Könnte ich ohne Widerspruch aufgrund des Rundschreibens klagen? Geht das? Oder braucht man mindestens einen beschiedenen Widerspruch?
Wir befinden uns im Verwaltungsrecht. Du kannst also Klage vor dem Verwaltungsgericht einlegen, wenn du einen Widerspruchsbescheid hast (den du vor Gericht angreifst) oder wenn deine Bezügestelle auf deinen Wunsch zur Bescheidung nicht reagiert. Die Dauer, die als "nicht reagiert" zu werten ist, dürfte nach §75 VwGO mit drei Monaten anzusetzen sein.
Das Rundschreiben ist weder Fisch noch Fleisch noch irgendwas sondern stellt eine Empfehlung des BMI an die Bezügestellen dar.
Du solltest auhören Verunsicherung zu verbreiten. Natürlich ist das BMI an dieses schreiben gebunden. Was glaubst du denn was passiert, wenn die einfach sagen "haha verarscht".
Dieses Schreiben ist, spätestens seit es auch von den Verbänden kommentiert wird, ein Statement.
MIt welcher aussage will man denn Rechtssicherheit, Rechtsschutz, als auch Treu und Glaube negieren? Welcher nicht "Volljurist" will denn darau die Möglichkeit erlesen, dass das Teil eine Finte sein könnte?
Jeder der in das Raster diesen Schreibens passt, muss keinen Widerspruch einlegen, solange dieses Schreiben gilt. Also bis es entweder terminiert wird oder das BBVAngG in Kraft tritt.
Ich wäre hier mit Deinen Bewertungen nicht so harsch gegenüber emdy, Harry.
Zunächst einmal wäre zu klären, ob es sich bei dem Rundschreiben vom 14.06.2021 um einen Verwaltungsakt handelt. Ein Verwaltungsakt ist nach § 35 VwVfG Satz 1:
"[1] jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, [2] die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die [3] auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist". (
https://www.gesetze-im-internet.de/vwvfg/__35.html)
Die von mir mit eckigen Klammer hervorgehobenen drei notwendigen Bedinungen müssen allesamt erfüllt sein, um einen Verwaltungsakt als einen solchen zu kennzeichnen.
Bei dem Rundschreiben vom 14.06.2021 (
https://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_14062021_D3302009421.htm) handelt es sich um eine interne Anweisung an nachgeordnete Dienststellen, wie unter anderem mit Widersprüchen, die von Beamten gestellt werden, umgegangen werden soll.
Entsprechend liegt hier eine Entscheidung im Sinne der Nr. 1 vor. Sie regelt darüber hinaus einen Einzelfall auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts im Sinne der Nr. 2. Von ihr geht aber offensichtlich keine Rechtswirkung nach außen aus, da sie nur behördenintern den Umgang mit erhobenen Widersprüchen bzw. geltend gemachten Ansprüchen behandelt. Das Rundschreiben gibt als solches nur eine Empfehlung an die nachgeordneten Dienststellen, wie für den Umgang mit Widersprüchen in Bezug auf die Gewährung einer amtsangemessenen Alimentation verfahren werden kann, und dient entsprechend nur als Empfehlung zur Sicherstellung einer einheitlichen Verfahrensweise.
Entsprechend dürfte bereits eine entsprechende Rechtswirkung nach innen nicht gegeben sein, da sich keine Behörde über einen bestimmten Rechtsbegriff gezwungen sieht, diese
Empfehlung als solche umzusetzen, was aber hinsichtlich der Klärung eines Verwaltungsakts unerheblich wäre. Vielmehr wäre zu klären, ob hier eine
unmittelbare Rechtswirkung nach außen gegeben ist. Das wäre selbst dann schon nicht der Fall, sofern hier eine
Weisung an nachgeordnete Dienststellen vorliegen würde, da auch in diesem Fall keine unmittelbare Rechtswirkung
nach außen gegeben wäre, sondern weiterhin nur eine allenfalls mittelbare. Denn eine behördeninterne Weisung entfaltet keine unmittelbare Rechtswirkung nach außen - was für eine Empfehlung nicht minder so gilt.
Als Folge finden wir also mit der Empfehlung an die nachgeordneten Dienststellen keinen Verwaltungsakt vor. Entsprechend führt emdy das aus, was er ausführt: nämlich dass all jenen, die keinen zeitnahen Widerspruch mit den statthaften Rechtsbehelfen gegen die ihnen gewährte Alimentation eingelegt haben, zunächst einmal keine notwendige Bedingung vorfinden, die sie berechtigen würde, gegen die ihnen gewährte Alimentation gerichtlich vorzugehen, also in ein Feststellungsverfahren einzutreten - anders als alle jene, die einen entsprechenden statthaften Widerspruch geführt haben. Denn über deren i.d.R. ruhend gestellte Widersprüche muss zukünftig entschieden und diese müssen also beschieden werden, womit dann alle drei notwendigen Bedingungen für einen Verwaltungsakt erfüllt sein werden, sodass hier dann ein Verwaltungsakt vorliegt. Eine negative Bescheidung eröffnet den Widerspruchsführern also am Ende die Möglichkeit, sich auf Grundlage der negativen Bescheidung ihres Widerspruchs gegen die ihnen gewährte Besoldungshöhe gerichtlich zu Wehr zu setzen.
All jene, die auf das Rundschreiben vertraut haben, bleiben hingegen dem Wohlwollen des Dienstherrn ausgesetzt. Er kann am Ende feststellen, dass das Rundschreiben von ihm als hinreichend für eine spätere Klage aufzufassen sein könnte - er sieht sich dazu aber nicht gezwungen. Politisch dürfte dabei gleichfalls in Rechnung zu stellen sein, dass das Rundschreiben alsbald aus der vorletzten Legislaturperiode stammen wird. Umso mehr kann sich also der Dienstherr auf den Standpunkt stellen, dass er sich nur daran gebunden sieht, dass hier behördeninterne Empfehlungen ausgesprochen worden sind - dass aber kein Widerspruch geführt worden ist und dass hier gleichfalls darauf hingewiesen worden ist, wie mit Widersprüchen verfahren werden kann.
Wie vertrauenswürdig ein Dienstherr ist, der bereits im Winter 2020/21 und seitdem regelmäßig ausgeführt hat, dass die von ihm gewährte Alimentation verfassungswidrig ist, der aber seitdem weiterhin nur ein Handeln gezeigt hat, dass einer Untätigkeit gleichkommt, während die von ihm seitdem erstellten Entwürfe regelmäßig so erstellt worden sind, dass sie nachweislich nicht mit der maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht im Einklang stehen, muss jeder selbst entscheiden. Wäre ich Bundesbeamter, würde ich unter allen Umständen in jedem Kalenderjahr Widerspruch gegen die mir gewährte Besoldung und Alimentation als Ganze führen. Denn eine hinreichende Vertrauensbasis für alle anderen Entscheidungen würde ich hinsichtlich des Besoldungsrechts als für mich nicht gegeben betrachten.