegenüber emdy, Harry.

Zunächst einmal wäre zu klären, ob es sich bei dem Rundschreiben vom 14.06.2021 um einen Verwaltungsakt handelt. Ein Verwaltungsakt ist nach § 35 VwVfG Satz 1:

"[1] jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, [2] die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die [3] auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist". (https://www.gesetze-im-internet.de/vwvfg/__35.html)

Die von mir mit eckigen Klammer hervorgehobenen drei notwendigen Bedinungen müssen allesamt erfüllt sein, um einen Verwaltungsakt als einen solchen zu kennzeichnen.

Bei dem Rundschreiben vom 14.06.2021 (https://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_14062021_D3302009421.htm) handelt es sich um eine interne Anweisung an nachgeordnete Dienststellen, wie unter anderem mit Widersprüchen, die von Beamten gestellt werden, umgegangen werden soll.

Entsprechend liegt hier eine Entscheidung im Sinne der Nr. 1 vor. Sie regelt darüber hinaus einen Einzelfall auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts im Sinne der Nr. 2. Von ihr geht aber offensichtlich keine Rechtswirkung nach außen aus, da sie nur behördenintern den Umgang mit erhobenen Widersprüchen bzw. geltend gemachten Ansprüchen behandelt. Das Rundschreiben gibt als solches nur eine Empfehlung an die nachgeordneten Dienststellen, wie für den Umgang mit Widersprüchen in Bezug auf die Gewährung einer amtsangemessenen Alimentation verfahren werden kann, und dient entsprechend nur als Empfehlung zur Sicherstellung einer einheitlichen Verfahrensweise.

Entsprechend dürfte bereits eine entsprechende Rechtswirkung nach innen nicht gegeben sein, da sich keine Behörde über einen bestimmten Rechtsbegriff gezwungen sieht, diese Empfehlung als solche umzusetzen, was aber hinsichtlich der Klärung eines Verwaltungsakts unerheblich wäre. Vielmehr wäre zu klären, ob hier eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen gegeben ist. Das wäre selbst dann schon nicht der Fall, sofern hier eine Weisung an nachgeordnete Dienststellen vorliegen würde, da auch in diesem Fall keine unmittelbare Rechtswirkung nach außen gegeben wäre, sondern weiterhin nur eine allenfalls mittelbare. Denn eine behördeninterne Weisung entfaltet keine unmittelbare Rechtswirkung nach außen - was für eine Empfehlung nicht minder so gilt.

Als Folge finden wir also mit der Empfehlung an die nachgeordneten Dienststellen keinen Verwaltungsakt vor. Entsprechend führt emdy das aus, was er ausführt: nämlich dass all jenen, die keinen zeitnahen Widerspruch mit den statthaften Rechtsbehelfen gegen die ihnen gewährte Alimentation eingelegt haben, zunächst einmal keine notwendige Bedingung vorfinden, die sie berechtigen würde, gegen die ihnen gewährte Alimentation gerichtlich vorzugehen, also in ein Feststellungsverfahren einzutreten - anders als alle jene, die einen entsprechenden statthaften Widerspruch geführt haben. Denn über deren i.d.R. ruhend gestellte Widersprüche muss zukünftig entschieden und diese müssen also beschieden werden, womit dann alle drei notwendigen Bedingungen für einen Verwaltungsakt erfüllt sein werden, sodass hier dann ein Verwaltungsakt vorliegt. Eine negative Bescheidung eröffnet den Widerspruchsführern also am Ende die Möglichkeit, sich auf Grundlage der negativen Bescheidung ihres Widerspruchs gegen die ihnen gewährte Besoldungshöhe gerichtlich zu Wehr zu setzen.

All jene, die auf das Rundschreiben vertraut haben, bleiben hingegen dem Wohlwollen des Dienstherrn ausgesetzt. Er kann am Ende feststellen, dass das Rundschreiben von ihm als hinreichend für eine spätere Klage aufzufassen sein könnte - er sieht sich dazu aber nicht gezwungen. Politisch dürfte dabei gleichfalls in Rechnung zu stellen sein, dass das Rundschreiben alsbald aus der vorletzten Legislaturperiode stammen wird. Umso mehr kann sich also der Dienstherr auf den Standpunkt stellen, dass er sich nur daran gebunden sieht, dass hier behördeninterne Empfehlungen ausgesprochen worden sind - dass aber kein Widerspruch geführt worden ist und dass hier gleichfalls darauf hingewiesen worden ist, wie mit Widersprüchen verfahren werden kann.

Wie vertrauenswürdig ein Dienstherr ist, der bereits im Winter 2020/21 und seitdem regelmäßig ausgeführt hat, dass die von ihm gewährte Alimentation verfassungswidrig ist, der aber seitdem weiterhin nur ein Handeln gezeigt hat, dass einer Untätigkeit gleichkommt, während die von ihm seitdem erstellten Entwürfe regelmäßig so erstellt worden sind, dass sie nachweislich nicht mit der maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht im Einklang stehen, muss jeder selbst entscheiden. Wäre ich Bundesbeamter, würde ich unter allen Umständen in jedem Kalenderjahr Widerspruch gegen die mir gewährte Besoldung und Alimentation als Ganze führen. Denn eine hinreichende Vertrauensbasis für alle anderen Entscheidungen würde ich hinsichtlich des Besoldungsrechts als für mich nicht gegeben betrachten.

Rentenonkel

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15754 am: 28.11.2024 07:41 »
Darüber hinaus gilt es zu bedenken, dass mit einiger Wahrscheinlichkeit der Weg zu einer amtsangemessenen Alimentation nach der Salami Taktik in wohldosierten Häppchen kommen könnte.

Wenn also der Gesetzgeber nach der nächsten Wahl der Ansicht ist, er würde mit seinem neuen Besoldungsgesetz, in dem er bspw dem Ehepartner ein Einkommen von 20.000 EUR bis zum Beweis des Gegenteils unterstellt, den verfassungsrechtlichen Vorgaben Genüge tun, und nur insoweit für die Vergangenheit nachzahlen, ist ohne einen statthaften Widerspruch für darüber hinausgehende Ansprüche der Rechtsweg für bereits verjährte Ansprüche verschlossen.

Das die Meinungen der Besoldungsgesetzgeber und des BVerfG durchaus unterschiedlich sind, wissen wir seit mehreren Jahren.

Daher ist es auch in diesem Jahr erneut wichtig, trotz dieser Anweisung rein vorsorglich einen Widerspruch einzulegen.

Und im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass auch die Gerichte die Verfahren derzeit regelmäßig entweder ruhend stellen oder auch dem BVerfG zur Entscheidung vorlegen, so dass auch mit einer Klage eine zeitnahe Verbesserung der individuellen Situation nicht in Sicht ist. Ganz im Gegenteil kommen dann zunächst Kosten auf einen zu, so man denn keinen Rechtsschutz hat.

Das gilt allerdings nicht für kinderreiche Beamte mit mehr als zwei Kindern.

Warzenharry

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15755 am: 28.11.2024 08:31 »
Könnte ich ohne Widerspruch aufgrund des Rundschreibens klagen? Geht das? Oder braucht man mindestens einen beschiedenen Widerspruch?

Wir befinden uns im Verwaltungsrecht. Du kannst also Klage vor dem Verwaltungsgericht einlegen, wenn du einen Widerspruchsbescheid hast (den du vor Gericht angreifst) oder wenn deine Bezügestelle auf deinen Wunsch zur Bescheidung nicht reagiert. Die Dauer, die als "nicht reagiert" zu werten ist, dürfte nach §75 VwGO mit drei Monaten anzusetzen sein.

Das Rundschreiben ist weder Fisch noch Fleisch noch irgendwas sondern stellt eine Empfehlung des BMI an die Bezügestellen dar.

Du solltest auhören Verunsicherung zu verbreiten. Natürlich ist das BMI an dieses schreiben gebunden. Was glaubst du denn was passiert, wenn die einfach sagen "haha verarscht".
Dieses Schreiben ist, spätestens seit es auch von den Verbänden kommentiert wird, ein Statement.
MIt welcher aussage will man denn Rechtssicherheit, Rechtsschutz, als auch Treu und Glaube negieren? Welcher nicht "Volljurist" will denn darau die Möglichkeit erlesen, dass das Teil eine Finte sein könnte?

Jeder der in das Raster diesen Schreibens passt, muss keinen Widerspruch einlegen, solange dieses Schreiben gilt. Also bis es entweder terminiert wird oder das BBVAngG in Kraft tritt.

Ich wäre hier mit Deinen Bewertungen nicht so harsch gegenüber emdy, Harry.


Guten Morgen lieber Sven,

obgleich ich deine Perspektive sehr schätze, bin ich hier anderer Meinung.

Die Tatsache, dass bezügezahahlende Stellen, unter Bezug auf eben jenes Schreiben,s bereits eine Ruhendstellung als Antwort auf einen Widerspruch getätigt haben zeigt, dass dieses Schreiben eben als dass gesehen wird, wie ich es auch sehe.
Mit keinem Wort erklärst du, wie man den argumentieren will, dass auch nachfolgende Regierungen sich nicht an diese Entscheidung gebunden sieht. Was hätte das für Folgen?

Welches Gericht will denn einem Beamten im Tech Dst oder einem Vollzugsbeamten im mD erklären, dass er hätte sehen Müssen, dass jenes Schreiben wirkunglos ist?

Ich denke, wenn das BBVAngG oder wie immer es dann heißen wird irgendwann kommt, und man dann feststellt, dass man sich immer noch nicht amtsangemessen Besoldet fühlt, dass man dann rückwirkend Wiederspruch einlegen können muss, wenn man glaubhaft darstellen kann, auf das Rundschreiben vertraut zu haben und erst mit der Feststellung, dass das neue Gesetzt noch immer nicht für eine verfassungmäßige Besoldung sorgt, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragtoder zur Not einklagt.

lotsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15756 am: 28.11.2024 09:05 »
Aus einem Kommentar:
"Die Einrede der Verjährung kann im Einzelfall als Verstoß gegen Treu und Glauben unzulässige Rechtsausübung sein. Ein derartiger Verstoß gegen Treu und Glauben liegt vor, wenn der Dienstherr – sei es auch unbeabsichtigt – beim Beamten, Richter und Soldaten durch sein Handeln den Eindruck erweckt hat, er werde leisten, sodass die Verjährung hemmende Handlungen nicht notwendig seien. Am Handeln des Dienstherrn fehlt es, wenn ein internes Schreiben des für Besoldung zuständigen Ministeriums durch eine Gewerkschaft veröffentlicht wird, in dem der Verzicht enthalten ist oder eine Gewerkschaftauf ein derartiges Rundschreiben verweist. Meines Erachtens muss das Dienstherrnhandeln gegenüber dem Beamten, Richter oder Soldaten erfolgen. Denkbar ist insbesondere die Mitteilung in einer Bezügebescheinigung oder die Veröffentlichung des Rundschreibens im Gemeinsamen Ministerialblatt bzw. vergleichbarer Bekanntmachungsorganen des Dienstherrn."

HochlebederVorgang

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15757 am: 28.11.2024 09:11 »
Vielleicht sollte man das Ganze mal unter dem Aspekt Selbstbindung der Verwaltung betrachten.

Stempelritter

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15758 am: 28.11.2024 09:47 »
Du solltest auhören Verunsicherung zu verbreiten. Natürlich ist das BMI an dieses schreiben gebunden. Was glaubst du denn was passiert, wenn die einfach sagen "haha verarscht".
Dieses Schreiben ist, spätestens seit es auch von den Verbänden kommentiert wird, ein Statement.
MIt welcher aussage will man denn Rechtssicherheit, Rechtsschutz, als auch Treu und Glaube negieren? Welcher nicht "Volljurist" will denn darau die Möglichkeit erlesen, dass das Teil eine Finte sein könnte?

Jeder der in das Raster diesen Schreibens passt, muss keinen Widerspruch einlegen, solange dieses Schreiben gilt. Also bis es entweder terminiert wird oder das BBVAngG in Kraft tritt.

Mein Dienstherr würde ein solches Schreiben von MIR keinesfalls akzeptieren, ganz egal wie die Rechtslage ist. Das müsste mindestens meine eigenhändige Unterschrift mit einem Kugelschreiber nach ISO 12757-2 tragen, in dreifacher Ausfertigung, und ich müsste den Zugang beweisen können, natürlich fristgerecht. Vorher schaut sich das nichtmal jemand an.

GeBeamter

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15759 am: 28.11.2024 09:54 »
Das gilt allerdings nicht für kinderreiche Beamte mit mehr als zwei Kindern.
[/quote]

Warum sollte das für kinderreiche Beamte nicht gelten? Klar, nach dem aktuellen Gesetzentwurf wären das die einzigen, die überhaupt einen AEZ bekommen. Es ist aber ja mitnichten so, dass damit die Gesamtbesoldung eine amtsangemesse Höhe erreicht, in einigen Besoldungsgruppen wird gerade wegen vielen Kindern und trotz fiktivem Partnereinkommen weiterhin sogar die Mindestalimentation verfehlt.

Oder um den Irrsinn auch für kinderreiche Beamte aufzuzeigen:
Beamter A14, 3 Kinder Entwurf BBVAngG 2021: 1600€ brutto mehr pro Monat
Gleicher Beamter Entwurf BBVAngG 2024: 330€ brutto mehr pro Monat.

Sind die Lebenshaltungskosten in der Zwischenzeit so dramatisch gesunken? Nein, genau im Gegenteil.
Also haben kinderreiche Beamte auch dann noch einen Grund, ihre Besoldung als zu niedrig anzusehen, wenn man voraussetzen würde, dass das Gesetz gemäß des letzten Entwurfs noch kommen würde.

Maximus

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15760 am: 28.11.2024 09:55 »
Wäre ich Bundesbeamter, würde ich unter allen Umständen in jedem Kalenderjahr Widerspruch gegen die mir gewährte Besoldung und Alimentation als Ganze führen. Denn eine hinreichende Vertrauensbasis für alle anderen Entscheidungen würde ich hinsichtlich des Besoldungsrechts als für mich nicht gegeben betrachten.

So würde ich auch vorgehen und habe daher seit 2021 jedes Jahr Widerspruch eingelegt.

Aus meiner Sicht ist es aber sehr unwahrscheinlich, dass das Rundschreiben seine Gültigkeit verliert.
siehe: https://www.bdz.eu/aktuelles/news/bmi-rundschreiben-zur-amtsangemessenen-alimentation-gilt-weiter/

BMF hat hier u.a. Folgendes mitgeteilt:

- Bleiben die beschlossenen Reformen in ihren Regelungsinhalten gänzlich hinter den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zurück bzw. sollten die Betroffenen zu dieser Auffassung gelangen, könnten sie dennoch eventuelle darüberhinausgehende Ansprüche auf eine amtsangemessene Alimentation seit dem Haushaltsjahr 2021 geltend machen, ohne dass ihnen die Einrede der Verwirkung wegen nicht haushaltsnaher Geltendmachung oder Verjährung entgegengehalten würde.

- Kommt die Reform gänzlich zum Erliegen, d.h. ein Gesetz wird nicht verabschiedet, können etwaige Ansprüche seit 2021 in gleicher Weise ohne die Einrede der Verwirkung oder Verjährung geltend gemacht werden.

Sollte man sich hierauf verlassen? Ich will jedenfalls 100-prozentige Sicherheit...und mit 5-10min für einen WS ist der Aufwand nicht zu hoch...

Taigawolf

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15761 am: 28.11.2024 09:57 »
Ich denke alleine die Diskussion darüber zeigt doch schon alles und wie viel Vertrauen zerstört wurde. Beide Seiten haben meiner Meinung nach auch gute Argumente. Was ich mich da nur immer frage: Gerichte könnten es doch auch so oder so sehen? Und je nachdem, wie es das dann zuständige Gericht sieht, schaut man entweder in die Röhre, oder eben auch nicht.

Auf meiner Seite jedenfalls ist kein Vertrauen mehr da. Wir sollten die Besoldungsgesetzgeber anhand ihrer Taten beurteilen, und nicht nach schönen Worten oder Rundschreiben oder Versprechungen.

Das Fazit ist doch ganz einfach: Wer wirklich auf Nummer sicher gehen will, der legt jährlich Widerspruch ein und gut ist.

Knecht

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15762 am: 28.11.2024 10:12 »


Das Fazit ist doch ganz einfach: Wer wirklich auf Nummer sicher gehen will, der legt jährlich Widerspruch ein und gut ist.

Ich verstehe weder die Diskussion noch das Problem genau das zu tun. Geht im übrigen auch schneller, als hier Argumente auszutauschen.

Wem das zuviel ist, soll es eben lassen und auf das BMI vertrauen... Im Nachhinein nicht jammern.

HochlebederVorgang

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15763 am: 28.11.2024 11:22 »
Ich stelle es auch noch einmal hier rein. Habe ich schon im anderen Thread geschrieben:

Meine Frau hat umfassende Widersprüche rückwirkend ab 2021 unter Bezugnahme auf das Rundschreiben eingelegt. Die Widersprüche wurden auf Antrag hin ruhend gestellt und auf die Einrede der Verjährung verzichtet.

Ich weiß auch nicht, inwiefern man sich hier über Zuständigkeitsfragen überhaupt streiten muss, dass BMI ist nunmal der für Besoldungsfragen zuständige Geschäftsbereich.

Es mag mir jemand erklären, wieso das Rundschreiben dann z.B. nicht für Beamte aus dem Geschäftsbereich des BMF gelten solle. Dienstherr ist der Bund, spätestens deshlab könnte man hier mal über Gleichbehandlung und ggf. Selbstbindung nachdenken.

4 Schreiben an die zuständige Besoldungsstelle gleichen Inhalts für 2021, 2022, 2023, 2024. Es geht im Zweifel um tausende Euro. Manchmal frage ich mich, ob einige es nicht wollen oder schlichtweg nicht können. Es ist Verwaltungsrecht, wir sind alle Beamte!

Rentenonkel

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #15764 am: 28.11.2024 13:26 »

Warum sollte das für kinderreiche Beamte nicht gelten? Klar, nach dem aktuellen Gesetzentwurf wären das die einzigen, die überhaupt einen AEZ bekommen. Es ist aber ja mitnichten so, dass damit die Gesamtbesoldung eine amtsangemesse Höhe erreicht, in einigen Besoldungsgruppen wird gerade wegen vielen Kindern und trotz fiktivem Partnereinkommen weiterhin sogar die Mindestalimentation verfehlt.

Oder um den Irrsinn auch für kinderreiche Beamte aufzuzeigen:
Beamter A14, 3 Kinder Entwurf BBVAngG 2021: 1600€ brutto mehr pro Monat
Gleicher Beamter Entwurf BBVAngG 2024: 330€ brutto mehr pro Monat.

Sind die Lebenshaltungskosten in der Zwischenzeit so dramatisch gesunken? Nein, genau im Gegenteil.
Also haben kinderreiche Beamte auch dann noch einen Grund, ihre Besoldung als zu niedrig anzusehen, wenn man voraussetzen würde, dass das Gesetz gemäß des letzten Entwurfs noch kommen würde.

Es geht hier um den Familienzuschlag ab dem dritten Kind. Die Besoldung kinderreicher Familien ist als besonderer Strang der Alimentation gesondert zu sehen. Über den Familienzuschlag ab dem dritten Kind ist die Rechtsprechung mittlerweile abgeschlossen, dennoch wurde die geänderte Rechtslage vom Bund bisher noch nicht umgesetzt.

Daher würde bei Beamtenfamilien eine Klage über die Besoldung der 4 K Familie voraussichtlich von der Besoldung ab dem dritten Kind abgetrennt und insoweit, wie es den Familienzuschlag ab dem dritten Kind betrifft, dürfte eine Klage Aussicht auf Erfolg bieten, wenngleich die Begründung und Berechnung hierzu regelmäßig der Kenntnis eines sachkundigen Rechtsbeistandes bedarf.