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[Allg] Was zählt (warum) zum Abstandsgebot?
Opa:
--- Zitat von: AVP am 23.11.2023 13:03 ---Einmal weg vom Abstand zu Grundsicherung, wenn man sagt das Abstandsgebot zwischen den Besoldungsgruppen ist eingehalten weil A16 das doppelte von A8 verdient und dieser Abstand ausreichend ist, dann verkennt man hierbei dass eine doppelt so hohe monetäre Alimentation gerade nicht zu einem doppelt so hohen Lebensstandard führt wenn man gleichzeitig aufgrund zahlreicher Sozialtarife durch das mehr an Gehalt mehr Steuern in der Steuerprogression zahlen muss (das fängt man auf wenn man die Nettoalimentation betrachtet) aber auch 120% mehr Miete für eine vergleichbare Wohnung zahlen muss (kein B-Schein), den dreifachen Betrag an die Kita bezahlen muss, den Studiumsunterhalt der Kinder finanzieren muss - da kein Bafög, ggf. kein Elterngeld mehr bekommt, ohne kFW300 Förderung 20x so hohe Zinsen bezahlen muss etc. etc. etc.
--- End quote ---
Das kann man auch anders sehen.
Wenn wir mit fiktiven Zahlen mal annehmen, der A8er habe 3.000 Euro verfügbares Einkommen und der A16er habe demzufolge 6.000 Euro verfügbares Einkommen:
Die Lebenshaltungskosten für die Grundbedarfe Wohnen, Nahrung, Soziales Leben etc. verdoppeln sich ja nicht mit dem höheren Gehalt und Status. Der A8er benötigt hierfür vielleicht 2.500 Euro und der A16er benötigt vielleicht 4.000 Euro. Betrachtet man das überschüssige verfügbare Einkommen, hat der A16er viermal so viel (2.000 Euro) übrig, wie der A8er (500 Euro).
Das ist nur ein Rechenbeispiel, um zu verdeutlichen, dass von jedem Einkommen ein Grundbedarf abgeht, dessen Anteil mit steigendem Einkommen zwangsläufig geringer wird.
Wie hoch der Abstand zwischen den Besoldungsgruppen sein muss, ist meines Wissens noch nicht vollständig ausgeurteilt. Ich gehe aber davon aus, dass zu den bisherigen Kriterien weitere Rechtssprechung folgen wird, da genau an dieser Stelle im Besoldungsgefüge seit der Föderalismusreform erhebliche Verschiebungen erfolgt sind und sich durch Experimente wie in Hamburg hier recht bald neue Verfahren ergeben werden.
Ryan:
Auch wenn es sich nur um ein Rechenbeispiel handelt, so sei darauf hingewiesen, dass eine Differenzierung zwischen Grundbedarf und darüber hinausgehendem Bedarf nach Auffassung des BVerfG nicht überzeugend ist.
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2017/05/rs20170523_2bvr088314.html
(Rn. 96)
Aus Rn 96 geht auch hervor, dass die kommende Abschmelzung der Abstände im Zuge der Übertragung Tarifergebnisse beim Bund, die durch den höheren Einfluss der Inflation auf die unteren Besoldungsgruppen begründet wird, mehr als fragwürdig ist.
AVP:
@Swen
Es ist ein Argument welches gerichtlich so noch nicht hundertprozentig in den Urteilen wiedergefunden wird weil es bisher auch noch nicht vorgebracht wurde, fußt aber auch der Entscheidung dass Beamten ein amtsangemessener Lebensstandard zu gewähren ist. Insbesondere bei der Bundesbesoldung ist Besoldungs- und Sozialgesetzgeber zudem identisch, müsste also spätestens hier handeln. Natürlich ist es insbesondere ein Problem der Sozialgesetzgebung dass höherer Lohn/komplexere Tätigkeit häufig kaum mehr zu mehr Lebensstandard führt, dies betrifft auch alle Arbeitnehmer, genau dies ist allerdings nur für die Beamten verfassungsrechtlich geboten.
Die Ausführungen vom Nds. Finanzminister erachte ich nur teilweise als zutreffend. Zwar erkennt er die verfassungsrechtlichen Probleme dee Herdprämie (die über die Sozialgesetzgebung insgesamt sowieso effektiv schon besteht, wer seine Frau (oder seinen Mann) zu Hause belässt erhält in der Regel Zugriff auf diverse Sozialtarife (wie hier mehrfach erläutert) welche den effektiven Lebensstandardunterschied zwischen einem Partner der gar nicht arbeitet und einem der Teilzeit arbeitet komplett negieren kann, im Extremfall kann der Verdienst des Partners den Lebensstandard sogar vermindern wenn dadurch der Anspruch auf eine Sozialwohnung entfällt oder auf Kinderzuschlag, Wohngeld, Bafög für die Kinder, höhere Kitakosten etc. etc. entsteht.
Was der Finanzminister aber verkennt ist das Abstandsgebot, denn er ist der Ansicht dass derjenige, der schon viel Verdient (B-Besoldung) nicht mehr bekommen sollen. Ee beurteilt die Besoldungshöhe nicht nach individueller Leistung oder Tätigkeit sondern nach Bedarf. Diese Ansicht dürfte ebenfalls verfassungswidrig sein, passt aber in die politische Idealogie der vergangenen Jahre.
AVP:
--- Zitat von: Opa am 23.11.2023 18:27 ---
--- Zitat von: AVP am 23.11.2023 13:03 ---Einmal weg vom Abstand zu Grundsicherung, wenn man sagt das Abstandsgebot zwischen den Besoldungsgruppen ist eingehalten weil A16 das doppelte von A8 verdient und dieser Abstand ausreichend ist, dann verkennt man hierbei dass eine doppelt so hohe monetäre Alimentation gerade nicht zu einem doppelt so hohen Lebensstandard führt wenn man gleichzeitig aufgrund zahlreicher Sozialtarife durch das mehr an Gehalt mehr Steuern in der Steuerprogression zahlen muss (das fängt man auf wenn man die Nettoalimentation betrachtet) aber auch 120% mehr Miete für eine vergleichbare Wohnung zahlen muss (kein B-Schein), den dreifachen Betrag an die Kita bezahlen muss, den Studiumsunterhalt der Kinder finanzieren muss - da kein Bafög, ggf. kein Elterngeld mehr bekommt, ohne kFW300 Förderung 20x so hohe Zinsen bezahlen muss etc. etc. etc.
--- End quote ---
Das kann man auch anders sehen.
Wenn wir mit fiktiven Zahlen mal annehmen, der A8er habe 3.000 Euro verfügbares Einkommen und der A16er habe demzufolge 6.000 Euro verfügbares Einkommen:
Die Lebenshaltungskosten für die Grundbedarfe Wohnen, Nahrung, Soziales Leben etc. verdoppeln sich ja nicht mit dem höheren Gehalt und Status. Der A8er benötigt hierfür vielleicht 2.500 Euro und der A16er benötigt vielleicht 4.000 Euro. Betrachtet man das überschüssige verfügbare Einkommen, hat der A16er viermal so viel (2.000 Euro) übrig, wie der A8er (500 Euro).
Das ist nur ein Rechenbeispiel, um zu verdeutlichen, dass von jedem Einkommen ein Grundbedarf abgeht, dessen Anteil mit steigendem Einkommen zwangsläufig geringer wird.
Wie hoch der Abstand zwischen den Besoldungsgruppen sein muss, ist meines Wissens noch nicht vollständig ausgeurteilt. Ich gehe aber davon aus, dass zu den bisherigen Kriterien weitere Rechtssprechung folgen wird, da genau an dieser Stelle im Besoldungsgefüge seit der Föderalismusreform erhebliche Verschiebungen erfolgt sind und sich durch Experimente wie in Hamburg hier recht bald neue Verfahren ergeben werden.
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Aber auch dies ist nicht garantiert. Klar, jemand in A16 wird sehr wahrscheinlich mehr haben als jemand in A8, da sind die Abstände einfach viel zu groß.
Es kann aber durchaus der Fall sein das mindestens temporär, ggf. sogar über den gesamten Lebensverdient gerechnet, ein A8er mehr Lebensstandard rausbekommt als ein A10er, insbesondere wenn er gewisse relevante Einkommensschwellen noch unterschreitet. Alleine der Anspruch auf eine Sozialwohnung „spart“ rund 550€ ein (wie bereits dargestellt bei baugleicher Wohnung), der Nettounterschied zwischen A8 und A10 sind aber nur ~330€ ohne Kinder) bzw. ~200€ mit Kindern (in Nds höhere Kinderzuschläge im ehemaligen mD).
lotsch:
--- Zitat von: AVP am 24.11.2023 08:53 ---, im Extremfall kann der Verdienst des Partners den Lebensstandard sogar vermindern wenn dadurch der Anspruch auf eine Sozialwohnung entfällt oder auf Kinderzuschlag, Wohngeld, Bafög für die Kinder, höhere Kitakosten etc. etc. entsteht.
--- End quote ---
Dann könnten wahrscheinlich auch Beförderungen unwirtschaftlich sein, wenn im Gegenzug Sozialansprüche gekürzt oder gestrichen werden. Zumindest würde der Anreiz, Führungspositionen zu erlangen, geschmälert. Man sieht das heute schon bei Lehrern, denen der Anreiz von ein paar Euro zu wenig ist, um Rektor oder Konrektor zu werden.
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