Beamte und Soldaten > Beamte der Länder

[Allg] Tarifrunde TV-L 2023

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Der Obelix:

--- Zitat von: MasterNoname89 am 06.12.2023 12:02 ---
Bleibt also die Möglichkeit, sich nach einer anderen Region umzusehen oder mit den Gegebenheiten vor Ort zu leben.



--- End quote ---

Insgesamt ändert diese Auswahlmöglichkeit natürlich grundsätzlich nichts an einer sehr deutlichen Erhöhung von Tarifentgelten und Besoldung.

Das Totschlagargument: geh doch woanders hin, könnte von den Arbeitgebern kommen, die keinerlei Ideen zur Bewältigung der der Aussage inne liegenden Probleme erbringen.

- warum will jemand woanders hin?
- warum ist die aktuelle Situation so?

SwenTanortsch:
Hier mal ein paar ausgewählte Quellen zum Fachkräftemangel auch im öffentlichen Dienst von Bund, Ländern und Kommunen, der aber eben weder ein regionales noch ein städtisches Problem ist, sondern in vielen Sparten ein generelles, das in der einen Region noch einmal stärker ausfällt als in der anderen:

Bildungsbereich: https://deutsches-schulportal.de/bildungswesen/lehrermangel-bleibt-bundesweit-ein-problem/

Justiz: https://www.haufe.de/oeffentlicher-dienst/personal-tarifrecht/deutscher-richterbund-warnt-vor-personalluecke-in-der-justiz_144_605550.html
https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/fachkraefte-mangel-justiz-101.html

Betreuung: https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/Das-System-kollabiert-Kommentar-zum-Fachkraeftemangel-in-Kitas,kita1520.html

Pflege: https://statistik.arbeitsagentur.de/DE/Statischer-Content/Statistiken/Themen-im-Fokus/Berufe/Generische-Publikationen/Altenpflege.pdf?__blob=publicationFile
https://www.kma-online.de/aktuelles/politik/detail/kann-die-krankenhausreform-den-personalmangel-loesen-49694

Man sollte sich schon an der sozialen Wirklichkeit orientieren, wenn man sich zu ihr äußert, und also seine eigenen Vorstellungen ggf. an Quellen prüfen.

MasterNoname89:
Der Fachkräftemangel beruht m.M.n. aber nicht hauptsächlich auf der Bezahlung im öffentlichen Dienst, sondern vielmehr darauf, dass man in der Vergangenheit versäumt hat, ausreichend Nachwuchs auszubilden und zugleich noch vor einiger Zeit Stellen gestrichen hat, um an dieser Stelle zu sparen. Das wurde nur später in einigen Bereichen revidiert.

Fehlende Fachkräfte ziehen sich durch alle Bereiche des Arbeitsmarktes und betreffen nicht den öffentlichen Dienst allein. Grund dafür ist auch, dass viele geburtenstarke Jahrgänge jetzt und in den kommenden Jahren in Rente bzw. Pension gehen. Gleichzeitig sind in den letzten Jahren die geburtenschwachen Jahrgänge erstmals in den Arbeitsmarkt eingetreten, wodurch diese es leichter hatten, sich für besser bezahlte Tätigkeiten zu bewerben.

Natürlich ist eine gute Bezahlung ausschlaggebend, dass man gute Nachwuchskräfte findet, es sind aber eher die allgemeinen Bedingungen in bestimmten Bereichen, die das ganze unattraktiv für die potentiellen Bewerber machen.
Stichwort: Wochenend- und Feiertagsarbeit, Schichtdienst, etc.

SwenTanortsch:
Nimm's mir nicht übel, Master, aber solange alle 17 Besoldungsgesetzgeber zunächst einmal weiterhin und also seit spätestens 2008 ihre Beamten nicht amtsangemessen alimentieren, sind Thesen, wonach der Fachkräftemangel im öffentlichen Dienst weitgehend nichts mit der Besoldung zu tun habe, reine Spekulation. Darüber könnte man dann aktuell diskutieren, sofern eine amtsangemessene Alimentation gewährt werden würde und das weiterhin zu keiner signifikanten Erhöhung der Bewerberzahlen führte. Darüber hinaus sagst Du selbst genau das, also dass der Nachwuchsmangel im öffentlichen Dienst zentral mit der nicht hinreichend attraktiven Besoldung zu tun hat, wenn Du hervorhebst: "Gleichzeitig sind in den letzten Jahren die geburtenschwachen Jahrgänge erstmals in den Arbeitsmarkt eingetreten, wodurch diese es leichter hatten, sich für besser bezahlte Tätigkeiten zu bewerben". Insofern gehst Du selbst davon aus - und hier ist Deine Sicht auf die Dinge auch realistisch -, dass eine bessere Besoldung und also eine amtsangemessene Alimentation zu höheren (und besser qualifizierten) Bewerberzahlen führen.

Dahingegen zu meinen, eine deutlich bessere und also amtsangemessene Alimentation würde nicht zu einer deutlichen Verbesserung der Bewerberzahlen und damit ebenso zu einer qualifizierteren Auswahl führen, ist zwar das Mantra der Dienstherrn - das Du wiederholst, obgleich Du im Zitat selbst offensichtlich nicht daran glaubst -; es widerspricht aber nun einmal den verhaltensökonomischen Tatsachen in allen anderen Lebenslagen und soll offensichtlich gesondert nur für den öffentlichen Dienst gelten, als wären Beamte und potenzielle Bewerber auf ein Amt nicht zunächst einmal im weit überwiegenden Maße vor allem eines: ebenfalls ganz normale Bürger, die wiederkehrend Vor- und Nachteile abwägen, bevor sie eine maßgebliche Lebensentscheidung treffen.

Insofern lässt sich Deine abschließende These, wonach "die allgemeinen Bedingungen in bestimmten Bereichen, die das ganze unattraktiv für die potentiellen Bewerber machen. Stichwort: Wochenend- und Feiertagsarbeit, Schichtdienst, etc." die Hauptursache für die mangelnden Zahlen an qualifizierten Bewerbern seien, nicht erhärten, und zwar vor allem deshalb nicht, weil sie das Beamtenrecht auf den Kopf stellt: Die amtsangemessene Alimentation ist genau deshalb zu gewähren, weil der Bedienstete mit Eintritt in den Dienst in ein Sonderrechtsverhältnis eintritt, das seine Grundrechte elementar einschränkt und also zu der von Dir genannten "Unattraktivität" führt - die "Unattraktivität" ist also ein grundlegendes Kennzeichen des Dienstverhältnisses, eben als Folge des Sonderrechtsverhältnisses -, weshalb als Korrelat, aber darüber hinaus auch als Folge des Leistungsprinzips eine amtsangemessene Alimentation zu gewähren ist, die also als verfassungsrechtliche Kompensation für die von Dir berechtigt ins Feld geführte "Unattraktivität" zu verstehen ist. Denn das Korrelat der amtsangemessenen Alimentation wiegt - verfassungsrechtlich betrachtet - die Nachteile des Sonderrechtsverhältnisses auf, die nicht aus der Welt zu schaffen sind; fehlt eine entsprechende amtsangemssene Alimentation passiert das, was Du selbst hervorhebst, nämlich dass sich potenzielle Bewerber "für besser bezahlte Tätigkeiten [...] bewerben". Auch deshalb führt der Zweite Senat aus und hat also der Besoldungsgesetzgeber hinlänglich zu beachten:

"Die Besoldung des Beamten stellt kein Entgelt für bestimmte konkrete Dienstleistungen dar, sondern ist eine 'Gegenleistung' des Dienstherrn dafür, dass sich der Beamte ihm mit seiner ganzen Persönlichkeit zur Verfügung stellt. Sie bildet die Voraussetzung dafür, dass sich der Beamte ganz dem öffentlichen Dienst als Lebensberuf widmen und die ihm im Staatsleben zufallende Funktion, eine stabile Verwaltung zu sichern und damit einen ausgleichenden Faktor gegenüber den das Staatsleben gestaltenden politischen Kräften zu bilden, erfüllen kann (vgl. BVerfGE 7, 155 <162 f.>; 21, 329 <345>; 39, 196 <201>; 44, 249 <265>; 117, 372 <380>; stRspr). Deshalb ist die Folgerung unabweisbar, dass die Sicherung eines angemessenen Lebensunterhalts als ein besonders wesentlicher hergebrachter Grundsatz anzusehen ist, zu dessen Beachtung der Gesetzgeber verpflichtet ist (BVerfGE 8, 1 <16 f.>; 117, 372 <380 f.>)." (BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 12. Juni 2018 - 2 BvR 1738/12 -, Rn. 123; https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2018/06/rs20180612_2bvr173812.html)

Bauernopfer:

--- Zitat von: Caesar42 am 06.12.2023 09:39 ---
--- Zitat von: schemelino am 04.12.2023 17:19 ---Funktioniert er so: https://www.sueddeutsche.de/politik/oeffentlicher-dienst-bundeslaender-inflation-tarifrunde-1.6313296

Hier ein paar Ausschnitte:
"Die Haushaltslage ist dramatisch"
3. Dezember 2023, 15:45 Uhr

Warum übernehmen Sie nicht den Abschluss von Bund und Kommunen, der Lohnerhöhungen von etwa elf Prozent vorsieht? Das würde die Inflation zum größeren Teil ausgleichen, die Gewerkschaften zufriedenstellen und damit weitere Streiks abwenden.
Der Abschluss ist für uns eine Orientierungsmarke. Aber einfach übernehmen können wir ihn nicht. Beim Bund ist der Anteil der Personalkosten anders als bei uns relativ gering. Und es geht ja nicht nur um die rund 850 000 Angestellten des öffentlichen Dienstes, sondern um weitere 1,2 Millionen Beamte und über 900 000 Pensionäre, auf die der Abschluss übertragen werden soll. Die Forderungen der Gewerkschaften umzusetzen, würde uns über 20 Milliarden Euro kosten - und das jetzt: Die Haushaltslage ist dramatisch


Bla bla bla der Kerl sollte weg, so drückt man Dankbarkeit nicht aus.

--- End quote ---

Auf der Seite von destatis:

 Steuer­einnahmen 2022 summieren sich auf rund 896 Milliarden Euro

Im Jahr 2022 wurden in Deutschland insgesamt 895,7 Milliarden Euro Steuern vor der Steuer­verteilung von Bund, Ländern und Gemeinden (Gebietskörper­schaften) einge­nommen. Gegenüber dem Vorjahr war dies ein Anstieg um 62,5 Milliarden Euro (+7,5 %).

Jammern auf allerhöchstem Niveau....

--- End quote ---
Beschluss BVerfG v. 17.11.2015:
"Allein die Finanzlage der öffentlichen Haushalte oder das Ziel der Konsolidierung vermögen den Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation jedoch nicht einzuschränken; andernfalls liefe die Schutzfunktion des Art. 33 Abs. 5 GG ins Leere".

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