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Neuverbeamtung vs Tarifbeschäftigung

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Johann:
Im Grunde ist es egal, ob verbeamtet wird oder nicht.
Wenn die gesparten Sozialausgaben vom Dienstherrn investiert werden, können Beamte sogar noch günstiger kommen.
Wenn hingegen "Was interessiert mich morgen"-Politik gefahren wird und zwar haufenweise Beamte eingestellt werden, weil sie billig sind, aber die gesparten Sozialabgaben nicht zurückgestellt werden, haben entsprechende Dienstherren natürlich ein Problem, sobald die Beamten in den Ruhestand gehen.

Der Ruhestand für Tarifbeschäftigte kostet ebenfalls sehr viel Geld. Da diese Kosten aber bereits im Arbeitsleben des Beschäftigten auflaufen und nicht erst danach, titelt die BILD eben nicht "soundsoviele Milliarden für TB-Ruhestand!". Mit dem Unterschied, dass TB wesentlich weniger Geld im Ruhestand übrig haben als Beamte, obwohl die Rückstellungen der Beamten vermutlich vergleichbar sind zu den Sozialabgaben der Tarifbeschäftigten. Umlageverfahren bringt aber natürlich keine Rendite, höchstens Inflationsausgleich.

Wenn ich mir bei uns im IT-Bereich anschaue, wie viele (teilweise wirklich kritische Stellen, war gerade erst wieder bundesweit in den Medien) seit vielen Jahren mit 70-75% freien Stellen in den jeweiligen Abteilungen nicht besetzt werden können und die noch vorhandenen Tarifbeschäftigten sukzessive abwandern, finde ich Verbeamtung als probates Mittel zur Mitarbeiterbindung.
In dem Fall sind es größtenteils Stellen, die mit E10/11 vergütet werden sollen, für die du in der freien Wirtschaft mit den geforderten Qualifikationen als Berufseinsteiger aber bereits problemlos die 60k verdienst und mit 3-5 Jahren Erfahrung schnell bei 75k bist. Und im öD sollst du bitte mit 45k zum Einstieg und der Aussicht auf 68k nach 15 Jahren zufrieden sein.

Prüfer SH:

--- Zitat von: Johann am 05.04.2023 12:59 ---Im Grunde ist es egal, ob verbeamtet wird oder nicht.
Wenn die gesparten Sozialausgaben vom Dienstherrn investiert werden, können Beamte sogar noch günstiger kommen.
Wenn hingegen "Was interessiert mich morgen"-Politik gefahren wird und zwar haufenweise Beamte eingestellt werden, weil sie billig sind, aber die gesparten Sozialabgaben nicht zurückgestellt werden, haben entsprechende Dienstherren natürlich ein Problem, sobald die Beamten in den Ruhestand gehen.

Der Ruhestand für Tarifbeschäftigte kostet ebenfalls sehr viel Geld. Da diese Kosten aber bereits im Arbeitsleben des Beschäftigten auflaufen und nicht erst danach, titelt die BILD eben nicht "soundsoviele Milliarden für TB-Ruhestand!". Mit dem Unterschied, dass TB wesentlich weniger Geld im Ruhestand übrig haben als Beamte, obwohl die Rückstellungen der Beamten vermutlich vergleichbar sind zu den Sozialabgaben der Tarifbeschäftigten. Umlageverfahren bringt aber natürlich keine Rendite, höchstens Inflationsausgleich.

Wenn ich mir bei uns im IT-Bereich anschaue, wie viele (teilweise wirklich kritische Stellen, war gerade erst wieder bundesweit in den Medien) seit vielen Jahren mit 70-75% freien Stellen in den jeweiligen Abteilungen nicht besetzt werden können und die noch vorhandenen Tarifbeschäftigten sukzessive abwandern, finde ich Verbeamtung als probates Mittel zur Mitarbeiterbindung.
In dem Fall sind es größtenteils Stellen, die mit E10/11 vergütet werden sollen, für die du in der freien Wirtschaft mit den geforderten Qualifikationen als Berufseinsteiger aber bereits problemlos die 60k verdienst und mit 3-5 Jahren Erfahrung schnell bei 75k bist. Und im öD sollst du bitte mit 45k zum Einstieg und der Aussicht auf 68k nach 15 Jahren zufrieden sein.

--- End quote ---

Spannend, hat irgendjemand offizielle Zahlen über die Kosten? Also wie viel teurer (oder eben auch nicht) ist der Beamte gegenüber dem Angestellten inklusive Pensionen und Rente nach dem aktiven Arbeitsleben.

Faunus:
Wenn das Beamtenmodell so unglaublich vorteilhaft gegenüber dem Angestelltenmodell ist, warum hat der ÖD mit Bund, Land und Kommunen dann noch das Angestelltenmodell?

Beamte dürfen nicht streiken, Beamte müssen "im Notfall alles mögliche machen", Beamte auf Zeit müssen nicht übernommen werden und  Beamte sind wirtschaftlicher und für die Pensionen werden Rücklagen gebildet.
Angestellte haben ja scheinbar nur Nachteile,: kosten mehr, sind in der Rente umlagefinanziert, sind mehrheitlich gesetzlich versichert - also warum gibt es diese noch?

WasDennNun:

--- Zitat von: Prüfer SH am 05.04.2023 19:51 ---Spannend, hat irgendjemand offizielle Zahlen über die Kosten? Also wie viel teurer (oder eben auch nicht) ist der Beamte gegenüber dem Angestellten inklusive Pensionen und Rente nach dem aktiven Arbeitsleben.

--- End quote ---
Es gibt immer wieder mal entsprechende Studien, die das ausrechnen.

Unterm Strich hängt es vom Zinssatz ab, den man bekommt für das angesparte Geld während der Dienstzeit, welches Modell unterm Strich günstiger ist.


--- Zitat von: Faunus am 05.04.2023 20:20 ---Angestellte haben ja scheinbar nur Nachteile,: kosten mehr, sind in der Rente umlagefinanziert, sind mehrheitlich gesetzlich versichert - also warum gibt es diese noch?

--- End quote ---
Angestellte können entlassen werden, Angestellte können günstiger sein.

Tagelöhner:
Eine Verbeamtung ist zur Erfüllung staatlicher Kernaufgaben nur da gerechtfertigt, wo ein besonderes Dienst- und Treueverhältnis notwendig ist. Also wie Du schon selber erwähnt hast bei Polizei, Justiz und der Finanzverwaltung.

Da jede Regierung nur von Legislaturperiode zu Legislaturperiode denkt, sind Verbeamtungen ein probates Mittel Lohnkosten in der Gegenwart einzusparen und elegant in die Zukunft zu verschieben. Aus diesem Grund kommen auf die öffentlichen Haushalte in den nächsten 10-30 Jahren ja stark steigende Pensionslasten zu, die die finanziellen Möglichkeiten für andere wichtige Dinge deutlich einschränken werden. Die "Pensionsrückstellungen" sind bei weitem nicht auf einem Level wie sie zur Tragfähigkeit des Systems aus sich heraus sein müssten. Hier haben halt vereinzelte Dienstherren mal damit angefangen, zum Teil aber in homöopathischen Dosen. Genauso wurde über Jahrzehnte von den meisten Dienstherren meines Wissens nach gar keine Rückstellung vorgenommen und die Kosten werden einfach aus den laufenden Steuereinnahmen bestritten. Wehe dem, wenn diese einmal nicht mehr in dem Ausmaß wachsen wie der Staat das seit 15 Jahren gewohnt war, und eine weitere Erhöhung des Schuldenbergs ebenfalls nicht mehr finanzierbar wird.

In meinem beruflichen Umfeld erlebe ich in Aussicht gestellte Verbeamtungen als Lockmittel zur Personalgewinnung und tatsächlich durchgeführte Verbeamtungen als Mittel zur Personalbindung.

Langfristig wird sich das Berufsbeamtentum jedenfalls keinen Gefallen tun, wenn die guten Argumente zur Aufrechterhaltung dessen zum Teil aus Opportunismus und kurzfristigen Erwägungen unterlaufen werden und immer mehr Personal verbeamtet wird, das bei genauerer Draufsicht den Status besser gar nicht bekommen hätte, da von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung nicht soviel zu spüren ist oder der Status sogar nur aus Vollkaskomentalität ohne besondere Leistungsmotivation und charakterliche Eignung angestrebt wurde.

Was bei den tatsächlichen Kosten des Berufsbeamtentums sicherlich auch gerne ausgeblendet wird, sind vorzeitige Dienstunfähigkeiten bzw. lange Krankheitsphasen bei Fortzahlung der vollen Bezüge, Versorgungsansprüche der Hinterbliebenen usw.

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