Autor Thema: Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)  (Read 7404748 times)

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18465 am: 17.09.2025 08:45 »
Die im Rahmen der Beteiligung zugegangene Kritik dürfte oder müsste nach meinem Verständnis von den Gewerkschaften kommen. Sind diese aus Deiner Sicht so aufgestellt, dieser Aufgabe gerecht zu werden bei der Komplexität und Kreativität der Gesetzgeber und der unterschiedlichen Vorgehensweisen der Länder? Vom DRB haben wir ja vieles gesehen, von anderen weniger. Wenn ich mich richtig erinnere hatte doch auch der DRB das Musterklageverfahren ins Spiel gebracht, was ja etwas in den Hintergrund treten könnte, wenn zu den jeweiligen Gesetzgebungsverfahren fundierte Kritik angebracht würde.

Letzten Endes müsste das ja auf sehr engmaschig betreute Gesetzgebung hinaus laufen, wobei das BVerfG durch die nicht zulässige nachträgliche Heilung der Begründung den Druck sehr schön erhöht hat.

Jetzt habe ich verstanden, worum es geht, BuBea.

Auch hier muss man das Pferd, denke ich, zunächst von hinten aufzäumen und also die Frage zunächst umformulieren: Sind die 17 Dienstrechtsministerien hinreichend personell aufgestellt, um der komplexen Regelungsdichte und dabei auch den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und der Fachgerichte hinreichend gewachsen zu sein? Das ist bereits vor 20 Jahren, als sich die Reföderalisierung des Besoldungsrecht zunehmend abzeichnete, in deutlicher Art und Weise bezweifelt worden, und zwar nich von irgendwem, sondern mit Rudolf Summer von einem der besten Kenner des Beamtenrechts seiner Zeit, dessen Stimmen uns heute - denke ich - im starken Maße fehlt.

Insofern werden die Dienstherrn sich alsbald - denke ich - eher Gedanken machen müssen, wie sie zukünftig weitermachen wollen, sofern ihnen Karlsruhe nun klarmachen sollte (wovon ich ausgehe), dass eine Politik des konzertierten Verfassungsbruchs im Besoldungsrecht von ihm auch zukünftig nicht akzeptiert werden wird. Auch deshalb schreibe ich regelmäßig, dass alsbald Bewegung in die Sache kommen wird, ohne dass ich mich in der Lage sehe zu prognostizieren, welche Konsequenzen die 17 Dienstherrn in den nächsten Monaten aus den angekündigten Entscheidungen ziehen werden - aber ihnen wird ja auch danach genügend Möglichkeit bleiben, sich Gedanken zu machen in Anbetracht von mehr als 70 in Karlsruhe anhängigen Normenkontrollverfahren aus 13 Bundesländern, da sich der Entscheidungsfluss im nächsten Jahr beschleunigen wird. Sie können also beruhigt fortfahren als wie zuvor, wenn sie wollen, dass ihr weiter Entscheidungsspielraum nur noch immer weiter eingeengt werden soll.

Ergo: Von dieser Seite wird Bewegung in die Sache kommen, ohne dass irgendwer heute glaubhaft prognostizieren könnte, wohin die führen wird: Die Wege des Dienstherrn sind unergründlich.

Zu Deiner Frage: Es ist als Folge des mittlerweile über lange Zeit von den Besoldungsgesetzgebern vollzogenen Verfassungsbruchs im Besoldungsrecht und also auf Grundlage der von ihnen zu beachtenden neueren Dogmatik zum Besoldungsrecht nur umso schwieriger, ein sachgerechtes Besoldungsgesetz zu erlassen, das zugleich möglichst hohe Personalkosteneinsparungen garantieren könnte (letzteres ist das maßgebliche Ziel des Dienstherrn, seitdem es Besoldungsgesetze in Deutschland gibt). Genau das - dass es für die Dienstherrn schwieriger wird, beide Zwecke gleichzeitig zu erfüllen - ist ja auch das Ziel der neueren Rechtsprechung zum Besoldungsrecht. Beides gleichzeitig zu erfüllen, eine sachgerechte Besoldungsgesetzgebung und das Ziel möglichst großer Personalkosteneinsparungen, wird zukünftig eine recht schwierige und, sofern nun nicht endlich bei den 17 Besoldungsherrn der Groschen fallen sollte, eine zukünftig in Anbetracht noch vieler in den nächsten Jahren zu erwartenden bedruckten Seiten aus Karlsruhe nur noch immer schwierigerer werdende Aufgabe. Das würde ich als ein selbstgemachtes Leiden bezeichnen.

Damit aber ist die sachliche Kritik spiegelbildlich nur - zumindest in einem gewissen Maße - umso einfacher, wobei hier die Pluralität der beteiligten Gewerkschaften und Verbände und ihre in Teilen durchaus auch Konkurrenzsituation von einigem Vorteil ist. Denn der Vorteil der Konkurrenz ist, dass sie ihre Stellungnahmen im Beteiligungsverfahren in der Regel nicht miteinander abstimmen, allerdings die Verbände sie im Beteiligungsverfahren mit ihren sich unter ihrem Dach zusammengefundenen Fachgewerkschaften koordinieren, die ja zumeist nicht unmittelbar in das Beteiligungsverfahren eingebunden sind. Da kommt regelmäßig ein nicht geringer Teil an Papier zusammen, sieht also die eine Fachgewerkschaft und der andere Verband ein Problem - das insbesondere für die jeweils eigenen Mitglieder von größerem Interesse sein kann als für andere - stärker und kritisiert es umfassender und damit zumeist auch noch einmal zumeist in einer sachlich erheblicheren Art und Weise als eine andere Fachgewerkschaft oder ein anderer Verband. Darüber hinaus ist regelmäßig mit dem DRB der Bund beteiligt, dessen juristische Expertise hier regelmäßig von Prädikatsjuristen ausgeht. Darüber hinaus habe ich zwischenzeitlich gewerkschaftsseitig eine nicht geringe Zahl hervorragender Juristen kennengelernt, die sich darüber hinaus gerne fachlich austauschen.

Der langen Rede kurzer Sinn: Es ist in den letzten Jahren in einer hohen Zahl von Besoldungsgesetzgebungsverfahren in einem großen Maße sachliche Kritik im Beteiligungsverfahren geäußert worden, die nicht noch in seinem Verlauf entkräftet worden wäre. Der erste Fall - die hohe Anzahl sachlich fundierter Kritik - wird sich auch zukünftig nicht ändern; die Dienstherrn werden dahingegen auch hier alsbald sich Gedanken machen müssen, ob sie mit ihrer einem Verfassungsorgan - man muss es leider so deutlich sagen - wiederkehrend unwürdigen Art und Weise, wie sie in den letzten Jahren mit sachlicher Kritik umgegangen sind, zukünftig ungebrochen weitermachen wollen, wenn Karlsruhe nun die Ausführungen der Entscheidung Parteienfinanzierung - absolute Obergrenze auch in der aktuellen Entscheidung für das Besoldungsrecht wiederholen wird, was als sicher gesetzt werden kann, da ja die Begründung 2023 explizit an der eigenen Besoldungsrechtsprechung erfolgt ist.

@ Callisto

Es ist unbestritten, dass die Mietenstufe des Wohngeldgesetzes im Rahmen von Art. 3 Abs. 1 GG ein leicht zu handhabendes Mittel ist. Denn jetzt musst Du ganz einfach nur das, was ich gestern geschrieben habe, Punkt für Punkt wiederlegen. Und dann - sofern Dir das gelungen sein sollte - ist das auch von Dir genannte Mittel leicht zu handhaben. Darüber hinaus ist es ebenfalls einfach zu handhaben, wenn Dir das nicht gelingt. Denn dann ist die einfache Folge die, die ich gezogen habe.

Also, fang einfach an, das zu tun, also die sachliche Kritik zu widerlegen und sie also als unsachlich nachzuweisen. Denn das wird auch zukünftig die Aufgabe des Gesetzgebers im Gesetzgebungsverfahren sein.

Kannst Du also das, was ich gestern geschrieben habe, sachlich widerlegen? Falls nicht, was leitet Dich zu Deiner Sicht auf die Dinge?

@ Alexander

Das eigentliche Problem sowohl hinsichtlich des Ortszuschlags als auch hinsichtlich der ehe- und kinderbezogenen Familienzuschläge ist, dass es sich hier im Regelfall um Detailregelungen handelt, die also keinen unmittelbare Bezug zum Alimentationsprinzip aufweisen, weil sie allesamt keine hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums sind (ein hergebrachter Grundsatz ist, dass der Dienstherr den Beamten und seine Familie
amtsangemessen zu alimentieren hat). Allein deshalb schon können sie nur eine ergänzende Funktion erfüllen, allerdings bleiben sie eine "Nebenkomponente" der Besoldung. Die amtsangemessene Besoldung und Alimentation ist durch das Grundgehalt zu gewährleisten, da der Maßstab der angemessenen Alimentation das statusrechtliche Amt ist und sich folglich im Grundgehalt mittelbar das Leistungsprinzip verwirklicht, was in sozialen und ortsgebundenen Zuschlägen beides nicht der Fall ist.

@ Rheini

Das wissen wir nicht - aber so oder so wird die Entscheidung zum selben Zeitpunkt veröffentlicht werden. Die Spannung dürfte für uns in den Tagen zuvor nur umso größer sein, wenn die Entscheidung am Freitag zuvor angekündigt werden sollte.

Bastel

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18466 am: 17.09.2025 09:00 »
Q3 ist fast rum. Wo bleibt das Urteil?

Malkav

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18467 am: 17.09.2025 09:08 »
Und möglicherweise wären Mietenstufen ein probates Mittel für die Pauschalisierung. Denn da wo Mieten hoch sind, ist es auch teuer, eine Immobilie zu kaufen oder zu bauen.

Also ich sehe in den Mietenstufen ehrlichgesagt kein probates Mittel für Zuschläge. Diese unterscheiden sich gerne mal um zwei bis drei Stufen zwischen Stadt und kleiner Umlandgemeinde im Speckgürtel (für welche oft die Stufe des ggf. riesigen Landkreises gilt). Die realen Mieten orientieren sich dabei natürlich am Niveau der Großstadt bzw. übertreffen diese zum Teil sogar aufgrund der höheren Lebensqualität (z.B. Schenefeld (VII) bei Hamburg (VI) oder Keinmachnow (V) bei Berlin (IV)). Da ist es reines Glückspiel, ob die Umlandgemeinde so einwohnerstark ist, dass diese eine eigene Mietenstufe zugewiesen bekommt, oder im Landkreis "verwurstet wird".

Bei mir persönlich würde ein Umzug von ca. einem Kilometer über die Stadtgrenze Mietenstufe V statt II bedeuten, obwohl der entsprechende Stadtteil der anrenzenden Großstadt sogar günstiger ist als mein Wohnort.

Ein Anknüpfen an den Dienstort wäre natürlich erstmal gerechter, weil weniger willkürlich, hätte aber ganz andere Folgeprobleme innerhalb der Dienststellen. Wenn ich bei mir in der Behörde schon die Neiddebatten sehe von wegen "Bearbeiter in Dezernat X (ohne direkten Bürgerkontakt) können drei oder vier Tage die Woche Homeoffice machen, während die Kolleg:innen im Dezernat Y (im gleichen Statusamt) mit Bürgerkontakt dies nicht können" würde dies bei hohen Wohnkostenzuschlägen wohl endgültig eskalieren. Dies beginnt ja schon in Hamburg, wo der Senat die geplante (?) Hamburg-Zulage nur für Mitarbeiter:innen mit viel direktem Bürgerkontakt (und damit zwingend verbundener täglicher Anwesnheit in der Dienststelle) zahlen möchte.

Malkav

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18468 am: 17.09.2025 09:10 »
Q3 ist fast rum. Wo bleibt das Urteil?

[Klugscheißmodus]
Gibt kein Urteil, sondern "nur" einen Beschluss, weil es keine mündliche Verhandlung gab.
[/Klugscheißmodus]

Alexander79

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18469 am: 17.09.2025 10:16 »
@ Alexander

Das eigentliche Problem sowohl hinsichtlich des Ortszuschlags als auch hinsichtlich der ehe- und kinderbezogenen Familienzuschläge ist, dass es sich hier im Regelfall um Detailregelungen handelt, die also keinen unmittelbare Bezug zum Alimentationsprinzip aufweisen, weil sie allesamt keine hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums sind (ein hergebrachter Grundsatz ist, dass der Dienstherr den Beamten und seine Familie
amtsangemessen zu alimentieren hat). Allein deshalb schon können sie nur eine ergänzende Funktion erfüllen, allerdings bleiben sie eine "Nebenkomponente" der Besoldung. Die amtsangemessene Besoldung und Alimentation ist durch das Grundgehalt zu gewährleisten, da der Maßstab der angemessenen Alimentation das statusrechtliche Amt ist und sich folglich im Grundgehalt mittelbar das Leistungsprinzip verwirklicht, was in sozialen und ortsgebundenen Zuschlägen beides nicht der Fall ist.

Hier liegt aber eigentlich eher die Ursache und Wirkung.

Das BVerfG spricht davon das maßgeblich der Großteil erstmal über das Grundgehalt zu decken ist und nimmt als Bezugsgröße die 4K Familie.
Was hindert nun Besoldungsgesetzgeber aufgrund der Statistik eine 3K Familie daraus zu machen?

Überspitzt gesagt, heißt es ja das dritte Kind muss der Dienstherr finanzieren. Wenn der Besoldungsgesetzgeber sagt, die Geburtenrate ist laut Statistik 1,35, also runden wir ab, bezahlen ab dem zweiten Kind komplett und schwupp könnte er die Besoldung sogar noch reduzieren.

Kann er das sogar noch zusätzlich nachvollziehen, indem er in seine Unterlagen schaut und sieht, seine Beamten haben im Schnitt vielleicht sogar nur 1 Kind, wird es ja noch leichter dies sachlich sogar zu begründen.

GoodBye

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18470 am: 17.09.2025 10:36 »
Da wird es dann aber spannend.

Lt. Familienreport 2024:

1975: Familie 1 Kind: 46%, Familie 2 Kinder 35%, Familie mit 3 oder mehr Kindern 19%
2023: Familie 1 Kind: 49%, Familie 2 Kinder 39%, Familie mit 3 oder mehr Kindern 13%

Ich sehe den starken gesellschaftlichen Wandel anhand dieser Zahlen nicht. Oder ich stelle mir alternativ die Frage, weshalb der Gesetzgeber dann nicht schon 1975 von einem anderen Familienbild ausgegangen ist. Wahrscheinlich, weil man von einem Wandel erst ausgehen kann, wenn er sich 50 Jahre lang manifestiert hat.

Unabhängig von der Beamtenbesoldung, welches gesellschaftliche Leitbild von Familie möchte man denn setzen, ohne sich in Widerspruch zu anderen Themen zu setzen. Unser momentaner Sozialstaat baut jedenfalls auf einem anderen Modell auf, als einer 1 Kind Familie. 

« Last Edit: 17.09.2025 10:45 von GoodBye »

Knarfe1000

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18471 am: 17.09.2025 10:58 »
Da wird es dann aber spannend.

Lt. Familienreport 2024:

1975: Familie 1 Kind: 46%, Familie 2 Kinder 35%, Familie mit 3 oder mehr Kindern 19%
2023: Familie 1 Kind: 49%, Familie 2 Kinder 39%, Familie mit 3 oder mehr Kindern 13%

Ich sehe den starken gesellschaftlichen Wandel anhand dieser Zahlen nicht. Oder ich stelle mir alternativ die Frage, weshalb der Gesetzgeber dann nicht schon 1975 von einem anderen Familienbild ausgegangen ist. Wahrscheinlich, weil man von einem Wandel erst ausgehen kann, wenn er sich 50 Jahre lang manifestiert hat.

Unabhängig von der Beamtenbesoldung, welches gesellschaftliche Leitbild von Familie möchte man denn setzen, ohne sich in Widerspruch zu anderen Themen zu setzen. Unser momentaner Sozialstaat baut jedenfalls auf einem anderen Modell auf, als einer 1 Kind Familie.
Das finde ich wirklich interessant.

Alexander79

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18472 am: 17.09.2025 11:00 »
Da wird es dann aber spannend.

Lt. Familienreport 2024:

1975: Familie 1 Kind: 46%, Familie 2 Kinder 35%, Familie mit 3 oder mehr Kindern 19%
2023: Familie 1 Kind: 49%, Familie 2 Kinder 39%, Familie mit 3 oder mehr Kindern 13%

Ich sehe den starken gesellschaftlichen Wandel anhand dieser Zahlen nicht. Oder ich stelle mir alternativ die Frage, weshalb der Gesetzgeber dann nicht schon 1975 von einem anderen Familienbild ausgegangen ist. Wahrscheinlich, weil man von einem Wandel erst ausgehen kann, wenn er sich 50 Jahre lang manifestiert hat.

Unabhängig von der Beamtenbesoldung, welches gesellschaftliche Leitbild von Familie möchte man denn setzen, ohne sich in Widerspruch zu anderen Themen zu setzen. Unser momentaner Sozialstaat baut jedenfalls auf einem anderen Modell auf, als einer 1 Kind Familie.
Kannst du mal ein Link zu deiner Quelle geben?
Sehr seriös scheint die nicht zu sein.

49% 1Kind
39% 2Kinder
13% 3 und mehr Kinder.

Wenn ich nicht ganz blöd bin, ergibt das 101%.

Da aber 49% der "Eheleute" schon nur ein Kind haben und kinderlose Ehepaare völlig außen vor gelassen werden, haben/hatten somit die absolute Mehrheit nur max 1 Kind.
Warum soll der Besoldungsgesetzgeber also die Bezugsgröße 3k nicht annehmen dürfen, wenn wahrscheinlich 60% oder mehr, der Bevölkerung in einer max 3 K Familie leben?

Somit kann man das in meinen Augen sehr wohl sachlich begründen und eine 3K Familie annehmen.

Auch dein zweiter Satz zieht nicht ganz.
Denn dann müsste unser Sozialstaat auch auf mehr als 2 Kinder aufbauen.

BVerfGBeliever

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18473 am: 17.09.2025 11:03 »
Das BVerfG spricht davon das maßgeblich der Großteil erstmal über das Grundgehalt zu decken ist und nimmt als Bezugsgröße die 4K Familie.
Was hindert nun Besoldungsgesetzgeber aufgrund der Statistik eine 3K Familie daraus zu machen?

Das BVerfG schreibt in 2 BvL 6/17 (Randnummer 37) vom 04.05.2020 dazu Folgendes:

"Dass bei der Berechnung des für alle Besoldungsgruppen gleich hohen Mindestmehrbetrags davon ausgegangen wird, dass der Richter oder Beamte die Familie allein unterhält, ist ein aus der bisherigen Besoldungspraxis und der zu ihr ergangenen Rechtsprechung abgeleiteter Kontrollmaßstab (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 4. Mai 2020 - 2 BvL 4/18 -, Rn. 47). Es handelt sich nicht um ein Abbild der Wirklichkeit oder das vom Bundesverfassungsgericht befürwortete Leitbild der Beamtenbesoldung, sondern um eine Bezugsgröße, die eine spezifische Funktion bei der Bemessung der Untergrenze der Familienalimentation erfüllt (vgl. Leisner-Egensperger, NVwZ 2019, S. 777 <780>). Sie stellt sicher, dass der Familie für das dritte und jedes weitere Kind der am Grundsicherungsniveau orientierte Mindestmehrbetrag auch dann zur Verfügung steht, wenn der andere Elternteil gar nichts zum Familieneinkommen beisteuern kann, etwa weil behinderte Kinder oder betagte Großeltern dauernder Pflege bedürfen oder er selbst dauerhaft arbeitsunfähig erkrankt oder gar verstorben ist. Für andere Familienformen nachteilige Auswirkungen sind damit nicht verbunden."


Die 4K-Familie ist also explizit kein Abbild der Wirklichkeit, sondern stattdessen ein abgeleiteter Kontrollmaßstab bzw. eine Bezugsgröße (mit einer spezifischen Funktion zur Bemessung der Alimentations-Untergrenze).

Somit denke ich nicht, dass ein Besoldungsgesetzgeber jetzt einfach mal freihändig (und mutmaßlich sachlich unbegründet) an dieser Bezugsgröße herumschrauben dürfte..

GoodBye

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18474 am: 17.09.2025 11:07 »
https://www.bmbfsfj.bund.de/bmbfsfj/service/publikationen/familienreport-2024-239470

Seite 39

Ansonsten hat es Believer treffend dargestellt. Und ich gelobe, mich nicht mehr auf Themenfelder zu begeben, die unser Thema nur am Rand streifen, weil sie nicht in Bezug zu den rechtlichen Begebenheiten stehen.


Rheini

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18475 am: 17.09.2025 11:15 »
@swen

Klar.

Allerdings wenn zuerst der Beschluss angekündigt wurd, kann man evtl. nervöse Politiker in Talkshows bewundern. Wenn der Beschluss direkt veröffentlicht wird, werden Parteipolitiker oft den Satz wiederholen "Sorry, wir hätten ja immer gerne Verfassungsgemäss besoldet, aber die Vorgängerregierung von der anderen Partei .....".

P. S. Direkt mit dem Satz dahinter, dass aber ab jetzt wirklich die Beamten in die Rentenversicherung einzahlen sollten usw. blablabla
...
« Last Edit: 17.09.2025 11:22 von Rheini »

SwenTanortsch

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18476 am: 17.09.2025 11:19 »
Q3 ist fast rum. Wo bleibt das Urteil?

Derzeit liegt der Beschluss wie geschrieben noch im Beratungszimmer des Bundesverfassungsgerichts oder bereits dem Bundesverwaltungsgericht, dem OVG des Saarlands und dem VG Berlin vor. Eine Nachfrage in Karlsruhe könnte Klarheit bringen.

@ Alexander

Den Maßstab zu wechseln, ist dem Bundesverfassungsgericht nicht verwehrt, allerdings dem Besoldungsgesetzgeber schon. Denn einen Kontrollmaßstab - zur Unterscheidung der Kategorien "Kontrollmaßstab", "Leitbild" und "Familienmodell" siehe das, was ich hier vor ein paar Tagen geschrieben habe; diese Kategorien sind präzise zu unterscheiden, da sie unterschiedliche Sachverhalte beinhalten - erlässt das Bundesverfassungsgericht, das damit die Fachgerichte anweist, diesen - sofern sie einen Vorlagebeschluss fassen - anzuwenden. Der Gesetzgeber kann also Kontrollmaßstäbe nicht verändern, sondern nur das Familienmodell, das seiner Gesetzgebung zugrundeliegt, verändern. Allerdings gibt es dafür sachlich zunächst einmal keine Veranlassung, weil sich diesbezüglich hinsichtlich der Kinderzahl die tatsächlichen Verhältnisse auch in den letzten zehn Jahren nicht verändert haben - die vierköpfige Familie ist in Deutschland weiterhin ein weitgehend genauso häufiges Familienmodell wie das dreiköpfige, https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/12/PD23_N065_12.html#:~:text=Weihnachten%20gilt%20traditionell%20als%20Fest%20der%20Familie.,Millionen%20Ein%2DKind%2DFamilien%20die%20H%C3%A4lfte%20(50%20%25)%20aus. -; darüber hinaus würde der Wechsel der Bezugsgröße durch das Bundesverfassungsgerichts - Bezugsgröße und Kontrollmaßstab fallen in eins - eine Vergleichbarkeit von Teilen der vergangenen Rechtsprechung mit der zukünftigen komplexer machen, weshalb der Senat keine Veranlassung sehen dürfte, den Kontrollmaßstab, der sich in der Vergangenheit als effektiv erwiesen hat und sich weiterhin an den tatsächlichen Verhältnissen konkretisieren lässt - zu verändern. Was wir ggf. erwarten dürfen, ist, dass der Senat sich in den angekündigten Entscheidungen mit den tatsächlichen Verhältnissen von zwei, drei und vierköpfigen Beamtenfamilien beschäftigen wird, um weiteren Aufschluss über sie zu erhalten.

Darüber hinaus wird hier im Forum dem Kontrollmaßstab zur Betrachtung des Mindestabstandsgebots weiterhin eine viel zu große Aufmerksamkeit geschenkt, was uns hier nicht von den Gedankenführungen der Besoldungsgesetzgeber unterscheidet. Das Mindestabstandsgebot ist zwar ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums, spielt aber darüber hinaus aber für die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur eine weitgehend geringe Rolle, weshalb seine Konkretisierung erst 2020 erfolgt ist. Wäre das anders, wäre die Konkretisierung schon lange vorher erfolgt.

Denn letztlich sieht es das Bundesverfassungsgericht ja als selbstverständlich an, dass das Mindestabstandsgebot regelmäßig problemlos eingehalten wird, da es ja davon ausgeht, dass es als hergebrachter Grundsatz über Traditionalität verfügt, also seit spätestens der Zeit der Weimarer Republik Teil des Kernbestands von Strukturprinzipien ist, die nicht hinweggedacht werden können, ohne dass damit zugleich die Einrichtung selbst in ihrem Charakter grundlegend verändert würde, sodass das Mindestabstandsgebot ebenfalls zugleich auch über Substanzialität verfügt; anders könnte es auch kein hergebrachter Grundsatz sein, da Traditionalität und Substanzialität die beiden notwendigen Bedingungen für einen hergebrachten Grundsatz sind.

Wieso also sollte es dem Gesetzgeber heute so unendlich schwerfallen sollen, einen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums garantieren zu können, der schon seit mindestens mehr als 100 Jahren Substanz hat und also eine lange währende Tradition abbildet? Auch auf diese Frage werde ich keine - sachlich - hinreichende Antwort erhalten.

Darüber hinaus können - wie dargestellt - die Detailregelungen nur eine geringen Beitrag zur Gewährleistung der amtsangemessenen Alimentation leisten. Das Amt im statusrechtlichen Sinne und damit die Grundbesoldung gewährleistet die amtsangemessene Besoldung und darf darüber hinaus mittels Detailregelungen in einem gewissen Maße differenziert werden, sofern dafür ein sachlicher Grund vorliegt. Das Interesse, Kosten zu sparen, ist für sich allein genommen kein sachlicher Grund.

Wir können also hier weiterhin regelmäßig über all das sprechen, was das Bundesverfassungsgericht nicht behandelt, anstatt uns mit dem zu beschäftigen, was es behandelt. Das führt uns zwar nicht weiter, aber garantiert einen umfangreichen Umfang des zu Schreibenden... (Pardon für die Spitze; aber würden wir uns regelmäßig mit dem beschäftigen, was das Bundesverfassungsgericht sagt und also das zur Grundlage nehmen, bräuchte ich hier nicht wiederkehrend so eeeeeeewiglich lange Texte schreiben und mich dabei regelmäßig weitgehend immer nur wiederholen).

Wie gesagt, wir müssen ein Leitbild (nämlich das des deutschen Berufsbeamtentums, das der Besoldungsbemessung zugrundezulegen ist) von einem Kontrollmaßstab (der der der vierköpfigen Alleinverdienerfamilie ist und vom Bundesverfassungsgericht erlassen wird) und einem Familienmodell (das verfassungsrechtlich nicht vorgegeben ist, sondern eine individuelle Werteentscheidung darstellt) unterscheiden. Das der Besoldungsbemessung zugrundezulegende Familienmodell liegt so dem Besoldungsgesetzgeber in seinen Händen. Das Leitbild ist der Verfassung entnommen und für den Gesetzgeber nicht so ohne Weiteres veränderbar, muss sich also auch weiterhin aus der Verfassung entnehmen lassen. Der Kontrollmaßstab ist vom Bundesverfassungsgericht als Teil entscheidungstragender Gründe in der Vergangenheit festgelegt und in der aktuellen Entscheidung erneut wiederholt worden.

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Antw:Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 4/18)
« Antwort #18477 am: 17.09.2025 11:19 »
Mal kurz zurück zum eigentlichen Thema:
Gibt's noch nichts neues bzgl. eines neuen Entwurfs? Schön langsam könnte doch mal was kommen?

SwenTanortsch

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« Antwort #18478 am: 17.09.2025 11:27 »
@swen

Klar.

Allerdings wenn zuerst der Beschluss angekündigt wurd, kann man evtl. nervöse Politiker in Talkshows bewundern. Wenn der Beschluss direkt veröffentlicht wird, werden Parteipolitiker oft den Satz wiederholen "Sorry, wir hätten ja immer gerne Verfassungsgemäss bedoldet, aber die Vorgängerregierung von der anderen Partei .....".

P. S. Direkt mit dem Satz dahinter, dass aber ab jetzt wirklich die Beamten in fie Rentenversicherung einzahlen sollten usw. blablabla
...

Also, ich würde es ebenfalls interessant finden, wenn das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung an einem Freitag für die kommende Woche ankündigen würde, Rheini, allein schon, weil ich dann wüsste, dass ich versuchen wollte, mir die Zeit danach nach Möglichkeit zum Lesen freizublocken.

Wenn es dem Senat nicht gelingt, seine Entscheidung so auszugestalten, dass es den politischen Verantwortungsträgern recht schwer werden sollte, sich so aus den Konsequenzen der Entscheidung herauszudrehen, wie sie das nach der aktuellen Entscheidung getan haben, müssten wir davon ausgehen, dass der Senat nicht lernfähig wäre. Er hat - wenn er denn handelnd tätig wird und nachdem er sich ausgiebig Zeit genommen hat, bis er gehandelt haben wird - genügend Zeit gehabt, jetzt für hinlängliche Klarheit zu sorgen. Im Anbetracht des Ausmaßes des konzertierten Verfassungsbruchs hat der Hüter der Verfassung nun eine sachliche Deutlichkeit in seiner Rechtsprechung auszuführen, die gewährleistet, dass der aktuelle Zustand seinem Ende zugeführt werden kann. Das so zu formulieren, dass der zukünftige Besoldungsgesetzgeber nicht über Gebühr in seinem weiten Entscheidungsspielraum eingeschränkt werden wird, dürfte die Kunst und eine maßgebliche Ursache dafür (gewesen) sein, dass es so lange gedauert hat.

Finanzer

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« Antwort #18479 am: 17.09.2025 11:37 »
@swen

Klar.

Allerdings wenn zuerst der Beschluss angekündigt wurd, kann man evtl. nervöse Politiker in Talkshows bewundern. Wenn der Beschluss direkt veröffentlicht wird, werden Parteipolitiker oft den Satz wiederholen "Sorry, wir hätten ja immer gerne Verfassungsgemäss bedoldet, aber die Vorgängerregierung von der anderen Partei .....".

P. S. Direkt mit dem Satz dahinter, dass aber ab jetzt wirklich die Beamten in fie Rentenversicherung einzahlen sollten usw. blablabla
...

Also, ich würde es ebenfalls interessant finden, wenn das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung an einem Freitag für die kommende Woche ankündigen würde, Rheini, allein schon, weil ich dann wüsste, dass ich versuchen wollte, mir die Zeit danach nach Möglichkeit zum Lesen freizublocken.

Wenn es dem Senat nicht gelingt, seine Entscheidung so auszugestalten, dass es den politischen Verantwortungsträgern recht schwer werden sollte, sich so aus den Konsequenzen der Entscheidung herauszudrehen, wie sie das nach der aktuellen Entscheidung getan haben, müssten wir davon ausgehen, dass der Senat nicht lernfähig wäre. Er hat - wenn er denn handelnd tätig wird und nachdem er sich ausgiebig Zeit genommen hat, bis er gehandelt haben wird - genügend Zeit gehabt, jetzt für hinlängliche Klarheit zu sorgen. Im Anbetracht des Ausmaßes des konzertierten Verfassungsbruchs hat der Hüter der Verfassung nun eine sachliche Deutlichkeit in seiner Rechtsprechung auszuführen, die gewährleistet, dass der aktuelle Zustand seinem Ende zugeführt werden kann. Das so zu formulieren, dass der zukünftige Besoldungsgesetzgeber nicht über Gebühr in seinem weiten Entscheidungsspielraum eingeschränkt werden wird, dürfte die Kunst und eine maßgebliche Ursache dafür (gewesen) sein, dass es so lange gedauert hat.

Höre ich da neben der freudigen Erwartung eine gewisse Spannung heraus, ob es dem Bundesverfassungsgericht auch wirklich gelingen wird?